Neolithische Grabenwerke in Mitteleuropa
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Michael Meyer & Dirk Raetzel-Fabian<br />
<strong>Neolithische</strong> Erdwerke im Überblick<br />
15. Dezember 2006<br />
11<br />
Y-Profil ist nur aus e<strong>in</strong>em Grabenabschnitt von Obernjesa bekannt<br />
und wird analog zu den bandkeramischen Befunden als ‚Pfostenschlitz’<br />
gedeutet, ohne dass jedoch Pfostenspuren nachgewiesen<br />
wären.<br />
Palisadenanlagen<br />
Von zehn Fundplätzen liegen H<strong>in</strong>weise auf re<strong>in</strong>e Palisadenanlagen<br />
vor (Meyer 2003), wobei die vermutete erste, nur aus e<strong>in</strong>er Palisade<br />
bestehende Bauphase <strong>in</strong> Langweiler 12 und Hambach 260<br />
nicht sicher zu belegen ist. Möglicherweise bestand auch die außergewöhnliche<br />
Außenpalisade von Geiselhör<strong>in</strong>g bereits vor Anlage<br />
des Grabens und der Innenpalisade. In ke<strong>in</strong>em Fall ist e<strong>in</strong> größter<br />
Durchmesser von mehr als 300 m für diese Anlagen nachgewiesen,<br />
die damit wie <strong>in</strong> der Bandkeramik nicht die Spitzenwerte der <strong>Grabenwerke</strong><br />
erreichen. Soweit zu beurteilen, unterscheiden sie sich <strong>in</strong><br />
der Form nicht vom Großteil der <strong>Grabenwerke</strong>. Herausragend ist der<br />
Befund von Inden mit fünf Palisadenzügen, denen fünf Siedlungsphasen<br />
zugewiesen werden.<br />
Wall<br />
Bei der jüngeren Anlage von Falkenste<strong>in</strong>-Schanzboden ist vor der<br />
Innenpalisade und dem vorgelagerten Graben e<strong>in</strong> Außenwall erhalten,<br />
der heute bei e<strong>in</strong>er Basisbreite von 10 m noch e<strong>in</strong>e Höhe von<br />
1,0–1,5 m aufweist. Interessanterweise fehlen „Erdbrücken“ (Neugebauer<br />
1983/84, 176) sche<strong>in</strong>bar völlig. Der für die ältere Anlage vermutete<br />
Außenwall wird wie z. B. auch im Fall von Frauenhofen wegen<br />
fehlender archäologischer Belege angezweifelt (Trnka 1991 a, 142 f.),<br />
auch die Rekonstruktion e<strong>in</strong>es Walls für Hambach 260 (Dohrn-Ihmig<br />
1983, 20 ff.) bleibt hypothetisch. Die immer wieder als H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>en<br />
Wall herangezogene stärkere Verfüllung der Gräben von Innen<br />
(z. B. Warburg-Daseburg; vorsichtig: Heege 1989, 85 zu Großenrode),<br />
muss mit Vorsicht behandelt werden, da im Experiment dieses Phänomen<br />
auch beobachtet wurde, ohne dass Wallmaterial daran beteiligt<br />
war (Lün<strong>in</strong>g 1981, 274).<br />
Tore<br />
Soweit an den oft nur partiell untersuchten Anlagen feststellbar,<br />
ist auch im Mittelneolithikum e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Anzahl von Toren<br />
der Standard, <strong>in</strong> dem kle<strong>in</strong>en Kreisgraben von Warburg-Daseburg<br />
und dem Wall von Falkenste<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d sogar überhaupt ke<strong>in</strong>e Unterbrechungen<br />
nachzuweisen. Mit zehn Toren steht der Kreisgraben von<br />
Bochum-Harpen isoliert da, denkbar ist e<strong>in</strong>e vergleichbare Zahl allenfalls<br />
bei der nur teilweise bekannten Anlage von Frauenhofen.<br />
Neben den weiterh<strong>in</strong> überwiegenden e<strong>in</strong>fachen Grabenunterbrechungen<br />
und den wie im Altneolithikum nur an Rhe<strong>in</strong> (und Neckar)<br />
auftretenden Tangentialtoren s<strong>in</strong>d jetzt im Donauraum an e<strong>in</strong>igen<br />
Anlagen Tore mit umbiegenden Grabenenden bekannt, wie sie sich <strong>in</strong><br />
dieser Region <strong>in</strong> der Bandkeramik mit Straub<strong>in</strong>g-Lerchenhaid bereits<br />
angedeutet hatten. Ohne Parallele ist der Befund aus Großenrode, wo<br />
die <strong>in</strong>nere Palisade zur Mitte der Grabenöffnung h<strong>in</strong> umbiegt.<br />
Astronomische Bezüge<br />
Bei der Anlage von Künz<strong>in</strong>g-Unternberg liegt das westliche Tor<br />
des großen Doppelgrabens auf e<strong>in</strong>er L<strong>in</strong>ie mit zwei Toren der Kreisgrabenanlage<br />
und auch dem westlichen Tor der Kreispalisadenanlage.<br />
Die „durch die jeweilige Mitte der Toranlagen rekonstruierbare<br />
Richtung entspricht ziemlich genau der heutigen Peilung zum Sonnenaufgang<br />
der W<strong>in</strong>tersonnenwende mit 126,2 Grad am 21. Dezember“<br />
(Becker 1996, 104). E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Ausrichtung der <strong>Grabenwerke</strong><br />
erschließt sich nicht.