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Kreffels Ruminationen - Ernst Michael Lange

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und nicht einmal zunächst bestehen, aber es hat doch ein praktische Seite, die nicht<br />

nur verstanden werden will, sondern bewältigt und geführt. Also reichte auch der<br />

Sinn von ‚Sinn’ als Verständlichkeit als solcher nicht, zu verstehen, was unter<br />

einem Sinn des Lebens auch nur verstanden werden kann.<br />

Und ebenfalls also führte das Ausprobieren der vier Möglichkeiten, die Kreffel<br />

sah, zu keinem befriedigenden Ergebnis. Und als Kreffel das eingesehen hatte, hat<br />

er sich wieder einmal interpunktionell verhalten und einen Punkt gemacht: .<br />

Der Punkt bedeutete eine lange Pause. Danach erschien es Kreffel, dass er anders<br />

hätte anfangen müssen, denn das schulmäßige Entwickeln des möglichen Sinns<br />

von ‚Sinn’ im Kontext der Wendung ‚Sinn des Lebens’ war ja vielleicht nicht von<br />

allgemeinem Interesse (also von Interesse auch außerhalb der Schule, für die wir ja<br />

angeblich nicht lernen, sondern für das Leben). Aber wo er nun einmal so<br />

angefangen hatte, wollte er da auch weiter machen. Dass ‚Sinn’ bei ‚Sinn des<br />

Lebens’ etwas anderes heißen müsste als in den anderen Kontexten, auf die sich<br />

die Angaben im Wörterbuch, die Kreffel nur ein wenig geordnet hatte, stützten,<br />

weil keine von den in ihm vorkommenden Möglichkeiten als solche auf den Sinn<br />

des Lebens passte, das schien Kreffel die richtige Folgerung aus seinen Versuchen.<br />

Drei Punkte waren aus ihnen auf jeden Fall festzuhalten:<br />

Der Sinn hatte etwas mit Verständlichkeit zu tun, ging aber darin nicht<br />

auf.<br />

Der Sinn hatte nicht nur etwas mit den Zielen und Zwecken des Handelns<br />

im Leben zu tun, weil das Leben selbst nicht nur Tätigkeit oder<br />

Handlung, sondern in vielen Hinsichten auch Widerfahrnis ist und<br />

irgendwie ein Kombination aus vielem.<br />

Der Sinn des Lebens war in erster Linie der, den der das betreffende<br />

Leben selbst Führende als solchen erfuhr und beurteilte, er war mit dem<br />

Wortmonstrum des überschätzten Philosophieprofessors ‚jemeinig’.<br />

Zu seinem gleichsam definitorischen Vorschlag kam Kreffel, als er überlegte, dass<br />

ihn der Sinn seines Lebens gar nicht ununterbrochen beunruhigte, sondern nur<br />

beim ausdrücklichen Nachdenken – in seinem Fall nach einem schon lange<br />

gelebten Leben. Das war zwar Zufall, aber es erschien ihm von allgemeiner<br />

Geltung, dass wir irgendwie immer schon zu spät kommen, um die Frage nach<br />

dem Sinn des Lebens zu beantworten, weil wir dafür, die Frage überhaupt zu<br />

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