1/2013 - GdF Gewerkschaft der Flugsicherung eV
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<strong>der</strong> flugleiter <strong>2013</strong>/01 Aktuell<br />
22<br />
<strong>der</strong> Fehler mittlerweile Jahre dauert. Zur Erinnerung: Berlin<br />
hatte ein mal drei funktionierende Flughäfen – Tempelhof,<br />
Tegel und Schönefeld. Tempelhof wurde ohne Not geschlossen<br />
und ist nun Spielwiese, Tegel arbeitet auf Höchstlast,<br />
<strong>der</strong> Zusammenbruch <strong>der</strong> Infrastruktur steht kurz bevor und<br />
über Schönefeld bzw. den Neubau BER stehen nahezu täglich<br />
neue Horrormeldungen in den Gazetten. Der vermeintliche<br />
Neubau wird als kernsanierter Altbau irgendwann mal<br />
vielleicht ein Flugzeug abfertigen und mit den heutigen Passagierzahlen<br />
an die Belastungsgrenze stoßen. Mitarbeiter,<br />
die bereits heute auf dem Flughafen BER ihre Flughafeneinweisung<br />
erhalten haben, können Jahre später ihren Enkelkin<strong>der</strong>n<br />
von dem mo<strong>der</strong>nsten Altbau ohne Flugbetrieb erzählen.<br />
Der Luftfahrtstandort Berlin wurde kontinuierlich<br />
zerredet und ohne jegliches Konzept aus den Reihen <strong>der</strong><br />
Politik zerstört.<br />
Gerade Air Berlin wollte auf dem neuen Flughafen ein großes<br />
Drehkreuz eröffnen und spekulierte damit, dass man am<br />
neuen Standort so etwas wie neue Luft (sprich Finanzen) bekommt.<br />
Durch wilden Zukauf verschiedener Airlines versuchte<br />
Air Berlin dem – inzwischen ebenfalls schwächelndem –<br />
Krösus <strong>der</strong> deutschen Luftfahrtbranche, dem Lufthansakonzern,<br />
die Stirn zu bieten, aber die gesamten Expansionspläne<br />
sind mittlerweile so gut wie zurückgefahren, Strecken<br />
eingestellt, Flugzeuge verkauft, Mitarbeiter entlassen, Aufgaben<br />
verlagert – gute Unternehmensführung hört sich an<strong>der</strong>s<br />
an. Schließlich und endlich gingen alle Expansions- und<br />
Restrukturierungsmaßnahmen bisher ins Auge.<br />
Kurz vor Weihnachten lud <strong>der</strong> Lufhansakonzern zu einer großen<br />
Pressekonferenz nach Köln ein. Kernaussage dieser PK:<br />
Die Lufthansa zieht sich von fast allen Airports zurück und<br />
bündelt ihren Verkehr in Frankfurt und München. Alle an<strong>der</strong>en<br />
Flughäfen werden zukünftig von Germanwings angeflogen<br />
und sollen den irischen und britischen Billiganbietern<br />
Ryanair und Easyjet Paroli bieten. Es ist schon auffällig, dass<br />
gerade Ryanair stückweise von den kleinen Flughäfen in <strong>der</strong><br />
Provinz allmählich zu den größeren Flughäfen zieht. So ist<br />
die irische Billigfluggesellschaft schon heute in z.B. Schönefeld,<br />
Bremen, Leipzig und auch Köln/Bonn vertreten und<br />
wird weiter in die Nischenmärkte eindringen, je mehr sich<br />
Lufthansa/Germanwings und vor allen Dingen Air Berlin von<br />
dort zurückziehen.<br />
Auch die zunehmenden Diskussionen über Nachflugverbote,<br />
Flugrouten etc. haben dem Luftfahrtstandort nicht geholfen.<br />
Wahlkampf und wirtschaftliche Interessen passen zusammen<br />
wie Feuer und Eis. Wenig sachliche Argumente werden<br />
stark emotional vorgetragen und bilden in <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
eine Meinung gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland.<br />
Dazu gehören allerdings nun eben auch Flughäfen mit all ihren<br />
positiven (Arbeitsplätze) wie auch negativen (Lärm und<br />
Flugrouten) Seiten. Hier einen annehmbaren Kompromiss zu<br />
schaffen, sollte für die Politiker – egal welcher Farbe und Gesinnung<br />
– das oberste Gebot sein.<br />
Die einseitige Luftverkehrssteuer trifft beson<strong>der</strong>s die deutschen<br />
Passagiere und auch Luftverkehrsgesellschaften. Obwohl<br />
diese die Steuer in ihrer vollen Höhe an die Passagiere<br />
weitergeben, stöhnt man über weniger Buchungen und halbleere<br />
Flugzeuge. Verbunden mit steigenden Kerosinpreisen<br />
wird die Mixtur ein gefährliches Unterfangen und hat in <strong>der</strong><br />
Vergangenheit bereits zahlreiche Arbeitsplätze gekostet.<br />
Auch hier ist die Politik gefor<strong>der</strong>t, in <strong>der</strong> europäischen Luftfahrt<br />
Chancengleichheit herzustellen.<br />
Im Jahre <strong>2013</strong> finden bekanntlich Bundestagswahlen statt,<br />
und im Vorfeld darf man darauf setzen, dass es erneut öffentliche<br />
Diskussionen über den Luftfahrtstandort Deutschland<br />
geben wird. Ob dies jedoch die jetzige düstere Stimmung<br />
aufhellt, darf bezweifelt werden.