Die Wirtschaft Nr. 14 vom 8. April 2011
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WIRTSCHAFT<br />
FINANZPOLITIK<br />
Leitl warnt vor Zinsanhebung<br />
durch EZB<br />
WKÖ-Präsident Leitl warnt vor<br />
einer Anhebung der Leitzinsen in diesem<br />
Jahr durch die Europäische Zentralbank<br />
(EZB). „‚Eine Anhebung der<br />
Zinsen durch die EZB würde das gerade<br />
keimende Wachstum der Unternehmensinvestitionen<br />
in Österreich und<br />
Europa und die Betriebsfi nanzierungen<br />
ebenso behindern wie die private Nachfrage.<br />
Im Vergleich zu den großen <strong>Wirtschaft</strong>sräumen<br />
wie China, Nord- und Südamerika<br />
ist Europas <strong>Wirtschaft</strong>swachstum<br />
ohnedies im Rückstand.<br />
Es gibt keine überhitzte europäische<br />
Konjunktur und daher keine selbstproduzierte<br />
Infl ation. <strong>Die</strong>se wird über gestiegene<br />
Energiepreise in die EU importiert.<br />
Deshalb wäre es verfrüht, die Zinsen<br />
schon jetzt anzuheben oder damit gar<br />
den Beginn eines kontinuierlichen<br />
Zinsanhebungszyklus mit weiteren geplanten<br />
Anhebungsschritten zu signalisieren.<br />
„Das Wachstum ist noch zu unsicher,<br />
um eine Anhebung einfach wegzustecken“,<br />
so Leitl.<br />
WIRTSCHAFTSPOLITIK<br />
Für mehr Frauen in<br />
Führungspositionen<br />
„Wir möchten qualifi zierte Frauen<br />
auf ihrem Weg an die Spitze unterstützen,<br />
sie fördern, in ihrem Selbstbewusstsein<br />
stärken und bestmöglich für<br />
Management- und Aufsichtsratspositionen<br />
vorbereiten“, nennt Staatssekretärin<br />
Verena Remler die Ziele von „Zukunft.Frauen“,<br />
dem Führungskräfteprogramm<br />
für Frauen von <strong>Wirtschaft</strong>sministerium,<br />
WKÖ und IV. „Das Programm<br />
soll weibliche Führungskräfte bei ihrem<br />
Schritt an die Unternehmensspitze ermutigen.<br />
Darüber hinaus wird so ein<br />
Beitrag geleistet, Frauen stärker in<br />
maßgeblichen Entscheidergruppen zu<br />
vernetzen. Frauen in Führungspositionen<br />
zu haben, zahlt sich für die Unternehmen<br />
aus“, betont WKÖ-Generalsekretärin<br />
Anna Maria Hochhauser.<br />
2 DIE WIRTSCHAFT Freitag, <strong>8.</strong> <strong>April</strong> <strong>2011</strong><br />
Reformen anpacken<br />
und die Staatsschulden<br />
abbauen!<br />
<strong>Wirtschaft</strong>skammer-Präsident Leitl: „Effizienzpotenziale bei Verwaltung,<br />
Gesundheits- und Pensionssystem endlich heben.“<br />
Durch die Einbeziehung von<br />
ausgelagerten Schulden in<br />
den Staatshaushalt steigt der<br />
Schuldenstand Österreichs nach<br />
Maastricht von 68,9 auf 72,3% und<br />
das Staatsdefizit 2010 von 3,6 auf<br />
4,6% des Bruttoinlandsprodukts.<br />
Nach Vorgaben von Eurostat mussten<br />
jetzt auch Schulden von ÖBB<br />
und Krankenanstalten sowie Verbindlichkeiten<br />
von Kommunalkredit<br />
und Wohnbau Burgenland - insgesamt<br />
9,52 Mrd. Euro - den Staatsschulden<br />
ergänzend zugerechnet<br />
werden.<br />
WKÖ-Präsident Christoph Leitl:<br />
„So unerfreulich die höheren offiziellen<br />
Defizit- und Schuldenstands-Werte<br />
auch sind, es besteht<br />
noch kein Grund zur Panik. Dennoch<br />
ist es nun wichtiger denn je,<br />
den ausgabenseitigen Konsolidierungskurs<br />
konsequent fortzusetzen.“<br />
<strong>Die</strong> Herausforderung, die Vorgaben<br />
des europäischen Stabili-<br />
täts- und Wachstumspaktes wieder<br />
zu erfüllen, sei nun noch größer geworden:<br />
„Es ist in unserem eigenen<br />
Interesse, das Schuldenwachstum<br />
endlich in den Griff zu bekommen.<br />
Erst dann erlangen wir den nötigen<br />
Handlungsspielraum zurück, um<br />
wichtige und notwendige Zukunfts-<br />
„Es ist in<br />
unserem Interesse,<br />
das<br />
Schuldenwachstum<br />
in den Griff<br />
zu bekommen.“<br />
Christoph Leitl, <strong>Wirtschaft</strong>skammer-Präsident<br />
investitionen zu tätigen“, so Leitl.<br />
Daher müsse mit Entschlossenheit<br />
an einer möglichst raschen Rückkehr<br />
zur von der EU festgelegten<br />
60%-Marke beim Schuldenstand<br />
gearbeitet werden.<br />
Das größte Effizienzpotenzial<br />
gebe es in den Bereichen Verwaltung,<br />
Gesundheit und Pensionen.<br />
<strong>Die</strong> Kosten der demographischen<br />
Entwicklung stellen dabei große<br />
Herausforderungen dar. Bei den<br />
Pensionen gebe es akuten Handlungsbedarf:<br />
„<strong>Die</strong> staatlichen Zuschüsse<br />
bei Pensionen steigen bis<br />
20<strong>14</strong> auf 12 Mrd. Euro. Wir brauchen<br />
hier dringend eine Systemerneuerung<br />
und Maßnahmen, die zu<br />
einer Anhebung des effektiven Pensionsantrittsalters<br />
führen. Angesichts<br />
der gestiegenen Schulden<br />
müssen Ankündigungen nun auch<br />
Taten folgen“, unterstrich Leitl.<br />
Erneut erteilte Leitl Forderungen<br />
nach neuen bzw. höheren Steuern<br />
eine klare Absage: „Ich sehe absolut<br />
nicht ein, warum wir angesichts der<br />
nach wie vor nicht ausgeschöpften<br />
Einsparungspotenziale schon wieder<br />
an Steuererhöhungen denken<br />
sollen.“<br />
Treibstoff-Preisdatenbank braucht klare<br />
Differenzierung nach Qualität und Angebot<br />
<strong>Die</strong> Tankstellen machen die<br />
Treibstoffpreise nicht“, unterstreicht<br />
Ferdinand Müller,<br />
Obmann des Fachverbandes der Garagen-,<br />
Tankstellen- und Servicestationsunternehmungen<br />
in der WKÖ:<br />
„Es muss klar gesehen werden, dass<br />
<strong>vom</strong> Treibstoffpreis in unserem Land<br />
ein Anteil von rund 55 Prozent auf<br />
Steuern - MöSt. und USt. – entfällt.“<br />
Der Branchensprecher verwehrt sich<br />
gegen das Schlechtmachen einer<br />
ganzen Branche, nämlich der Tankstellenbetreiber:<br />
So werde etwa über<br />
Tankstellen gesagt : „Hier wird betrogen.“<br />
Das sei diskreditierend einer<br />
ganzen Branche gegenüber. Dazu<br />
kommt, dass in diversen Gegenüberstellungen<br />
Äpfel mit Birnen verglichen<br />
werden: So werden nämlich<br />
die Preise von Tankstellen mit Personal<br />
und Bedienung mit jenen von<br />
unbemannten Stationen verglichen.<br />
Klar ausgesprochen gehört auch<br />
die Tatsache, dass die Marge der<br />
Tankstellenbetreiber eher karg bemessen<br />
ist: Denn sie beträgt höchstens<br />
2 Prozent – und davon müssen<br />
noch sämtliche Kosten wie Personal,<br />
Energie, Kreditkartendisagios usw.<br />
abgezogen werden. „Das Brot eines<br />
Tankstellenbetreibers ist beileibe<br />
kein leicht verdientes.“