Die Frau sagt wenig und meint, die Polizisten sollten besser wieder gehen. Darauf angesprochen, dass sie an der Stirn eine Aufschürfung aufweise, sagt die Frau, dass es zum 6
Vortrag Dr. Albin Dearing „Grundsätze des Gewaltenschutzgesetzes“ Streit gekommen sei, ihr Mann habe wieder einmal zu viel getrunken. Die Beamten erzählen ihr, was ihr Mann gesagt habe, und raten ihr, ihn besser nicht zu provozieren. Da die Beamten um die Sicherheit der Frau fürchten, legen sie ihr auch nahe, die Nacht anderswo zu verbringen, etwa bei einer Freundin oder der Mutter, nötigenfalls im Frauenhaus. Zur Dienststelle zurückgekehrt, verfassen die Beamten einen Bericht darüber, dass sie nach einem ehelichen Konflikt den Streit geschlichtet hätten, die Frau habe sich bereit erklärt, die Wohnung vorübergehend zu verlassen. Nach dem 1. Mai 1997 könnte sich derselbe Einsatz wie folgt abgespielt haben: In der Wohnung angelangt, trennen die Beamten den Mann von der Frau, so dass kein Sichtkontakt besteht. Sie erkunden den Zustand der Wohnung und stellen Spuren einer tätlichen Auseinandersetzung sicher, sie informieren sich per Funk über frühere Vorfälle und erfahren, dass eine frühere Anzeige wegen einer Körperverletzung von der Staats- anwaltschaft eingestellt worden ist, sie befragen die Nachbarn über Wahrnehmungen und sprechen behutsam mit der Frau. Da sie zur Auffassung kommen, dass es vor ihrem Eintreffen in der Wohnung zu einem tätlichen Angriff des Mannes auf seine Frau gekommen ist und um deren Sicherheit fürchten, ordnen sie gegenüber dem Mann ein Betretungsverbot an. Dieses bedeutet, dass sich der Mann für die Dauer von zehn Tagen von der Wohnung fernhalten muss. Zur Dienststelle zurückgekehrt, verfassen die Beamten eine genaue Dokumentation ihres Einsatzes und faxen diese Dokumentation an eine private Einrichtung, die „Inter- ventionsstelle“ heißt. Diese kontaktiert am folgenden Tag die Frau, um ihr Beratung und Unterstützung anzubieten. Innerhalb von zehn Tagen nach dem Polizeieinsatz stellt die Frau, mit Unterstützung der Mitarbeiterin der Interventionsstelle, beim Familiengericht einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Durch diesen Antrag verlängert sich die Geltungsdauer des polizeilichen Betretungsverbots um weitere zehn Tage. Innerhalb dieser Frist erlässt das Gericht eine Verfügung, die das polizeiliche Betretungsverbot ablöst und deren Wirkungen um weitere drei Monate erstreckt. Der erste, ganz grundsätzliche Unterschied zwischen der alten und der neuen Routine besteht darin, dass die Polizeibeamten heute nicht mehr an ihrer Zuständigkeit zur 7