ForestFinest 2/2009
Das Magazin für weltweite Waldwirtschaft.
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Alexander Watson arbeitet seit seinem Studium der Forstwissenschaften an der TU Dresden bei ForestFinance.<br />
Seine Aufgaben umfassen klassische forstwirtschaftliche Tätigkeiten, aber auch die Entwicklung neuer Produkte<br />
und Projekte. Dafür ist er viel auf Reisen und immer wieder erschüttert, wie viele Wälder von Menschen vernichtet<br />
werden. Fotos: Alexander Watson (links), ForestFinance (rechts)<br />
großen Rinderbetriebe verarbeiten jeden Tag<br />
bis zu 11.000 Rinder zu Fleisch und Leder.<br />
Und sie haben vor, ihre Kapazität noch weiter<br />
zu steigern. Aber für wen?<br />
Ich stehe vor dem unendlichen Meer<br />
der Weidelandschaften, auf dem allein im<br />
Amazonasgebiet 63 Millionen Rinder grasen<br />
und frage mich, wohin all diese Tiere nach<br />
ihrer Schlachtung verfrachtet werden. Wer<br />
kann so viel Fleisch essen, wer braucht so viel<br />
Leder?<br />
Knapp 50 Prozent des Fleisches verlässt<br />
Brasilien. Die größten Abnehmer sind<br />
Russ land und die USA. Die gegerbten Leder<br />
stellen ein weiteres wichtiges Geschäft da.<br />
Achtzig Prozent der exportierten Kuhhäute<br />
werden in China, Vietnam und Italien verarbeitet.<br />
Beschämt sehe ich zu meinen Adidas-Turnschuhen<br />
herunter. Auch sie haben<br />
einen Teil des Regenwaldes zertreten.<br />
Verheerende Verwüstung<br />
Am Horizont steigen schmale Rauchwolken<br />
zum Himmel. Sie sind bläulich und zeichnen<br />
sich gut gegen die helleren Regenwolken ab.<br />
Als wir hinfahren sind wir erschüttert. Wie-<br />
der ist ein wenig mehr ursprünglicher Regenwald<br />
zerstört. Die Folgen sind in ihrer<br />
Summe verheerend.<br />
Wissenschaftler machen diese Zerstö -<br />
rung, insbesondere durch Brandrodung,<br />
für annähernd 20 Prozent der weltweiten<br />
Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.<br />
Neben der schädlichen Klimaerwärmung<br />
zerstört die Vernichtung des Regenwaldes<br />
unersetzliche Lebensräume.<br />
Über 200.000 indigene, ethnische Gruppen<br />
verlieren mit der Regenwaldzerstörung<br />
ihre Lebensgrundlage. Der Wald, der sie<br />
über Jahrtausende mit Nahrung, Medizin<br />
und Baustoffen versorgt hat, wird ausgehend<br />
von riesigen Rinderzuchtfarmen oft<br />
unwiederbringlich zerstört. Dann bleibt<br />
ihnen nichts anderes übrig, als in sklaven -<br />
ähnlichen Zuständen für die sogenannten<br />
Rinderbarone zu arbeiten.<br />
Als genetischer „Hot Spot“ ist das Amazonasgebiet<br />
aber auch Lebensraum für<br />
tausende Tier- und Pflanzenarten. Auf den<br />
riesigen Weiden ist nur leider außer indischen<br />
Kühen, Hochleistungsgras aus Afrika<br />
und den einheimischen Termiten, die die<br />
Waldwirtschaft<br />
Weidezäune besiedeln, wenig biologische<br />
Vielfalt zu sehen.<br />
Selbst das Wasser wird hier knapp. Ein<br />
Kakaoexperte, der eine ökologische Kakaoplantage<br />
in Ecuador hat, berichtet mir, dass<br />
die Wasserquellen seiner Nachbarn aufgrund<br />
der Entwaldung in der Trockenzeit<br />
immer öfter austrocknen. Er selber hat keine<br />
Probleme, weil seine Kakaobäume im<br />
Wald angebaut werden, ohne den Wald<br />
dabei zu zerstören.<br />
Der Wald ist ein Wasserspeicher, der<br />
wäh rend der Trockenzeit die Wasserquellen<br />
speist. Wassermangel und Erosion sind Folgeerscheinungen<br />
der Rinderzucht und füh -<br />
ren bereits vielerorts zu stark ausgeprägten<br />
Trockenzeiten mit verheerenden Auswirkun -<br />
gen für die Tiere, Pflanzen und Menschen.<br />
Auf dem Rückweg zum Auto flimmern<br />
meine Gedanken wie die Hitze der Nachmittagsonne.<br />
Ich denke an urwaldfressende<br />
Kühe und wie aus ihnen meine Turnschuhe<br />
gemacht werden. Ich betrachte meine<br />
verstaubten Adidasstreifen, und bedenke<br />
ihren weiten Weg vom Amazonas<br />
nach China, wo sie hergestellt wurden. Gekauft<br />
habe ich sie lange vor meiner Reise, in<br />
Deutschland. Langsam bekomme ich Hunger.<br />
Ein Rindersteak wird es aber heute<br />
Abend wohl nicht werden. Endlich am Auto<br />
angekommen setze ich mich auf die glü -<br />
hend heißen Ledersitze aus … ? Ich weiß es<br />
nicht. Ein Ohnmachtsgefühl überkommt<br />
mich. Aber auch die immer wiederkehrende<br />
Frage nach so einem Tag der Einsichten<br />
in Hinter- und Abgründiges: Was kann ich<br />
selber tun?<br />
Die Studie von Greenpeace mit vielen<br />
Fakten rund um Rinderwahn und Regenwald<br />
können Sie herunterladen:<br />
www.green peace.de/fileadmin/gpd/user_upload/<br />
themen/waelder/wie_rinder_den_regenwald_<br />
fressen.pdf<br />
www.forestfinance.de FF 29