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Neolithische Grabenwerke in Mitteleuropa

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Michael Meyer & Dirk Raetzel-Fabian<br />

<strong>Neolithische</strong> Erdwerke im Überblick<br />

15. Dezember 2006<br />

lung können kurze, parallel zum Grabenverlauf ausgerichtete Pfostenriegel<br />

gelten (Bergheim, Obereisesheim). Da die Querriegel bei<br />

Inrechnungstellung der ursprünglichen Grabenbreite kaum Raum<br />

zum seitlichen Passieren lassen, muss angenommen werden, dass<br />

sich <strong>in</strong> der kurzen Holzfront e<strong>in</strong> pfortenartiger Durchgang befand.<br />

E<strong>in</strong>en <strong>in</strong>direkten H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e solche oberirdische Konstruktion<br />

bietet das zweiteilige Gräbchen von Obereisesheim.<br />

Das weite Spektrum zugangsregelnder E<strong>in</strong>bauten wird im Erdwerk<br />

von Urmitz greifbar. Auf e<strong>in</strong>er Umfassungslänge von ca. 2300 m<br />

wurden <strong>in</strong>sgesamt zwölf E<strong>in</strong>bauten (von möglicherweise ursprünglich<br />

22) festgestellt. Die hohe Variationsbreite der Konstruktionen<br />

lässt sich auf zwei Grundformen reduzieren: E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Variante<br />

besteht aus parallelen Palisadenwänden, die – senkrecht zur Umfassungsl<strong>in</strong>ie<br />

verlaufend – e<strong>in</strong>e Art Torgasse bilden. Vergleichbare Konstruktionen<br />

f<strong>in</strong>den sich auch <strong>in</strong> anderen Anlagen (Mayen, Miel?). Wesentlich<br />

aufwändiger s<strong>in</strong>d jedoch die so genannten „Bastionen”, die<br />

auf Grund der massiven Fundamentgräben als schanzenartige Sperren<br />

gedeutet wurden. Ihre Form ist rechteckig, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall gerundet;<br />

zum Teil s<strong>in</strong>d Spuren von Innenkonstruktionen vorhanden. Die<br />

komplizierten, mehrräumigen E<strong>in</strong>bauten <strong>in</strong> Calden, die als architektonische<br />

Weiterentwicklung der frühmichelsbergzeitlichen Urmitzer<br />

Konstruktionen gelten können, zeigen jedoch, dass selbst bei durchlaufenden<br />

Fundamentgräben oberirdisch durchaus mit Wandöffnungen<br />

zu rechnen ist – e<strong>in</strong> Befund, der durch die Toranlage von<br />

Großfahner bestätigt wird (siehe S. 30 Abschnitt Baalberger Kultur,<br />

Tore). Die Urmitzer „Bastionen” dürften deshalb ebenfalls als massiv<br />

ausgeführte Zugangskonstruktionen zu <strong>in</strong>terpretieren se<strong>in</strong>. In Calden<br />

und wohl auch <strong>in</strong> Urmitz stehen die E<strong>in</strong>bauten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em unmittelbaren<br />

konstruktiven Zusammenhang mit der den Graben <strong>in</strong>nen<br />

begleitenden Palisade. Die Länge (Tiefe) der E<strong>in</strong>bauten schwankt<br />

<strong>in</strong> Calden zwischen 17,5 m und 21 m, die maximale Breite der Konstruktionen<br />

zwischen 7 m und 11 m. Die Durchlässe weisen e<strong>in</strong>e lichte<br />

Breite von durchschnittlich 1,35 m auf. Da sie <strong>in</strong> der Regel durch<br />

e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gesetzten Pfosten zusätzlich verengt wurden, hatte die<br />

Passage eher Pforten- oder Schleusencharakter. Die Caldener Anlage<br />

weist <strong>in</strong>sgesamt sieben solcher Zugänge auf. E<strong>in</strong>e ehemalige<br />

Überdachung sche<strong>in</strong>t wahrsche<strong>in</strong>lich, ist aber nicht nachweisbar.<br />

Die besondere Ausgestaltung von Zugängen wird <strong>in</strong> Bruchsal<br />

„Aue” durch ehemals im Torbereich aufgestellte Gehörne von Auerochsen<br />

illustriert. In Kl<strong>in</strong>genberg können Bruchste<strong>in</strong>e möglicherweise<br />

als verstürztes Trockenmauerwerk e<strong>in</strong>er ehemaligen Torverblendung<br />

<strong>in</strong>terpretiert werden. Aus den genannten Anlagen liegt e<strong>in</strong>e<br />

weitere Variante e<strong>in</strong>er Zugangskonstruktion aus kurzen Fundamentgräbchen<br />

vor, die senkrecht zur Grabenl<strong>in</strong>ie mittig im Durchgang<br />

platziert s<strong>in</strong>d.<br />

In Untergrombach wird die Funktion e<strong>in</strong>er Grabenunterbrechung<br />

als Tor durch e<strong>in</strong>en dort mündenden Altweg aus dem Tal betont<br />

(Behrends 1998 b).<br />

Astronomische Bezüge, Baumaße<br />

E<strong>in</strong>deutige astronomische Bezüge s<strong>in</strong>d bisher nicht bekannt und<br />

auf Grund der sehr unregelmäßigen Architektur der Anlagen auch<br />

schwer festzustellen. Die Anlage von Calden ist mit ihrer Hauptachse<br />

grob auf den Sonnenaufgangspunkt zur Sommersonnenwende ausgerichtet<br />

(unpubl.). Zur Frage konsistenter Baumaße zeigt sich im Fall<br />

der Caldener E<strong>in</strong>bauten, dass trotz des zu Grunde liegenden, e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Bauplanes ke<strong>in</strong> gleichförmiges Ersche<strong>in</strong>ungsbild angestrebt<br />

wurde, was die baulichen Dimensionen der Holzkonstruktionen betrifft.<br />

Lediglich die Breite der Zugänge sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichem<br />

Maß zu folgen (siehe S. 24 f. Abschnitt Tore).

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