Thermenland Magazin - Mai 2013
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INTERVIEW<br />
Der Inntaler Turmschreiber Hans Göttler zum 60. Geburtstag im TLM-Interview<br />
„Für Sonntagskinder wie mich geht’s immer gut aus“<br />
Am 3. <strong>Mai</strong> feiert der langjährigste Autor<br />
des <strong>Thermenland</strong>verlages, Dr.Hans Göttler,<br />
seinen 60.Geburtstag. Seit bestehen<br />
dieses <strong>Magazin</strong>s hält er in meisterlich<br />
selbstironischen Erzählungen alltägliche<br />
Situationen von damals und heute für die<br />
Zukunft lebendig. Anlässlich dieses runden<br />
Jubiläums bot ihm das <strong>Thermenland</strong><br />
<strong>Magazin</strong> die Möglichkeit, sich einmal<br />
selbst zu fragen, was er schon immer einmal<br />
über sich wissen wollte.Die Abgründe,indie<br />
er blickte,waren tief,die Objekte<br />
seiner Neugier überraschend –doch,<br />
lesen Sie selbst:<br />
Warum bin ich eigentlich nicht Weißbräu<br />
und Wirt geworden, sondern hab<br />
Deutschlehrer fürs Gymnasium studiert?<br />
„An Wirt brauchsd need macha, dass de um drei<br />
in da Friah nu zu dene Soidla hi hocka muassd!“<br />
Als ich imSeptember ’63 aufs Gymnasium<br />
kam,waren da meine sehr guten<br />
Noten in der Volksschule und die bestandeneAufnahmeprüfungausschlaggebend.<br />
Mein Vater sagte: „Wenn du lernen<br />
kannst, dann lern!“ –Vater und Mutter<br />
haben mir nie Vorschriften gemacht,<br />
Empfehlungen oder Mahnungen ausgesprochen;<br />
dass ich in Mathe nicht gut,<br />
ansonsten eher Mittel, nur vielleicht in<br />
Deutsch und Geschichte gut war,<br />
hat imGrunde niemand interessiert. Man<br />
hat mich wachsen und gewähren<br />
lassen;<br />
In der Oberstufe des Tassilogymnasiums<br />
gab mir meinVater dann mit auf den<br />
Weg: „An Wirt brauchsd need macha,<br />
dass de um drei in da Friah nuzudene<br />
Soidla hi hocka muassd!“ –Erselbst hat<br />
diese „Soidla“ aber immer auch gerne<br />
noch für eine Halbe oder so aufgehalten!<br />
Und, bin ich froh darüber?<br />
Ja, ich bin meine Eltern sehr dankbar,<br />
dass sie nicht gesagt haben:„Du musst<br />
Wirt undWeißbräu werden!“ Obwohl das<br />
vielleicht auch „ebbs“ geworden wäre.<br />
Aber ob ich mich zumeinen 60. dann im<br />
<strong>Thermenland</strong> <strong>Magazin</strong> hätte interviewen<br />
dürfen, ist natürlich fraglich! Dabei war<br />
das mein höchstes Lebensziel! Ährlich!<br />
Ich bin ja ein Sonntagskind. Hat mir das<br />
eigentlich auf meinem Lebensweg<br />
geholfen?<br />
Auf alle Fälle! Unsere Hofin hatte stets<br />
den Spruch auf Lager:„Und Kinder,die am<br />
Sonntag geboren werden, die haben den<br />
reinen Himmel auf Erden!“ Und wen ich<br />
auf mein Leben zurückschau: bei mir<br />
stimmt´s!Wobei es natürlich auch im<br />
Himmel mal krachen kann! Aber für Sonntagskinder<br />
geht´s immer wieder gut aus!<br />
Ährlich!<br />
Wie Faust im Goethschen Drama frag<br />
ich jetzt: Hans wie hältst Du’s mit der<br />
Religion?<br />
Ja, ich glaube anGott und fast alles,was<br />
dazu gehört! Ich hab mir einen sehr kindlichen<br />
Glauben bewahrt, der wahrscheinlich<br />
durch die moderne Theologie gar<br />
nicht abgesichert ist. Ich hör mich oft selber<br />
mit Gott sprechen:„Liawa Himme-<br />
Vatta!“ oder „Liawa Vatta im Himme!“<br />
aber da denk ich dann schon wieder an<br />
meinen leiblichen Vater und bin sicher,<br />
dass er dort im Himmel „gelandet“ ist. Ich<br />
mag Religiöses auch gern ironisch ab und<br />
zu behandeln,weil das halt zumeiner<br />
menschlichen Grundausstattung gehört;<br />
und sokann esschon sein,dass der eine<br />
oder andereVertreter Gottes auf der Ebene<br />
des Bodenpersonals sein Fett von mir<br />
abbekommt; aber die Oberste Führungsriege<br />
ist tabu für mich!<br />
8<br />
„Am meisten freu ich mich auf meinen letzten<br />
Arbeitstag.“<br />
Würde ich in einem zweiten Leben<br />
irgendwas anders machen?<br />
Nein!<br />
Mein Gott, ich les’ so viel. Aber wer ist<br />
eigentlich mein Lieblingsliterat?<br />
Na, Du fragst! Natürlich Goethe –obwohl<br />
ich wohl nicht so alt werden kann, um<br />
alles von ihm zu lesen und zuverstehen.<br />
Bei ihm fasziniert mich vor allem, dass es<br />
sich von so vielen uns fremden Kulturen,<br />
Literaturen, Religionen usw.hat „anmachen“<br />
lassen. In der Jugend war ich ein<br />
großerThomas-Mann-Fan; aber seit Jahren<br />
dominieren halt die großen Niederbayern:<br />
Emerenz Meier,Wilhelm Diess<br />
und Max Peinkofer!<br />
Und was hör ich gern?<br />
Mozart, aber wohl doch noch mehr die<br />
zwei Richards: RichardWagner und<br />
Richard Strauss! Die Musikgeschichte<br />
endet für mich bei letzterem! Strauss<br />
starb 1949!<br />
Mag ich eigentlich auch bildende Kunst?<br />
Ja sicher,die Romantik, die Gotik... und<br />
dann gleich die modernste Moderne! Auf<br />
alle Fälle, alles was schräg ist!