ForestFinest 2/2009
Das Magazin für weltweite Waldwirtschaft.
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Aus dem richtigen Holz geschnitzt<br />
Für Schnitz- und Bildhauerarbeiten sind Hölzer von Laubbäumen<br />
grundsätzlich besser geeignet als von Nadelbäumen. Das liegt an<br />
der Beschaffenheit des Materials: Nadelbäume haben weicheres<br />
Holz, deren Fasern leicht splittern. Laubbäume hingegen produzieren<br />
härteres Holz, das die Fasern besser zusammenhält. Ausnahmen<br />
gibt es sehr wohl: zum Beispiel die Zeder, ein Nadelbaum,<br />
produziert zwar ein sehr weiches und leichtes Holz, hält jedoch die<br />
Faser gut zusammen, die Konsistenz ist viskos, nahezu wie gekühlte<br />
Butter und von daher leicht zu schnitzen.<br />
Von ähnlicher Konsistenz – allerdings viel härter und schwerer<br />
im Gewicht – ist unter den Laubhölzern die Esche, der Ahorn, die<br />
Birke und der Nussbaum. Buchen- und Eichenholz sind die schwer<br />
zu zähmenden Widerspenstigen, die ein hohes Maß an Vorsicht<br />
beim Arbeiten abverlangen, da die Fasern nicht immer das sind, was<br />
sie zu sein vorgeben. Ein ganz besonderes Schnitzholz ist das der<br />
Robinie. Es zählt zu den schwersten und härtesten, aber auch haltbarsten<br />
Gattungen, die Europa zu bieten hat. Beim Bearbeiten sind<br />
die Fasern widerspenstig, die Klingen der Beitel müssen öfter als<br />
bei den anderen Holzarten nachgezogen und geschärft werden.<br />
Die richtige Herangehensweise: mit gutem Werkzeug und Zeit<br />
Am besten eignen sich für den Anfang drei verschieden große und<br />
formatige Stechbeitel, dazu ein kleiner Schleifstein, ein leichtes Holz,<br />
wie das der Linde, aus dem im übrigen im 16. Jahrhundert die Modelle<br />
des Petersdoms in Rom angefertigt wurden. Das Holz sollte<br />
wegen der oben erwähnten Qualitätsmerkmale vornehmlich im<br />
Winter gefällt sein und möglichst die äußerste Schicht, das Splintholz,<br />
nur in geringen Anteilen aufweisen. Ein einfaches, eckiges Muster<br />
aufgemalt in kleinen Kerbschnitten ausgeführt, kann schon<br />
das erste kleine Schmuckstück des eigenen Domizils werden.<br />
Die Vorbilder hierfür lassen sich in nahezu jeder Stadt als Zierwerk<br />
an Häusern, Kirchen oder auch an Möbeln, bei Freunden oder<br />
Bekannten finden, und heben sich stilistisch von den Unmengen<br />
an angebotenem Kitsch ab, der eine leblos eingerichtete Wohnung<br />
statt mit Geist mit Unbehagen erfüllt.<br />
Geraubte Kunst<br />
Traurig aber wahr bleibt zu erwähnen, dass aufgrund der Hetzjagd<br />
nach niedrigeren Preisen verzierte Möbel zunehmend aus Asien im<br />
Handel angeboten werden. Abgesehen davon, dass es sich um Raubholz<br />
handeln kann, klebt an vielen geschnitzten Elementen Kinderschweiß.<br />
In einem zehnstündigen Arbeitstag werden kleine Kinder ab<br />
fünf Jahren an das Akkordschnitzen herangeführt – natürlich ohne<br />
jegliche Vorsichtsmaßnahmen. Mit 16 Jahren haben die meisten von<br />
ihnen Gelenkverschleißerscheinungen wie sechzig jährige Europäer.<br />
Es lohnt sich dem Werk- oder in diesem Fall besser dem<br />
„Kunst“stoff Holz mit mehr Respekt zu begegnen. Entweder indem<br />
jeder bereit ist, für einen Kunstgegenstand aus Holz einen angemessenen<br />
Preis zu zahlen, aber auch ideel. Denn Holz ist und bleibt<br />
ein warmer, freundlicher, gestalterisch vielseitig einsetzbarer<br />
Werkstoff, der es verdient hat, mit Achtung behandelt<br />
und bearbeitet zu werden, der unser Leben,<br />
das unserer Vorfahren und unserer Kinder<br />
stets begleitet.<br />
Die Autorin Veronika Volbrachtova ist Kunsthistorikerin und<br />
arbeitet als freischaffende Künstlerin in Berlin.<br />
Ein Künstler, der es hervorragend versteht,<br />
die traditionelle Schnitzkunst<br />
Südtirols in moderne Bildsprache<br />
umzusetzen, ist Walter Moroder. Er<br />
wurde 1963 in eine Bildhauerfamilie<br />
aus dem von Tradition geprägten<br />
Südtiroler Grödnertal geboren.<br />
Nach seiner Ausbildung an der<br />
Münchner Akademie kehrte er<br />
wieder in seine Heimat zurück.<br />
Seitdem arbeitet er an seinen<br />
Holzskulpturen, die mittlerweile in<br />
vielen Ateliers und Galerien zu<br />
sehen sind.<br />
Schlanke, überwiegend weibliche<br />
Figuren dominieren das bildhauerische<br />
Werk von Moroder.<br />
Bei aller Modernität stehen seine<br />
Skulpturen handwerklich in<br />
der Tradition der Schnitzkunst<br />
Südtirols, erinnern gleichzeitig<br />
aber an die Formensprache<br />
altägyptischer Bildkunst.<br />
Diese Mischung verleiht den<br />
Skulpturen einen besonderen<br />
Reiz. Nicht das realistische Abbild,<br />
sondern einfühlsame psychologisierende<br />
Porträts sind das Ergebnis.<br />
Viele, auf wundervolle Weise<br />
faszinie rende Figuren finden Sie<br />
in diesem wunderschön aufgemachten<br />
Buch:<br />
Walter Moroder. Skulpturen.<br />
Traditionelle Schnitzkunst Südtirols in<br />
moderner Bildsprache, Wienand Verlag,<br />
Preis: € 38,00 (SFr 68,00)<br />
ISBN 978-3-87909-896-5<br />
www.forestfinance.de FF 15<br />
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