28.02.2013 Aufrufe

Juni - Euroregion Elbe/Labe

Juni - Euroregion Elbe/Labe

Juni - Euroregion Elbe/Labe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Bewährt experimentierfreudig<br />

Von Steffen Neumann<br />

Das Festival Mitte Europa verspricht Kunst auf höchstem<br />

Niveau in kleinen Städten und Dörfern und verabschiedet sich<br />

von seinem Gründungsintendanten.<br />

Samstag, 9. <strong>Juni</strong> 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Nun haben sie es doch noch einmal gemacht. Kammersänger Thomas<br />

Thomaschke und seine Frau Ivana Thomaschke-Vondrakova wollten eigentlich<br />

schon im vergangenen Jahr die Führung des Festivals Mitte Europa abgeben.<br />

„Wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören“, sah der inzwischen 68jährige<br />

mit dem 20-jährigen Festivaljubiläum den besten Zeitpunkt<br />

gekommen. Doch dann kam die Nachfolge ins Stocken, die Suche nach einem<br />

gewünschten Geschäftsführer zog sich länger hin, als gedacht. Denn in<br />

Zukunft soll bei dem Festival die finanzielle und künstlerische Leitung getrennt werden. „Die<br />

Personalunion, die ich ausführe, ist nicht mehr zeitgemäß“, begründet Thomaschke den Schritt, der<br />

sich selbst als Quereinsteiger bezeichnet, was die Führung der Finanzgeschäfte angeht.<br />

Stichwort Kontinuität<br />

Inzwischen ist der neue Geschäftsführer gefunden. Er wird bereits Anfang Juli sein Amt antreten.<br />

Und auch der neue künstlerische Leiter soll im Herbst kommen, so dass Thomaschke und seine<br />

tschechische Frau ihren letzten Festivaljahrgang, der am kommenden Sonntag beginnt, beruhigt<br />

genießen können. Und das wird ihnen nicht schwer fallen, denn in den kommenden sieben Wochen<br />

locken wie bewährt bekannte Künstler, neben noch jungen, unentdeckten, an teils einzigartige Orte<br />

und auf höchstem künstlerischem Niveau. „Wir setzen auf Kontinuität“, sagt Thomaschke zum<br />

Festivalkonzept. Die Schwerpunkte sind seit Jahren gesetzt, neben viel Tschechisch und Deutsch<br />

was Künstler, Werkauswahl und Orte betrifft, ist auch Europa, getreu dem Festivalnamen, stark<br />

vertreten. Die sogenannte ernste Musik wird von Klezmer, Jazz und Volksmusik ergänzt.<br />

Dieser bewährte Rahmen lässt viel Raum für Experimentierfreude und Grenzüberschreitung. Das<br />

zeigt sich schon an so verrückten Instrumentalgruppen wie dem Prague Bassoon Quartet mit vier<br />

Fagotts, der Balalajka-Akkordeon-Gruppe Esse Quintet, dem Tubaquartett Melton Tuba Quartett<br />

und dem Leipziger Cembaloduo. Experimentierfreude verraten auch eigenwillige Spielorte, wie der<br />

Tiefe Bünaustollen in Zinnwald. Das Konzert des tschechischen Männer-Vokalquartetts Q Vox in der<br />

Reichtroster Weitung in 65 Meter Tiefe wird sicher ein unvergessliches Erlebnis, genauso wie<br />

Konzerte im Maschinensaal der Druckerei in Marienberg oder der August-Förster-Pianofabrik in<br />

Löbau.<br />

Ein Gesamtkunstwerk<br />

„Auch wenn der Begriff nicht gern gehört wird, uns geht es mit dem Festival um ein<br />

Gesamtkunstwerk“, nennt Thomaschke den Anspruch der Organisatoren. Hinter allem ist ein Sinn<br />

zu suchen. Dass die tschechischen Aufführungsorte in der Regel Kirchen sind hat auch damit zu<br />

tun, dass diese Räume in Nordböhmen wenig besucht werden und mehr in die Öffentlichkeit rücken<br />

sollen.<br />

Die meisten Akzente werden naturgemäß bei Musik- und Künstlerauswahl gesetzt. „Besonders liegt<br />

uns dabei die Werkpflege verfolgter Künstler am Herzen“, nennt Ivana Thomaschke-Vondrakova<br />

einen weiteren Schwerpunkt. Gleich mehrfach mit ihren Werken vertreten sind der in Auschwitz<br />

ermordete Viktor Ullmann und der im Internierungslager Wülzburg an den Folgen von<br />

Unterernährung gestorbene Erwin Schulhoff. Beim Konzert im Bünaustollen steht zudem Gideon<br />

Klein auf dem Programm, der kurz vor Kriegsende 25-jährig im Auschwitz-Außenlager<br />

Fürstengrube ums Leben kam. „Wir wollten gern ein bestelltes Feld hinterlassen, bevor wir<br />

abtreten“, begründet Kammersänger Thomaschke mit anderen Worten, warum er sich erst ein Jahr<br />

später von der Festivalorganisation zurückzieht. Es wird spannend zu sehen, wie die neue<br />

Geschäftsleitung das bestellte Feld weiter beackern wird. A<br />

Samstag, 9. <strong>Juni</strong> 2012<br />

(Sächsische Zeitung)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!