DE - Europa
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76. Die Honorarordnung wurde 1967 vom Nationalen Rat der belgischen<br />
Architektenkammer angenommen und seither mehrmals aktualisiert. In der jüngsten<br />
Fassung vom Juni 2002 wird sie als „indikative“ Honorarordnung (indicatif/leidraad)<br />
bezeichnet. Sie legt die Mindesthonorare für die Leistungen freischaffender<br />
Architekten in Belgien fest.<br />
77. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass der Beschluss zur Einführung der<br />
Honorarordnung als eigenständiger Rechtsakt mit vorschreibendem Charakter zu<br />
betrachten und voll und ganz der als Unternehmensvereinigung handelnden Kammer<br />
zuzurechnen sei. Ferner zog sie den Schluss, dass die Kammer die Absicht hatte, das<br />
Verhalten ihrer Mitglieder auf dem Markt durch Beschlüsse zur Einführung und<br />
Änderung der Honorarordnung zu koordinieren. Außerdem stellte die Kommission<br />
fest, dass die Honorarordnung zumindest in einem gewissen Maß angewandt wurde.<br />
78. Von der Absicht, den Wettbewerb durch die Honorarordnung einzuschränken,<br />
zeugen unter anderem die gewollt normative Konnotation des Titels und der<br />
Erwägungspunkte in der Präambel; die Tatsache, dass die Kammer einen<br />
Mustervertrag ausarbeitete und 18 Jahre lang zur Verfügung stellte, der als einzige<br />
Möglichkeit für die Bestimmung der Honorare einen Verweis auf die<br />
Honorarordnung enthielt; sowie die Tatsache, dass die Kammer über die<br />
Bereitstellung von Informationen für ihre Mitglieder, die Bauherren und die Gerichte<br />
hinausgegangen war.<br />
79. Obwohl die Festsetzung oder Empfehlung von Mindesthonoraren an sich einen sehr<br />
schweren Verstoß darstellt, stufte die Kommission diesen Verstoß insgesamt als<br />
schwer ein, da die Honorarordnung wahrscheinlich nicht generell von allen<br />
angewandt wurde und der räumliche Anwendungsbereich des Beschlusses auf einen<br />
Mitgliedstaat beschränkt war.<br />
80. Bei der Festlegung einer Geldbuße von 100 000 EUR wertete es die Kommission als<br />
mildernden Umstand, dass seitens der Kammer begründete Zweifel bestanden haben<br />
mochten, ob ihre Honorarordnung wirklich eine Zuwiderhandlung darstellte –<br />
wenigstens bis die Kommission 1993 ihre Entscheidung in der Sache CNSD 90<br />
veröffentlichte. Außerdem besteht die Politik der Kommission gemäß ihrem Bericht<br />
vom 9. Februar 2004 darin, die Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten und die<br />
Berufsverbände aufzufordern, ihre restriktiven Regelungen zu überprüfen und zu<br />
ändern – und ihnen dies zu ermöglichen. Bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße<br />
stützte sich die Kommission auf den graduellen Ansatz 91 , den sie in Bezug auf<br />
wettbewerbswidrige Praktiken von Berufsverbänden verfolgt.<br />
90 Entscheidung 93/438/EWG im Verfahren IV/33.407 – CNSD, ABl. L 203 vom 13.8.1993, S. 27. Diese<br />
Entscheidung richtete sich gegen die Festsetzung von Tarifen der italienischen Zollspediteure.<br />
91 In einer ersten Entscheidung über die Tarife von Berufsverbänden im Jahr 1993 hatte die Kommission<br />
feste Tarife verurteilt, aber keine Geldbuße festgesetzt. Im Jahr 1996 erließ die Kommission eine<br />
Entscheidung über die empfohlenen Tarife des niederländischen Spediteurverbands mit einer<br />
symbolischen Geldbuße von 1 000,00 EUR.<br />
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