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Paraplegiker 3/2011

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forum<br />

und hätte Angst vor der Reaktion, wenn sie das noch einmal täte.<br />

Als ich vorn Bescheid sagte, war die nette Schwester da, die sich entschuldigte<br />

und meinte, sie hätte unbekümmert nochmals klingeln<br />

können. Leider ist das Ganze ziemlich unberechenbar, da man nicht<br />

weiß, wer gerade Dienst hat und für die Bettlägerigen gibt es halt<br />

keine Möglichkeit, dem zu entrinnen. Schwierige Situation – sich irgendwo<br />

beschweren geht auch nicht, könnte ja dann noch schlimmer<br />

werden und man wird ohnehin extrem dünnhäutig – allein<br />

wegen der Schmerzen. Meine Bettnachbarin hat wie auch ich oft<br />

genug nachts in ihre Kissen geweint, weil sie vor Schmerzen nicht<br />

schlafen konnte und dachte, sie könne niemanden rufen.<br />

Akuter Schmerz mag im Allgemeinen ganz nützlich sein, als Signal<br />

des Körpers. Aber nach einem chirurgischen Eingriff wohl kaum.<br />

Da bin ich nun der festgefahrenen Meinung, man könnte die postoperativen<br />

Schmerzen auf ein leicht erträgliches Maß reduzieren.<br />

Stattdessen ist Betteln angesagt, was meist in zähe Diskussionen<br />

mündete, als sei man ein Junkie, der nach der nächsten Dröhnung<br />

geiert. Es ist äußerst deprimierend, zudem noch als Weichei oder<br />

Simulant da zu stehen.<br />

Ich hatte ja einigen Ungemach wegen dieser widerspenstigen Rippe<br />

(ein Schmerzpflaster auf der Stelle wäre nett gewesen). Wissen<br />

Sie, für mich ga ritzen verordnet bekam. (Bis Sie mir vorrechneten,<br />

welche Unmengen von Schmerzmitteln ich konsumiere und diese<br />

Spritzen wieder absetzten (für mich höchst fatal)). Von ein bis zwei<br />

Wochen ausreichender sachgerechter Schmerzmedikation wird<br />

noch keiner süchtig.<br />

Nun können ja Medikamente bei jedem Menschen anders wirken<br />

und da wäre es doch für Ihr Schmerzmanagement recht förderlich,<br />

Schmerzen und Medikamentengabe zu protokollieren. (Vordruck<br />

unter http://www.forum-schmerz.de/service/schmerzkalender.html)<br />

Das könnten die Patienten z.T. selbst machen und Sie wären in der<br />

Lage, wirksamer zu agieren. Ich hatte auch mal einige Tage lang<br />

protokolliert und dabei herausgefunden, dass eines der Schmerzmittel<br />

bei mir überhaupt nicht wirkte.<br />

Am Tag nach der OP hatte ich Sie schon gefragt, was eigentlich<br />

gewesen wäre (ich weiß auch bis heute nicht, wieso ich nicht wie<br />

verabredet diese PCA-Pumpe bekam) und Sie meinten, das wäre<br />

ja vorbei. Sie hatten ganz Recht, es ist vorbei und zwar jedes Mal<br />

wieder. Nun hatte ich bereits die eine oder andere OP, zwei davon<br />

mit auch so einem Horrortrip wie nach dieser letzten. Während<br />

einer OP war ich zeitweise wach, was ich überhaupt nicht witzig<br />

fand. Dort (das war in XY) sagte man mir, ich würde mir das nur<br />

einbilden, das gäbe es oft – Halluzinationen nach einer Narkose –<br />

inzwischen habe ich die alte Akte eingesehen und dort das harmlos<br />

klingende Wort Awareness (das heißt, der Patient erwacht trotz<br />

Narkose während der OP; Anm.d.Red.) gefunden und darf mich<br />

fragen, was das soll. Welchen Sinn hat es überhaupt, den Patienten<br />

vor einer OP nach Unverträglichkeiten usw. zu fragen, wenn dieser<br />

über solcherlei Vorkommnisse zuvor nicht unterrichtet wurde?<br />

10 PARAPLEGIKER 3/11<br />

Wirklich unmenschlich<br />

Deshalb nochmals meine Frage nach den Stunden nach der OP.<br />

Zunächst hier, woran ich mich erinnere: Wie ein Alptraum, Schmerzen,<br />

Übelkeit, ein Tunnel mit Lichtblitzen von Wachheit, Gesichter,<br />

manchmal nur halbwach währenddessen alles noch schlimmer<br />

wurde, ich jammernd nach Schmerzmitteln, die eine ganz deutliche<br />

Erinnerung: Ich erwachte wieder einmal, (da war schon Nacht)<br />

und hatte überall Schmerzen, konnte nicht den Druck des MP3-<br />

Players, den ich noch auf den Ohren hatte, ertragen, riss ihn ab,<br />

sogar die Bettdecke schmerzte auf der Haut. Später irgendwann<br />

kam eine Schwester, gab mir eine kleine bunte Pille in den Mund<br />

(inzwischen als Oxycodon identifiziert) und meinte, nun würde es<br />

besser werden. Ich dachte nicht, dass das möglich wäre – es wurde<br />

noch schlimmer.<br />

Irgendwann am Morgen sollte ich gewaschen werden. Ich sagte<br />

deutlich NEIN, ich habe schlimme Schmerzen. Ich konnte deren<br />

Gesichter nicht sehen – hörte nur, während diese zwei Frauen mich<br />

herumwälzten und überall kräftig rubbelten, insbesondere die<br />

Haut über der Rippenfraktur: „Sie wollen doch wohl für die Visite<br />

schön sauber sein.“ Das war wirklich unmenschlich.<br />

Ja, Sie hatten ganz Recht, es ist vorbei. Es verfolgt mich weiter in<br />

meine Träume und bestimmt meine Handlungen. Ich weiß, dass<br />

der Boden der Wahrheit der einzige ist, auf dem ich sicher stehe<br />

und falle dennoch oft genug in dieses vertraute Muster Verdrängen,<br />

was letztlich auch unfair Ihnen gegenüber ist. Wie sollten Sie<br />

wissen, was mit Ihren Patienten so los ist, wenn niemand darüber<br />

spricht.<br />

Und nun zu meinem eigentlichen Anliegen: Da es, anders als für<br />

allergische Reaktionen (soweit ich weiß) keine Möglichkeit gibt, auf<br />

paradoxe Medikamentenwirkung zu testen, bin ich auf Ihre Beobachtungen<br />

und Dokumentation angewiesen. Sicher gibt es ein<br />

Protokoll, woraus ersichtlich ist, welches Medikament ich wann bekam<br />

und mit welcher Reaktion und ich bitte Sie hiermit, mir diese<br />

Aufstellung zuzusenden. Nur so gibt es eine Chance für mich, vor<br />

etwaiger weiterer OP auf unerwünschte Wirkungen bestimmter<br />

Medikamente hinweisen zu können. Vielen Dank im Voraus.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Anm.d.Red.: Die Beiträge dieser Rubrik geben die Meinungen der<br />

jeweiligen Autoren wieder, die nicht mit denen von Redaktion und<br />

Verlag übereinstimmen müssen.<br />

Manuela Gücker-Braun:<br />

Danke<br />

Begeistert habe ich (45 Jahre – C 6 - seit `79 querschnittgelähmt)<br />

den Artikel gelesen „Gesunde Ernährung ab 40 –<br />

Aspekte für querschnittgelähmte“. (…) Danke für den PA-<br />

RAplegiker, der mich seit 30 Jahren mit wertvollen Tipps<br />

und tollen Artikeln begleitet.

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