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Die gesamte Habilitationsschrift als .pdf-Datei - Institut für Berufs ...

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Kapitel 1: Problemstellung<br />

Im Bereich der <strong>Berufs</strong>bildung wird diese Praxis der Lehrplanentwicklung auf der Ebene<br />

der einzelnen Bundesländer zwar auf Bundesebene durch die Abstimmungsprozeduren<br />

im Rahmen des „Dualen Systems“ („Gemeinsames Ergebnisprotokoll“), durch die stärkeren<br />

Mitwirkungsrechte der Tarifparteien bei der Gestaltung der Ausbildungsordnungsmittel<br />

und schließlich durch die Mitwirkung des Bundesinstituts <strong>für</strong> <strong>Berufs</strong>bildung<br />

in Berlin überlagert. Dennoch folgt auch hier die Curriculumentwicklung dem<br />

Modell des legalistisch legitimierten Verwaltungshandelns, in das unabhängige wissenschaftliche<br />

<strong>Institut</strong>ionen nicht systematisch einbezogen werden und dessen Entscheidungen<br />

auch nicht systematisch in der demokratischen Öffentlichkeit thematisiert werden.<br />

Nur am Rande sei hier erwähnt, daß dieses strukturelle Legitimationsdefizit in noch<br />

stärkerem Maße auf die Normierung der <strong>Berufs</strong>ausbildung durch externe Prüfungen zutrifft,<br />

insbesondere dort, wo diese über „gemeinsame Prüfungsausschüsse“ bzw. „Aufgabenstellen“<br />

wie „PAL“ im gewerblich-technischen Bereich oder „AkA“ im kaufmännischverwaltenden<br />

<strong>Berufs</strong>feld erfolgt.<br />

Zusammenfassend kann eine Tendenz beobachtet werden, im Zuge der Curriculum- und<br />

Lehrplanentwicklung Handlungsspielräume von Lehrern einzuschränken. <strong>Die</strong>s heißt<br />

zugleich, ihnen Entscheidungen über die (notwendige) Reduktion von Komplexität im<br />

Entscheidungsfeld abzunehmen oder - negativ gewendet - ihnen nicht nur diese „Reduktionskompetenz“<br />

zu entziehen, sondern ihnen auch häufig den Begründungszusammenhang<br />

dieser Reduktionsentscheidung vorzuenthalten. Während ersteres ein grundlegendes<br />

Charakteristikum von Macht und Machtausübung ist, verdeutlicht der zweite<br />

Aspekt das dualistische Fundament dieser Machtausübung und damit auch seine mangelnde<br />

demokratische Legitimation: Reduktion bzw. Selektion von Komplexität ist eine<br />

Leistung handlungs- oder problembezogenen, zielgerichteten Denkens. Von anderen Instanzen<br />

vorab getroffene Reduktionsentscheidungen, die unser Handeln betreffen, enthalten<br />

daher immer auch das Moment, daß andere <strong>für</strong> uns gedacht bzw. daß wir die<br />

Denkergebnisse anderer <strong>für</strong> unser Handeln zu übernehmen haben. Denken und Handeln<br />

fallen partiell auseinander. Wo Reduktionsentscheidungen nicht mehr erkennbar und<br />

nachvollziehbar sind, wo sie inhaltlich nicht gerechtfertigt werden müssen, entziehen sie<br />

sich der Kritik, womit auch individuelle Partizipation unterbunden wird.<br />

<strong>Die</strong> stärkere Normierung didaktischen Geschehens führt zweifellos zu einer Erhöhung<br />

ihres Rationalitätsniveaus im Sinne einer gesteigerten Regelhaftigkeit, Dauerhaftigkeit<br />

und Gleichförmigkeit, <strong>als</strong>o im Sinne bürokratischer Rationalität. Wo der sich hiermit<br />

verbindende erhöhte Legitimationsbedarf jedoch nicht inhaltlich, sondern lediglich legalistisch<br />

eingelöst wird, ist der von ROBINSOHN erhobene Anspruch auf Demokratisierung<br />

und Partizipation vertan. Letztlich gibt es gute Gründe da<strong>für</strong> anzunehmen, daß<br />

hierunter auch das Niveau der zweckrationalen Handlungsgestaltung leiden muß, daß<br />

<strong>als</strong>o ein solcher Legitimationsmodus zu Dysfunktionalitäten führt.<br />

<strong>Die</strong>ser Überblick über die Problemfelder, auf die sich diese Arbeit bezieht, ist naturgemäß<br />

lückenhaft und vergröbernd. Er darf auch nicht in dem Sinne interpretiert werden, daß wir<br />

hiermit den Anspruch erhöben, all diese Problemebenen simultan zu bearbeiten oder gar über<br />

Lösungen zu verfügen. Wir verbinden mit dieser umfassenden Darstellung vielmehr die Absicht<br />

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