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Die gesamte Habilitationsschrift als .pdf-Datei - Institut für Berufs ...

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Kapitel 1: Problemstellung<br />

schen Regeln orientiertes, zweckrational-kompetentes Handeln; es setzt vielmehr auch die<br />

Fähigkeit voraus, sich in kritische Distanz zum Gegebenen, aber auch zum eigenen Handeln<br />

und Denken zu begeben und sich aus dieser reflexiven Perspektive heraus neue Möglichkeiten<br />

zu erschließen. Ein Handeln, das diese Dimension umfaßt, bezeichnen wir in erster Näherung<br />

<strong>als</strong> „reflektierendes Handeln“. Da menschliches Handeln immer im sozialen Raum geschieht<br />

und meist auch andere Menschen betrifft, ist Kommunikation eine wesentliche Voraussetzung<br />

zur Abklärung von Normen, Zielen und Gestaltungsvorstellungen; die Fähigkeit, in diesem<br />

Kommunikationszusammenhang zugleich die eigenen Bedürfnisse und Ansprüche geltend zu<br />

machen und den - oft widersprüchlichen - Erwartungen und Anforderungen der anderen gerecht<br />

zu werden, fassen wir mit KRAPPMANN (1978) im Begriff der „balancierenden Identität“.<br />

Wir betrachten diese Zielsetzung nicht nur <strong>als</strong> pädagogisch gerechtfertigt, sondern auch <strong>als</strong><br />

gesellschaftlich legitimiert,<br />

- weil sie argumentativ im Hinblick auf die Grundrechtsnorm „der sich innerhalb der sozialen<br />

Gemeinschaft frei entfaltenden menschlichen Persönlichkeit“ (Art. 2 GG und<br />

BVERFGE 7, S. 205; vgl. HEYMANN/STEIN 1972; OPPERMANN 1976) zu rechtfertigen ist.<br />

Eine normative Zweck-Mittel-Argumentation könnte auf dieser Zielebene begründet abgebrochen<br />

werden, weil die Gültigkeit eines verbindlichen demokratischen Grundkonsensus<br />

<strong>als</strong> Argumentationsbasis unterstellt werden kann (vgl. KÖNIG 1975);<br />

- weil das Leitbild des demokratischen Rechtsstaates die individuelle Handlungs- und Urteilsfähigkeit<br />

ebenso voraussetzt wie die Bereitschaft aller Bürger, ihr Handeln der Gesellschaft<br />

gegenüber zu verantworten. Wo dies <strong>als</strong> Gelingensbedingung der demokratischen<br />

Ordnung erkannt ist, erwächst einer demokratischen Gesellschaft natürlich zugleich die<br />

Aufgabe, den Erwerb dieser Voraussetzung bei ihren nachwachsenden Bürgern sicherzustellen.<br />

Schließlich ist aus der Sicht wissenschaftlicher Curriculumforschung zu ergänzen, daß die<br />

Ausbildung individueller Urteils- und Kritikfähigkeit wie auch der Bereitschaft, eigenes Handeln<br />

Dritten gegenüber zu rechtfertigen und eigene Ansichten und Aussagen zu begründen,<br />

Grundvoraussetzungen da<strong>für</strong> sind, daß Wissenschaft im heutigen Sinne betrieben werden<br />

kann. Soll diese nicht von vornherein eine elitäre Einrichtung bleiben, sondern in den demokratischen<br />

Prozeß einbezogen werden, so verbietet es sich geradezu, Menschen von der<br />

gezielten Förderung der hier<strong>für</strong> vorauszusetzenden Kompetenzen auszuschließen (vgl. KÖNIG<br />

1975).<br />

Nun darf gewiß nicht übersehen werden, daß eine solche normative Orientierung <strong>für</strong> sich genommen<br />

nur von begrenztem Wert ist. Ihre Wirksamkeit muß sich letztlich darin erweisen,<br />

inwieweit es gelingt, ihre grundlegenden Konzepte zu präzisieren und zu operationalisieren<br />

sowie die Beziehungsstruktur theoretisch und empirisch aufzuklären, die diese Konzepte miteinander<br />

und vor allem mit zentralen didaktischen Handlungsparametern verknüpft.<br />

Wir gehen davon aus, daß die Entwicklungen in einer Reihe von Teilgebieten der Psychologie,<br />

in der Sozialphilosophie, der Handlungstheorie und der Soziologie die Chance bieten,<br />

unsere normative Orientierung zu präzisieren, sie theoretisch weiterzuentwickeln und sie in<br />

der Beurteilung und Gestaltung didaktischer Situationen wirksam werden zu lassen. Das ver-<br />

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