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Markus Wolf Geheimnisse der russischen Küche

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früher bestimmte Speisen bereitet, nicht nur das Wasser für den Tee zum<br />

Kochen gebracht. Mancherorts ist auch heute <strong>der</strong> Tee gewissermaßen<br />

Sakuska vor <strong>der</strong> Sakuska. So taucht in Sibirien, im Norden Rußlands o<strong>der</strong><br />

in Mittelasien häufig <strong>der</strong> Tee als erster Gang <strong>der</strong> Mahlzeit auf. Danach<br />

erst die an<strong>der</strong>en »Sakuskas«.<br />

Das klingt etwas kompliziert, ist in <strong>der</strong> Praxis aber nicht so (24) schwer,<br />

sobald alles erst einmal vorbereitet ist. Dann kann es mit Sakuska und<br />

ihrem eigentlichen Zweck losgehen, nämlich Appetit zu machen. Und das<br />

zu einer Zeit, in <strong>der</strong> die meisten <strong>russischen</strong> Frauen zwei Hauptprobleme<br />

haben: zu wissen, wo etwas zu besorgen ist und wie sie ihr überflüssiges<br />

Gewicht loswerden. Das sind in <strong>der</strong> Praxis des Alltags tatsächlich schwer<br />

zu losende <strong>Geheimnisse</strong>.<br />

Kein Geheimnis ist, daß die Sakuska in <strong>der</strong> Regel an<strong>der</strong>en Gerichten<br />

vorausgeht. In jedem Fall gehören zu je<strong>der</strong> Sakuska Trinkspruche und<br />

Getränke. Getränke zum Trinken und solche zum Nachtrinken. An <strong>der</strong><br />

<strong>russischen</strong> Tafel o<strong>der</strong> auch am einfachen Tisch werden vorwiegend starke<br />

Getränke geboten: angefangen bei reinem Alkohol, natürlich und vor<br />

allem Wodka, bis zu den verschiedenen Sorten Selbstgebranntem aus<br />

Zucker, Äpfeln, Pflaumen und an<strong>der</strong>em Fallobst. So vorhanden, auch<br />

Portwein, <strong>der</strong> nicht gerade mein Fall ist. Wer es sich leisten kann, trinkt<br />

ersatzweise Kognak o<strong>der</strong> in jüngster Zeit auch Whisky, Gin und ähnliche<br />

Hochprozentige. Sekt und an<strong>der</strong>e Weine spielen auf dem <strong>russischen</strong> Tisch<br />

für die Männer in <strong>der</strong> Regel keine Rolle. Sie bleiben den Frauen<br />

vorbehalten. Das Bier dient ebenso wie Kwas, Limonaden und<br />

Mineralwasser eher zum Nachtrinken. Es kann am Tag nach einer<br />

ordentlichen »Wypiwka« auch Alkaseltzer als Medizin ersetzen.<br />

Zur Begrüßung muß unbedingt ein Toast ausgebracht werden. Eine<br />

Wypiwka ohne Trinkspruche gilt in Rußland als Pyanka, als Sauferei. Mit<br />

Trinksprüchen wurde sie in meiner Moskauer Zeit zu einer »ideologischen<br />

Maßnahme«. Bei offiziellen Anlassen werden Trinksprüche zum Sekt o<strong>der</strong><br />

Champagner ausgetauscht. Im Kreis russischer Familien geht es an<strong>der</strong>s<br />

zu. Sobald die Glaser gefüllt sind, ist ein Toast obligatorisch. Einfach<br />

»Prost« o<strong>der</strong> »Zum Wohle« sagen, gehört sich nicht. Die Anzahl <strong>der</strong><br />

anwesenden Trinkenden bestimmt die Zahl <strong>der</strong> Trinksprüche. Mehr<br />

dürfen es sein, weniger nicht.<br />

Die Glaser sind gefüllt, Brot und Salz stehen bereit. Der erste<br />

Trinkspruch konnte also lauten: »Wir sind zusammengekommen, um zu<br />

trinken. Dann laßt uns darauf trinken, daß (25) wir zusammengekommen<br />

sind!« Man muß nicht austrinken, doch es ist üblich. Dann kann mit <strong>der</strong><br />

einfachsten Sakuska begonnen werden: Man nimmt von dem mit Salz<br />

bestreuten Brot einen Bissen. Die Sakuska-Arten <strong>der</strong> <strong>russischen</strong> <strong>Küche</strong>

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