1/2013 - GdF Gewerkschaft der Flugsicherung eV
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<strong>der</strong> flugleiter <strong>2013</strong>/01 Recht<br />
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gewollt gewesen sein könne, noch in Kauf genommen werden<br />
solle.<br />
Vor diesem Hintergrund ist das Bundesarbeitsgericht zu <strong>der</strong><br />
Einschätzung gelangt, dass die Ermittlung <strong>der</strong> nach § 23<br />
Abs. 2 b MTV geschuldeten Krankenzulage eine „Doppelberechnung“<br />
erfor<strong>der</strong>e, die im Ergebnis allerdings eher einer<br />
Dreifachberechnung gleichkommt. Nach den Vorgaben des<br />
Bundesarbeitsgerichts ist ausgehend von <strong>der</strong> durchschnittlichen<br />
Gesamtbruttovergütung <strong>der</strong> letzten zwölf Monate vor<br />
Beginn <strong>der</strong> Arbeitsunfähigkeit (ohne Einmal-, Son<strong>der</strong>zahlungen<br />
und Prämien) zunächst <strong>der</strong> Bruttobetrag für jeden vollen<br />
o<strong>der</strong> angebrochenen Monat des Leistungszeitraums zu<br />
ermitteln und jeweils das fiktive kalen<strong>der</strong>tägliche Bruttokrankengeld<br />
aus <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung abzuziehen.<br />
In einem zweiten Schritt muss dann nach <strong>der</strong><br />
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verglichen werden,<br />
ob <strong>der</strong> so errechnete Bruttobetrag <strong>der</strong> Krankenzulage<br />
bei Hinzurechnung des fiktiven Krankengeldes wegen <strong>der</strong><br />
Vorschriften zur steuer- und sozialversicherungsrechtlichen<br />
Behandlung von Krankengeld und Arbeitgeberzuschuss zum<br />
Krankengeld zu einem höheren Nettobezug führen würde,<br />
als <strong>der</strong> o<strong>der</strong> die Beschäftige in den ersten sechs Wochen <strong>der</strong><br />
Arbeitsunfähigkeit – also im Entgeltfortzahlungszeitraum –<br />
erhalten hatte. Sollte dies <strong>der</strong> Fall sein, so müsste nach <strong>der</strong><br />
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts die Krankenzulage<br />
auf den Bruttobetrag gekürzt werden, <strong>der</strong> netto zusammen<br />
mit dem – fiktiven – Nettokrankengeld dem Nettobetrag <strong>der</strong><br />
Entgeltfortzahlung in den ersten sechs Krankheitswochen<br />
entspricht. Da entsprechende Ermittlungen vom Hessischen<br />
Landesarbeitsgericht nicht angestellt worden sind und das<br />
Bundesarbeitsgericht keine Tatsachen ermitteln darf, wurde<br />
<strong>der</strong> Rechtsstreit vom Bundesarbeitsgericht an das Hessische<br />
Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.<br />
Wer dem Ganzen bis hierhin folgen konnte und wer jemals in<br />
<strong>der</strong> unangenehmen Lage war, sich mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen<br />
etwas näher zu beschäftigen, kann<br />
sich unschwer vorstellen, dass die Aufgabe, die das Hessische<br />
Landesarbeitsgericht vom Bundesarbeitsgericht gestellt<br />
bekam, nur mit Mühe zu bewältigen war. Allein <strong>der</strong> gerichtliche<br />
Teil des weiteren Verfahrens vor dem Hessischen<br />
Landesarbeitsgericht füllt einen Leitz-Ordner. Zu den vom<br />
Bundesarbeitsgericht aufgeworfenen Fragen und zur Durchführung<br />
<strong>der</strong> notwendigen Berechnungen hat das Hessische<br />
Landesarbeitsgericht mit Beweisbeschluss vom 06.07.2011<br />
einen Steuerberater beauftragt, um einerseits zu ermitteln,<br />
ob die nach den Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts zu ermittelnde<br />
Krankenzulage unter Hinzurechnung des fiktiven<br />
Krankengeldes – beides berechnet nach dem Nettowert –<br />
den Nettobetrag während <strong>der</strong> Entgeltfortzahlung, auf den<br />
die Parteien sich zuvor verständigt hatten, übersteigt. In einem<br />
zweiten Schritt wurde <strong>der</strong> Gutachter, nachdem festge-<br />
stellt worden war, dass das Netto-Krankengeld und die Netto-Krankenzulage<br />
zusammen das während <strong>der</strong> Entgeltfortzahlung<br />
erzielte Nettoeinkommen übersteigt, beauftragt, zu<br />
ermitteln, wie hoch die Brutto-Krankenzulage sein muss, damit<br />
das daraus resultierende Netto zusammen mit dem fiktiven<br />
Netto-Krankengeld dem Nettoverdienst im Entgeltfortzahlungszeitraum<br />
entspricht. Die entsprechenden gutachterlichen<br />
Stellungnahmen haben zusammen mit den Anlagen<br />
einen Gesamtumfang von 33 Seiten. Am Ende ist ein<br />
Bruttobetrag herausgekommen, <strong>der</strong> ungefähr 80 % dessen<br />
entspricht, was klägerseitig gefor<strong>der</strong>t wurde.<br />
Den klägerseitigen Einwand, es müsse bei <strong>der</strong> Nettobetrachtung<br />
berücksichtigt werden, dass nach dem Ausscheiden<br />
aus <strong>der</strong> Entgeltfortzahlung kein Arbeitgeberzuschuss zur<br />
privaten Krankenversicherung mehr gezahlt wird und dass<br />
zudem aufgrund <strong>der</strong> Krankenzulage und des fiktiven Krankengeldes<br />
keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />
entrichtet werden, was letztlich im Alter zu geringeren<br />
Rentenansprüchen führt, wollte das Hessische Landesarbeitsgericht<br />
in seiner Entscheidung vom 14.11.2012 (6 Sa<br />
237/11) nicht gelten lassen, denn das Bundesarbeitsgericht<br />
hatte in einer Parallelentscheidung vom 17.08.2011 (5 AZR<br />
227/10) bereits deutlich gemacht, dass <strong>der</strong> vom Arbeitgeber<br />
geleistete Zuschuss zu den privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen<br />
nicht zur Nettovergütung während des<br />
Entgeltfortzahlungszeitraums hinzugerechnet werden könne.<br />
Es liege im Verantwortungsbereich des privatversicherten<br />
Arbeitnehmers, aus dem ihm während des Arbeitsentgeltbezugs<br />
zur Verfügung stehenden Einkommen in<br />
ausreichen<strong>der</strong> Weise gegen die Belastungen im Krankheitsfall<br />
durch den Abschluss einer entsprechenden Krankengeldversicherung<br />
vorzusorgen. Im Übrigen sei nach Auffassung<br />
des Bundesarbeitsgerichts auf die Nettovergütung<br />
während <strong>der</strong> ersten sechs Wochen <strong>der</strong> Arbeitsunfähigkeit als<br />
Deckelungsbetrag abzustellen, weshalb es auf die denkbaren<br />
Nachteile, die in <strong>der</strong> Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen<br />
aus dem Krankengeld liegen, nicht ankommen<br />
könne. Die erneute Revision zum Bundesarbeitsgericht<br />
wurde nicht zugelassen und eine Nichtzulassungsbeschwerde<br />
hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt.<br />
Es bleibt abzuwarten, ob es <strong>der</strong> DFS gelingt, in den noch offenen<br />
Parallelrechtsstreitigkeiten eine Methode zur Berechnung<br />
<strong>der</strong> Krankenzulage nach den Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts<br />
zu entwickeln, die keine 33 Seiten umfassende<br />
gutachterliche Stellungnahme erfor<strong>der</strong>t, o<strong>der</strong> ob die Tarifvertragsparteien<br />
am Ende schlicht eine einfachere Formel in<br />
den Manteltarifvertrag schreiben. Die reine Bruttobetrachtung<br />
dürfte nicht zuletzt auch unter steuerlichen Gesichtspunkten<br />
Probleme aufwerfen, weil eine Krankenzulage,<br />
durch die das Nettoentgelt im Entgeltfortzahlungszeitraum<br />
überschritten wird, nach den entsprechenden einkommensteuerrechtlichen<br />
Regelungen nicht etwa nur nachgelagert,<br />
son<strong>der</strong>n primär voll zu versteuern ist.