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NEUES ESSEN No. 1

  • Text
  • Naturkost
  • Bio
  • Mischfruchtanbau
  • Lebensmittel
  • Demeter
  • Landwirtschaft
  • Gerste
In diesem Buch geht es um Wesentliches: Eine ursprüngliche, erfinderische, hochgesunde, ertragreiche und zukunftweisende Anbauweise von Agrarprodukten, die weit über Bio- und Demeter-Standards hinausgeht und zudem spannend ist wie ein Abenteuerroman, der gleichzeitig in der tiefen Vergangenheit, der prickelnden Gegenwart und dem Unbekannten künftiger Zeiten spielt. ISBN: 978-3-033-02144-0 EAN: 7640110517802 Verlag: NaturKraftWerke® Edition

konventionelle

konventionelle Landwirtschaft hat man damit aufgehört. Hier in der Region – Hohenlohe, Odenwald, Taubertal, Bauland – kam der Stickstoff später und die Gerste wurde relativ lange angebaut. Nach dem Ersten Weltkrieg ging’s dann los mit der landwirtschaftlichen Umstellung. Da gab es unter anderem eine Stickstoff-Phase: Die hatten all die Bombenfabriken und konnten sich das Pulver nicht mehr um die Ohren schiessen. Der Stickstoff musste irgendwohin verräumt werden und dann haben sie ihn einfach auf die Äcker geschmissen. Der Zweite Weltkrieg war dann mehr eine Pestizid-Phase. Damals gab es all die Chemikalien und die mussten auch irgendwohin. So hat man sich überlegt, wie man das auf die Äcker bringt. Die Kriege hatten also einen so starken Einfluss auf die Entwicklung der modernen Landwirtschaft? 28 Agent Orange (A.O.), Monsanto. A.O. ist der militärische Code-Name eines Mischherbizids zur Entlaubung von Pflanzen mit der CAS-Nr. 39277-47-9 (CAS = chemical abstract service, internationaler Bezeichnungsstandard für Chemikalien). Agent – engl. hier: Wirkstoff; orange: weil in orange markierten Fässern gelagert; es gab auch Wirkstoffe, die anders gekennzeichnet wurden und entsprechend z.B. agent blue hiessen. Es wurde im Vietnam-Krieg von den US-Streitkräften in grossem Stil eingesetzt, zunächst um Schutzstreifen um Militärbasen übersichtlich zu halten, später auch, um gezielt Wälder zu entlauben und Agrarflächen systematisch zu verseuchen. Neben den ohnehin sehr giftigen Wirkstoffen enthielt A.O. auch stets sehr beständige und hochgiftige «Verunreinigungen» (Dioxine), die in der Folge für Fehlbildungen und Vergiftungen auch der Zivilbevölkerung verantwortlich waren. Firmen wie Monsanto, Dow Chemical und Spolana lieferten das Mittel an die US-Streitkräfte und erwirtschafteten damit hohe Gewinne. Auch die deutsche Firma Boehringer/Ingelheim lieferte Ende der 1960er Jahre A.O.-Komponenten an Dow Chemical. Dow Chemical und Monsanto gewannen durch diese Geschäfte massgeblich die wirtschaftliche Potenz, um heute den weltweiten Agrarchemie- und Saatgutmarkt zu kontrollieren bzw. die kapitalintensive «Grüne Gentechnik» zu forcieren. 29 Hochstämme, Streuobstwiesen, Obstbau. Die Kulturobstbäume sind normalerweise zweiteilig und bestehen aus der Unterlage (Wurzel) und dem Edelklon (Krone), manchmal auch mit einer so genannten Zwischenveredelung. Die Unterlage bestimmt die Wüchsigkeit des Obstbaumes, also die Stammhöhe und die Grösse der Krone, die Veredelung bestimmt die Obstsorte (Klon). Dieses Verfahren ist im Prinzip schon so alt wie die Kultivierung von Obst überhaupt. Allerdings sind die Unterlagen in den letzten 50 Jahren immer «schwächer» geworden mit dem Effekt, dass die Bäume tendenziell niedriger wurden, schneller in die Ertragsphase kommen und schneller altern. Dies sind Faktoren, die einer industrieartigen Obstproduktion dienlich sind: die Bäume lassen sich rationeller pflegen und beernten, die Obstanlagen sind betriebswirtschaftlich leichter zu kalkulieren und die Sorten können schneller den «Marktbedürfnissen» angepasst werden. Dadurch sind alte Obstsorten verschwunden oder sehr selten geworden. Empfindliche Hochleistungssorten wurden in Monokulturen zur maschinellen Pflege angelegt, Schädlinge spielen insofern keine Rolle, als die Industrie gegen alles entsprechende Chemikalien anbietet. Mittlerweile gibt es fast nur noch Einheitsware und dieser Trend wurde viele Jahre lang auch politisch unterstützt. Mittlerweile hat man bemerkt, dass die alten, dauerhaften und im Grunde pflegeleichten Streuobstwiesen viel mehr Aufgaben hatten als nur Obst zu liefern. Inzwischen pflegen viele Initiativen alte Sorten auch wegen ihrem ökologischen Wert und legen Streuobstwiesen mit alten Sorten auf Hochstämmen an. Ganze Artenketten aus Wiesenpflanzen, Insekten, Vögeln und Kleinsäugern hängen an den Streuobstwiesen und wirken weit in andere Lebensbereiche hinein. In den enger werdenden Märkten und bei steigenden Rohstoffpreisen werden die genügsamen Streuobstbestände auch wirtschaftlich 58

DA: Ja und natürlich auch der Generationenwechsel. Monsanto ist durch Agent Orange 28 entstanden. Monsanto war anfangs der 60er Jahre eine kleine Firma. Durch den Vietnam-Krieg haben sie das Kapital zusammengekriegt und bis heute haben sie so viel Kapital schaffen können, dass sie jetzt mächtig in der Gen-Technologie mitmischen. UW: Die alten Bauern haben sich auf die Neuerungen nicht eingelassen. Die haben traditionell vor sich hin gewirtschaftet, wahrscheinlich auch durch die Realteilung: kleine Bauerngüter und wenig Geld. Da hatte der Opa noch das Sagen und es lief nichts mit Dünger und so. Entweder hatten sie die finanziellen Möglichkeiten nicht gehabt oder es war wirtschaftlich kein Faktor. In der hier auf dem Land vertretenen Grundeinstellung war auch kein Interesse vorhanden, mit so neumodischem Zeugs zu arbeiten. Nach dem Krieg hat es dann nochmals zehn bis fünfzehn Jahre gedauert, bis der wirkliche Generationenwechsel kam. Da hat es erst richtig «Bumm» gemacht. Die Leute im Alter meines Vaters haben dann rigoros umgestellt. DA: Die sind ja auch intensiv bearbeitet worden von der Heimvolksschule und der Industrie. In den 50er Jahren gab es grosse Programme in Baden-Württemberg, wo Intensivobstbau gefördert wurde, indem man für die Rodung von Hochstämmen 29 in Streuobstwiesen und für Anlegen von Monokulturen gutes Geld bekam. Das war der Ursprung des intensiven Obstanbaus in Baden-Württemberg. Heute schicken sie ehrenamtliche Naturschützer aus, um die Streuobstbestände wieder hoch zu kriegen. Es ist immer das gleiche Spiel: Die Grossen machen ihr Geld, indem unheimlich viel ka­ 30 Mulcher. Maschinen mit schnell rotierenden Schlagwerkzeugen (Schlegeln) an einer Welle und sehr hohem Kraftbedarf. Mulcher werden eingesetzt, wenn das Mähgut auf der Fläche bleiben und schnell verrotten soll. Dazu wird es in Stücke zerkleinert. Da keine Klingen arbeiten, zerstören Steine und Äste die Werkzeuge nicht. Sie werden zum Beispiel zur «Pflege» von Wiesen, die nicht gemäht werden (dürfen), zum Schlegeln von Gründünger, zum «Mähen» von Strassenrändern und auch – mit hochgestellter Maschine – um Hecken «zurückzuschneiden» benutzt. Die Arbeitsleistung der Maschinen ist hoch. Neben dem hohen Kraftbedarf, was sich im Energieverbrauch äussert, ist der unsaubere Schnitt zu bemängeln. Gemulchte Wiesenflächen wachsen schlecht nach (was zunächst ja auch erwünscht ist) und geschlegelte Hecken erholen sich schlecht von dieser «Pflege», da die zerspleissten Schnittstellen nicht verheilen und lange für Erreger offen bleiben. Da die Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit fahren, haben Insekten, Bodenbrüter und Säugetiere (Hasen, Rehkitze usw.) kaum reale Fluchtchancen. Aus ökologischer Sicht ist Mulchen als «Pflegemassnahme» abzulehnen, da es eher Zerstörung und Energieverschwendung ist. 31 BUND, der. «Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland», ein wichtiger überregionaler Umweltverband in Deutschland. 59