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Stadt Treuenbrietzen und Informationen aus der Stadt und den ...

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Nr. 01/05 - 36 - <strong>Treuenbrietzen</strong>er Nachrichten<br />

Klemmkuchenbacken in einem H<strong>aus</strong>keller bereits durch ein Foto von<br />

1937 <strong>aus</strong> Waltersdorf bekannt <strong>und</strong> ich dachte zunächst an einen Einzelfall.<br />

Doch dann erzählte Frau Wäsche, dass sie <strong>und</strong> ihr Sohn vor dem<br />

bevorstehen<strong>den</strong> Fastnachtswochenende bei <strong>der</strong> Schwägerin im Nachbarort<br />

Meinsdorf ihre Klemmkuchen backen wer<strong>den</strong>. Dort nämlich ist <strong>der</strong><br />

Kamin im Keller noch erhalten. Der Sohn bestehe außerdem darauf, das<br />

„Klemmen“ weiter am offenen Feuer durchzuführen, da das Aroma <strong>der</strong><br />

in elektrischen Geräten gebackenen Kuchen längst nicht die Qualität<br />

erreiche. Das hörte sich sehr verlockend an. Ich äußerte sogleich meine<br />

Bitte, dem Geschehen beiwohnen zu dürfen, um Fotos zu machen <strong>und</strong><br />

mehr über <strong>den</strong> Backvorgang zu erfahren. Aber noch am selben Tage<br />

bekam ich in Herbersdorf einen „Klemmkuchenkamin“ zu sehen. Nachdem<br />

ich bei Regina Schmidt mit meinen Fragen „h<strong>aus</strong>ierte“ <strong>und</strong> sie von<br />

meinen guten Absichten überzeugt hatte, zögerte sie nicht, mir ihren<br />

Keller zu zeigen. Das H<strong>aus</strong> ihres Hofes erhielt gleich nach seiner Erbauung<br />

im Jahr 1928 einen Kamin im Keller, <strong>der</strong> <strong>aus</strong>schließlich dem Klemmkuchenbacken<br />

diente. Er befindet sich in <strong>der</strong> Ecke eines Kellerraumes<br />

neben dem Schornstein, in welchen eine Rauchöffnung mündet. Der<br />

inzwischen von elektrischen Leitungen <strong>und</strong> Heizungsrohren eingezwängte<br />

Kamin ist schon lange nicht mehr benutzt wor<strong>den</strong>. Der Herdtisch<br />

besteht <strong>aus</strong> einer in die Seitenwände eingelassenen Gusseisenplatte.<br />

Darauf steht ein Auflagebock, auf <strong>den</strong> man die Eisen beim Backvorgang<br />

ablegte. Der Kamin war ehemals mit einer Blechtür verschließbar, dessen<br />

Haken noch vorhan<strong>den</strong> sind. Auch die alten drei Klemmeisen <strong>der</strong><br />

Familie existieren noch. Für ein gestelltes Foto war <strong>der</strong> Kamin schnell<br />

hergerichtet.<br />

Herbersdorf, Dorfstraße 9, Hof Schmidt. Der 1936 erbaute Kamin im<br />

Keller besitzt einen her<strong>aus</strong>nehmbaren Auflagebock. Hier wird schon<br />

lange nicht mehr gebacken.<br />

Foto: W. Beelitz<br />

Mit dieser anschaulichen Fotoaufnahme <strong>und</strong> einem Aufmaß fand mein<br />

Exkursionstag einen erfolgreichen Abschluss. Aber es sollte noch besser<br />

kommen.<br />

Am Montag, <strong>den</strong> 28. Januar 2003, durfte ich in Meinsdorf dabei sein. Bei<br />

meiner Ankunft im Keller des H<strong>aus</strong>es hatten die Akteure bereits etliche<br />

Klemmkuchen fertig. Früher erledigte Elfriede Wäsche (Jahrgang 1935)<br />

<strong>und</strong> ihre Schwägerin Irmgard Schuster (geb. Wäsche, Jahrgang 1925)<br />

diese anstrengende Arbeit allein, doch <strong>aus</strong> Alters Grün<strong>den</strong> muss in diesem<br />

Jahr <strong>der</strong> Sohn Wilfried zupacken. Er benutzt zwei Eisen, die er im<br />

Wechsel bedient. Neben dem Kamin steht genügend klein gehacktes<br />

Holz zum ständigen Nachlegen zur Verfügung. Die Backflächen wur<strong>den</strong><br />

zu Beginn im Feuer erhitzt <strong>und</strong> dann mit einer Speckschwarte eingerieben,<br />

um ein Anhaften <strong>der</strong> Kuchen zu vermei<strong>den</strong>. Während ein Klemmeisen<br />

etwas erhöht auf zwei eingemauerte Eisenstangen im offenen<br />

Feuer des Kamins liegt, hält Herr Wäsche das an<strong>der</strong>e geöffnet auf einen<br />

Tisch. Der Klemmkuchen wird mit Hilfe eines Messers schnell <strong>aus</strong> dem<br />

Eisen genommen – jetzt ist er noch weich <strong>und</strong> lässt sich rollen. Das<br />

erledigt Frau Schuster. Sie benutzt dazu keine Hilfsmittel. Die fertigen<br />

Klemmkuchen legt sie auf dem bereitgestellten Kuchenbrett ab. Nun nimmt<br />

Frau Wäsche eine Schöpfkelle von dem flüssigen Teig <strong>aus</strong> dem Eimer<br />

<strong>und</strong> gießt ihn mittig auf die Backfläche des geöffneten Eisens. Ihr Sohn<br />

drückt jetzt beide Backen des Eisens zusammen, wobei sich <strong>der</strong> Teig<br />

gleichmäßig verteilt <strong>und</strong> unter kurzem Zischen <strong>der</strong> Wasserdampf entweicht.<br />

Eine längliche Öse am Ende <strong>der</strong> Zangengriffe hält die Backflächen<br />

eng zusammen. Es ist nicht nötig, das Eisen während des einzelnen<br />

Backvorganges zu drehen. Jeweils beim Entnehmen des Eisens <strong>aus</strong><br />

dem Feuer wird es gedreht. Ein kontinuierliches Arbeiten reicht <strong>aus</strong>,<br />

damit auch die jeweils oben liegende Backe genügend erhitzt ist. Die<br />

Anwesenheit weiterer Personen bringt <strong>den</strong> Rhythmus des Backens<br />

schnell <strong>aus</strong> dem Gleichgewicht. Da kann es schnell passieren, dass<br />

sich ein fertiger Klemmkuchen nicht rechtzeitig vom Eisen löst. Dann ist<br />

es auch zum Rollen zu spät <strong>und</strong> das Gebäck wird „<strong>aus</strong>gemustert“.<br />

Klemmkuchenbacken im Keller des H<strong>aus</strong>es Dorfstr. Nr. 18 in Meinsdorf.<br />

Das wie<strong>der</strong>um ist für beteiligte Zaungäste eine willkommene Gelegenheit,<br />

die frischen Kuchen zu probieren. Auch ich probierte reichlich.<br />

Natürlich stellt sich hier die Frage, warum <strong>den</strong>n eigentlich die aufwändig<br />

gestalteten Muster <strong>der</strong> Klemmeisen durch das Rollen verdeckt wer<strong>den</strong>.<br />

Frau Schuster <strong>und</strong> Frau Wäsche haben es nicht an<strong>der</strong>s kennen gelernt<br />

<strong>und</strong> außerdem lässt sich <strong>der</strong> gerollte Klemmkuchen zum Verzehr gut mit<br />

gefüllter Schlagsahne servieren. Die sich auf dem Kuchenbrett türmen<strong>den</strong><br />

Kuchen wur<strong>den</strong> zur Aufbewahrung <strong>und</strong> zum Transport nach H<strong>aus</strong>e<br />

ins benachbarte Herbersdorf in mehrere luftdichte Behältnisse verpackt,<br />

damit sie knusprig blieben. Ich bekam zu <strong>der</strong> Fülle an Eindrücken auch<br />

einige Klemmkuchen als Geste <strong>der</strong> Gastfre<strong>und</strong>schaft mit auf <strong>den</strong> Weg<br />

nach H<strong>aus</strong>e.<br />

Mit Irmgard Schuster verabredete ich mich erneut, um weitere Einzelheiten<br />

zu erfahren. Die bei<strong>den</strong> benutzten Klemmeisen gehören eigentlich zu<br />

ihrem Elternh<strong>aus</strong> in Herbersdorf. Das erste hat folgende Inschrift: CHRI-<br />

STIAN / WÄSCHE /1895 / ALLES WAS WIR / HABEN DAS SIND / GOTTES<br />

GABEN: Es stammt <strong>aus</strong> dem nahe gelegenen Rosenthal bei Dahme <strong>und</strong><br />

wurde dort vom Schmiedemeister Zech gefertigt. Das zweite Eisen ist<br />

wesentlich jünger. Es wurde anlässlich einer Konfirmation von Schmiedemeister<br />

Paul Geyer in Meinsdorf hergestellt. Seine Inschrift lautet:<br />

1927 / PG/ELSE PFEIFFER / HERBERSDORF. Frau Schuster teilte mir auch<br />

das Rezept für die Klemmkuchen mit, welches sie während ihres Aufenthalts<br />

in <strong>der</strong> Landwirtschaftsschule in Jüterbog 1943/44 in ihr Rezeptbuch<br />

schrieb:<br />

In einen Wassereimer (10 Liter) kommen: „5 Pf<strong>und</strong> Mehl, 1 Pf<strong>und</strong> flüssig<br />

gemachte Butter, 1 Pf<strong>und</strong> Speckfett (heute ½ Pf<strong>und</strong> Margarine), 1 Liter<br />

Sahne, ¾ Pf<strong>und</strong> Zucker (heute besser 1 kg), etwas Salz, Milch <strong>und</strong><br />

Wasser im Verhältnis 2:3 <strong>und</strong> 6 Eier.<br />

Zutaten müssen alle lauwarm sein. Von Sahne, etwas Milch <strong>und</strong> Mehl<br />

einen glatten Teig rühren, dann die flüssige Fettigkeit, Zucker <strong>und</strong> Salz<br />

mit unterrühren. Wenn <strong>der</strong> Teig noch zu dick , dann mit Milch verdünnen.“<br />

Fortsetzung folgt

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