Karin Esch/Josef Hilbert/Sybille Stöbe-Blossey: Der ... - Isps-online.de

deutlich aktivere Rolle zugeschrieben, indem sie die Aufgabe erhalten, individuelles
Engagement zu fordern und zu fördern.
Dabei werden die unterschiedlichen Formen individuellen Engagements als gleichwertig
betrachtet. Gefordert und gefördert werden sollen das rein private Engagement,
etwa in der Familie oder in der privaten Vorsorge, die freiwillige Arbeit in Kooperation
mit anderen, sei es im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit ”für andere”,
in Selbsthilfegruppen oder in Verbänden, ebenso wie gewerbliche Aktivitäten und
(direkte) politische Beteiligung. Der aktivierende Staat knüpft insofern an wohlfahrtspluralistische
Konzepte (vgl. Evers/Olk 1995) an, welche Optimierungpotentiale
in einem besseren Zusammenspiel von staatlichem, informellen, verbandlichen und
gewerblichen Sektor ausmachen.
Der aktivierende Staat geht allerdings stärker von einer Überschreitung der Grenzen
zwischen diesen Sektoren aus und schreckt auch nicht davor zurück, in solchen Bereichen
nicht-staatliche Beiträge gutzuheißen, die traditionell als Dömanen öffentlicher
Angebote gelten, wie z. B. Sicherheitsdienstleistungen oder die schulische Ausbildung.
Hier ist nicht so entscheidend, wer die Leistungen erstellt, sondern daß
pragmatisch darauf hingearbeitet wird, Effizienz, Qualität, Gerechtigkeit und Innovation
zu verbessern. Den Protagonisten des aktivierenden Staates geht es mithin nicht
um die konsequente Einhaltung irgendwelcher Prinzipien der Entstaatlichung und
Vergesellschaftung, sondern im Vordergrund steht die Mobilisierung von dezentralem
und gesellschaftlichem Wissen, Konsens und Unterstützung (Macht) für vorwärtsweisende
Reform- und Innovationsprojekte. 7
In diesem Zusammenhang wird Eigennutz als Chance begriffen: Das Leitbild des
aktivierenden Staats setzt an Schnittstellen zwischen individuellen und gemeinschaftlichen
Interessen an und geht im Sinne eines Rational-Choice-Ansatzes davon
aus, daß jedes Individuum bestrebt ist, seinen individuellen Nutzen zu optimieren.
Sowohl in der theoretischen Diskussion als auch anhand von empirischen Beobach-
7 Die Grenzen zwischen solchen Formen eines gemeinwohlverträglichen Innovationspartisanentums
und der partikularistischen Verfolgung eigener Interessen verborgener Seilschaften sind unter den
beschriebenen Bedingungen oftmals fließend. Aus diesem Grunde wird der aktivierende Staat Instrumente
entwickeln müssen, die die Anbindung offener, experimeteller Strukturen an Effizienz, Qualität
und Gerechtigkeit befördern. Hierzu liegen bislang keine konzeptionellen Arbeiten vor; vermutlich
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