Mediterana-Hotelbau - GL VERLAGS GmbH
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www.<strong>GL</strong>Verlag.de <strong>GL</strong> KOMPAKT Nr. 04<br />
44<br />
Mein Erlebnis mit dem Elektrofahrrad<br />
Frühlingsschwung auf Gutschein<br />
Von Karl Feldkamp<br />
Auch in Lenzen nach dem so genannten<br />
dritten Frühling sorgen sonnenkraftverstärkte<br />
Hormone noch für Schwung. Bereits<br />
am ersten Frühlingssonnentag bewältigte ich<br />
damit (trotz Lift) den Treppenaufstieg, der jener<br />
Bewegung dienen soll, die mir mein Hausarzt<br />
verordnete, als er mich nach meinem Gewicht<br />
fragte.<br />
Wussten Sie, dass …<br />
… Wege in der Stadt unter 5 Kilometer<br />
mit dem Rad meist schneller zurückgelegt<br />
sind als mit dem Pkw?<br />
Doch bevor ich mich über die Treppe in meine<br />
Wohnung im vierten Stock aufmachte,<br />
fand ich im Briefkasten einen Gutschein für<br />
24 Stunden Elektro-Radfahren mit eingebautem<br />
Rückenwind. Das verhieß weitere<br />
schwungvolle Bewegung. Ansonsten esse ich<br />
in meinem stammrestaurant den ungeliebten<br />
Seniorenteller, um meiner bauchbetonten<br />
Altherrenfigur entgegenzuwirken. E-Radeln<br />
könnte mir helfen, die Gewichtsdifferenz zwischen<br />
Seniorenteller und der mir eigentlich<br />
noch zustehenden Portion für Zeitgenossen<br />
im besten Alter abzustrampeln. Verschämt<br />
drückte ich eine Woche später dem Fahrradhändler<br />
meines Vertrauens den Gutschein in<br />
die Hand. „Sie sind bestimmt noch keine siebzig!“<br />
versuchte er es mit einem (zutreffenden)<br />
Kompliment. „Über siebzig zieren sich die<br />
Männer. Wollen noch nicht so alt sein, um sich<br />
mit Elektrokraft helfen zu lassen.“<br />
Die Auswahl war riesig. Vom E-Rad mit Vorderradantrieb<br />
über Räder mit Mittelmotor,<br />
der den Fahrer dort unterstützt, wo er in die<br />
Pedale tritt, bis hin zum Porsche unter den<br />
E-Rädern, der es - bis 45 km/h schnell – mit<br />
Mopeds aufnehmen kann. Bei allen Modellen<br />
gilt: Ohne Treten und Muskelkraft<br />
keine Unterstützung per Elektroenergie.<br />
Dem durch Akku und E-Antrieb nicht ganz<br />
leichten Vehikel kann allerdings eine Schiebehilfe<br />
zugeschaltet werden, wenn es zum<br />
Beispiel neben der Treppe über eine steile<br />
Fahrradspur aus Fußgängertunneln herausgeschoben<br />
wird.<br />
Ein Fahrzeug also für Menschen, die –<br />
wie ich - sich gern bewegen aber ungern<br />
schinden. Nach kurzem Zögern wählte ich<br />
Modell C (wie Comfort), eine Art Sofa mit<br />
gefederter Vorderradgabel und Sattelstütze<br />
sowie besonders dicken Reifen.<br />
„Eco“, „Standard“ und „High“ bot mir der<br />
Bordcomputer auf dem Display am bequem<br />
geformten Lenker zur elektronischen Unterstützung<br />
an. Ganz und gar umweltbewusst<br />
wählte ich die Sparversion „Eco“. Bereits<br />
sie verwandelte Gegen- in Fahrtwind und<br />
leichte Steigungen in vermeintlich ebene<br />
Straßen. Bei „Standard“ trieb plötzlicher<br />
Schub mich Bergstrecken hinauf, als ginge<br />
es bergab. Und mit „High“ überwand ich<br />
Steigungen, bei denen ich mit einem herkömmlichen<br />
Rad selbst in jüngeren Jahren<br />
im kleinsten Gang aufgegeben hätte. Nach<br />
gut 25 Kilometern Waldstrecke pausierte<br />
ich auf einer Lichtung, nicht aus Erschöpfung,<br />
sondern um Waldesstille zu genießen.<br />
Neben mir glänzte das silberfarbene<br />
Comfort-E-Rad in der Sonne. Als ich wieder<br />
aufsteigen wollte, bewunderten es gerade<br />
drei Damen. „Muss man treten oder fährt<br />
das allein?“ wollte eine nicht unattraktive<br />
Blondine wissen.<br />
„Man muss treten. Durch Elektro-Hilfe wird<br />
es nur etwas leichter.“ Die Frau strich sich<br />
die langen Haare aus dem Gesicht und<br />
musterte mich, als hätte sie erwartet, ich<br />
würde mich von einem Elektro-Selbstfahrer<br />
fortbewegen lassen. „Meist schalte ich<br />
nur die Sparversion dazu. Die reicht mir<br />
vollkommen.“ Es musste sehr entrüstet geklungen<br />
haben. Sie lächelte und entschuldigte<br />
sich sofort. Weiterhin einen sonnigen<br />
Tag“, wünschte ich, stieg auf, trat in die<br />
Pedalen, überholte auf dem steilen Waldweg<br />
spielend zwei schiebende konventionelle<br />
Radler und war erstaunt, welche<br />
Kraft mir Frühling und Sparversion verliehen.<br />
Oben angekommen, sah ich auf das<br />
Display. „High“ las ich. Hastig drückte ich<br />
den Knopf, bis „ohne Unterstützung“ im<br />
Display erschien und rollte rasend bergab.<br />
Zu Hause nach immerhin fast 40 km Radfahrt<br />
reichte der Frühlingsschwung noch,<br />
um immer zwei Stufen auf einmal nehmend,<br />
meine Wohnung zu erreichen. Mein<br />
erster Weg führte ins Bad. Noch außer Atem<br />
starrte ich auf die Anzeige der Waage.<br />
Tatsächlich:<br />
Fast ein halbes Kilo weniger als nach dem<br />
Frühstück. Also mehr als der Gewichtsunterschied<br />
zwischen einer Normalportion<br />
und dem Seniorenteller. Ich werde mir ein<br />
E-Rad kaufen und mein Arzt wird sich noch<br />
wundern.<br />
www.karl-feldkamp.de