Handwerk in Bremen - Handwerkskammer Bremen
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Von der Werkbank<br />
<strong>in</strong> den Hörsaal<br />
Weiterqualifizierung Vom Gesellen zum Studen<br />
ten: Seit März 2009 gelten e<strong>in</strong>heitliche<br />
Kri te ri en für den Hochschulzugang von <strong>Handwerk</strong>ern.<br />
Meis ter erhalten demnach den allgeme<strong>in</strong>en<br />
Hoch schulzugang, Gesellen e<strong>in</strong>en<br />
fach gebundenen – sofern sie über drei Jahre<br />
Berufserfahrung verfügen und e<strong>in</strong> Eignungsfeststellungsverfahren<br />
der jeweiligen Hochschule<br />
durchlaufen.<br />
Dieser Beschluss der Ständigen Konferenz der<br />
Kul tusm<strong>in</strong>ister der Länder <strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />
(KMK) muss jetzt allerd<strong>in</strong>gs noch von den<br />
e<strong>in</strong>zelnen Bundesländern umgesetzt werden.<br />
Diese können dabei auch weitergehende Regelungen<br />
für den Hochschul zugang treffen und<br />
<strong>in</strong>sbesondere den Katalog der Fortbildungsabschlüsse<br />
entsprechend den jeweiligen Landesregelungen<br />
erweitern. Solche landesspezifi schen<br />
Hochschulzugangsberechtigungen wer den nach<br />
e<strong>in</strong>em Jahr nachweislich erfolgreich absolvierten<br />
Studiums zum Zwecke des Weiterstudiums<br />
<strong>in</strong> dem gleichen oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em aff<strong>in</strong>en Studiengang<br />
von allen Ländern anerkannt.<br />
Der KMK-Beschluss ist dokumentiert unter:<br />
www.kmk.org > Dokumen tation/Beschlüsse<br />
> Wissenschaft/Hochschule<br />
Kooperationen von <strong>Handwerk</strong> und Hochschulen<br />
Bundesweit acht Kooperationsvere<strong>in</strong>barungen zwischen <strong>Handwerk</strong>sorganisationen<br />
und Hochschulen gibt es nach Kenntnis des Zentralverbands<br />
des Deutschen <strong>Handwerk</strong>s (ZDH) bereits. In deren Rahmen können <strong>Handwerk</strong>smeister<br />
oder Betriebswirte im <strong>Handwerk</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Studiengängen<br />
pauschal bis zu zwei Semester für ihre berufliche Praxis und die dabei erworbenen<br />
Kompetenzen angerechnet bekommen. Zahlreiche weitere Modelle<br />
werden derzeit diskutiert. Der ZDH beklagt jedoch, dass viele Hochschulen<br />
vorhandene Kompetenzen bislang nicht angemessen anerkennen.<br />
Insofern geht man hier davon aus, dass die Anrechenbarkeit e<strong>in</strong> regionales<br />
Thema bleiben wird. Die Studiengänge der e<strong>in</strong>zelnen Hochschulen<br />
seien zu verschieden, als dass es e<strong>in</strong>e bundesweit e<strong>in</strong>heitliche Regelung<br />
geben könne. Das <strong>Handwerk</strong> setzt daher vor allem auf Aktivitäten vor Ort.<br />
E<strong>in</strong>e Übersicht über Kooperationsprojekte zwischen <strong>Handwerk</strong>sorganisationen<br />
und Hochschulen gibt es beim ZDH unter: www.zdh.de > Bildung ><br />
Schule/Hochschule<br />
nachgefragt:<br />
Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser leitet die Abteilung Berufliche Bildung im Zentralverband<br />
des Deutschen <strong>Handwerk</strong>s (ZDH). Aus se<strong>in</strong>er Sicht ist der erleichterte<br />
Hochschulzugang für <strong>Handwerk</strong>er e<strong>in</strong> großer Schritt nach vorn.<br />
Seit März gelten e<strong>in</strong>heitliche Kriterien<br />
für den Hochschulzugang beruflich<br />
qualifizierter Bewerber. Wann wird man<br />
erstmals e<strong>in</strong>e nennenswerte Zahl an<br />
Meistern und Gesellen <strong>in</strong> deutschen<br />
Hörsälen antreffen?<br />
Nach derzeitigem Stand gehen wir davon<br />
aus, dass alle Länder den Beschluss bereits<br />
im Laufe dieses Jahres umgesetzt<br />
haben werden. Der politische Druck wirkt,<br />
und auch der ZDH hat e<strong>in</strong> Auge darauf,<br />
dass die Umsetzung vorangetrieben wird.<br />
Für das <strong>Handwerk</strong> ist die bundesweite<br />
Vere<strong>in</strong>heitlichung des Hochschulzugangs<br />
ohne Abitur <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong> bildungspolitisches<br />
Signal. Wichtig ist, dass<br />
berufliche und akademische Bildung nicht<br />
mehr als getrennte Säulen im deutschen<br />
Bildungssystem betrachtet werden.<br />
Sehen Sie die Gefahr, dass gerade die<br />
Talentierten unter den ohneh<strong>in</strong> raren<br />
Fach- und Führungskräften dadurch<br />
vermehrt <strong>in</strong> Wissenschaft oder Industrie<br />
abwandern?<br />
Mit der Aus- und Weiterbildung im <strong>Handwerk</strong><br />
eröffnen sich hervorragende Karrierechancen.<br />
Daher sehen wir die Gefahr<br />
der Abwanderung qualifizierter Fachkräfte<br />
nicht. Vielmehr stehen für uns die Chancen<br />
im Vordergrund. Der Stellenwert der<br />
beruflichen Bildung wird durch die bundesweit<br />
e<strong>in</strong>heitliche Regelung des Hochschulzugangs<br />
deutlich erhöht. Und die<br />
verbesserte Durchlässigkeit heißt auch:<br />
Wer sich bisher durch das Abitur kämp fen<br />
musste, um studieren zu können, kann<br />
nun auch handwerkliche Bildungs gänge<br />
durchlaufen und im Anschluss an das<br />
Studium wieder im <strong>Handwerk</strong> Fuß fassen.<br />
Um dies zu fördern, ist es wünschenswert,<br />
dass Studiengänge entwickelt werden, die<br />
sich <strong>in</strong>haltlich und organisatorisch an den<br />
Bedürfnissen des <strong>Handwerk</strong>s ausrichten.<br />
Welche Art von Expertise können Hochschulen<br />
e<strong>in</strong>em gestandenen <strong>Handwerk</strong>sunternehmer<br />
vermitteln? Und wie können<br />
Hochschulen von der praktischen<br />
Erfahrung der <strong>Handwerk</strong>er profitieren?<br />
In jedem Fall ist der Austausch für beide<br />
Seiten fruchtbar. Das bestätigen uns<br />
Rückmeldungen von bereits studierenden<br />
<strong>Handwerk</strong>ern. Die Hochschulen profitieren<br />
davon, dass wissenschaftliche Ausführungen<br />
unmittelbar mit praktischen<br />
Erfahrungen abgeglichen werden können.<br />
Die beruflich qualifizierten Studierenden<br />
wiederum haben die Möglichkeit, Sachverhalte<br />
und Problemstellungen aus e<strong>in</strong>er<br />
über geordneten, akademischen Perspektive<br />
heraus zu durchleuchten.<br />
Wie stellen Sie sich die praktische Zusammenarbeit<br />
zwischen den Unternehmen<br />
und Organisationen des <strong>Handwerk</strong>s mit<br />
den Hochschulen vor?<br />
Mehr Durchlässigkeit bedeutet auch e<strong>in</strong>e<br />
engere Verzahnung der Bildungsangebote<br />
und der Bildungsträger. Es muss deutlich<br />
werden, dass <strong>Handwerk</strong>er <strong>in</strong>haltlich auf<br />
gleicher Augenhöhe mit Akademikern stehen.<br />
Entsprechend brauchen wir Studiengänge,<br />
<strong>in</strong> denen berufliche Kompetenzen<br />
angerechnet werden. Hier stecken wir allerd<strong>in</strong>gs<br />
noch <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>derschuhen.<br />
esser@zdh.de<br />
<strong>Handwerk</strong> <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong> 2/2010 | 23