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SOCIETY 384

The latest issue of SOCIETY features Türkiye and Indonesia, as well as the late politician Henry Kissinger, an interview with Olga Stefanishyna and interviews with the Ambassadors of Kazakhstan, the Netherlands, Philippines, Slovakia and Thailand.

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POLITIK<br />

EU<br />

Die EU ist mit einer<br />

Polykrise konfrontiert<br />

Der Gipfel in Brüssel Ende Oktober wurde für die Staaten der EU zu einer Zitterpartie<br />

– kurz vor dem Vorsitzwechsel. In den kommenden Monaten erwartet die Staatsund<br />

Regierungschefs eine problematische Agenda: Ukraine-Krieg, Nahost-Krieg,<br />

Konflikte im Kaukasus und am Balkan. Dazu kam in Brüssel das Ringen um das<br />

EU-Budget und den Migrationspakt. VON HERMINE SCHREIBERHUBER<br />

14<br />

D<br />

ie aktuelle Polykrise stellt die<br />

Union vor enorme Herausforderungen.<br />

Einige Themenkreise konnten<br />

nicht abgehandelt werden, wie die<br />

Wünsche der EU-Anwärter der Balkan-Region.<br />

Der russisch-ukrainische<br />

Krieg und der Konflikt im Gazastreifen<br />

überschatteten andere wichtige Themen.<br />

Belgien übernimmt zum Jahreswechsel<br />

von Spanien eine Krisen-Präsidentschaft.<br />

Im Schatten des<br />

Nahost-Konflikts<br />

Im Nahen Osten muss das Risiko eines<br />

Flächenbrandes eingedämmt werden.<br />

Es geht um das Selbstverteidigungsrecht<br />

Israels<br />

und um den Schutz<br />

der palästinensischen<br />

Zivilbevölkerung. Spaniens<br />

Ministerpräsident<br />

Pedro Sanchez plädierte<br />

für eine rasche Nahost-Konferenz,<br />

deren<br />

Endziel eine Zwei-Staaten-Lösung<br />

sein müsse.<br />

Belgiens Premier Alexander<br />

De Croo erklärte,<br />

Israel dürfe wegen des<br />

Hamas-Terrors nicht die<br />

Region blockieren.<br />

Zu einer gemeinsamen<br />

Schlusserklärung zu gelangen,<br />

stellte in Brüssel die EU-Spitzen auf<br />

eine harte Probe. Grundsätzliche Einigung<br />

wurde dahingehend erzielt, dass<br />

Israel im Einklang mit dem Völkerrecht<br />

ein Recht auf Verteidigung habe. In der<br />

Erklärung wird zu einem ungehinderten<br />

Zugang für humanitäre Korridore und<br />

Pausen aufgefordert – nicht zu einem<br />

Waffenstillstand.<br />

Erklärungen einzelner Politiker klangen<br />

differenzierter. Die Bundeskanzler<br />

Deutschlands und Österreichs, Olaf<br />

Scholz und Karl Nehammer, sprachen<br />

Israel volles Vertrauen aus. Frankreichs<br />

Präsident Emmanuel Macron äußerte<br />

Bedenken gegen eine Bodenoffensive<br />

Israels. Wie schwer erst in der UNO<br />

ein Konsens zu erzielen ist, zeigte das<br />

Abstimmungsverhalten bei der Nahost-<br />

Resolution in der Vollversammlung.<br />

Ringen um Gelder für Ukraine<br />

Puncto Ukraine-Krieg waren sich die<br />

EU-27 einig, weiter finanzielle, wirtschaftliche<br />

und humanitäre Hilfe zu<br />

leisten. Mindestens 50 Mrd. Euro sollen<br />

bereitgestellt werden, die Debatte<br />

um Erhöhung der Geldmittel gestaltete<br />

sich schwierig. Ungarn und die Slowakei<br />

lehnten weitere Militärhilfen ab.<br />

Ursula von der Leyen und Charles Michel bei der Tagung des EU-Rates<br />

Ungarns Regierungschef Viktor Orbán<br />

sprach von einer gescheiterten EU-<br />

Strategie in der Ukraine.<br />

Beim Budget plädierten Staaten wie<br />

die Niederlande, Finnland, Dänemark<br />

und Österreich für Umschichtung statt<br />

Erhöhung der Gelder. Laut der estnischen<br />

Ministerpräsidentin Kaja Kallas<br />

sei man von einer Einigung beim EU-<br />

Finanzrahmen weit entfernt. Die Entscheidung<br />

über eine Aufstockung des<br />

Budgets 2024-27 wurde auf das Jahresende<br />

vertagt. EU-Kommissionspräsidentin<br />

Ursula von der Leyen blieb<br />

optimistisch.<br />

In Sachen Migration und Asyl waren<br />

die Partner ebenfalls geteilter Meinung.<br />

Die Mittelmeer-Anrainer, mit großem<br />

Ansturm von Flüchtlingen konfrontiert,<br />

pochten auf zusätzliche Mittel. Kanzler<br />

Nehammer begrüßte Pläne für Migrationsabkommen<br />

der EU mit Ägypten<br />

und Tunesien. Verschärfte Maßnahmen<br />

zum Schutz der EU-Außengrenzen sind<br />

zu erwarten.<br />

EU-Wahlen Mitte 2024<br />

Mitte 2024 wird es spannend. Für Juni<br />

sind EU-Wahlen anberaumt. Mit einem<br />

politischen Trend nach rechts in mehreren<br />

Staaten der Union wird gerechnet.<br />

Ab Juli soll Ungarn den<br />

Ratsvorsitz von Belgien<br />

übernehmen. Die Regierung<br />

in Budapest ließ verlauten,<br />

dass die Migrationsproblematik<br />

und die wirtschaftliche<br />

Wettbewerbsfähigkeit<br />

Europas im Fokus stehen<br />

sollen.<br />

Fazit: Die EU-Staaten<br />

bestreiten einen großen Teil<br />

humanitärer Hilfen. Doch<br />

ist die Union in wichtigen<br />

Belangen gespalten und oft<br />

nicht schlagkräftig genug.<br />

Krisenbewältigung erfordert<br />

Vermittler mit Durchsetzungskraft.<br />

In die Suche nach Lösungen<br />

müssen militärisch starke und<br />

regionale Akteure sowie Internationale<br />

Organisationen eingebunden werden.<br />

Die EU-Ratspräsidentschaft ist in<br />

diesen Zeiten eine Herkules-Aufgabe.<br />

Ein Ende des Krieges in der Ukraine<br />

ist nicht in Sicht, der Gaza-Konflikt<br />

eskaliert. Die Westbalkan-Staaten<br />

warten auf eine Thematisierung ihrer<br />

Agenden. Zur Bewältigung dieser<br />

Herausforderungen bedarf es eines<br />

gewaltigen Einsatzes finanzieller<br />

und menschlicher Kräfte. Besonders<br />

in Europa.<br />

Foto/s ©Dario Pignatelli<br />

THE LEADING MAGAZINE OF MODERN DIPLOMACY

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