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Asiatische Fonts<br />

Chinesisch und Computer<br />

Kolleginnen und Kollegen, die mit »normalen« europäischen Sprachen arbeiten, mag sich nicht ganz erschließen, wie die<br />

Übersetzer asiatischer Sprachen arbeiten. Der folgende Artikel wird am Beispiel des Chinesischen darstellen, welche<br />

Besonderheiten das Übersetzen asiatischer Sprachen in sprachlicher und technischer Hinsicht mit sich bringt. Die Darstellung<br />

gilt in ähnlicher Weise auch für das Japanische und Koreanische. Autor Günter Whittome ist staatlich geprüfter Dolmetscher<br />

und Übersetzer der chinesischen Sprache mit mehr als 10 Jahren Berufserfahrung. Ende 2003 ist er nach Taiwan<br />

umgezogen und arbeitet nun von Taipeh aus für taiwanesische und deutsche Kunden.<br />

»Ich schicke Ihnen die deutsche Quark-Datei und Sie<br />

schicken mir die chinesische zurück, aber bitte hängen<br />

Sie den chinesischen Font mit dran, damit wir den Satz<br />

machen können« oder »Übersetzen Sie mir mal die Visitenkarte<br />

ins chinesische Alphabet«, so ähnlich können<br />

Kundenanfragen lauten. »Den Font dranhängen ...«, so<br />

einfach geht es leider nicht. Bei Satzarbeiten arbeite ich<br />

mit einem auf asiatischen Satz spezialisierten Sinologen<br />

zusammen, der über die lokalisierten Softwareversionen<br />

und die speziellen Fonts verfügt, die nur mit der entsprechenden<br />

Software darstellbar sind. Das liegt an den<br />

Besonderheiten der ideographischen chinesischen<br />

Schrift.<br />

In der mehr als zweitausendjährigen Schrifttradition des<br />

Chinesischen sind etwa 50 000 Schriftzeichen entstanden,<br />

wovon heute etwa 5 000 in alltäglichem Gebrauch<br />

sind. Ein Schriftzeichen stellt lautlich immer eine Silbe<br />

dar, jedes Schriftzeichen hat eine bestimmte Bedeutung,<br />

die unabhängig von der Aussprache ist. Daraus erklärt<br />

sich die Funktion der Schrift als einigendes Band der chinesischen<br />

Kultur trotz der Vielzahl von Dialekten im chinesischen<br />

Sprachraum. In der klassischen chinesischen<br />

Schriftsprache (vor 1919) war jedes Schriftzeichen gleichbedeutend<br />

mit einem Wort. In der heutigen Schriftsprache,<br />

die die gesprochene Sprache wiedergibt, sind die<br />

meisten Wörter Komposita aus zwei oder mehr Zeichen<br />

mit ähnlicher oder komplementärer Bedeutung.<br />

In den 50er Jahren begann man in China im Zuge der<br />

»Alphabetisierung«, die zweitausend häufigsten Schriftzeichen<br />

zu vereinfachen, sodass es heute eine Zweiteilung<br />

der chinesischen Schrift auch in technischer Hinsicht<br />

gibt. Dem »simplified Chinese« (»vereinfachtes Chinesisch«<br />

oder »Kurzzeichen«) in China – und seit etwa zehn<br />

Jahren auch in Singapur – steht der weitere Gebrauch<br />

der traditionellen Formen (»traditional Chinese«, also<br />

»traditionelles Chinesisch« oder »Langzeichen«) in Taiwan,<br />

Hongkong und Macao gegenüber. Die technische<br />

Heraus-forderung bestand nun darin, Verfahren zu entwickeln,<br />

die die Eingabe chinesischer Zeichen über eine<br />

Standard-Computertastatur ermöglichten. Zuerst begannen<br />

die fünf größten Softwareunternehmen Taiwans eine<br />

Codierung für die Langzeichen zu entwickeln. So entstand<br />

der »BIG5«-Code mit mehr als 13 000 Schriftzeichen.<br />

Dazu erfand man den »Double-Byte«-Standard,<br />

wonach ein chinesisches Schriftzeichen durch zwei ASCIIbzw.<br />

ANSI-Zeichen – von denen es ja nur 256 gibt –<br />

codiert ist und durch die chinesische Software als Schriftzeichen<br />

interpretiert und dargestellt wird. Daher ist es<br />

nicht möglich, einfach einen Font »dranzuhängen«. Das<br />

Ergebnis wäre statt der Zeichen (»China«)<br />

folgender ANSI-Salat: »Öйú«.<br />

Etwa um dieselbe Zeit entstand in China der »GB-Code«<br />

(»GB«: chinesische Abkürzung für »staatliche Norm«) zur<br />

Darstellung der »Kurzzeichen« mit über 8 000 Schriftzeichen.<br />

Für die Eingabe bedient man sich verschiedener Verfahren,<br />

die sich entweder an der graphischen Struktur der<br />

Zeichen orientieren oder an Lautschriften. In der verbreiteten<br />

Software »Twinbridge Chinese Partner« steht folgende<br />

Auswahl zur Verfügung:<br />

Das für westliche Chinesisch-Lernende am einfachsten zu<br />

handhabende Verfahren basiert auf der in China entwickelten<br />

romanisierten »Pinyin«-Umschrift. Dabei wird eine<br />

Auswahl an einzelnen Schriftzeichen oder längeren<br />

Begriffen angezeigt, die der eingegebenen Umschrift, mit<br />

oder ohne Tonangaben, entsprechen; der gewünschte<br />

Begriff wird dann mit den numerischen Tasten ausgewählt:<br />

(Auswahl: »der Erste«, »Arzt«, »um zu«, »Bewusstsein«,<br />

»im Moment«, »Ritus«, »verhandeln«, »Anekdote«).<br />

14 <strong>ADÜ</strong> <strong>Nord</strong> · Infoblatt 2/2004

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