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Die gesamte Habilitationsschrift als .pdf-Datei - Institut für Berufs ...

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Kapitel 1: Problemstellung<br />

keiten der „Bewußtseinspsychologie“ einerseits und des Behaviorismus andererseits zurück<br />

(vgl. HACKER 1978, S. 56).<br />

Im Mittelpunkt dualistischer Konzepte steht nach AEBLI (1980, S. 15) „die Negation der<br />

strukturellen und funktionalen Verwandtschaft von Denken und Handeln“. <strong>Die</strong>ses Denkmuster<br />

läßt sich in der These zuspitzen, daß kein vernünftiges Denken und keine echte Erkenntnis<br />

im praktischen Tun sei und daß praktisches Tun wirkliches Denken und Erkennen verhindere.<br />

AEBLI sieht hierin ein zweitausendjähriges philosophisches, soziales und politisches Denkmuster,<br />

das „tief in den westlichen und östlichen Kulturen verankert ist ... Das Gymnasium<br />

repräsentiert in dieser Sicht das Denken und die <strong>Berufs</strong>bildung das Handeln. Es gibt eine Bildungselite,<br />

die <strong>für</strong> sich den Geist in Anspruch nimmt und die das praktische Tun dem ‘Volk’<br />

zuweist“(AEBLI 1980, S. 15).<br />

<strong>Die</strong>ses Grundmuster hat sehr unterschiedliche Denkrichtungen bestimmt und ist zugleich in<br />

diesen fortgeführt worden. Als sein Ausgangspunkt wird die Ideenlehre PLATONs angesehen;<br />

es wurde aufgegriffen in der stärker realweltlich orientierten Philosophie des ARISTOTELES<br />

und findet sich - quasi realistisch gewendet - im angelsächsischen und französischen Empirismus<br />

und Sensualismus wieder. Schließlich prägte dieser Dualismus von Denken und Tun,<br />

überformt durch den rationalistischen Impetus der Aufklärung, auch die deutsche idealistische<br />

Philosophie, die deutsche Klassik, den Neuhumanismus eines NIETHAMMER und eines Wilhelm<br />

VON HUMBOLDT und hierüber schließlich den Bildungsgedanken und damit die Grundstruktur<br />

des deutschen Bildungswesens (vgl. z. B. PAULSEN 1965/1919; BLANKERTZ 1982).<br />

Wir wollen uns hier nicht in einer systematischen Darstellung dieser dualistischen Konzepte<br />

und in der Diskussion ihrer Parallelen und Unterschiede verlieren. Vielmehr sollen fünf zentrale<br />

Denkfiguren identifiziert werden, die durchaus verschiedene Ursprünge haben, die jedoch<br />

in der Zusammenschau geeignet sind, die Grundpositionen dieses dualistischen Denkens zu<br />

skizzieren. Mit der Unterscheidung dieser Denkfiguren sollen in erster Linie Brückenschläge<br />

zu den Problembereichen dieser Arbeit, zur <strong>Berufs</strong>bildung und zum Theorie-Praxis-Verhältnis<br />

in der Curriculumentwicklung ermöglicht werden.<br />

1. Denkfigur: So wie der Leib vom Geist, so sind Wissen vom Tun und Denken vom Handeln<br />

geschieden<br />

<strong>Die</strong>ser Gedanke prägt so unterschiedliche Lehren wie einerseits den Platonischen Idealismus<br />

und andererseits den radikal materialistisch angelegten Empirismus und Sensualismus des 17.<br />

und 18. Jahrhunderts.<br />

Bei PLATON wurden die Ideen <strong>als</strong> „das wahrhaft Seiende, das Zeitlose, Vollkommene“ (AEBLI<br />

1981, S. 376) angesehen, „das nicht durch die Sinne, sondern nur in rein geistigen, noetischen<br />

Akten faßbar wird“ (VORLÄNDER 1963, S. 91), während das Körperliche und Sinnliche das<br />

„Unvollkommene, Ungeordnete, nicht-eigentlich Seiende und daher Vergängliche“ repräsentieren<br />

(AEBLI 1981, S. 376). <strong>Die</strong> Ideenschau, die allein zum wirklichen Wissen führt, erfordert<br />

Abkehr von der Außenwelt, erfordert Ruhe und Sammlung der Seele; die Idee kann nur gedacht,<br />

nie aber sinnlich erfahrbar gemacht werden (vgl. VORLÄNDER 1963, S. 90ff.). Kurz:<br />

Der Weg zum Wissen führt nur und ausschließlich über das Denken; sinnliche Erfahrung und<br />

entsprechend auch praktisches Tun blockieren diesen Weg.<br />

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