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3. Ökonomische Macht und Preistheorie<br />

Es ist offensichtlich, dass die ökonomische Realität nicht dem „Lehrbuch-Fall“ der<br />

vollkommenen Konkurrenz entspricht, sondern durch vielfältigste Formen unvollkommener Märkte,<br />

d.h. damit auch vielfältiger Machte<strong>in</strong>flüsse, gekennzeichnet ist. Die Bee<strong>in</strong>flussung des<br />

Marktgeschehens durch wirtschaftliche Macht stellt damit e<strong>in</strong> zentrales Phänomen dar, trotzdem wird<br />

es <strong>in</strong> ökonomischen Analysen ignoriert. Als <strong>in</strong>struktives Beispiel für die komplexen Zusammenhänge<br />

zwischen Macht- und Konkurrenzbeziehungen auf e<strong>in</strong>em Markt, sei der Fall der M<strong>in</strong>eralölmärkte<br />

angeführt:<br />

Bereits 1972, also vor dem Ölschock, hatte Kurt Rothschild <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bekannten<br />

Referat vor dem Vere<strong>in</strong> für Sozialpolitik – „ Macht, die Lücke <strong>in</strong> der Preistheorie“- darauf<br />

h<strong>in</strong>gewiesen, dass der Erdölpreis zu e<strong>in</strong>em erheblichen Teil als Mach-bestimmt zu sehen sei. Durch<br />

die Bildung der Gegenmacht <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Kartells kam es zu e<strong>in</strong>er massiven Verschiebung der<br />

Machtverhältnisse auf diesem Markt mit der Folge e<strong>in</strong>er Explosion der Ölpreise. Wirtschaftsliberale<br />

Ökonomen, wie etwa Milton Friedmann, haben diese massiven Preiserhöhungen stets als e<strong>in</strong> nur<br />

vorübergehendes, kurzfristiges Phänomen gesehen. Gegenüber dem Wirken des re<strong>in</strong>en<br />

„Preismechanismus“ könne sich wirtschaftliche Macht aus ihrer Sicht nur kurzfristig auswirken. Denn<br />

diese Preiserhöhungen würden unmittelbar durch In-Gang-Setzen von Substitutionsprozessen noch<br />

weiter Nachfragerückgänge <strong>in</strong>duzieren. Letztlich würde eben der Selbststeuerungsmenchanismus des<br />

Marktes über den Markteffekt steigen.<br />

Die jüngsten Schwierigkeiten der OPEC können auch tatsächlich als Illustration dieser<br />

Thesen gesehen werden, <strong>in</strong>s besonders, wenn diese Mechanismen durch den kriegsbed<strong>in</strong>gten Zerfall<br />

der Kartellmacht noch verstärkt werden. Dennoch ist die wirtschaftsliberale Position aus me<strong>in</strong>er Sicht<br />

zu simpel und damit letztlich irreführend: Denn auch wenn das Ölpreiskartell nur zehn Jahre wirksam<br />

gewesen wäre, ist doch nicht zu leugnen, dass se<strong>in</strong> Wirken das ökonomische Antlitz der Welt<br />

verändert hat. Denn niemand kann annehmen, dass selbst e<strong>in</strong> Zerfall des Ölpreiskartells e<strong>in</strong>e Rückkehr<br />

zum status quo ante, zu den ökonomischen Verhältnissen der Zeit vor dem „Ölpreisschock“ br<strong>in</strong>gen<br />

würde. Das heißt: selbst dort, wo Marktmechanismen langfristig wirken, ist es wirtschaftspolitisch<br />

nicht un<strong>in</strong>teressant zu untersuchen, was <strong>in</strong> der von Markt- und Machte<strong>in</strong>flüssen kann demnach zu<br />

ökonomisch relevanten Ergebnissen führen.<br />

Die Tatsache, dass e<strong>in</strong> Abstellen auf Marktmechanismen alle<strong>in</strong> nicht zur Analyse<br />

realer Phänomene ausreicht, bedeutet auch, dass es nicht möglich ist von allgeme<strong>in</strong> übertragbaren<br />

„ökonomischen Gesetzen alle<strong>in</strong> auszugehen, sondern, dass ökonomische Probleme unter spezieller<br />

Berücksichtigung der jeweiligen räumlichen und zeitlichen Spezifika des jeweiligen Marktes zu<br />

analysieren s<strong>in</strong>d. Um wieder beim Beispiel des M<strong>in</strong>eralölmarktes zu bleiben, zeigen sich etwa <strong>in</strong><br />

diesem Bereich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich erhebliche Unterschiede. So<br />

wurde etwa <strong>in</strong> Österreich die Preisregelung für Benz<strong>in</strong> aufgegeben, <strong>in</strong> der Hoffnung, dass ähnlich wie<br />

<strong>in</strong> der Bundesrepublik Deutschland e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Wettbewerb e<strong>in</strong>e optimale Allokation erreichen<br />

könne. Tatsächlich haben sich die Märkte äußerst unterschiedlich entwickelt. In Österreich, als e<strong>in</strong>em<br />

kle<strong>in</strong>en Oligopolmarkt, hat sich deutlich e<strong>in</strong> Macht-bestimmtes Marktgeschehen durch abgestimmtes<br />

Verhalten der Oligopolisten ergeben. Durch Wegfallen der staatlichen Gegenmacht <strong>in</strong> Form der<br />

Preisregelung hat sich damit e<strong>in</strong> Machübergewicht zugunsten der kartellähnlich agierenden ohne<br />

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