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Schopenhauer und das Erkennen der Welt

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<strong>der</strong> Mensch lebt, wie an<strong>der</strong>e Lebewesen auch mit <strong>und</strong> durch seine Sinne.<br />

Vermittels <strong>der</strong> Sinne nimmt er die <strong>Welt</strong> wahr. Die Sinne vermitteln ihm<br />

Daten <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Diese Daten bestehen aus Impulsen, die <strong>das</strong> Gehirn<br />

stimulieren. Vom stimulierten Gehirn werden aus diesen Daten Bil<strong>der</strong><br />

konstruiert, die uns zeigen, wie die <strong>Welt</strong> außerhalb von uns aussieht. Die vom<br />

Gehirn konstruierten Daten erzeugen also eine Vorstellung <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>.<br />

Deshalb, sagt <strong>Schopenhauer</strong>, ist die <strong>Welt</strong> eine Vorstellung. Seiner Philosophie<br />

nach haben wir also nicht die Außenwelt in unserem Kopf, son<strong>der</strong>n eine<br />

geistige Konstruktion davon – eben eine Vorstellung, o<strong>der</strong>: eine Anschauung<br />

<strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Aus den Sinnesdaten erschafft <strong>der</strong> Wille die Anschauung.<br />

Wenn wir eine Blume sehen, werden wir in unseren Gehirn keine Blume<br />

finden – nur Nervenströme. Was wir in uns haben ist also eine Vorstellung<br />

<strong>der</strong> Blume – eine Anschauung. Die <strong>Welt</strong> in <strong>der</strong> wir leben ist demnach eine Art<br />

Cyberspace, <strong>der</strong> vom Willen erzeugt wird; sie ist eine <strong>Welt</strong> <strong>der</strong> neuronalen<br />

Konstruktion. Worin ein Mensch unmittelbare K<strong>und</strong>e haben kann, liegt also<br />

nicht außerhalb, son<strong>der</strong>n innerhalb seiner selbst. Über <strong>das</strong> hinaus kann es<br />

nach <strong>Schopenhauer</strong> keine unmittelbare Gewissheit geben. Die ganze <strong>Welt</strong> ist<br />

Objekt in Bezug auf ein Subjekt. Die <strong>Welt</strong> ist eine Anschauung des<br />

Anschauenden: sie ist Vorstellung.<br />

Wie kommt es von <strong>der</strong> anschauenden Vorstellung zu Verstand, Vernunft <strong>und</strong><br />

Wissen? Der japanische Philosoph NISHIDA KITARO beschreibt <strong>das</strong><br />

Phänomen <strong>der</strong> Anschauung so: Die anschauende Erfahrung ist<br />

Wahrnehmung des Gegenwärtigen <strong>und</strong> Tatsächlichen ohne Interpretation<br />

von Bedeutung. Etwas erfahren, so meint er, heißt <strong>das</strong> Tatsächliche erkennen<br />

ohne die Mitwirkung <strong>der</strong> interpretierenden <strong>und</strong> abstrahierenden Vernunft.<br />

Anschauendes Erfahren ist ein unmittelbares Wahrnehmen des Tatsächlichen<br />

wie es ist; <strong>und</strong> dieses "wie-es-ist" ist frei von Bedeutung.<br />

Nach <strong>Schopenhauer</strong> existiert die <strong>Welt</strong> als Anschauung nur durch einen<br />

Verstand, <strong>der</strong> sie wahrnimmt. Hier kommt ein Begriff ins Spiel, den<br />

<strong>Schopenhauer</strong> sehr eigenwillig anwendet: "Verstand". Die ganze <strong>Welt</strong> <strong>der</strong><br />

Copyright Atelier Edition Hanus, München 2007 17

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