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Markus Wolf Geheimnisse der russischen Küche

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zuzuhören und selbst nichts zu sagen, schwiegen sie hartnäckig.<br />

Das tiefe Schwarz ihrer Hautfarbe kontrastierte mit dem Weiß ihrer zu<br />

beson<strong>der</strong>en Anlässen angelegten Gewän<strong>der</strong>, die bis zur Erde reichten. Als<br />

Kopfbedeckung gehörte die Koffia dazu. Trotz gleicher Hautfarbe und<br />

Kleidung hätte <strong>der</strong> Kontrast zwischen den beiden Chefs für<br />

Staatssicherheit in spe nicht größer sein können. Der eine, klein und<br />

zierlich, (142) breitete zur vorgeschriebenen Stunde seinen Gebetsteppich<br />

aus, um in Richtung Mekka seiner Pflicht als Sheikh nachzukommen. Bei<br />

einem späteren Besuch auf Sansibar, als unsere Beziehung schon eng und<br />

freundschaftlich geworden war, wurde ich selbst als Sheikh angesprochen.<br />

Da erfuhr ich, daß dies ein Titel für ausgewiesene Kenner des Koran sei.<br />

Der an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> beiden war von ungewöhnlich hohem Wuchs, wie ich ihn<br />

in Afrika nur bei Nubiern im Norden des Kontinents gesehen habe.<br />

Nachdem alle Versuche, ein Gesprach in Gang zu bringen, gescheitert<br />

waren, sagte ich resignierend: »I think it's time for whisky.« - »Oh, yes«,<br />

war die Antwort des Hünen. Der Kleine wehrte entsetzt ab, aber <strong>der</strong> Bann<br />

war gebrochen. Ibrahim nannte sich Simba (<strong>der</strong> Löwe), und wir<br />

verabredeten einen neuen Termin für ein weiteres Gespräch, das<br />

allerdings erst nach öfterem Anmahnen mit mehrtägiger Verspätung<br />

stattfand. Unser Koch lüftete nach dem Weggang des Großen das uns<br />

gegenüber so sorgsam gehütete Geheimnis. Vor <strong>der</strong> Revolution, erzahlte<br />

Issa, sei Mister Ibrahim M. Sergeant bei <strong>der</strong> von den Englän<strong>der</strong>n<br />

ausgebildeten Kriminalpolizei gewesen. Er sei als populärer Verteidiger<br />

<strong>der</strong> Fußballnationalmannschaft von Sansibar auf <strong>der</strong> ganzen Insel<br />

bekannt. So erfuhren wir den Namen Brahims, wie ihn seine Freunde und<br />

später auch wir freundschaftlich nannten.<br />

An die von den unseren weit abweichenden Begriffe von Zeit und<br />

Arbeitsintensität mußten wir uns gewöhnen, so schwer es auch fiel. Es<br />

schien, als ob das Zeitmaß nicht aus Stunden und Tagen, son<strong>der</strong>n Wochen<br />

und Monaten bestunde. Oft hatten wir das Gefühl, daß nichts geschieht<br />

und die Zeit stillsteht. Erst allmählich begriffen wir, daß die beste Zeit für<br />

Gespräche mit den neuen Freunden die Stunden nach Sonnenuntergang<br />

waren. Der Wechsel vom Tag zur Nacht geht in den Tropen ganz an<strong>der</strong>s<br />

vor sich als in unseren Breiten. Plötzlich werden das Licht und die<br />

Landschaft grau, man erhascht gerade noch einen purpurnen Glanz über<br />

dem Horizont des Meeres, und schon versinkt die Natur in samtenem<br />

Dunkel.<br />

(143)<br />

Über den Markt und Lenin<br />

Bei einem dieser nächtlichen Gespräche fragte mich <strong>der</strong> für die<br />

Aufklarung verantwortliche kleinere Partner Hamid A., wir kannten ihn

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