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Treffpunkt 02/2005 - Ministerium für Integration, Familie, Kinder ...

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CAMILLA EBERTSHÄUSER<br />

Subkultur in Koblenz!<br />

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt: Dient die<br />

Mobile Jugendarbeit in Koblenz als Modell <strong>für</strong><br />

Konfliktvermeidung und <strong>Integration</strong>?<br />

Es ist ein Problem, das mittlerweile nicht<br />

nur Großstädte betrifft. Auch in Mittelzentren<br />

und in ländlichen Regionen sind<br />

Cliquen von Jugendlichen, die sich auf der<br />

Straße, auf Schulhöfen oder an offenen<br />

Plätzen treffen, ein vertrautes Bild. Gehen<br />

diese Ansammlungen noch mit Alkoholkonsum,<br />

Verschmutzungen und dem<br />

Abspielen lauter Musik einher, ist der Unmut<br />

von Anwohnern und Passanten programmiert.<br />

Das Jugendamt Koblenz hat<br />

aus diesem Phänomen seine<br />

Schlussfolgerungen gezogen und bereits<br />

im Jahr 2000 die mobile, aufsuchende Jugendarbeit<br />

eingerichtet. „Wir haben erkannt,<br />

dass viele junge Leute die traditionellen<br />

Angebote der Jugendarbeit nicht<br />

annehmen und wir zu ihnen kommen<br />

und ihnen vor Ort in ihrem Stadtteil Angebote<br />

bieten müssen“, erklärt Thomas<br />

Muth, Leiter der <strong>Kinder</strong>- und Jugendförderung<br />

und Chef von 25 Mitarbeitern.<br />

Seither kümmern sich drei Sozialpädagogen<br />

um Jugendtreffs und Cliquen und<br />

suchen sie dort auf, wo sie sich regelmäßig<br />

aufhalten. Gemeinsam mit den jungen<br />

Frauen und Männern versuchen sie, ihnen<br />

Raum zu schaffen, damit sie an ihrem bevorzugten<br />

<strong>Treffpunkt</strong> bleiben und ihre<br />

Szeneautonomie bewahren können und<br />

trotzdem mit der Nachbarschaft auskommen.<br />

Zudem sollen die Betreuer die Selbstorganisation<br />

und eigene Problemlösungsansätze<br />

der Jugendlichen unterstützen.<br />

Besonders stark betroffen von solchen<br />

Ansammlungen sind Wohngebiete, deren<br />

Bevölkerung stark mit einem Migrationshintergrund<br />

durchsetzt ist. „Das sind in<br />

Koblenz vor allem die Karthause, Lützel<br />

und Neuendorf.“ Worauf führt Thomas<br />

Muth dies zurück? „Ich schätze, dass vor<br />

allem jugendliche Spätaussiedler der zweiten<br />

Generation ein Identitätsproblem haben.<br />

Ihre Eltern wollten unbedingt nach<br />

Vom Konzept überzeugt: Thomas Muth leistet aufsuchende Jugendarbeit<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Deutschland kommen, doch die <strong>Kinder</strong><br />

finden sich in der Sprache und der Kultur<br />

nicht zurecht. So bleiben sie unter sich und<br />

bilden Cliquen“, sucht Muth nach Erklärungsansätzen.<br />

Zusammen mit dem Caritasverband<br />

hat das Jugendamt auf der Karthause das<br />

Projekt „Schängelkomnata“ ins Leben gerufen.<br />

Der Name ist eine Mixtur aus deutschen<br />

und russischen Begriffen. Schängel<br />

nennen die Koblenzer sich, Komnata bedeutet<br />

Raum. Ein Wohncontainer ist zur<br />

Anlaufstelle von rund 20 Aussiedlern im<br />

Alter zwischen 14 und 18 Jahren geworden.<br />

Zwei Sozialpädagoginnen, die selbst<br />

einen deutschrussischen Hintergrund haben<br />

und so leichter mit den Jugendlichen<br />

in Kontakt treten können, betreuen<br />

„Schängelkomnata“.<br />

„Die jungen Spätaussiedler sind von<br />

der Straße weg, haben einen wetterfesten<br />

<strong>Treffpunkt</strong> und können an Freizeitangeboten<br />

und Ferienprogrammen teilnehmen“,<br />

berichtet Muth. Gemeinsam waren<br />

sie beispielweise schwimmen am Laacher<br />

See, und vielleicht steht im Sommer auch<br />

eine Kanutour auf der Lahn an.<br />

Bezuschusst wird das Projekt vom Bundesamt<br />

<strong>für</strong> Migration. In Koblenz-Neuendorf<br />

ist das Jugendamt Koblenz in einem<br />

ähnlich angelegten Projekt aktiv und hat<br />

eine eigene Hausaufgabenbetreuung und<br />

zusätzliche Sprachförderung im<br />

Schulbereich aufgelegt.<br />

Gemeinsame Freizeiten von Cliquen<br />

deutscher Jugendlicher und ausländischer<br />

Jugendlicher sind laut Muth erfolgreich<br />

durchgeführt worden. Ein Großprojekt<br />

des Jugendamtes steht auf der Karthause<br />

an: der Bau eines Jugend- und Bürgerzentrums<br />

im Jahr 2006. „Alte und Junge,<br />

Spätaussiedler und Einheimische sollen<br />

dieses Zentrum nutzen. Es ist eine Herausforderung,<br />

die Interessen unterschiedlicher<br />

Gruppen hier zu koordinieren.“ All<br />

diese Bemühungen dienen einem Ziel.<br />

Koblenz soll langfristig kinder- und familienfreundlich<br />

gestaltet werden. „Es ist ein<br />

mühsamer Weg, aber mit unserer Verwaltung<br />

können wir viele kleine Schritte tun.<br />

Wir können den Dialog fördern und Lebensräume<br />

schaffen, damit ein Miteinander<br />

möglich ist.“<br />

Camilla Ebertshäuser<br />

Ebersthäuser ist Redakteurin der Westerwälder<br />

Zeitung<br />

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