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Phänomelogie der Schrift - Peter-matussek.de

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Arthur Evans, <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausgräber <strong>de</strong>s Palastes von Knossos, fand Tontafeln mit zwei verschie<strong>de</strong>nen <strong>Schrift</strong>en, die in Linear A und B unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n;<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> einen wur<strong>de</strong> minoisch, in <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en griechisch geschrieben. Linear A – die offensichtlich aus einer Hieroglypehnschrift hervorging, die schon<br />

1900 v. Chr. verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Linear A, bis ins 15. Jh. lebendig, ist bis heute unentziffert. Allerdings ließen sich manche Zahlzeichen i<strong>de</strong>ntifizieren.<br />

Bei <strong>de</strong>m unten abgebil<strong>de</strong>ten Fundstück han<strong>de</strong>lt es sich also offenbar um eine Rechnung, wahrscinlich für Lebensmittel – das erste Zeichen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zweiten Zeile links ist i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>m Linear-B-Logogramm für "Wein".<br />

Obwohl die <strong>Schrift</strong>en sehr ähnliche Zeichen verwen<strong>de</strong>n, können wir Linear A doch nicht lesen, weil hier nicht, wie in Linear B, Griechisch geschrieben<br />

wur<strong>de</strong>, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n Minoisch (so dass zwar die Laute rekonstruiert wer<strong>de</strong>n können, nicht aber <strong><strong>de</strong>r</strong>en Be<strong>de</strong>utung, da die minoische Sprache nicht bekannt<br />

ist).<br />

Robinson (1995), S. 149 und Haarmann (1990), S. 247.<br />

6.5.3 Griechenland III: Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Schrift</strong> (ca. 1200 - 750 v. Chr.) - "Singen" und "Sagen"<br />

Da keine <strong>Schrift</strong>zeugnisse in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit nach <strong>de</strong>m Verschwin<strong>de</strong>n von Linear<br />

B bis zur Einführung <strong>de</strong>s phönizischen Alphabets gefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n, nimmt<br />

man für <strong>de</strong>n Zeitraum von ca. 1200–750 v.Chr. eine Phase <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Schrift</strong>losigkeit an. In dieser Zeit entstan<strong>de</strong>n die homerischen Epen. Sie<br />

rekurrieren auf die Seevölkerkriege <strong>de</strong>s 13./12. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts (s. 6.5.3.1):<br />

Die Ilias han<strong>de</strong>lt vom Kampf um Troja, die Odyssee von <strong><strong>de</strong>r</strong> Heimkehr <strong>de</strong>s<br />

griechischen Hel<strong>de</strong>n Odysseus – bei<strong>de</strong>s ausdrücklich in Form von<br />

"Gesängen" (s. 6.5.3.2).<br />

6.5.3.1 Die Seev&ouml;lkerkrise<br />

Diese Gesänge wur<strong>de</strong>n seit mykenischer Zeit (vor 1150) durch mündliche<br />

Weitergabe in Hexameter-Form überliefert. Homer steht am En<strong>de</strong> dieser<br />

oralen Überlieferungsgeschichte, und seine bleiben<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung dürfte<br />

damit zusammenhängen, dass er <strong><strong>de</strong>r</strong> erste war, <strong><strong>de</strong>r</strong> die mündlich<br />

überlieferten Gesänge um 750 aufgeschrieben hat (genauer: aufschrieben<br />

ließ, <strong>de</strong>nn er war blind). Gleichwohl blieb er "Sänger", d.h. auch er hat die<br />

Epen vermutlich noch mit musikalischer Begleitung gesungen, also nicht,<br />

wie die späteren "Rhapso<strong>de</strong>n", als bloßen Sprechgesang. Auch wenn <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Text zu seiner Zeit schon schriftlich fixiert gewesen sein dürfte, hatte er<br />

darin doch typische Merkmale <strong>de</strong>s improvisieren<strong>de</strong>n Vortrags behalten (s.<br />

d. Rekonstruktionsversuch 6.5.3.3). Homerbüste. British Museum, London.<br />

Bis zum Beginn <strong>de</strong>s 12. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts v.Chr. erlebten die Staaten <strong>de</strong>s östlichen Mittelmeerraums einen wirtschaftlichen und kulturellen<br />

Aufschwung, begünstigt insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e vom Seehan<strong>de</strong>l. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit aber wur<strong>de</strong>n diese kulturellen Zentren in rascher Folge nahezu<br />

vollständig zerstört: Mykene, Troja, das Hethiterreich, Zypern, Ugarit. Damit brach zugleich die <strong>Schrift</strong>tradition in Griechenland ab. Es<br />

dauerte Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>te, bis die Griechen im 9. o<strong><strong>de</strong>r</strong> 8. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t <strong>de</strong>n <strong>Schrift</strong>gebrauch wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufnahmen – auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage eines<br />

ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>Schrift</strong>systems: <strong>de</strong>m phönizischen Alphabet.<br />

Die genauen historischen<br />

Ursachen für <strong>de</strong>n<br />

Unter-gang <strong><strong>de</strong>r</strong> östlichen<br />

Mittel-meerkultur sind bis<br />

heute ungeklärt – eben<br />

weil es keine schriftlichen<br />

Aufzeich-nungen aus<br />

dieser Zeit gibt. Fest steht<br />

nur, dass es Fremdvölker<br />

waren, die auf <strong>de</strong>m<br />

Seeweg über die Region<br />

herfielen. Diese<br />

"Seevölker" waren<br />

offenbar daran<br />

interessiert, neue<br />

Siedlungsgebiete zu fin<strong>de</strong>n<br />

– vielleicht, weil sie in<br />

ihrer Heimat durch eine<br />

Naturkatastrophe (Vulkan-<br />

ausbrüche,Überschwem- mungen o.ä.) ihre Lebens-<br />

grundlagen verloren<br />

hatten.<br />

Film: Klütsch, Friedrich: Die<br />

Seevölkerkriege. ZDF/arte<br />

2008.<br />

http://peter-<strong>matussek</strong>.<strong>de</strong>/Leh/V_13_Materia!compact.php<br />

31.01.2009 19:40 Uhr

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