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Schopenhauer und das Erkennen der Welt

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Für <strong>Schopenhauer</strong> ist <strong>das</strong> Verständnis des Willens <strong>der</strong> Weg zum Verstehen<br />

des Wesens <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>. Der unvoreingenommene Blick auf den Triebwillen <strong>der</strong><br />

uns beständig hierhin <strong>und</strong> dorthin drängt lässt uns seiner Meinung nach<br />

erkennen, was die <strong>Welt</strong> im Innersten zusammen hält. Wenn <strong>Schopenhauer</strong><br />

den Menschen betrachtet sieht er nicht seinen Geist o<strong>der</strong> einen ihm<br />

übergeordneten Schöpfergott; er sieht eine geistlose blinde Triebnatur, die sich<br />

am Willen zum Leben orientiert. Wille, sagt er, ist <strong>das</strong> Gegenteil ruhenden<br />

Genügens. Er ist Unruhe, streben nach etwas, lechzen, Gier, Verlangen,<br />

Leidenschaft <strong>und</strong> damit auch Leiden. Der Wille ist nicht nur die ewig<br />

unbefriedigte Lebenskraft, er ist zudem die Quelle des Leidens. Der Triebwille<br />

hat den Menschen in <strong>der</strong> Hand.<br />

Der Wille ist mit Aktionen des Körpers identisch; man kann nicht wirklich<br />

etwas wollen, ohne wahr zu nehmen, <strong>das</strong>s dieses Wollen als Reaktion im<br />

Körper erscheint. Der Akt des Wollens <strong>und</strong> die Aktionen, bzw. Reaktionen<br />

des Körpers sind keine zwei von einan<strong>der</strong> getrennte Zustände, die etwa durch<br />

Kausalität miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en wären; <strong>das</strong> Wollen <strong>und</strong> die Reaktionen des<br />

Körpers haben keine Beziehung von Ursache <strong>und</strong> Wirkung zueinan<strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong>art, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Wille die Ursache für die Wirkung im Körper wäre. Nein,<br />

Wille <strong>und</strong> Körper sind Eines <strong>und</strong> <strong>das</strong> Selbe, folgert <strong>Schopenhauer</strong><br />

konsequent. "Die Aktion des Leibes", sagt er "ist nichts An<strong>der</strong>es, als <strong>der</strong><br />

objektivierte, ... Akt des Willens."<br />

Wenn <strong>Schopenhauer</strong> vom "Willen" spricht, dann meint er aber zunächst nicht<br />

<strong>das</strong> was wir im Lebensalltag als Wille verstehen. Sein Verständnis des Willens<br />

als Gr<strong>und</strong>voraussetzung alles Seienden reicht tiefer. Denn dieser Eine<br />

allumfassende Wille den er erkennt, liegt außerhalb von Zeit <strong>und</strong> Raum.<br />

Dieser Wille, sagt er, ist Einer ohne ein Zweites. Und dieser Eine Wille spaltet<br />

sich in die Vielheit <strong>der</strong> Erscheinungen auf <strong>und</strong> erscheint dadurch in Zeit <strong>und</strong><br />

Raum. Dieses sich Aufspalten des Einen Willens in die Vielheit nennt<br />

<strong>Schopenhauer</strong> prinzipium individuationis. Der Eine <strong>und</strong> ungeteilte nicht<br />

sichtbare Wille objektiert sich indem er sich in Form materieller Gestalten in<br />

Copyright Atelier Edition Hanus, München 2007 4

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