Treffpunkt 02/2005 - Ministerium für Integration, Familie, Kinder ...
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Komplizierte<br />
Verhältnisse:<br />
Jugend und Migration<br />
Im Aufbruch:<br />
Die Balten in der EU<br />
2/<strong>2005</strong><br />
<strong>Treffpunkt</strong> exklusiv:<br />
Bevölkerungsbericht 2004
Sokrates liegt daneben<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
„Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität,<br />
hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wenn sie arbeiten<br />
sollte. (…). Sie widerspricht ihren Eltern und tyrannisiert ihre Lehrer.“<br />
Diese Klage, verehrte Leserinnen und Leser, stammt nicht von genervten Eltern oder<br />
Lehrern unserer Tage, sondern ist zweieinhalbjahrtausend alt und stammt von Sokrates.<br />
Doch <strong>für</strong> viele behält sie bis heute ihre Gültigkeit. Ihnen wie auch Sokrates ist<br />
zu widersprechen.<br />
Sicher, es gibt auch heute Jugendliche, die respekt- und ideallos sind, die sich nicht<br />
benehmen können, die gewaltbereit sind und diese Gewalt auch ausüben. Aber auf die<br />
überwiegende Mehrheit der Jugendlichen trifft es nicht zu. Und dies gilt - wohlgemerkt<br />
– sowohl <strong>für</strong> einheimische wie zugewanderte Jugendliche. Einen kleinen Beleg da<strong>für</strong><br />
liefert die vorliegende „<strong>Treffpunkt</strong>“-Ausgabe. Ihre Beiträge machen auch deutlich, dass<br />
viele Probleme der heutigen Jugend nicht aus den Merkmalen Staatsangehörigkeit oder<br />
Herkunft festgemacht rühren, sondern allen Jugendlichen eigen sind.<br />
In beeindruckender Weise hat dies auch der vor kurzem zu Ende gegangene „Weltjugendtag“<br />
in Köln beweisen können. Sowohl während der Vorbereitungstage in den<br />
Diözesen und Gemeinden als auch in Köln selbst hat sich gezeigt, dass der Pass, die<br />
geographische wie kulturelle Herkunft und die Hautfarbe keine Rolle spielen, wenn es<br />
um gemeinsame Anliegen, Ideale und Ziele geht. Ein schönes Beispiel praktischer<br />
<strong>Integration</strong>sarbeit!<br />
Im zweiten Schwerpunkt dieses Heftes stellen wir die zahlenmäßige Entwicklung und<br />
der aktuelle zahlenmäßige Stand der Bevölkerung von Rheinland-Pfalz vor. Ein kleiner<br />
Vorgeschmack auf den 200 Seiten starken „Ersten Zuwanderungs- und<br />
<strong>Integration</strong>sbericht“ der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, der soeben erschienen<br />
ist. Näheres dazu können Sie auf Seite 37 nachlesen.<br />
Und schließlich unsere Serie „Neue EU-Beitrittskandidaten“, die langsam zu Ende<br />
geht. In diesem Heft berichten wir über die Minderheits- und <strong>Integration</strong>spolitik in<br />
Estland, Lettland und Litauen.<br />
Wie immer, verehrte Leserinnen und Leser, wünsche ich Ihnen eine interessante und<br />
anregende Lektüre.<br />
Maria Weber<br />
Landesbeauftragte <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
1
Inhaltsverzeichnis<br />
Komplizierte Verhältnisse:<br />
Jugend und Migration<br />
Im Aufbruch:<br />
Die Balten in der EU<br />
<strong>Treffpunkt</strong> exklusiv:<br />
Bevölkerungsbericht 2004<br />
Sonstiges (Auswahl)<br />
Verschiedenheit dominiert: Professor Franz Hamburger über den häufig<br />
verwendeten Begriff „Migrationshintergrund“ .................................................<br />
Hip Hop will was!: Über einen Weg zur Selbstdarstellung, Anerkennung und<br />
<strong>Integration</strong> über die Musik....................................................................................<br />
Pirmasens rockt: In der Südpfalz hat der IB mit seinem Rockprojekt „Rainbow“<br />
eine erstaunliche Resonanz gefunden...................................................................<br />
Vertrauen gefasst: Wie „Rainbow“-Musiker das Pirmasenser IB-Pojekt erleben<br />
und was sie von den Zielen halten.......................................................................<br />
Jobangst bestimmt: In der Mädchengruppe des Mainzer Neustadt-Projekts ist<br />
die Angst vor der beruflichen Perspektivlosigkeit größtes Thema.....................<br />
Im Zweitberuf Lehrer: Der Mainzer Stefan Budian unterrichtet im Nebenjob in<br />
einer Mainzer Schule das Fach Kunst....................................................................<br />
Subkultur in Koblenz: Die Jugendszene aus Sicht einer Kommunalverwaltung...<br />
Falsche Vorstellungen: Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage zum Problem<br />
unrealistischer Ausbildungswünsche Jugendlicher .............................................<br />
Passgenaue <strong>Integration</strong>: Das Programm „<strong>Integration</strong> durch Sport“ der Sportjugend<br />
setzt passgenaue Module ein.......................................................................<br />
Die siebte Dimension: Der Verein DIA entwickelt ein mehrteiliges Programm<br />
<strong>für</strong> die Beteiligung am Nachmittagsunterricht in Ganztagsschulen...................<br />
Die (R)auswege nutzen: Welche Strategien und Angebote sich empfehlen, um<br />
rechtsextreme Jugendliche zum Ausstieg zu bewegen........................................<br />
Die drei Neuen im Nordosten: Migrationspolitik in Estland, Lettland und<br />
Litauen in Zeiten des Beitritts zur Europäischen Union....................................<br />
Wir leben in Rheinland-Pfalz: Ausländische Bevölkerung in Rheinland-Pfalz<br />
2004..........................................................................................................................<br />
Wege zurück zum Pass: Hilfen bei aberkannter deutscher Staatangehörigkeit.........<br />
Emine aus Incesu: Dokufilm über ein türkisches Arbeiterleben in Deutschland....<br />
Vorbilder machen Mut: Bericht von einem Ausbildungsseminar in Saarburg........<br />
Letzte Chance <strong>für</strong> Abgelehnte: Härtefallkommission nahm Arbeit auf...................<br />
Das Know how teilen: Bundesweiter <strong>Integration</strong>swettbewerb................................<br />
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Bunte Jugend, vielfältige Biografien: Gruppe junger Menschen, oft als „mit Migrationshintergrund“ umschrieben<br />
Die Verschiedenheit dominiert<br />
Der Begriff „Jugendlicher mit Migrationshintergrund“ hat Karriere gemacht. Aber er<br />
kann als distanzierende Kategorie destruktiv wirken und legitimiert häufig nur die<br />
Ungleichbehandlung. Von Professor Franz Hamburger<br />
Mit Worten, Begriffen und Bezeichnungen<br />
ordnen wir die Welt. Dabei schaffen<br />
wir eine Ordnung unserer Welt – und oft<br />
sagt die Ordnung mehr über die Perspektive,<br />
aus der wir als Einzelne oder gemeinsam<br />
die Welt sehen, als über die Wirklichkeit.<br />
In der sozialen Welt ist dieser Umstand<br />
umso wichtiger, als sie wesentlich<br />
aus Konstruktionen besteht, die wir entwickeln,<br />
die Bestand haben und dann wieder<br />
auf uns wirken.<br />
In der Zeit der Gastarbeiterbeschäftigung<br />
war die Welt noch in Ordnung. Die<br />
Ausländer waren Gäste, außerdem fleißig<br />
und überwiegend so brav, dass sie im Falle<br />
von konjunkturellen Krisen wieder nach<br />
Hause gegangen sind. Der Begriff „Ausländer“<br />
war selbstverständlich, er war rechtlich<br />
korrekt und deckte auch die soziale<br />
Konstellation ab. Mit dem Wandel der<br />
ausländischen Wohnbevölkerung sind<br />
Veränderungen eingetreten, die weitreichend<br />
sind. Wie kein anderer hat Max<br />
Frisch diesen Wandel gekennzeichnet: Wir<br />
haben Arbeitskräfte gerufen und es kamen<br />
Menschen. Zu diesen zählen auch die Jugendlichen.<br />
Sie wanderten mit oder nach ihren Eltern,<br />
lebten in Deutschland oder in ihrer<br />
Heimat mit einem Elternteil oder bei den<br />
Großeltern, pendelten gelegentlich hin und<br />
her. In der Schule wurden sie als Seiteneinsteiger<br />
definiert und manchmal auch gefördert.<br />
Im Laufe der Zeit wuchsen immer<br />
mehr <strong>Kinder</strong> und Jugendliche in<br />
Deutschland auf, viele wurden und werden<br />
hier geboren und sie erwerben dann<br />
neuerdings auch gleich die deutsche Staats-<br />
angehörigkeit. Aber die Migration der Arbeitskräfte<br />
hält an, mit ihnen auch die der<br />
<strong>Familie</strong>n. Geschichte, Wandel und Kontinuität<br />
der Migration hat die Lebenslage<br />
von Jugendlichen sehr unterschiedlich ausgestaltet.<br />
Migrationstheoretisch gibt es schon<br />
auf den zweiten Blick eine weitere Differenzierung:<br />
Arbeitsmigration ist nur eine<br />
Form der Mobilität; Aussiedler und Flüchtlinge<br />
sind zwei weitere große Gruppen.<br />
Auch sie setzen sich aus allen Generationen<br />
zusammen. Die <strong>Kinder</strong> der russischen<br />
Deutschen und der ehemals jugoslawischen<br />
Bürgerkriegsflüchtlinge sind nach<br />
Deutschland gekommen – fremd ist ihnen<br />
vor allem die eigene Geschichte, ist sie<br />
doch über sie hereingebrochen. Dass sie<br />
dann auch noch als Eindringlinge behan-<br />
³3<br />
MICHAEL SEIFERT
GUIDO STEINACKER<br />
4<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Diffuse Zuordnungen überwinden: Pädagogik-Professor Franz Hamburger<br />
delt werden, macht ihnen besonders zu<br />
schaffen. Nicht selten streiten sie mit den<br />
Jugendlichen der Arbeitsmigration um die<br />
knappen Plätze im öffentlichen Raum.<br />
Hinzu kommen noch die minderjährigen<br />
unbegleiteten Flüchtlinge aus der ganzen<br />
Welt, von Vietnam bis Äthiopien, mit den<br />
tatsächlich oft merkwürdigsten Migrationsgeschichten<br />
und Biografien. Schon jetzt –<br />
also bis zu dieser Stelle im Gedankengang<br />
– ist die Typologie der Lebenslagen junger<br />
Migranten unüberschaubar.<br />
Mit diesem Begriff – junge Migranten<br />
– haben wir zu Recht den der „ausländischen<br />
Jugendlichen“ abgelöst. Denn sie<br />
sind nicht nur rechtlich nicht mehr „ausländisch“,<br />
sondern auch von ihrer tatsächlichen<br />
Lebensweise her. Sie sind heimisch<br />
geworden – wenn man sie nur lässt und<br />
ihre Zugehörigkeit akzeptiert. Doch eine<br />
weitere Differenzierung ist eingetreten: der<br />
generationale Wandel hat sich fortgesetzt.<br />
In Deutschland leben deutsche oder „ausländische“<br />
Jugendliche, deren Eltern<br />
deutsch sind oder nicht, die selbst eingewandert<br />
sind oder deren Eltern (also die<br />
Großeltern der heutigen Jugendlichen) die<br />
<strong>Familie</strong>ngeschichte in Deutschland begründet<br />
haben. Es sind Jugendliche „mit<br />
Migrationshintergrund“ – wie sich die Bezeichnung<br />
schnell eingespielt hat. Sie ist<br />
zutreffend und irreführend.<br />
Die Bezeichnung ist allgemeiner als die<br />
früheren Begriffe, weil sie eine größere<br />
Heterogenität erfassen muss. Und sie ist<br />
relevant, insofern die Migrationsgeschichte<br />
der <strong>Familie</strong> oder der Person selbst von Bedeutung<br />
ist. Denn Migration ist eine tiefgreifende<br />
Veränderung der sozialen Position<br />
und der Beziehungen, in denen man<br />
lebt. Insofern der Migrationshintergrund<br />
von Bedeutung ist <strong>für</strong> die Jugendlichen,<br />
verdient er Beachtung und Berücksichtigung.<br />
Mehr aber auch nicht. Denn sonst<br />
wird das Etikett „mit Migrationshintergrund“<br />
zum stigmatisierenden<br />
Stempel, mit dem Jugendliche gebrandmarkt<br />
werden, unentrinnbar einer auch gefährlichen<br />
Zuschreibung von „nicht dazugehörend“<br />
ausgesetzt.<br />
Denn die Bezeichnung „mit<br />
Migrationshintergrund“ ist auch irreführend,<br />
weil sie Bestimmbarkeit und Gemeinsamkeit<br />
einer Gruppe aus der Perspektive<br />
derer ohne Migrationshintergrund<br />
suggeriert. Analysiert man nämlich die Lebenslage<br />
– wie oben angedeutet – genauer,<br />
dann zeigt sich die Verschiedenheit als<br />
einziges dominantes Merkmal. Hinzu<br />
kommt lediglich der Umstand, dass Jugendliche<br />
mit Migrationshintergrund als<br />
solche behandelt werden, was sie immer<br />
wieder zu dem macht, als was sie bezeichnet<br />
werden. Aber warum? Sind es nur die<br />
Absichten, Benachteiligte zu fördern, die<br />
die Begriffsverwendung anleiten? Oder ist<br />
es die Funktion, bei unangenehmen PISA-<br />
Ergebnissen die Jugendlichen mit<br />
Migrationshintergrund „herausrechnen“<br />
zu können, damit das deutsche<br />
Selbstbewusstsein auf Kosten der angeblichen<br />
Unterrichtsverlangsamer saniert werden<br />
kann?<br />
Ausländische Jugendliche – junge Migranten-Jugendliche<br />
mit Migrationshintergrund:<br />
Die Begriffe haben sich im Wandel<br />
der Verhältnisse verändert und behalten<br />
ihre Ambivalenz. Sie reflektieren notwendigerweise<br />
einen Wandel und spiegeln<br />
doch vor allem die Perspektive derer wi-<br />
der, die sie verwenden. Ob sie nützlich und<br />
angemessen und gerechtfertigt sind, zeigt<br />
sich an dem Interesse der Perspektivität.<br />
Wenn mit der begrifflichen Neubildung<br />
jeweils das Interesse verbunden ist, die<br />
Nichtzugehörigkeit flexibler zum Ausdruck<br />
zu bringen, taugt der neue Begriff<br />
so wenig wie der alte. Wird aber der Respekt<br />
vor der persönlichen Geschichte und<br />
den möglicherweise subjektiv relevanten<br />
Erfahrungen zum Ausdruck gebracht,<br />
dann sieht die Sache anders aus. Ob man<br />
dazu eine allgemeine Kategorie braucht,<br />
kann bezweifelt werden.<br />
Moderne demokratische Gesellschaften<br />
lösen das Problem relativ einfach: Alle<br />
Menschen sind gleich. Und diejenigen, die<br />
dauerhaft in einem Staatsgebiet leben, sind<br />
noch gleicher. Es ist nur das Problem derer<br />
ohne Migrationshintergrund, dass sie<br />
ihre Welt ordnen und sich dabei von denen<br />
mit Migrationshintergrund absetzen<br />
und abgrenzen. Dieses Bedürfnis gilt es<br />
kritisch zu prüfen – im Allgemeinen und<br />
im Einzelfall. Insbesondere in pädagogischen<br />
Beziehungen wirkt die Verwendung<br />
von distanzierenden Kategorien destruktiv<br />
und legitimiert häufig nur die Ungleichbehandlung,<br />
die Diskriminierung.<br />
Doch begriffslos ist die Welt nicht zu<br />
ordnen. Solange die ohne Migrationshintergrund<br />
die Bezeichnung mit verwenden<br />
und wir gemeinsam die Wirklichkeit<br />
der Zugehörigkeit und Gleichberechtigung<br />
noch nicht geschaffen haben, sollten wir<br />
uns der Implikationen der Begriffsverwendung<br />
bewusst sein und sensibel<br />
handeln können. Und gleichzeitig sollten<br />
wir an der Überwindung diffuser Zuordnungen<br />
arbeiten, weil die Bearbeitung von<br />
Migrationsfolgen schwierig genug ist. Außerdem<br />
zeigt sich schnell, dass genug zu<br />
tun ist im Umgang mit geschlechterspezifischen<br />
Ungleichheiten, mit der wachsenden<br />
Kluft zwischen arm und reich, mit<br />
dem Ausbildungsnotstand, mit dem Abbau<br />
schulischer Selektion, mit der Sicherung<br />
von guten Bedingungen des Aufwachsens<br />
und vielen anderen Aufgaben.<br />
Solange aber Diskriminierung von Menschen<br />
mit Migrationshintergrund zu beobachten<br />
ist, so lange muss man sich mit<br />
der Diskriminierung auseinander setzen.<br />
Der Autor ist Professor <strong>für</strong> Pädagogik an der<br />
Johannes Gutenberg-Universotät Mainz
MGÜNGÖR<br />
Keine Trennung zwischen Publikum und Musik: Hip Hop-Gruppe „Advanced Chemistry“<br />
Hip Hop will was!<br />
Wer in der Jugendarbeit das Interesse von Migrantinnen<br />
und Migranten wecken will, liegt mit HipHop-Projekten<br />
nie falsch. Aber warum? Von Murat Güngör<br />
Warum war Hip Hop gerade <strong>für</strong> Migrantinnen<br />
und Migranten in Deutschland so<br />
anziehend? Wie ist es zu erklären, dass Hip<br />
Hop weltweit so erfolgreich wurde? Und<br />
wie hat es die deutsche Gesellschaft verändert?<br />
Mittlerweile sind Migrantinnen und<br />
Migranten erfolgreich in der kulturellen<br />
Landschaft. In Fernsehen, Radio und Magazinen<br />
sind sie präsent. Erfolgreiche Hip<br />
Hop-Künstler tauchen in die <strong>Kinder</strong>zimmer<br />
ein und erzählen ihre Versionen vom<br />
Leben und Alltag in Deutschland. Der<br />
raue Alltag der so genannten „sozialen<br />
Brennpunkte“ steht im Zentrum ihrer<br />
Erzählungen.<br />
Oft klingen diese Texte aggressiv, sexistisch,<br />
bedrohlich, aber auch spannend. Sie<br />
sind Beobachter einer anderen sozialen<br />
Realität, die das Erlebte dadurch verarbeiten<br />
und ungeschliffen wiedergeben. Hier<br />
liegt auch der Grund <strong>für</strong> die erfolgreiche<br />
Aneignung von Hip Hop durch Migranten.<br />
Hip Hop ist einerseits ein Ventil <strong>für</strong><br />
die kreative Verarbeitung von Alltagserfahrungen<br />
und andereseits ein Zugang in die<br />
Gesellschaft. Die Sprache der Rapper gilt<br />
als „cool“ auf deutschen Schulhöfen. In<br />
ihren Texten spiegelt sich Rebellion gegenüber<br />
den bürgerlich- moralischen Wertmaßstäben<br />
wider. Hip Hop ist im Mainstream<br />
angekommen und damit auch bei Sexismus,<br />
Rassismus und Nationalismus. Hip<br />
Hop ist aber auch mittlerweile die größte<br />
Jugendkultur und damit eine wichtige<br />
Plattform gerade <strong>für</strong> junge Migrantinnen<br />
und Migranten. Doch wie hat sich diese<br />
Kultur in Deutschland entwickelt?<br />
Spätestens seit Mitte der 90er Jahre entwickelte<br />
sich Hip Hop zu einer großen Jugendbewegung<br />
in Deutschland. Gesellschaftliche<br />
Kategorien wie Schicht, Ethnie<br />
und Geschlecht fanden in den späten 80er<br />
Jahren eine hohe Durchlässigkeit. Vom<br />
Jugendhaus bis zum Reihenhaus entwikkelte<br />
sich eine übergreifende Subkultur.<br />
Dies bedeutet nicht, dass die unterschiedlichen<br />
Lebenswelten der Jugendlichen aufgelöst<br />
wurden, jedoch konnte man Brükken<br />
schlagen. Gerade <strong>für</strong> Türken, Afrodeutsche,<br />
Jugoslawen, Griechen oder Italiener<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
beinhaltete diese gemeinsame Kultur eine<br />
Möglichkeit, um auf sich aufmerksam zu<br />
machen. Eine gemeinsame kulturelle Identität<br />
erfordert eine gemeinsame Sprache<br />
und Codes. „Es gab keine Trennung zwischen<br />
Bühne und Publikum“, erzählte<br />
Torch von der Gruppe Advanced in einem<br />
Interview. Sein Bandkollege Linguist ergänzt:<br />
„Wir sind zusammengekommen<br />
und haben einfach mit der gleichen Sprache<br />
einer gemeinsamen Kultur kommuniziert.“<br />
Die Sprache, in der man in den<br />
späten 80er Jahren rappte, war Englisch.<br />
Hip Hop in Deutschland hat sich im Laufe<br />
der Jahrzehnte gewandelt. Aus einer<br />
anfänglichen Subkultur ist eine Mainstream-Kultur<br />
geworden, daran hängt mittlerweile<br />
ein ganzer industrieller Zweig von<br />
Textilunternehmen über Plattenfirmen bis<br />
zu Farbdosen-Herstellern. Hip Hop ist<br />
angekommen in der Wissenschaft, der<br />
Industrie, im Museum und in der Gesellschaft<br />
allgemein, dabei hat es jedoch seine<br />
Attraktivität als Jugendkultur nicht verloren.<br />
Doch nicht nur das, die Nachhaltigkeit<br />
und die Durchdringungskraft von Hip<br />
Hop als globale Jugendkultur ist einmalig.<br />
Wie ist es zu erklären, dass sich aus den<br />
illegalen New Yorker Blockpartys der 70er<br />
Jahre eine globale Jugendkultur entwickeln<br />
konnte?<br />
Der Erfolg von Hip Hop liegt darin<br />
begründet, dass Hip Hop als globale Kultur<br />
lokale Praktiken integriert. Der erste<br />
weltweit kommerzielle Erfolg durch die<br />
Gruppe Sugar Hill Gang transportierte<br />
diese Musik bis in die entferntesten <strong>Kinder</strong>zimmer.<br />
Hip Hop konnte dadurch global<br />
lokalisiert werden. Dieses Beziehungsgeflecht<br />
ist aber nicht einseitig, sondern<br />
steht in Wechselwirkung zueinander. Dies<br />
war auch der Schlüssel zur Aneignung in<br />
Deutschland. Gerade <strong>für</strong> Migranten und<br />
Afrodeutsche bot sich mit Hip Hop die<br />
Chance, ihren lokalen Erfahrungen und<br />
Praktiken einen Ausdruck zu verleihen.<br />
Durch diese aktive Teilnahme konnte<br />
man sich in die globale Bewegung einschreiben.<br />
Ab den späten 80er Jahren konnten<br />
in Deutschland europaweite Beziehungsnetzwerke<br />
geknüpft werden, wo über<br />
Staatsgrenzen hinweg Musik, Informationen<br />
und Style im Austausch zueinander<br />
zirkulierten. Gruppen wie Advanced Chemistry<br />
verordneten sich nicht nur im deutschen<br />
Raum, sondern im europäischen<br />
5
6<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Kontext. Bei dieser Betrachtung wird deutlich,<br />
dass Hip Hop als eine transnationale<br />
Jugendkultur zu verstehen ist. Der entscheidende<br />
Moment <strong>für</strong> den Erfolg von<br />
Hip Hop war der relativ einfache Zugang<br />
über die vier Elemente, die zu dieser Kultur<br />
gehören: Djing, Rap, Breakdance und<br />
Grafitti. Dieser Zugang erforderte keine<br />
Überwindung von ökonomischen oder<br />
gesellschaftlichen Barrieren. Aufgrund des<br />
<strong>für</strong> die Hip Hop-Kultur typischen Wettbewerbs<br />
erklärt sich auch ihre starke Dynamik<br />
und Dominanz. Der Wille zur Aneignung<br />
von öffentlichem Raum als gesellschaftliche<br />
Ressource ist fest verankert<br />
in dieser Kultur. Grob vereinfacht kann<br />
man sagen: Hip Hop will sichtbar sein!<br />
Diese Kultur möchte in die Gesellschaft<br />
hinein und sich nicht etwa - wie Punk -<br />
von ihr lösen. Hip Hop kreist um Werte<br />
wie: Anerkennung, Teilnahme, Leistung,<br />
Kreativität, Gemeinschaft, Wettkampf<br />
und politische Artikulation.<br />
Inhaltlich werden im Hip Hop unter<br />
anderem Diaspora-Erfahrungen verhandelt<br />
und die Schwierigkeiten der<br />
Identitätsfindung in der Postmoderne. Bei<br />
dem Begriff Diaspora beziehe ich mich auf<br />
die Arbeiten des Politologen Ayhan Kaya.<br />
Der Begriff wird hierbei nicht benutzt in<br />
seiner brutalen und traumatischen Erfahrungen<br />
<strong>für</strong> Juden und Afrikanern, sondern<br />
in seinem griechischen Ursprungskontext<br />
als Migration. Diese thematische<br />
Beschäftigung mit Diaspora-Erfahrungen<br />
löste gerade bei den Migranten und<br />
Afrodeutschen eine hohe Identifikation<br />
mit dieser Kultur aus. Ayhan Kaya spricht<br />
bei der Betrachtung von Jugendlichen aus<br />
der Türkei von einer „doppelten Diaspora-<br />
Erfahrung“. Dies zeige sich darin, dass<br />
durch die musikalische Verschmelzung<br />
von Arabesk und westlichen Beats eine<br />
neue Form entstanden sei. Arabesk ist eine<br />
Musikform, die sich in den 70er Jahren in<br />
der Türkei entwickelte und selbst schon<br />
eine Synthese darstellt. Arabesk besteht aus<br />
arabischen und persischen Musikstrukturen,<br />
die jedoch mit westlichen Musikinstrumenten<br />
gespielt werden und thematisch<br />
die Schwierigkeiten der Binnenmigration<br />
innerhalb der Türkei verhandeln.<br />
Inhaltlich kreisen Arabeskthemen<br />
um die Fremde, Heimat, Liebe, Unglück<br />
und Verlust. So werden durch diesen<br />
Arabeskbezug in der Rapmusik von<br />
Deutschtürken<br />
sowohl die<br />
Migrationsgeschichte<br />
der<br />
Eltern wie auch<br />
die eigene<br />
Diasporaerfahrung<br />
thematisiert.<br />
Für Jugendliche<br />
aus dem<br />
bürgerlichen Milieu<br />
stellte die<br />
Beschäftigung<br />
mit Hip Hop<br />
eine Rebellion<br />
gegenüber den<br />
Moral- und<br />
Wertvorstellungen<br />
der eigenen<br />
Eltern dar. Mit<br />
Hip Hop konnte<br />
man provozieren<br />
und gleichzeitig kreativ sein. Durch<br />
diesen Brückenschlag wurde die Verschiebung<br />
der Jugendkultur Hip Hop vom<br />
Abseits der Gesellschaft ins Zentrum erst<br />
möglich.<br />
Diese beiden Zugänge auf Hip Hop<br />
von Migrantenjugendlichen und Afrodeutschen<br />
einerseits und andererseits von<br />
Mittelstandsjugendlichen haben in<br />
Deutschland schon immer existiert und<br />
stehen mal in engerem, mal in entfernterem<br />
Verhältnis zueinander. Hier gibt es ein<br />
Gefälle zwischen Stadt und Land. Zu einem<br />
Konflikt zwischen diesen beiden<br />
Momenten kam es erst, als es durch die<br />
Kommerzialisierung von Hip Hop möglich<br />
wurde, diese Kultur ökonomisch zu<br />
verwerten. Die Schaffung des Produktes<br />
„Deutschrap“ erzeugte Ein- sowie Ausschluss<br />
in den Musikmarkt. Dieser Prozess<br />
wurde durch die deutsche Wiedervereinigung<br />
und das gesellschaftliche Bedürfnis<br />
nach nationalen Kulturprodukten beschleunigt.<br />
Die rassistischen Anschläge<br />
Anfang der 90er Jahre führten zu einer<br />
Entfremdung beider Momente in der Hip<br />
Hop-Kultur. Es entwickelte sich eine<br />
Schieflage zwischen der massenmedialen<br />
Aufbereitung von Hip Hop und der Realität<br />
eines Großteils der Jugendlichen, die<br />
weiterhin in den Jugendhäusern ihre Vorstellung<br />
von Hip Hop lebten.<br />
Der fehlende Zugang zu den gesellschaftlichen<br />
Ressourcen wie Kapital, Me-<br />
Erfahrungen mit der Daspora: Musiker Efe und Careem<br />
dien und Freizeit ließ die kulturelle Artikulation<br />
<strong>für</strong> Migrantenjugendliche aus dem<br />
Arbeitermilieu schwieriger werden. Die<br />
anfänglich fehlende Bezugnahme auf die<br />
deutsche Sprache erweiterte diesen Abstand.<br />
Die Gründe hier<strong>für</strong> liegen im deutschen<br />
Staatsbürgerschaftsrecht. Dies erklärt<br />
auch den Unterschied zu Frankreich, wo<br />
der Bezug zur französischen Sprache<br />
selbstverständlich war. Rap in Deutschland<br />
hat sich Mitte der 90er Jahre rasant entwikkelt.<br />
Die deutsche Sprache wurde geschmeidiger<br />
gemacht und dadurch verwendbarer<br />
<strong>für</strong> Rap.<br />
Der amerikanische Musikkritiker Nelson<br />
George äußerte diesbezüglich eine<br />
harte Kritik: „Hip Hop im Ausland kann<br />
auch richtig schlecht sein, wie beispielsweise<br />
in Deutschland. Das Deutsche klingt<br />
sehr hart, und die Gutturallaute stören einen<br />
eigenen Flow.“ Gruppen wie Freundeskreis,<br />
Curse oder Konkret Finn haben inzwischen<br />
gezeigt, dass die deutsche Sprache<br />
durchaus auch fließen kann.<br />
Was bedeutet Hip Hop heutzutage?<br />
Welche Inhalte und Subjekte werden aktuell<br />
thematisiert? Oberflächlich betrachtet<br />
kann man sagen, dass die Bandbreite<br />
der medialen Subjekte von Hip Hop pluralistisch<br />
geworden ist. Es gibt erfolgreiche<br />
Afrodeutsche, türkische und deutsche<br />
Künstler, die massenmedial Hip Hop repräsentieren.<br />
Bei genauerer Betrachtung<br />
wird jedoch deutlich, dass die Pluralisie-<br />
HONSAR
ung einhergeht mit einer fehlenden<br />
politischen Artikulation. Doch auch<br />
hier gibt es interessante Phänomene<br />
der Ausnahme, wie das Projekt<br />
Brothers Keepers. Insgesamt lässt sich<br />
sagen, dass Hip Hop komplexer geworden<br />
ist. Der Grund besteht darin,<br />
dass es keine homogene Szene<br />
gibt.<br />
Es existieren parallele Hip Hop-<br />
Szenen in Deutschland. Die medial<br />
vermittelte steht nicht immer im<br />
Einklang mit den regionalen oder<br />
auch virtuellen Szenen in Deutschland.<br />
Eine Verschiebung von Inhalten<br />
in den einzelnen Szenen lässt sich<br />
ebenfalls verfolgen. Nur soviel dazu<br />
ist zu sagen, dass sexistische, rassistische,<br />
homophobe und Gewalt<br />
verherrlichende Metaphern Einzug<br />
genommen haben.<br />
Auf der anderen Seite sieht man<br />
aber auch eine agile Szene, die sich<br />
trotz ökonomischer Krisen seitens<br />
der Plattenindustrie eine eigene Infrastruktur<br />
aufbaut. In diesem Zusammenhang<br />
sind die Erfolge von<br />
Independent Labels wie Royalbunker oder<br />
Aggroberlin zu nennen.<br />
Inhaltlich ist jedoch auffällig, dass es<br />
in den Songtexten aktuell erfolgreicher Produktionen<br />
eine Hinwendung zu einem<br />
scheinbar authentischen Ort wie Ghetto,<br />
Block oder Straße gibt. Damit geht eine<br />
Idealisierung und Romantisierung des<br />
Ghettos einher. In dieser Verortung von<br />
Ghetto vermischen sich Zuschreibungen<br />
wie: gefährlich, bedrohlich, Unberechenbarkeit,<br />
Aufbegehren, Männerbund, Authentizität<br />
und eine aufgeladene Sexualität.<br />
Das macht die Bezugnahme auf das<br />
Ghetto sowohl <strong>für</strong> Poplinke wie auch <strong>für</strong><br />
Mittelstandsjugendliche interessant. Für<br />
die Mittelstandsjugendlichen repräsentiert<br />
das Ghetto eine Möglichkeit der Rebellion<br />
und des Tabubruchs gegenüber den bürgerlichen<br />
Wertvorstellungen ihrer Eltern,<br />
die Betonung auf eine unkontrollierte Sexualität<br />
ist da von entscheidender Bedeutung.<br />
Für die Poplinke symbolisiert das<br />
Ghetto ein Ort des Aufbegehrens gegenüber<br />
rassistischen Zuschreibungen.<br />
Beiden Betrachtungen liegt zugrunde<br />
die Suche nach einem authentischen Rap.<br />
Das Ghetto verkörpert bei dieser Betrachtung<br />
eine scheinbar wahre lokale Praxis.<br />
Studierter Hip Hop-Musiker: Der Autor des Artikels, Murat Güngör<br />
Dies geschieht in Abgrenzung zu Produktionen,<br />
bei denen spielerisches Vorgehen,<br />
Ironie und Wortwitz im Zentrum steht.<br />
Durch diese einseitige Betrachtung des<br />
Ghettos fokussiert sich der Blick nur auf<br />
eine männlich orientierte Praxis der Revierverteidigung.<br />
Die lokale Praxis eines Ghettos<br />
wird hier reduziert auf eine männlich<br />
aggressive Verteidigung der Straße gegenüber<br />
dem Fremden.<br />
Damit einher geht eine sexistische, patriarchalische,<br />
homophobe und aggressive<br />
Haltung, die sich in Sprache und Inhalt<br />
bemerkbar macht. Die Reduzierung des<br />
Ghettos auf die klassischen Bilder schließt<br />
die dortigen Gruppierungen fest. Die romantisierenden<br />
Bilder sind statisch und<br />
nicht dynamisch angesetzt. Diese Betrachtung<br />
produziert Einschluss in den Musikmarkt<br />
und gleichzeitig Ausschluss, da die<br />
Subjekte auf bestimmte Rollen festgeschrieben<br />
werden.<br />
Der Moment des Ausbruchs, des Aufsich-aufmerksam-machens<br />
und die Teilnahme,<br />
Mitgestaltung und Veränderung<br />
der Gesellschaft, geht bei dieser Betrachtung<br />
verloren. Die wirklichen Probleme wie<br />
Arbeitslosigkeit, fehlende Bildungschancen,<br />
sozial desolate Vorstädte, repressive<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Ausländergesetze, Ausgrenzungen<br />
von Frauen<br />
und Schwulen, die schwierigen<br />
ökonomischen Bedingungen<br />
fallen dabei unter<br />
den Tisch.<br />
Jedoch können diese<br />
Bilder auch einen subversiven<br />
Moment aufweisen,<br />
wenn sie strategisch benutzt<br />
werden. Die Krise<br />
der Plattenindustrie ist so<br />
eine Chance <strong>für</strong> die Hip<br />
Hop-Szene, ihre Infrastruktur<br />
weiter auszubauen und<br />
jenseits der etablierten<br />
Strukturen ihre Definitionsmacht<br />
zu stärken. Darin<br />
liegt auch die Chance <strong>für</strong><br />
eine eigenständige Artikulation<br />
und die Brechung<br />
von hegemonialen Bildern<br />
sowie die Annäherung unterschiedlicher<br />
Szenen.<br />
Ein gutes Beispiel ist<br />
hier der Berliner Rapper Bektas,<br />
der poetisch und kraftvoll<br />
soziale Realitäten reflektiert und gleichzeitig<br />
Migrationsgeschichte vermittelt. Seine<br />
Texte sind Polaroids aus dem Leben,<br />
angereichert mit mystischer Sinnsuche.<br />
Zwischen Wut und Hoffnung vergisst er<br />
nicht, seinen Eltern zu danken. Mit seinen<br />
biografischen Erzählungen über seine <strong>Familie</strong><br />
und Alltag lässt er jene erscheinen,<br />
die bisher nicht im Lichte standen. Damit<br />
bringt er Rap wieder dahin zurück, wo es<br />
einst vor langer Zeit begann, zu den Außenseitern<br />
der Gesellschaft. Künstler wie<br />
Bektas, Manges oder auch Scarabeuz stehen<br />
<strong>für</strong> dieses neue Selbstverständnis.<br />
Murat Güngör, geb.1969 in Tarsus/Türkei, studierte<br />
Kulturanthropologie, Soziologie und Politik<br />
in Frankfurt. Von 1990 bis 1999 war er MC<br />
und Produzent. 1994 baute Güngör das Underground-Label<br />
Looptown mit auf und veröffentlichte<br />
das erste Rapalbum in türkischer Sprache<br />
in Deutschland. Seit 1997 Mitorganisator des<br />
Frankfurter Hip Hop-Contests WordUp. 1998 Mitbegründer<br />
und seither Mitglied in der Gruppe<br />
Kanak Attak. Von 2001 bis 20<strong>02</strong> bei EFA Medien<br />
zuständig <strong>für</strong> das Hip Hop-Label 3Finger. Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter beim Dokumentationszentrum<br />
und Museum <strong>für</strong> Migration<br />
(DOMIT). Projekt: „Zwei, drei Jahre Alemanya...“<br />
7
THOMAS BAYER<br />
8<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Rocken und Hip Hop im Großprojekt: „School ´s out“- Party am Ferienbeginn im Pirmasenser Jugendhaus<br />
Pirmasens rockt!<br />
Der Jugendmigrationsdienst des IB hat in der<br />
Südwestpfalz ein Rockprojekt entwickelt, das sich zu<br />
ungeahnten Dimensionen aufschwang<br />
Dass die Jugendarbeiter besonders erfolgreich<br />
über Musikprojekte an ihre Klientel<br />
herankommen, zeigen die Erfahrungen in<br />
wohl allen Kommunen, die entsprechende<br />
Angebote machen. Aber nirgendwo<br />
sonst in Rheinland-Pfalz hat sich aus den<br />
Anfängen eines kleinen Projektes eine so<br />
große und gefestigte Szene entwickelt wie<br />
in Pirmasens. In der Metropole der<br />
Südwestpfalz ist der Internationale Bund<br />
(IB) schon seit den 70er Jahren in der Jugendarbeit<br />
im Auftrag der Stadt aktiv.<br />
Bald darauf endete die Zeit, in der das<br />
Land Spätaussiedler aus dem „Ostblock“<br />
ausschließlich in den Städten an der Rheinschiene<br />
unterbrachte, nun kamen sie auch<br />
im Hinterland an. Als Thomas Bayer 1987<br />
in Pirmasens beim IB einstieg, „da ging es<br />
los mit den Aussiedlern“, berichtet der<br />
Leiter des Jugendmigrationsdienstes des<br />
IB. Heute leben rund 10.000 Zuwanderer<br />
im Bereich der Südwestpfalz, <strong>für</strong> die der<br />
Pirmasenser IB zuständig ist. Die Gründung<br />
des Dienstes unter dem Vorgängernamen<br />
Jugendgemeinschaftswerk war<br />
1990 mit dem Auftrag an die Mitarbeiter<br />
verbunden, sich konkret um die Belange<br />
von Migranten zwischen 12 und 27 Jahren<br />
und deren <strong>Familie</strong>n zu kümmern. „Ab<br />
diesem Zeitpunkt gab es eine spezielle<br />
Migrationshilfe in Pirmasens“, berichtet<br />
Bayer.<br />
Der Musiker Bayer musste früher oder<br />
später einfach auf die Idee kommen, es<br />
bei der <strong>Integration</strong>sarbeit über die Musikschiene<br />
zu versuchen. „Wir haben mit einem<br />
Gitarrenkurs <strong>für</strong> Aussiedlerkinder begonnen“,<br />
erinnert sich Bayer. „Dann ha-<br />
ben wir mal hier und<br />
dort etwas dazu gekauft<br />
oder geschenkt bekommen.“<br />
Verfestigen konnte<br />
sich die Entwicklung<br />
durch die Einrichtung<br />
des ersten Proberaums<br />
in der Haupteinrichtung<br />
des IB in der<br />
Luisenstraße. Das war<br />
1993, „und das Projekt<br />
ist dann sukzessive gewachsen“.<br />
Trotzdem<br />
„hatten wir Glück, dass<br />
nicht gleich wieder<br />
Schluss war“, bekennt<br />
der IB-Leiter. Denn die<br />
leidige Erfahrung, dass<br />
Jugendliche sich nicht<br />
wirklich <strong>für</strong> langfristige<br />
Aktivitäten interessieren<br />
oder binden lassen wollen,<br />
machten Bayer und<br />
seine Mitstreiter durchaus<br />
auch. „Aber als zwei<br />
Bands auseinander gingen,<br />
sind fünf neue entstanden,<br />
das ist inzwischen ein Selbstläufer.“<br />
Heute sind konstant zwischen 200 und<br />
250 Jugendliche, die sich mit rund 30<br />
Bandprojekten in das vom Ex-Profimusiker<br />
Dieter Geisinger geleitete Rock-<br />
Projekt „Rainbow“ eingebunden haben,<br />
bis auf wenige Ausnahmen sind die Nachwuchsmusiker<br />
zwischen 14 und etwas über<br />
20 Jahre alt. Dass sich dieses Angebot des<br />
Jugendmigrationsdienstes ausschließlichauf<br />
den Rockbereich konzentrierte, erklärt<br />
sich mit den Traditionen der örtlichen Szene.<br />
„Pimasens ist von der Struktur her eine<br />
Rockstadt“, sagt Bayer – was immer das<br />
über Pirmasens auch aussagen mag.<br />
Auch heute noch herrscht ein fröhliches<br />
Kommen und Gehen von Bands,<br />
doch das halten die IB-Mitarbeiter nicht<br />
<strong>für</strong> unnormal. Sie sehen ihre Aufgabe darin,<br />
ein Bindeglied <strong>für</strong> die Bands zu sein.<br />
„Wir moderieren Prozesse der Band-Bildung<br />
und bemühen uns, Niveauunterschiede<br />
der Teilnehmer zu nivellieren“, erläutert<br />
Bayer. Persönliche Beratung, Workshops,<br />
Bandarbeit, das Organisieren von<br />
Auftritten und offenen Bühnen soll den<br />
schweren Einstieg in das Musikerleben erleichtern.<br />
Drei konkrete Ziele verknüpft der
GUIDO STEINACKER<br />
IB mit dem Projekt. „Alt und Jung sollen<br />
zusammenkommen, Musik machen ohne<br />
Papis Portemonnaie möglich sein und die<br />
<strong>Integration</strong> der Jugendlichen gefördert<br />
werden.“<br />
Das gleiche gilt <strong>für</strong> das Schwesterprojekt<br />
<strong>für</strong> Hip Hop-Fans, das seit kurzem<br />
dem etablierten Rockprojekt zur Seite<br />
steht und von Nordin Boussadi und<br />
Mike Igel geleitet wird. Zum Abschluss<br />
des Schuljahres trafen sich Ende Juli die<br />
Teilnehmer beider Schienen nun erstmals<br />
gemeinsam bei einer „School’s out“-Party<br />
im Pirmasenser Jugendhaus an der Nagelschiedsbergtreppe.<br />
Das Gebäude, eine ehemalige<br />
Schuhfabrik, ist <strong>für</strong> die IB-Bands<br />
ein großer Glücksfall. Zwar gibt es inzwischen<br />
reichlich Probemöglichkeiten in der<br />
Stadt. Alleine auf der Husterhöhe, in der<br />
ehemaligen Housing Area der US-Army,<br />
sind in den einstigen Arrestzellen sieben<br />
Proberäume eingerichtet, jeweils auf fünf<br />
mal 2,50 Meter.<br />
Aber Auftrittsmöglichkeiten wie im<br />
Jugendhaus, das zudem zentral in der<br />
Stadt liegt, sind auch wichtig, um Fortschritte<br />
mit den Projekten zu machen. Als<br />
drittes Element gibt es seit Jahren den<br />
„Vis-à-Vis-contest“, einen deutsch-franzö-<br />
sischen Musikwettbewerb, von dem 2001<br />
sogar eine erste CD-Veröffentlichung erschien.<br />
Eine zweite CD soll noch in diesem<br />
Jahr folgen.<br />
Dieser grenzüberschreitende Schritt ergänzt<br />
den Migrationsansatz, den „Rainbow“<br />
und das Hip Hop-Projekt verfolgen,<br />
um eine internationalistische Note.<br />
Zwar ist die französische Grenze nur 15<br />
Kilometer von Pirmasens entfernt ist, einen<br />
wirklichen Grenzverkehr von Bands<br />
oder Einzelmusikerngibt gibt es bis heute<br />
nicht , obwohl viele der elsässischen Franzosen<br />
deutsch sprechen. Im Prinzip hat<br />
„Vis-à-Vis“ dieselben Ziele wie „Rainbow“.<br />
„Kulturelle Hintergründe sollen<br />
überwunden werden“, sagt Bayer.<br />
Obwohl die Bandprojekte nicht ausschließlich<br />
<strong>für</strong> Migrantinnen und Migranten<br />
konzipiert sind, sondern auch zum<br />
Ziel haben, deutsche und ausländische Jugendliche<br />
zusammenzubringen, sind die<br />
Einteilungen bisher deutlich: In den Rockbands<br />
sind hauptsächlich deutsche Jugendliche<br />
zu finden, beim Hip Hop geben die<br />
Nichtdeutschen den Ton an. Überraschend<br />
mag klingen, dass die Jugendlichen <strong>für</strong> die<br />
Teilnahme an Rainbow einen Monatsbeitrag<br />
zu zahlen haben. Fünf Euro, und der<br />
Erfolg mit Rockmusik: Thomas Bayer (l.) und „The Cry“-Sänger Pouya Nemate<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Projektleiter legt weniger aus finanziellen<br />
Gründen Wert drauf, dass dies so geregelt<br />
ist. „Was nichts kostet, ist nichts wert“,<br />
glaubt Dieter Geisinger. Weil das Hip Hop-<br />
Projekt noch im Aufbau ist, geht es dort<br />
bisher noch kostenlos zu. Bei den Konzerten<br />
ist von den Besuchern ein kleiner<br />
Obolus fällig. Weniger, um <strong>für</strong> das inzwischen<br />
aus Bundes-, Landes- und Kreismitteln<br />
teilfinanzierte Projekt Geld einzutreiben,<br />
sondern aus demselben Grund,<br />
dass die Früchte der Arbeit in den Proberäumen<br />
auch einen Wert haben sollen.<br />
Teil des Lerneffekt ist es, den Bands<br />
beizubringen, sich in der Stadt ihren guten<br />
Namen zu verdienen. Das geht nur<br />
über Werbung vor den Auftritten, <strong>für</strong> die<br />
die Nachwuchsmusiker selbst verantwortlich<br />
sind. „Wenn ich keine Werbung mache,<br />
ist keiner da. Also müssen sich die<br />
Bands drum kümmern“, erläutert Bayer.<br />
Die Breite und Intensität, mit der im<br />
Jugendhaus und in den Proberäumen die<br />
<strong>Integration</strong> gefördert wird, hat schon bundesweit<br />
Aufmerksamkeit erregt. So wurde<br />
„Rainbow“ Preisträger des “Wettbewerbes<br />
zur <strong>Integration</strong> von Zuwanderern”, und<br />
da<strong>für</strong> vom damaligen Bundespräsidenten<br />
Johannes Rau ausgezeichnet. Die Rainbow-Gruppe<br />
„MULTIKULTIband“ trat<br />
bei dieser Gelegenheit im Berliner Schloss<br />
Bellevue aus. Auch beim Bundeswettbewerbs<br />
“Vorbildliche <strong>Integration</strong> von Aussiedlern”<br />
ergatterte das Projekt einen Preis,<br />
den der damalige Spätaussiedlerbeauftragten<br />
der Bundesregierung, Jochen Welt, in<br />
Berlin überreichte.<br />
Trotz aller Erfolge bleibt Rainbow der<br />
Kampf mit den knappen Mitteln nicht<br />
erspart. Das Jugendhaus etwa verfügt über<br />
nur zwei pädagogische Planstellen, und<br />
mehr ist in absehbarer Zeit wohl auch nicht<br />
drin. „Wir sind nicht unzufrieden darüber,<br />
was die Stadt mitträgt“, betont Bayer. Bürgermeister<br />
Peter Scheidel, als Jugenddezernent<br />
regelmäßiger Besucher der IB-<br />
Aktivitäten, gibt das Lob zurück an den<br />
Migrationsdienstleiter. „Wir überlassen die<br />
<strong>Integration</strong>sarbeit hauptsächlich dem IB,<br />
weil er kompetente Mitarbeiter hat, die auch<br />
Persönlichkeiten sind.“ Ob es zusätzliche<br />
Stellen <strong>für</strong> die Betreuung der Projekte geben<br />
könne, sei freilich „unklar“.<br />
Guido Steinacker<br />
9
10<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Vertrauen<br />
gefasst<br />
Die Musiker in den<br />
„Rainbow“-Projekten<br />
„Hotstepper“ nimmt kein Blatt vor den<br />
Mund. Der Nachwuchsrapper wuselt bei<br />
der „School´s out“-Party durch das Pirmasenser<br />
Jugendhaus und erzählt enthusiastisch<br />
von seinen bisherigen vier Bühnenauftritten,<br />
reimt ein paar Zeilen drauf los.<br />
Für Dieter Geisinger ein Phänomen. „Vor<br />
ein paar Wochen hat er noch kaum den<br />
Mund aufbekommen“, erzählt der „Rainbow“-Projektleiter<br />
über den 14-Jährigen,<br />
der mit bürgerlichem Namen Michael<br />
Rößler heißt. Schüchtern sei er gewesen.<br />
Das hat sich geändert, seitdem der Junge<br />
den Hip Hop-Workshop von Nordin<br />
Boussadi und Mike Igel besucht, dem<br />
jüngsten Rainbow-Bestandteil.<br />
Kommunikation durch Musik in<br />
Gang bringen – das hat bei dem Projekt<br />
schon eine lange Tradition. Neben der breiten<br />
Rockszene hat Pirmasens augenscheinlich<br />
auch jede Menge Potenzial und Talent<br />
im Hip Hop-Bereich zu bieten. Seit Anfang<br />
Juli bieten Boussadi und Igel, beide<br />
Jahrgang 1974, die Workshops an, und<br />
schon über 50 Jugendliche sind mit dabei<br />
– bei steigendem Zulauf, ohne Werbung.<br />
Fünf Mal in der Woche laden die erfahrenen<br />
Rapper, die gemeinsam bei der<br />
Gruppe „Lyrik Kumpanen“ am Mikro stehen,<br />
zum gemeinsamen Basteln an Texten,<br />
Rhythmen und Samples, und das<br />
Jugendhaus ist stets voll. 85 bis 90 Prozent<br />
der <strong>Kinder</strong> zwischen neun und 20<br />
Jahren haben einen Migrationshintergrund,<br />
schätzt Boussadi, gebürtiger Rodalbener<br />
und Sohn einer Griechin und eines<br />
Algeriers. Für ihn und seinen Mitstreiter<br />
Mike ist es das erste Mal, dass sie in der<br />
Jugendbetreuung arbeiten, der Kontakt zu<br />
Dieter Geisinger kam eher zufällig zustande,<br />
als dieser <strong>für</strong> eine Inventur in den<br />
Band-Proberäumen Leute mit Sachkenntnis<br />
beim Arbeitsamt suchte. „Es ist auch<br />
<strong>für</strong> uns eine neue Erfahrung“, erzählt Igel.<br />
„Das Schöne ist, dass die Kids sehr schnell<br />
Leitet „Rainbow“: Dieter Geisinger<br />
Vertrauen zu uns gefasst haben.“ Vertrauen<br />
auch, wenn es darum geht, eigene Textideen<br />
einzubringen und sie öffentlich vorzutragen<br />
– denn es braucht Mut, Gefühle<br />
und Empfindungen so offen zu legen.<br />
Charakteristisch <strong>für</strong> den Hip Hop ist,<br />
dass Worte und Sprache im Mittelpunkt<br />
stehen. Auch beim Pirmasenser Projekt<br />
wird besonderes Augenmerk auf die Texte<br />
gelegt. Gewaltverherrlichung, Frauen<br />
herabwürdigende Sprüche oder übertriebene<br />
Kraftausdrücke, wie sie insbesondere<br />
die US-amerikanischen Vorbilder zum<br />
Stilmittel erhoben haben, sucht man hier<br />
vergebens. „Es ist ganz wichtig, dass hier<br />
positive Songs entstehen“, findet Geisinger.<br />
Auch und gerade, wenn sich die Jugendlichen<br />
mit ihrer Heimatstadt auseinandersetzen.<br />
„Früher war der Lokalstolz<br />
hier nur sehr gering ausgeprägt, zu Pirmasens<br />
hat sich keiner bekannt.“ Mittlerweile<br />
sehe dies etwas anders aus, wie etwa die<br />
Hip Hop-Umsetzung alter Gassenhauer<br />
wie dem der „Pälzer Buwen“ zeigten. Weitere<br />
Schwerpunktthemen sind Aufrufe an<br />
die eigene Verantwortung und Motivation,<br />
etwa im Hinblick auf Schule oder Drogen<br />
– und natürlich ganz persönliche Dinge<br />
wie der <strong>für</strong> so unendlich viele Lieder<br />
Inspiration gebende Liebeskummer.<br />
Dabei werden sogar Jugendliche angelockt,<br />
die bislang mit Hip Hop wenig anfangen<br />
konnten. Wie etwa die 17-jährige<br />
Melanie Wolf, schon seit Jahren Stammgast<br />
im Jugendhaus. „Eine Freundin von<br />
GUIDO STEINACKER<br />
mir hat beim Workshop mitgemacht, und<br />
das hat mich interessiert“, erzählt die Gymnasiastin.<br />
Daraus entsprang die Gruppe<br />
„Magic Styles“, eine von bislang vier Hip<br />
Hop-Formationen, die sich aus dem Projekt<br />
heraus gebildet haben.<br />
Die fünf Mädchen haben einen Song<br />
in sechs Sprachen verfasst – neben deutsch<br />
und englisch noch bulgarisch, italienisch,<br />
französisch und türkisch. „Eigentlich sollen<br />
die Texte schon auf Deutsch sein“, sagt<br />
Igel halb scherzend, halb ernst, „damit wir<br />
besser kontrollieren können, dass keine<br />
unflätigen Ausdrücke darin vorkommen.<br />
Aber natürlich können die Kids auch Texte<br />
in ihrer Heimatsprache schreiben, wir<br />
haben durchaus Leute in unserem Bekanntenkreis,<br />
die uns übersetzen können.“<br />
Karina Calin (15), ebenfalls Mitglied der<br />
„Magic Styles“, ist sich mit ihrer Bandkollegin<br />
Melanie Wolf einig, dass das Hip<br />
Hop-Projekt mit einem wichtigen Bestreben<br />
Erfolg hat: „Der <strong>Integration</strong>sansatz<br />
funktioniert“, findet die Deutsch-Polin,<br />
und Wolf ergänzt: „Das gemeinsame<br />
Musikmachen baut Vorbehalte ab, wir gehen<br />
alle hier offener miteinander um, als<br />
es sonst vielleicht der Fall wäre.“ Und da<br />
liegt die Arbeit von Nordin Boussadi und<br />
Mike Igel wieder ganz auf einer Linie mit<br />
der von Dieter Geisinger, Thomas Bayer<br />
und Rainbow. „Sehr oft klappt es, dass<br />
das über das Musizieren geschaffene Gemeinschaftsgefühl<br />
über die Musik hinaus<br />
bestehen bleibt“, sagt Bayer – und erhält<br />
Bestätigung von Pouya Nemate.<br />
Der 24-Jährige Perser, der seit 1992 in<br />
Kaiserslautern lebt, ist über den „Vis-à-<br />
Vis“-Wettbewerb zu „Rainbow“ gestoßen.<br />
Der Sänger der Rockband „Thy Cry“<br />
erklärt, wie es gelingt, solche Bindungen<br />
zu schaffen: „Jeder bringt seine Einflüsse,<br />
seinen Hintergrund mit ein, egal woher er<br />
kommt. Und solche Einflüsse sind wertvoll,<br />
sie fördern die Kreativität, aber auch<br />
die Toleranz und den Respekt, weil du<br />
ohne den anderen nie auf bestimmte Ideen<br />
gekommen wärst.“ Beim gemeinsamen<br />
Musizieren zähle aber einzig und allein<br />
die Musik, Nationalitäten oder Hautfarben<br />
seien gleichgültig. „Und dieses Gefühl<br />
bleibt über die Musik hinaus.“<br />
Jens Bednarek<br />
Internet-Tipps:www.rainbow-pirmasens.de;<br />
www.jugendhaus-pirmasens.de
Jobangst<br />
bestimmt<br />
Der Mädchentreff des<br />
Mainzer Neustadt-Projekts<br />
gibt Raum <strong>für</strong> Gespräche<br />
Einmal in der Woche ganz ohne Jungs<br />
über die wirklich wichtigen Sachen reden.<br />
Einmal in der Woche die Zeit und den<br />
Rahmen finden, um mit gleichaltrigen<br />
Mädchen und einer Betreuerin die Themen<br />
anzusprechen, die einem selber am wichtigsten<br />
erscheinen. Dass dieses Bedürfnis<br />
bei Schülerinnen eines bestimmten Alters<br />
sehr ausgeprägt ist, ist nur allzu verständlich<br />
– egal, welchen sozialen oder ethnischen<br />
Hintergrund das Mädchen hat.<br />
Das Mainzer Neustadt-Projekt von<br />
„Arbeit & Leben“ bietet Fünf- bis<br />
Achtklässlerinnen deshalb einmal in der<br />
Woche einen offenen Treff an, der dieses<br />
Bedürfnis erfüllen soll. Ein Angebot, das<br />
bei der sozialen Struktur des einwohnerstärksten<br />
Mainzer Stadtteils automatisch<br />
zu einem Projekt mit Migrationsthematik<br />
wird. Nationalitäten und Sprachen sind im<br />
Mädchentreff bunt gemischt, wie es in der<br />
ausländerstarken Neustadt eben der Fall<br />
ist. Was haben die Mädchen auf dem Herzen?<br />
Egal, mit welchem sie in die Gruppe<br />
kommen, beherrscht die Furcht vor einem<br />
Leben ohne Chance auf einen Arbeitsplatz<br />
die Gedanken der 10 bis 14-Jährigen,<br />
berichten die beiden Betreuerinnen der<br />
Gruppe, Silke Nardello und Aysegül Güler.<br />
Mit einzelnen Mädchen, die dies von sich<br />
aus wünschen, führen die beiden angehenden<br />
Pädagoginnen zwar auch öfter Gespräche<br />
über religiöse Themen. Aber das<br />
greift nicht so tief ins Politische ein, wie<br />
die öffentlichen Debatten,die zum Beispiel<br />
über das Leben als Muslima in<br />
Deutschland geführt werden, vermuten<br />
lassen. „Das Thema ist viel zu aufgebauscht<br />
worden in den Medien“, sagt Nardello.<br />
Klassische „Ausländerthemen“ wie<br />
Diskriminierung oder Fremdenfeindlichkeit<br />
spielen dagegen keine Rolle<br />
im Gruppenalltag. Die Kopftuch-Debatte<br />
etwa nervt die Mädchen nur an, das The-<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Raum <strong>für</strong> Fünft- bis Achtklässlerinnen im Mädchenprojekt: A. Güler und S. Nardello<br />
ma ist weder <strong>für</strong> die betroffenen islamischen<br />
Mädchen, noch <strong>für</strong> die nichtislamischen<br />
Gruppenmitglieder interessant.<br />
Und daher gibt es auch keine Probleme<br />
<strong>für</strong> die Mädchen, die ein Kopftuch tragen.<br />
„Die <strong>Kinder</strong> haben viel mehr Toleranz<br />
als ihre Eltern und akzeptieren sich,<br />
wie sie sind. Die Vorurteile werden zu<br />
Hause aufgebaut“, sagt Güler. Wenn jemand<br />
anecke, „dann hat das was mit der<br />
Persönlichkeit zu tun“.<br />
In den vier Jahren, die Nardello in der<br />
Mädchenarbeit im Projekt tätig ist, „da habe<br />
ich nur ein mal bei einer Teilnehmerin das<br />
Gefühl gehabt, dass sie gegen ihren Willen<br />
das Kopftuch tragen muss.“ Die Unlust,<br />
über das Thema zu reden, nährt allerdings<br />
offenbar auch das ungute Gefühl<br />
der Mädchen, beim Eintritt in die Arbeitswelt<br />
könnte ein Kopftuch eine Benachteiligung<br />
auslösen. Doch auch das ist eher<br />
zweitrangig, denn die Jobfrage ist in vielen<br />
Facetten das beherrschende Thema,<br />
über das die Mädchen von sich aus reden<br />
wollen. Und das ist sehr realistisch gewählt,<br />
betonen die Pädagoginnen. „Schon ab der<br />
ersten Schulklasse stehen die Schüler heute<br />
unter Druck und be<strong>für</strong>chten, später einmal<br />
keinen Arbeitsplatz zu bekommen.“<br />
Das wissen die Betreuerinnen nur zur<br />
gut von einem weiteren Angebot des Neustadt-Projekts,<br />
der Hausaufgabenbetreuung<br />
<strong>für</strong> Erst- bis Achtklässler. Viele der<br />
im Schnitt rund zehn Schützlinge<br />
Nardellos und Gülers sind über diese <strong>Kinder</strong>-Eltern-Hilfe,<br />
die eine Stunde Nachhilfeunterricht<br />
und eine weitere Stunde Freizeitangebot<br />
miteinander verknüpft, in die<br />
Mädchengruppe gewechselt.<br />
Es gibt sie zwar, die Nachteile und besonderen<br />
Probleme von Migrantenkindern<br />
in der deutschen Schule, besonders wenn<br />
es Sprachdefizite gibt. Viele angebliche<br />
<strong>Integration</strong>sprobleme, die sie in einer erfolgreichen<br />
Schullaufbahn behindern, haben<br />
nach Gülers Ansicht aber weniger mit<br />
dem Migrationshintergrund der Schülerin<br />
oder des Schülers selbst zu tun, sondern<br />
mit der deutschen Leistungsgesellschaft.<br />
„Die <strong>Kinder</strong> lernen heute in der ersten<br />
Klasse Dinge, die die <strong>Kinder</strong> vor 20 Jahren<br />
noch nicht lernen mussten“, erläutert<br />
Güler. In den Ländern, aus denen die<br />
Mädchen oder ihre <strong>Familie</strong>n stammen,<br />
seien die Ansprüche an das Vorwissen der<br />
<strong>Kinder</strong> eben noch deutlich geringer.<br />
Viel war in den vergangenen Jahren zu<br />
lesen von einem angeblichen Rückzug der<br />
jüngeren Migrantengenerationen aus der<br />
<strong>Integration</strong> und einer Abschottung gegenüber<br />
der deutschen Mehrheitsgesellschaft.<br />
Die Pädagogin Nardello hat diese These<br />
in ihrer Diplomarbeit gründlich auseinander<br />
genommen. Ihre Antwort: „Es gibt<br />
keine Rückbesinnung auf alte Werte.“<br />
Auch ihre Erfahrungen im Mädchen-<br />
11<br />
GUIDO STEINACKER
12<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
projekt besagen vielmehr, dass sich diese<br />
<strong>Kinder</strong> und Jugendlichen als voll in dieser<br />
Gesellschaft lebend verstehen.<br />
Eine Barriere der Arbeit Nardellos und<br />
Gülers sind die begrenzten Gruppenkapazitäten,<br />
die mit den zur Verfügung<br />
stehenden Geldern angeboten werden<br />
können. Besonders bei der <strong>Kinder</strong>-Eltern-<br />
Arbeit beklagen Eltern häufig die geringe<br />
Platzanzahl. Dabei hätten die Betreuerinnen<br />
noch den ein oder anderen Wunsch<br />
offen, vor allem <strong>für</strong> eine weitere Mädchengruppe<br />
<strong>für</strong> Erst- bis Viertklässlerinnen.<br />
Zweitberuf<br />
Lehrer<br />
Künster Stefan Budian<br />
lehrt an einer Mainzer<br />
Schule Kultur als Prozess<br />
Auf Anregung der Ministerien <strong>für</strong> Bildung<br />
und Kultur haben der Mainzer<br />
Künstler Stefan Budian und Schulleiter<br />
Helmut Wagner ein Projekt entwickelt, bei<br />
dem die Grund- und Hauptschule Mainz-<br />
Mombach zum Schuljahr <strong>2005</strong>/2006 einen<br />
„Artist-in-residence“ bekommen soll.<br />
Schule vermittelt ein Bild der Gesellschaft,<br />
sie kann nicht die Wirklichkeit selbst<br />
sein. Natürlich ist sie <strong>für</strong> sich genommen<br />
eine eigene Wirklichkeit. Für die Schülerinnen<br />
und Schüler bestimmt die Zeit in der<br />
Schule große Teile des Tages. Für manche<br />
<strong>Kinder</strong> und Jugendlichen ist die Schule<br />
vielleicht sogar der einzige Ort, an dem sie<br />
der sie umgebenden deutschen Gesellschaft<br />
begegnen. Eine der Erkenntnisse<br />
aus den schwärenden Bildungsdebatten ist<br />
es, dass die Wirklichkeit in der Schule näher<br />
an die gesellschaftliche Wirklichkeit rükken<br />
soll. Seit einer Weile wird es deshalb in<br />
vielen Bundesländern (auch in Rheinland-<br />
Pfalz) berufserfahrenen Menschen ermöglicht,<br />
auch ohne ausdrücklich pädagogische<br />
Ausbildung als Lehrer eingestellt zu werden.<br />
Das gilt auch <strong>für</strong> Künstler.<br />
Die neue Idee von Budian und Wagner<br />
ist, dass der Künstler zwar Unterricht<br />
hält (eine Doppelstunde am Tag) dabei aber<br />
„Das müsste nicht so regelmäßig sein, aber<br />
es wäre wichtig, die Mädchen als Mädchen<br />
zu begleiten, vor der Pubertät“, betont<br />
Güler, die vor 25 Jahren, damals als Anglistik-Studentin,<br />
nach Deutschland kam<br />
und vier <strong>Kinder</strong> hat. „Dann hätten sie später<br />
manche Probleme nicht.“<br />
Dass die Eltern durch die Angebote<br />
des Neustadt-Projekts zu viel Einfluss von<br />
außerhalb auf ihre <strong>Kinder</strong> be<strong>für</strong>chten<br />
könnten, glaubt die vierfache Mutter nicht.<br />
„Es gibt Akzeptanz und Vertrauen, die<br />
Eltern sehen, dass wir die <strong>Kinder</strong> hier nicht<br />
Lebensschwerpunkt bleibt die Kunst: Künstler Stefan Budian beim Unterrichten<br />
seinen beruflichen Lebensschwerpunkt<br />
ausdrücklich in der Kunst belässt. Vorbild<br />
da<strong>für</strong> ist eine Grund- und Hauptschule in<br />
Göteborg/Schweden, deren Schulleiter Ulf<br />
Pahlson im Zweitberuf Galerist ist und<br />
an seiner Schule mehrere Künstlerateliers<br />
gegründet hat. So ein Künstleratelier wird<br />
zurzeit an der Mombacher Schule installiert.<br />
Budian wird dort seine Bilder malen<br />
– und zusätzlich hat das Atelier Platz <strong>für</strong><br />
Schulklassen, mit denen Budian einen Teil<br />
seiner Zeit verbringen wird. In Begleitung<br />
ihres Klassenlehrers erhalten die Schülerinnen<br />
und Schüler ihren Kunstunterricht<br />
in einer wirklichen Künstlerwerkstatt mit<br />
laufendem Betrieb.<br />
Neben den allgemeinen Möglichkeiten<br />
einer solchen praxisnahen Ausbildung,<br />
zielt ein besonderes Interesse dieses Projektes<br />
auf die Zusammenhänge zwischen<br />
Schule, Bildung, Kunst und Kultur. Die<br />
<strong>Kinder</strong> sollen erleben, wie Kunst entsteht<br />
erziehen wollen.“ Sie aber durchaus weiter<br />
bringen möchten. „Ein selbst bestimmtes<br />
Leben, durch Bildung und<br />
Selbsthinterfragung“, definiert Nardello als<br />
Ziel mit der Mädchengruppe. Da heißt es<br />
vor allem, Barrieren abzubauen, die dem<br />
entgegen stehen – bei <strong>Kinder</strong>n wie Eltern.<br />
Zum Gruppenangebot zählen auch Bildungsfahrten,<br />
die die Mädchen in der Vergangenheit<br />
schon in den Bundestag, in diesem<br />
Jahr nach Nürnberg führen – im<br />
weiten Sinne „politische Bildung“.<br />
Guido Steinacker<br />
– deshalb wird es keine Trennung zwischen<br />
dem Schulraum und der Werkstatt<br />
geben. Wozu ist Kunst da? Was ist Kunst<br />
überhaupt? Für ihre eigenen Antworten<br />
auf diese Frage soll bei den Schülerinnen<br />
und Schülern aus Budians Kunstunterricht<br />
ein Grundstein gelegt werden.<br />
In Kunst und Kultur finden wichtige Prozesse<br />
statt, mit denen die Gesellschaft nach<br />
ihrer zukünftigen Identität sucht. Zurzeit<br />
erleben wir in Deutschland eine gesellschaftliche<br />
Identitätskrise, zu deren Aspekten<br />
auch die Angst vor Überfremdung und<br />
Probleme in der Schulbildung gehören.<br />
Dass Kultur und Kunst lebendige Prozesse<br />
sind, mit denen sich die Gesellschaft<br />
öffnen und aktiv auf Veränderungen reagieren<br />
kann – dieses Bild von Kultur und<br />
Kunst soll in dem Projekt an der Mombacher<br />
Schule den Schülerinnen und Schülern<br />
vermittelt werden. Und die Hoffnung,<br />
die darin liegt.<br />
STEFAN BUDIAN
CAMILLA EBERTSHÄUSER<br />
Subkultur in Koblenz!<br />
Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt: Dient die<br />
Mobile Jugendarbeit in Koblenz als Modell <strong>für</strong><br />
Konfliktvermeidung und <strong>Integration</strong>?<br />
Es ist ein Problem, das mittlerweile nicht<br />
nur Großstädte betrifft. Auch in Mittelzentren<br />
und in ländlichen Regionen sind<br />
Cliquen von Jugendlichen, die sich auf der<br />
Straße, auf Schulhöfen oder an offenen<br />
Plätzen treffen, ein vertrautes Bild. Gehen<br />
diese Ansammlungen noch mit Alkoholkonsum,<br />
Verschmutzungen und dem<br />
Abspielen lauter Musik einher, ist der Unmut<br />
von Anwohnern und Passanten programmiert.<br />
Das Jugendamt Koblenz hat<br />
aus diesem Phänomen seine<br />
Schlussfolgerungen gezogen und bereits<br />
im Jahr 2000 die mobile, aufsuchende Jugendarbeit<br />
eingerichtet. „Wir haben erkannt,<br />
dass viele junge Leute die traditionellen<br />
Angebote der Jugendarbeit nicht<br />
annehmen und wir zu ihnen kommen<br />
und ihnen vor Ort in ihrem Stadtteil Angebote<br />
bieten müssen“, erklärt Thomas<br />
Muth, Leiter der <strong>Kinder</strong>- und Jugendförderung<br />
und Chef von 25 Mitarbeitern.<br />
Seither kümmern sich drei Sozialpädagogen<br />
um Jugendtreffs und Cliquen und<br />
suchen sie dort auf, wo sie sich regelmäßig<br />
aufhalten. Gemeinsam mit den jungen<br />
Frauen und Männern versuchen sie, ihnen<br />
Raum zu schaffen, damit sie an ihrem bevorzugten<br />
<strong>Treffpunkt</strong> bleiben und ihre<br />
Szeneautonomie bewahren können und<br />
trotzdem mit der Nachbarschaft auskommen.<br />
Zudem sollen die Betreuer die Selbstorganisation<br />
und eigene Problemlösungsansätze<br />
der Jugendlichen unterstützen.<br />
Besonders stark betroffen von solchen<br />
Ansammlungen sind Wohngebiete, deren<br />
Bevölkerung stark mit einem Migrationshintergrund<br />
durchsetzt ist. „Das sind in<br />
Koblenz vor allem die Karthause, Lützel<br />
und Neuendorf.“ Worauf führt Thomas<br />
Muth dies zurück? „Ich schätze, dass vor<br />
allem jugendliche Spätaussiedler der zweiten<br />
Generation ein Identitätsproblem haben.<br />
Ihre Eltern wollten unbedingt nach<br />
Vom Konzept überzeugt: Thomas Muth leistet aufsuchende Jugendarbeit<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Deutschland kommen, doch die <strong>Kinder</strong><br />
finden sich in der Sprache und der Kultur<br />
nicht zurecht. So bleiben sie unter sich und<br />
bilden Cliquen“, sucht Muth nach Erklärungsansätzen.<br />
Zusammen mit dem Caritasverband<br />
hat das Jugendamt auf der Karthause das<br />
Projekt „Schängelkomnata“ ins Leben gerufen.<br />
Der Name ist eine Mixtur aus deutschen<br />
und russischen Begriffen. Schängel<br />
nennen die Koblenzer sich, Komnata bedeutet<br />
Raum. Ein Wohncontainer ist zur<br />
Anlaufstelle von rund 20 Aussiedlern im<br />
Alter zwischen 14 und 18 Jahren geworden.<br />
Zwei Sozialpädagoginnen, die selbst<br />
einen deutschrussischen Hintergrund haben<br />
und so leichter mit den Jugendlichen<br />
in Kontakt treten können, betreuen<br />
„Schängelkomnata“.<br />
„Die jungen Spätaussiedler sind von<br />
der Straße weg, haben einen wetterfesten<br />
<strong>Treffpunkt</strong> und können an Freizeitangeboten<br />
und Ferienprogrammen teilnehmen“,<br />
berichtet Muth. Gemeinsam waren<br />
sie beispielweise schwimmen am Laacher<br />
See, und vielleicht steht im Sommer auch<br />
eine Kanutour auf der Lahn an.<br />
Bezuschusst wird das Projekt vom Bundesamt<br />
<strong>für</strong> Migration. In Koblenz-Neuendorf<br />
ist das Jugendamt Koblenz in einem<br />
ähnlich angelegten Projekt aktiv und hat<br />
eine eigene Hausaufgabenbetreuung und<br />
zusätzliche Sprachförderung im<br />
Schulbereich aufgelegt.<br />
Gemeinsame Freizeiten von Cliquen<br />
deutscher Jugendlicher und ausländischer<br />
Jugendlicher sind laut Muth erfolgreich<br />
durchgeführt worden. Ein Großprojekt<br />
des Jugendamtes steht auf der Karthause<br />
an: der Bau eines Jugend- und Bürgerzentrums<br />
im Jahr 2006. „Alte und Junge,<br />
Spätaussiedler und Einheimische sollen<br />
dieses Zentrum nutzen. Es ist eine Herausforderung,<br />
die Interessen unterschiedlicher<br />
Gruppen hier zu koordinieren.“ All<br />
diese Bemühungen dienen einem Ziel.<br />
Koblenz soll langfristig kinder- und familienfreundlich<br />
gestaltet werden. „Es ist ein<br />
mühsamer Weg, aber mit unserer Verwaltung<br />
können wir viele kleine Schritte tun.<br />
Wir können den Dialog fördern und Lebensräume<br />
schaffen, damit ein Miteinander<br />
möglich ist.“<br />
Camilla Ebertshäuser<br />
Ebersthäuser ist Redakteurin der Westerwälder<br />
Zeitung<br />
13
14<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Falsche Vorstellungen<br />
Ausbildungswünsche richten sich eher nach dem Ansehen<br />
des Berufes als der Berufschance - besonders bei<br />
jugendlichen Migranten. Von Minister Hans-Artur Bauckhage<br />
Bereits 1938 hat der deutsche Wirtschaftspsychologe<br />
Lutz von Rosenstiel erkannt,<br />
dass die Welt zusammenwächst und dass<br />
sich daraus besondere Anforderungen an<br />
den Einzelnen ergeben: „Es kommen zunehmend<br />
Kontakte zu Menschen aus anderen<br />
Kulturen mit anderen Sprachen zustande.<br />
Das heißt, dass Sensibilität, Toleranz<br />
und Verständnis entwickelt werden<br />
müssen.“ Seither hat sich die Welt umfassend<br />
gewandelt und die Notwendigkeit,<br />
mit dem Fremden angemessen umzugehen,<br />
wird inzwischen selbst in den kleinsten<br />
Details des Lebens spürbar.<br />
<strong>Integration</strong> ist ein zentrales Anliegen<br />
im Zusammenleben verschiedener Kulturen.<br />
Hinter dem abstrakten Begriff verbergen<br />
sich greifbare und sehr konkrete Bedürfnisse.<br />
Er beschreibt das Nebeneinander<br />
von zwei Zuständen: dem, einzigartig<br />
zu sein und dem, sich zugehörig zu fühlen.<br />
Eine erfolgreiche <strong>Integration</strong> verbindet<br />
beides und nimmt den Einzelnen in<br />
die Gemeinschaft hinein unter Wahrung<br />
seiner Besonderheit. An keiner Stelle gilt<br />
so sehr wie hier, dass das Ganze mehr ist<br />
als die Summe seiner Teile: Wir alle gewinnen<br />
durch den kulturellen Reichtum einer<br />
pluralen Gesellschaft.<br />
Alle großen Felder des Lebens sind von<br />
der Notwendigkeit der <strong>Integration</strong> betroffen.<br />
Auch am Ausbildungssektor zeigen<br />
sich die Konsequenzen einer kleiner werdenden<br />
Welt. In den vergangenen Jahren<br />
lag der Anteil ausländischer Auszubildender<br />
in Rheinland-Pfalz konstant bei vier<br />
bis fünf Prozent, das sind zwischen 2500<br />
und 3500 jungen Menschen.<br />
Die besonderen Themen am Ausbildungsmarkt<br />
betreffen ausländische wie<br />
deutsche Jugendliche gleichermaßen, nur<br />
teilweise mit tendenziellen Unterschieden.<br />
Zum Beispiel ist die Neigung zu Trendberufen,<br />
zu Berufen mit einem besonderen<br />
Image, bei Jugendlichen allgemein sehr<br />
hoch. Allerdings zeigt sich, dass diese Ten-<br />
denz bei ausländischen Jugendlichen ausgeprägter<br />
ist als bei deutschen. Berufe mit<br />
besonders gutem<br />
Image sind bei den<br />
jungen Männern zum<br />
Beispiel KFZ-Mechatroniker,<br />
bei den Mädchen<br />
Arzthelferin. Diese<br />
Berufe haben einen<br />
enormen Zulauf, während<br />
andere Branchen<br />
wie das Nahrung verarbeitende<br />
Gewerbe<br />
deutliche Nachwuchs-<br />
Probleme haben. Eine<br />
zu starke Festlegung<br />
auf einen „Traumberuf“<br />
aber erschwert den<br />
Ausgleich am Ausbildungsmarkt<br />
- <strong>für</strong> den<br />
Einzelnen wie <strong>für</strong> die<br />
Branchen.<br />
Dabei zeigt sich<br />
oft, dass die Bewertung<br />
der Berufe bei den<br />
Jugendlichen eher einem<br />
Trend folgt und<br />
nicht wirklich einer realistischen<br />
Vorstellung entspringt. Tatsächlich<br />
hat eine Fehleinschätzung von Berufsbildern<br />
bei Jugendlichen weit reichende<br />
Folgen. Es ist nicht nur viel schwieriger, in<br />
den Trendberufen einen Ausbildungsplatz<br />
zu finden. Die Gefahr, den Beruf<br />
und seine Anforderungen falsch einzuschätzen<br />
und damit die Gefahr, enttäuscht<br />
oder sogar überfordert zu sein, besteht<br />
gerade in diesen Berufen in besonders<br />
hohem Maße.<br />
Genau dies, eine falsche Vorstellung<br />
vom gewählten Beruf, ist einer der wichtigsten<br />
Gründe <strong>für</strong> Ausbildungsabbrüche.<br />
Zwar sind die Zahlen nicht so dramatisch,<br />
wie sie im Allgemeinen publiziert werden,<br />
aber im Grunde ist jede Vertragslösung<br />
eine zuviel. Wer einmal aus dem<br />
Ausbildungsprozess heraus gefallen ist,<br />
hat enorme Probleme, wieder zurück zu<br />
finden. Daher ist Prävention in diesem<br />
Bereich besonders wichtig.<br />
Hinter vielen Abbrüchen stecken neben<br />
inhaltlichen Problemen - der Jugendliche<br />
hat sich den Beruf ganz anders vorgestellt<br />
oder sich selbst falsch eingeschätzt<br />
- persönliche Schwierigkeiten. Ein hoher<br />
Anteil von Ausbildungsabbrüchen geht<br />
auf das Konto menschlicher „Reibungsverluste“,<br />
also persönlicher Auseinander-<br />
Wunsch nach mehr Realitätssinn: Minister Bauckhage<br />
setzungen zwischen Auszubildenden und<br />
den Ausbildern. Persönlichen Problemen<br />
kann man keine pauschalen Lösungen entgegensetzen,<br />
denn das geht immer an den<br />
Menschen vorbei.<br />
Grundsätzlich ist Prävention die beste<br />
Maßnahme im Umgang mit Ausbildungsproblemen,<br />
denn häufig lassen sich die<br />
Schwierigkeiten im Gespräch lösen. Für<br />
jugendliche Migranten gilt das Problem<br />
erschwerter Kommunikation doppelt: Sie<br />
haben häufig nicht nur Altersunterschiede,<br />
sondern auch Kulturunterschiede zu<br />
überwinden, um sich in ihren Ausbildungsbetrieben<br />
einzufinden. Daher ist <strong>für</strong><br />
sie besonders wichtig, gut informiert zu<br />
sein.Auf allen Feldern der Ausbildung gilt<br />
an erster Stelle: Wissen ist Macht. Je bes-
ser, je umfassender, je grundlegender angehende<br />
Auszubildende darüber informiert<br />
sind, was sie in einem bestimmten<br />
Beruf oder was sie im Arbeitsleben erwartet,<br />
desto besser sind die Bedingungen <strong>für</strong><br />
eine erfolgreiche Ausbildung. Die wiederum<br />
ist Voraussetzung <strong>für</strong> einen qualifizierten<br />
Arbeitsplatz, und der ist nötig <strong>für</strong><br />
eine gelungene <strong>Integration</strong>.<br />
Wo der Schuh drückt, wissen am Besten<br />
die Betroffenen. Daher ist es natürlich sinnvoll,<br />
sie in den <strong>Integration</strong>sprozess einzubeziehen.<br />
Einige einschlägige Multiplikatorenprojekte<br />
existieren bereits, die deutlich<br />
machen, was sich auch an anderer Stelle in<br />
der Bemühung um eine Verbesserung der<br />
Ausbildungsplatzsituation gezeigt hat: Eine<br />
direkte Ansprache der Betroffenen ist immer<br />
das wirkungsvollste Instrument, wenn<br />
es darum geht, etwas zu bewegen.<br />
Das wirkungsvollste Mittel gegen eine<br />
Passgenaue<br />
<strong>Integration</strong><br />
Mit Modulen arbeitet ein<br />
Sportjugend-Programm<br />
<strong>Integration</strong> durch Sport ist ein Programm<br />
des Deutschen Sportbundes (DSB) und<br />
wird seitens des Bundesministeriums des<br />
Innern gefördert. Die Sportjugend Rheinland-Pfalz<br />
unterstützt damit die <strong>Integration</strong><br />
von Aussiedlern aus Ost- und Mitteleuropa.<br />
Aufgrund der erfolgreichen Arbeit<br />
der letzten Jahre wurde die Zielgruppe<br />
der Aussiedler erweitert. Das Programm<br />
„<strong>Integration</strong> durch Sport“ zielt unter Federführung<br />
der Sportjugend und des Landessportbundes<br />
Rheinland-Pfalz neben den<br />
Aussiedlern vor allem auf ausländische<br />
<strong>Kinder</strong> und Jugendliche sowie deutsche<br />
<strong>Kinder</strong> aus sozial benachteiligten <strong>Familie</strong>n<br />
ab. Das Programm „<strong>Integration</strong> durch<br />
Sport“ unterstützt die Vereine bei ihrer<br />
integrativen Arbeit auf vielfältige Weise.<br />
Insbesondere die fünf speziell <strong>für</strong> die Praxis<br />
konzipierten <strong>Integration</strong>smodule lassen<br />
sich als flexible Bausteine <strong>für</strong> eigene<br />
Konzepte nutzen.<br />
einseitige Berufswahl und die daraus resultierenden<br />
Folgen ist Information durch<br />
einschlägige Institutionen oder beispielsweise<br />
bei Börsen und Messen, über Ansprechpartner<br />
in Vereinen oder Kammern<br />
und an Schulen. Für ausländische Jugendliche<br />
ist dabei besonders wichtig, dass die<br />
Eltern in diesen Informations- und Orientierungsprozess<br />
eingebunden sind.<br />
Von Seiten der Betriebe wird Ausbildungsreife<br />
als Ausbildungsproblem<br />
Nummer 1 angegeben. Daher ist eine gute<br />
schulische Qualifikation unerlässlich. Trotzdem:<br />
viele Betriebe nehmen sich besonderer<br />
„Problemgruppen“ wie junger Leute<br />
mit schwachem Schulabschluss an, weil sie<br />
wissen, dass mit der richtigen Unterstützung<br />
auch schulisch schwache Jugendliche<br />
erstaunliche Fähigkeiten entfalten können.<br />
Da die Landesregierung derselben Meinung<br />
ist, dass auch schulisch Schwache eine Chan-<br />
Mobil im Dauereinsatz: <strong>Kinder</strong> vor dem Sportmobil der Sportjugend<br />
1.Modul: Stützpunktvereine<br />
Anerkannte Stützpunktvereine verfügen<br />
über ein vielfältiges Erfahrungswissen<br />
in integrativer und pädagogischer Arbeit<br />
mit Migranten und haben häufig umfangreiche<br />
Vernetzungen mit lokalen Organisationen<br />
(Schulen, Jugendämter, Kirche,<br />
Polizei,…) aufgebaut. Stützpunktvereine<br />
zeichnen sich durch eine besonders sorgfältig<br />
konzipierte und qualitativ hochwertige<br />
<strong>Integration</strong>sarbeit aus, in die auch Vertreter<br />
der Zielgruppe der Migranten stark<br />
eingebunden sind.<br />
2.Modul: <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />
Eines der wichtigsten Ziele der Inte-<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
ce haben sollten, sich zu beweisen, fördert<br />
sie Betriebe in besonderer Weise, die solche<br />
Jugendlichen ausbilden. Beispielsweise werden<br />
sie bei der Vergabe von Ausbildungsplatzdarlehen<br />
besonders berücksichtigt.<br />
Ein wichtiger Beitrag zu den <strong>Integration</strong>sbemühungen<br />
wird von ausländischen<br />
Unternehmern in Rheinland-Pfalz geleistet,<br />
die ausbilden.<br />
Ihnen sind wir zu besonderem Dank<br />
verpflichtet, denn in ihnen verbindet sich<br />
in besonderer Weise, was wir in unserer<br />
kulturell bunten Gesellschaft am meisten<br />
benötigen: Das Engagement von Unternehmen<br />
und Sensibilität, Toleranz und<br />
Verständnis - wie es der eingangs zitierte<br />
deutsche Wissenschaftler schon vor über<br />
60 Jahren forderte.<br />
Der Autor ins Wirtschaftsminister in<br />
Rheinland-Pfalz<br />
grationsarbeit ist es, einen intensiven Kontakt<br />
zwischen Einheimischen und Migranten<br />
herzustellen. <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />
haben vielfältige Wirkungen. Allein der<br />
Kontakt von Zuwanderern und Einheimischen<br />
bei sportlichen und sozialen Aktivitäten<br />
führt zu intensivem Austausch.<br />
Vorurteile werden abgebaut und gegenseitiges<br />
Verstehen, Akzeptanz und Toleranz<br />
gefördert. Bei <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />
(eintägig, mehrtägig, Großveranstaltungen)<br />
steht eine breiten- und freizeitsportliche<br />
Orientierung im Vordergrund.<br />
Neben Sportkursen, -festen oder Turnieren<br />
gehören zu den <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />
Aktivitäten wie Ferienfreizeiten.<br />
15<br />
SPORTJUGEND
16<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
3.Modul: Starthelfer<br />
Starthelfer sind meist ehrenamtliche<br />
Personen, die regelmäßig Sportangebote<br />
mit der Zielgruppe durchführen. Starthelfer<br />
zeichnen sich oft durch einen besonderen<br />
Zugang zu der Zielgruppe aus,<br />
der oft über eine sprachliche oder kulturelle<br />
Nähe erreicht wird und somit zu einer<br />
hohen Identifikation der Teilnehmer mit<br />
dem Angebot führt. Ziel ist es daher,<br />
möglichst viele Starthelfer aus dem Umfeld<br />
der Migranten zu gewinnen.<br />
Neben den Teilnehmern profitiert häufig<br />
auch der Verein vom Potenzial der Starthelfer:<br />
Viele Spätaussiedler sind oft hochqualifizierte<br />
Sportlehrer oder verfügen über<br />
eine eigene erfolgreiche Sportvergangenheit.<br />
4.Modul: Qualifizierungsmaßnahmen<br />
Die regelmäßige Qualifizierung von<br />
Mitarbeitern und Starthelfern ist ein fester<br />
Bestandteil des Programms. Die Inhalte<br />
der Qualifizierungsmaßnahmen umfassen<br />
ein breites Spektrum und reichen von<br />
der Schulung interkultureller Kompetenz<br />
über die Entwicklung von Konfliktlösungsstrategien<br />
bis zum Umgang mit geschlechtsspezifischen<br />
Problemen. Die<br />
Qualifizierungsmaßnahmen sind häufig<br />
so angelegt, dass es zu einem intensiven<br />
Austausch zwischen den Teilnehmern<br />
kommt. So werden etwa in einem Brainstorming<br />
gemeinsam Ideen gesammelt<br />
und in ihrer Bedeutung <strong>für</strong> die Praxis besprochen.<br />
5.Modul: Sportmobileinsätze bei Festen<br />
Ein wesentlicher Baustein der erfolgreichen<br />
Arbeit ist die Organisation und<br />
Durchführung von jährlich rund 120<br />
Sport- und Spielfesten in Kooperation mit<br />
Übergangswohnheimen und Vereinen.<br />
Die beiden Sportmobile der Sportjugend<br />
Rheinland-Pfalz eignen sich besonders<br />
dazu, dort Angebote zu machen, wo keine<br />
Sportplätze oder Sporthallen vorhanden<br />
sind. Aber auch an Orten, an denen<br />
bereits sportstrukturelle Angebote vorhanden<br />
sind, können sie durch die variablen<br />
Einsatzmöglichkeiten ein bestehendes<br />
Angebot ergänzen. So nutzten 2004 rund<br />
100.000 Teilnehmer das umfangreiche<br />
Angebot der beiden Sportmobile mit der<br />
großen Hüpfburg und einer großen Anzahl<br />
an Sport- und Spielgeräten <strong>für</strong> jedes<br />
Alter und Interesse. Die Teilnehmer lernten<br />
sich kennen und knüpften erste Kontakte.<br />
Der Sport kann so ein wichtiger Teil<br />
der <strong>Integration</strong> und des gegenseitigen Verständnisses<br />
sein.<br />
Die siebte Dimension<br />
Verein DIA geht in die Ganztagsschulen<br />
In Rheinland-Pfalz ist seit 2001 die Ganztagsschule<br />
in Angebotsform als großes<br />
Schulentwicklungsprojekt auf den Weg<br />
gebracht worden. Dies bietet eine Fülle von<br />
pädagogischen Möglichkeiten, auch solche,<br />
die die Lücke der interkulturellen Aspekte<br />
ausfüllen kann. Das Pilotprojekt „Die<br />
siebte Dimension – ästhetische Bildung<br />
als Mittel zur <strong>Integration</strong>“ (2006 – 2009)<br />
des Vereins „Deutschland von Innen und<br />
Außen“ (DIA) soll eine kreative Auseinandersetzung<br />
mit jeweiligen kulturellen<br />
Hintergründen von immigrierten Gruppen<br />
durch die Künste beinhalten und<br />
durch Workshopangebote im Nachmittagsunterricht<br />
der Ganztagsschulen<br />
vermittelt werden.<br />
Die Workshops werden geteilt in sieben<br />
Spartenblöcke (je in einer Schule): Bildende<br />
Kunst, Film, Literatur, Musik, Medien<br />
(Fotografie, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit),<br />
Tanz, Theater. Jeder Spartenblock<br />
beinhaltet acht Länder/Module:<br />
Arabien, Indien, Iran, Italien, Griechenland,<br />
Russland, Spanien, Türkei.<br />
Ziele des Pilotprojekts sind unter anderem<br />
die direkte Vermittlung des Kulturguts<br />
an die Schüler/innen durch aktive<br />
Beteiligung von immigrierten Künstlerinnen<br />
und Künstlern, Einblicke in das Berufsleben<br />
von Immigrantinnen und Immigranten<br />
als Kulturschaffende und der<br />
Erwerb interkultureller Kompetenz (Wissen).<br />
Das Mobil <strong>für</strong> Veranstaltungen<br />
Zur Unterstützung der zahlreichen Aktionen<br />
mit Vereinen, Übergangswohnheimen,<br />
Diakonischen Werken,<br />
DRK, Caritas, etc. stehen der Sportjugend<br />
zwei Sportmobile, die mit vielfältigen<br />
Sport- und Spielgeräten ausgestattet sind,<br />
zur Verfügung. Diese Sportmobile werden<br />
bei ihrem Einsatz von einem Starthelferteam<br />
betreut und können kostenfrei <strong>für</strong><br />
integrative Veranstaltungen beantragt werden<br />
(Adressen siehe unten).<br />
Da die Nachfrage nach „Spomo-Terminen“<br />
sehr groß ist, sollten die Termine<br />
sehr frühzeitig mit der Geschäftsstelle abgesprochen<br />
werden.Reservierung des<br />
Sportmobils über Sylke Buchner, Telefon<br />
06131/2814-357, E-Mail: buchner@<br />
sportjugend.de, oder im Internet unter<br />
www.sportjugend.de. Dort ist eine aktuelle<br />
Übersicht der reservierten und freien<br />
Sportmobile. Weitere Infos zu dem Programm<br />
bei der Sportjugend Rheinland-<br />
Pfalz, Regionalkoordinator Rheinhessen/<br />
Pfalz, Dr. Ohle Wrogemann, Telefon<br />
06131/2814-358.<br />
E-Mail: wrogemann @sportjugend.de,<br />
oder Landeskoordinator Milan Kocian,<br />
Telefon <strong>02</strong>61/135-125, E-Mail: sjugend@<br />
aol.com.<br />
Die verschiedenen Formen der Umsetzung<br />
werden sieben wesentlichen Handlungsfeldern<br />
zugeordnet:<br />
Handlungsfeld I: Kunstworkshops;<br />
nachmittags, an zwei Tagen<br />
(je Doppelstunden).<br />
Handlungsfeld II: Jugend-<br />
Kunst-Aktion; in einem Museum – anschließend<br />
an die Sommerferien des jeweiligen<br />
Schuljahres.<br />
Handlungsfeld III: Hospitation;<br />
während des jeweiligen Schuljahres.<br />
Handlungsfeld IV: Praktikum;<br />
im Rahmen des Schulpraktikums im jeweiligen<br />
Schuljahr.<br />
Handlungsfeld V: Begleitende Evaluationsarbeit.<br />
Handlungsfeld VI: „Die siebte<br />
Dimension“. Ein Dokumentarfilm,<br />
deutsch/englisch (Dokumentation der<br />
Projektprozesse & Aufführungen), 2008.<br />
Handlungsfeld VII: Herausgabe<br />
von sieben Lehrbüchern, deutsch/englisch<br />
(je Sparte ein Handbuch), 2010
PICTURE-ALLIANCE<br />
Zutaten des Ausländerhasses: Einschlägige Zeitungen und Utensilien der Rechtsextremen<br />
Die (R)auswege nutzen<br />
Geheime Symbole und simple Lösungen: Wie sich<br />
Rechtsextreme tarnen - und wie der Ausstieg gelingt<br />
Rechtsextremistische Jugendliche -das sind<br />
doch die mit den kurz geschorenen Haaren,<br />
den Springerstiefeln und Bomberjacken!<br />
In der aktuellen Wirklichkeit trifft<br />
dieses Klischees immer weniger zu.<br />
Eine genauere Betrachtung der Jugendszenen<br />
zeigt, dass rechte Orientierung und<br />
rechter Extremismus mittlerweile sehr differenziert<br />
in den unterschiedlichsten<br />
Jugendkulturen „andocken“ und dort jeweils<br />
Nischen finden konnten. Dies ist ein<br />
„Erfolg“ der bewussten Strategie der Rechten,<br />
zuerst jugendliche Kulturlandschaften<br />
zu besetzen, um anschließend politische<br />
Botschaften nachzuschieben. Die anfänglich<br />
eher unpolitischen Motivationen<br />
von oftmals 12- bis 13-jährigen Jugendlichen<br />
können sich dann in ihre politische<br />
Richtung entwickeln. Besonders empfänglich<br />
<strong>für</strong> Botschaften dieser Art sind vor allem<br />
männliche Jugendliche, der Anteil der<br />
Mädchen und Frauen in der rechten Szene<br />
liegt bei 10 bis 15 Prozent. Ein wichtiger<br />
Faktor ist dabei auch die familiäre Situation<br />
der Jugendlichen.„Erlebte Wertschätzung“<br />
und ein „demokratischer Erziehungsstil“<br />
sind unter anderem wirksa-<br />
me Schutzfaktoren gegen rechte Manipulation.<br />
Auch die politische Einstellung der<br />
Eltern kann eine wichtige Rolle spielen.<br />
Die klassischen Strukturen der rechten<br />
Szene haben sich allerdings in den vergangenen<br />
Jahren, auch aufgrund staatlicher<br />
Repression (Verbot der Wiking-Jugend, geplantes<br />
Verbot der NPD etc.) stark gewandelt.<br />
Vielfach haben sich die Akteure in<br />
informellen Cliquen und „unabhängigen<br />
Kameradschaften“ organisiert.<br />
Dass Musik eines der wirksamsten<br />
Medien ist, um Jugendliche zu erreichen,<br />
hat die rechte Szene zunehmend erkannt.<br />
Seit den 90er Jahren ist in Deutschland eine<br />
breit gefächerte rechte Musikszene entstanden.<br />
Eine Vielzahl Bands, rund 100 aktive<br />
wurden voriges Jahr gezählt, Plattenlabels,<br />
Versandläden und Szeneläden versorgen<br />
den gewinnträchtigen Markt. Angefangen<br />
von Liedermachern über Rock, Black Metal,<br />
Techno, Neofolk usw. erstreckt sich das<br />
Angebot. Musik-CDs von Gruppen wie<br />
Landser, Skrewdriver, Noie Werte, Spirit of<br />
88, von Liedermachern wie Frank Rennicke<br />
oder Annett Moeck und DJ Adolf werden<br />
getauscht oder kopiert und sind mittler-<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
weile erstaunlich weit unter Jugendlichen<br />
und an Schulen verbreitet.<br />
Im vergangenen Jahr hat die rechte<br />
Szene eine groß angelegte Aktion gestartet,<br />
bei der eine kostenlose CD unter dem<br />
Namen „Schulhofprojekt“ bundesweit an<br />
Schulen verteilt werden sollte. Hinter dieser<br />
„Aktion Schulhof“ stand ein Netzwerk<br />
von insgesamt 56 neonazistischen Kameradschaften.<br />
Ein Beschlagnahmebeschluss<br />
nutzte nicht viel, nur ein Teil der CDs konnte<br />
einkassiert werden. Zudem wurde die<br />
CD mit einem eigenen Servicenetz ins Internet<br />
gestellt. Mit einer ähnlichen, wenn<br />
auch entschärften Version, startete die NPD<br />
in den jüngsten Wahlkampf in Sachsen.<br />
Auch auf dem Sektor Bekleidung unternimmt<br />
die rechte Szene große Anstrengungen,<br />
sich an den Bedürfnissen der Jugendlichen<br />
zu orientieren. Dabei bedient<br />
man sich zum einen etablierter neutraler<br />
Kleidungsmarken, die mit einer rechten<br />
Bedeutung belegt werden. Bekannt bei allen<br />
Jugendlichen ist die Marke „Lonsdale“.<br />
Ursprünglich als Vertrieb von Boxsportartikeln<br />
gegründet, wurde die Marke in den<br />
90er Jahren von den Rechten entdeckt. Jugendliche<br />
die diese Marke tragen, kennen<br />
auch deren Bedeutung.<br />
Zum anderen werden aber auch von<br />
Rechten <strong>für</strong> Rechte eigene Labels kreiert.<br />
(z.B. CONSDAPLE, Thor Steinar, Dobermann<br />
Deutschland). Der Vertrieb dieser<br />
Labels erfolgt zum großen Teil über das<br />
Internet. In einigen Schulen, die sich mit<br />
dieser Thematik aktiv auseinandergesetzt<br />
haben, ist das Tragen dieser Marken im<br />
Rahmen der Hausordnungen untersagt.<br />
Dass das Internet vor allem auch das<br />
Medium der Jugend ist, hat die rechte Szene<br />
schnell begriffen. Zusätzlich ist es das<br />
am schnellsten expandierende Kommunikationsmedium.<br />
Es bietet die Möglichkeit,<br />
zu günstigen Preisen Inhalte jeder Art<br />
weltweit zu verbreiten. Da es unerheblich<br />
ist, in welchem Land die Daten tatsächlich<br />
gespeichert werden, können damit auch die<br />
gesetzlichen Bestimmungen eines Landes<br />
technisch umgangen werden. Aktuell finden<br />
sich rund 1000 deutschsprachige Seiten<br />
mit rechtsextremistischen propagandistischen<br />
Inhalten im Internet (1996: 32).<br />
Viele dieser Seiten sind professionell<br />
gemacht und sprechen insbesondere durch<br />
ihre Aufmachung Jugendliche an. Das birgt<br />
die Gefahr, dass die Seiten unbemerkt von<br />
17
18<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
elterlicher Einflussnahme von <strong>Kinder</strong>n<br />
und Jugendlichen angeklickt werden.<br />
Wenngleich die Printmedien durch das<br />
Aufkommen des Internets an Bedeutung<br />
verloren haben, spielen sie noch immer<br />
innerhalb der rechten Szene eine wichtige<br />
Rolle. In sogenannten „Fanzinen“ wird<br />
über Entwicklungen innerhalb der verschiedenen<br />
Musikszenen informiert, so<br />
über CD-Neuerscheinungen und Konzerte<br />
oder durch Bandinterviews. Aber<br />
auch sonstige politische<br />
Propaganda<br />
ist zu finden. So<br />
dienen Fanzines als<br />
Nahtstelle, indem<br />
sie die Mitglieder<br />
des inneren Kreises<br />
der rechten Szene<br />
ansprechen, aber<br />
auch dazu geeignet<br />
sind, Sympathisanten<br />
einzubinden.<br />
Bekannte Fanzines<br />
sind „Rock-Nord“,<br />
„Zinnober“ oder<br />
„Hagal“.<br />
Landes-Initiativen<br />
Als Reaktion<br />
auf die Umtriebe<br />
der Rechten und<br />
der daraus wachsenden Gefahr <strong>für</strong> unser<br />
Gemeinwohl haben sich eine Vielzahl von<br />
staatlichen und privaten Initiativen und<br />
Projekten entwickelt. Das Land Rheinland-<br />
Pfalz hat im Rahmen seiner Maßnahmen<br />
gegen den Rechtsextremismus zwei wichtige<br />
Projekte aufgelegt: das Aussteigerprogramm<br />
(R)AUSwege und die Elterninitiative<br />
gegen Rechts. Das Aussteigerprogramm<br />
(R)AUSwege ist ein Angebot<br />
<strong>für</strong> junge Menschen, die aus der rechten<br />
Szene aussteigen wollen und hierbei Unterstützung<br />
brauchen. Dies ist in vielen<br />
Fällen notwendig, da mit der Mitgliedschaft<br />
in einer rechten Clique oder einer so genannten<br />
Kameradschaft häufig eine ganze<br />
Reihe persönlicher Probleme einhergehen.<br />
Schulversagen, Probleme am Arbeitsplatz,<br />
Alkoholkonsum, kaum noch Freunde außerhalb<br />
der rechten Szene oder auch eine<br />
zu be<strong>für</strong>chtende Bedrohung durch die<br />
rechten Kameraden beim Ausstieg sind<br />
hier beispielhaft zu nennen.<br />
Über eine kostenlose Hotline mit der<br />
Nummer 0800/45 46 000 können Interessierte<br />
auch anonym die Mitarbeiter des<br />
Aussteigerprogrammes erreichen. Neben<br />
sozialpädagogischen und sozialarbeiterischen<br />
Hilfestellungen ist ein weiterer<br />
wesentlicher Bestandteil die Arbeit an den<br />
Einstellungen der Ausstiegswilligen.<br />
Wenn Jugendliche sich rechten Cliquen<br />
oder Szenen zuwenden und sich beispielsweise<br />
als Nazi-Skin gebärden, entstehen<br />
Tätowierter Skinhead bei einer NPD-Demo: Das Erscheinungsbild wandelt sich<br />
<strong>für</strong> die Eltern und <strong>Familie</strong>n meist sehr<br />
schwierige und belastende Situationen.<br />
Solche betroffenen Mütter und Väter können<br />
sich deshalb mit ihren Sorgen und<br />
Fragen an die Elterninitiative gegen Rechts<br />
wenden. Sie ist beim Landesjugendamt<br />
angesiedelt und unter der Telefonnummer<br />
06131/96 75 20 erreichbar. Neben telefonischen<br />
Beratungsgesprächen sind<br />
auch persönliche Treffen mit den Berater/<br />
innen möglich. Häufig geht es am Anfang<br />
darum, Hilfestellungen bei der Bewertung<br />
zu geben, ob überhaupt und wie weit Jugendliche<br />
schon in der rechten Szene Fuß<br />
gefaßt haben.<br />
Weiterhin kann man hier Hinweise<br />
und Tipps <strong>für</strong> den Umgang mit der Situation<br />
beziehungsweise <strong>für</strong> bestimmte<br />
Alltagssituationen erhalten. Zudem initiiert<br />
und begleitet die Elterninitiative gegen<br />
Rechts lokale Elterngruppen, in denen<br />
betroffene Eltern zusammenkommen<br />
und sich gegenseitig unterstützen<br />
können. Sowohl das Aussteigerprogramm<br />
(R)AUSwege als auch die Elterninitiative<br />
gegen Rechts stehen zusätzlich <strong>für</strong> eine<br />
Beratung von Fachkräften, wie Jugendarbeitern,<br />
Lehrern oder Polizisten zur Verfügung.<br />
Weiterhin werden von ihnen Bemühungen<br />
unterstützt, Netzwerke gegen<br />
Rechts zu initiieren und zu begleiten. Hierzu<br />
zählt auch die Vermittlung von Kontakten<br />
und die intensive Zusammenarbeit<br />
mit Institutionen in Rheinland-Pfalz. Mit<br />
diesen werden etwa Projekttage<br />
an Schulen oder Informationsveranstaltungen<br />
durchgeführt. Auch mit den<br />
jeweiligen Institutionen in<br />
den benachbarten Bundesländern<br />
gibt es eine gute Zusammenarbeit.<br />
Jeder Einzelne kann sich<br />
im Sinne von Zivilcourage<br />
gegen rechtsextremistische,<br />
rassistische oder ausländerfeindliche<br />
Tendenzen in seinem<br />
Alltag stellen. Möglichkeiten<br />
dazu sind unter anderem:<br />
-sich über die Symbole<br />
und Codes innerhalb der<br />
rechten Szene informieren<br />
-das Anzeigen der Verwendung<br />
verbotener rechter<br />
Zeichen<br />
-die Mitarbeit in Arbeitskreisen gegen<br />
Rechtsextremismus und Gewalt<br />
-Stammtischparolen oder rassistischeund<br />
fremdenfeindliche Sprüche nicht unwidersprochen<br />
hinnehmen<br />
-Mitbürger, die belästigt oder angepöbelt<br />
werden unterstützen, Hilfe organisieren,<br />
nicht auf Provokationen reagieren<br />
-Jugendliche auf die Gefahren rechter<br />
Ideologien hinweisen; ihnen gegenüber<br />
klar, konsequent und gesprächsbereit sein.<br />
PICTURE-ALLIANCE<br />
Informationen im Internet:<br />
www.das-versteckspiel.de (Infos über Kleidung,<br />
Symbole und Zahlencodes)<br />
www.gegen-rechts.rlp.de (Übersicht über landesweite<br />
und regionale Aktivitäten, Analysen und<br />
Hintergrundwissen)<br />
www.buendnis-toleranz.de (Über 1.000 Gruppen<br />
und Einzelpersonen haben hier Ideen und<br />
Vorschläge eingebracht)<br />
www.verfassungschutz.de (Infos über die rechtsextreme<br />
Szene, Jahresberichte, Hintergründe)<br />
www.politische-bildung-rlp.de (Veranstaltungen,<br />
Publikationen, Literatur zum Thema)
Historischer Stadtkern und seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe: Blick auf die Altstadt der estnischen Hauptstadt Tallinn<br />
Die drei Neuen im Nordosten<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Der EU-Beitritt am 1. Mai 2004 und die Aufnahme in die NATO bedeutete <strong>für</strong> Estland,<br />
Lettland und Litauen das Erreichen eines Ziels, auf das die Balten ihre Außenpolitik seit<br />
der Wiedererlangung der Unabhängigkeit konzentriert hatten. Von Dr. Carmen Schmidt<br />
Für die baltischen Staaten war die EU nicht<br />
alleine als Wirtschaftsgemeinschaft attraktiv.<br />
Die Mitgliedschaft bedeutet <strong>für</strong> sie vielmehr<br />
die Rückkehr nach Europa und die<br />
Beseitigung der Folgen des Zweiten Weltkriegs,<br />
in dessen Verlauf sie von der Sowjetunion<br />
annektiert wurden. Zu Europa<br />
und zum Westen haben sie sich aber stets<br />
zugehörig gefühlt. Darüber hinaus wurde<br />
und wird die feste Einbindung in EU und<br />
NATO als effektivster Schutz gegenüber<br />
etwaigen wiederauflebenden Hegemonialbestregungen<br />
des gemeinsamen Nachbarn<br />
Russland angesehen.<br />
Einem Teil der Bewohner, vor allem<br />
in Estland und Lettland, ist dieser Zug<br />
zwar etwas zu schnell gefahren. Gerade<br />
erst der Sowjetunion den Rücken gekehrt,<br />
hätten sie es vorgezogen, wenigstens noch<br />
eine Weile oder gar auf Dauer außen vor<br />
zu bleiben und nicht wieder Teil einer „Union“<br />
zu werden. Unter Berücksichtigung<br />
der Ergebnisse der EU-Referenden war der<br />
Kreis der EU-Gegner in den Baltischen<br />
Staaten allerdings relativ klein. Denn etwa<br />
zwei Drittel der Wähler in Estland und<br />
Lettland, mehr als 90 Prozent sogar in Litauen,<br />
haben bei einer Wahlbeteiligung<br />
von knapp (Estland und Litauen) bzw.<br />
gut zwei Dritteln (Lettland) der Wahlberechtigten<br />
<strong>für</strong> den EU-Beitritt gestimmt.<br />
In den knapp dreizehn Jahren vom<br />
Ausscheiden aus der ehemaligen Sowjetunion<br />
bis zum Beitritt haben die drei bal-<br />
tischen Staaten die hierzu zu bewältigenden<br />
Aufgaben mit Bravour gemeistert und<br />
das totalitär-autoritäre System und die zentrale<br />
Planwirtschaft der ehemaligen Sowjetunion<br />
in funktionsfähige demokratische<br />
Rechtsstaaten und wettbewerbsfähige<br />
Marktwirtschaften verwandelt. Zur Bewältigung<br />
der politischen und wirtschaftlichen<br />
Transformation kam bei zwei der baltischen<br />
Staaten aber noch eine weitere, nicht<br />
minder schwierige Aufgabe hinzu.<br />
Denn ohne eine <strong>Integration</strong> der im<br />
Lande ansässigen slawischen Minderheiten,<br />
vor allem der großen russischen Minderheit,<br />
ist eine dauerhafte Sicherung des<br />
inneren Friedens und eine stabile Entwicklung<br />
dieser Staaten kaum möglich. Die<br />
19<br />
PICTURE-ALLIANCE
20<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Estland auf einen Blick<br />
Ländername: Eesti Vabariik (Republik Estland)<br />
Größe des Landes: 45.227 Quadratkilometer<br />
Hauptstadt: Tallinn 4<strong>02</strong>.000 Einwohner, davon fast 40 Prozent ethnische Russen<br />
Bevölkerung: Gesamtbevölkerung: 1.351.000, davon ethnische Esten: 65,2%. Ethnische Gruppen:<br />
Russen 28,1%, Ukrainer 2,54%, Weißrussen 1,48%, Finnen 0,9%, andere 1,9%.<br />
Landessprachen: Estnisch (einzige offizielle Sprache), Russisch (Verkehrssprache in Regionen, in denen<br />
die russischsprachige Bevölkerung dominiert, besonders im Nordosten)<br />
Religionen/Kirchen: evangelisch-lutherisch und griechisch-orthodox, beim nichtestnischen Bevölkerungsanteil<br />
dominiert russisch-orthodox<br />
Nationaltag: 24. Februar (1918)<br />
Unabhängigkeit: Unabhängigkeitserklärung 24. Februar 1918, Besetzung durch die Sowjetunion 17. Juni<br />
1940, erzwungener Beitritt zur UdSSR 6. August 1940, Erklärung zur Wiederherstellung<br />
der Unabhängigkeit 20. August 1991 (staatlicher Feiertag seit 1998)<br />
Staats-/Regierungsform: Republik, Parlamentarische Demokratie<br />
Staatsoberhaupt: Präsident Arnold Rüütel. Wahl am 21. September 2001, nächste Wahl 2006<br />
Regierungschef: Ministerpräsident Juhan Parts (Res Publica), Amtsantritt am 10.April 2003<br />
Außenminister: Rein Lang (Reformpartei), Amtsantritt am 22. Februar <strong>2005</strong><br />
Parlament: Ein-Kammer-Parlament „Riigikogu“; gewählt am 2. März.2003, 101 Abgeordnete,<br />
Parlamentspräsidentin: Ene Ergma, Nächste Wahl Anfang 2007<br />
Regierung: Koalition aus Res Publica (mitte-rechts), Reformpartei (liberal) und Volksunion<br />
Opposition: Zentrumspartei, Vaterlandsunion, Sozialdemokratische Partei<br />
Mitgliedschaft in internationalen<br />
Organisationen (u.a.): EU, NATO, UNO, EBRD (Europäische Bank <strong>für</strong> Wiederaufbau und Entwicklung);<br />
Europarat; FAO (VN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation); IAEA (Internationale Atomenergie-Organisation);<br />
IBRD (Internationale Bank <strong>für</strong> Wiederaufbau und Entwicklung); ICJ (Internationaler Gerichtshof); ILO (Internationale<br />
Arbeitsorganisation); IWF (Internationaler Währungsfonds); Interpol; IOC (Internationales Olympisches Komitee); IPU<br />
(Interparlamentarische Union); Ostseerat; OSZE (Organisation <strong>für</strong> Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa); Rotes<br />
Kreuz; UNCTAD (Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen); UNESCO; WHO (Weltgesundheitsorganisation);<br />
WTO (Welthandelsorganisation); Europäische Union (seit 01.05.2004); aktives Mitglied des EAPC (Euro-<br />
Atlantischer Partnerschaftsrat) und der „Partnerschaft <strong>für</strong> den Frieden“<br />
Gewerkschaften: Zentralverband der Gewerkschaften Estlands mit ca. 200.000 Mitgliedern; Union der<br />
Bediensteten des öffentlichen Dienstes „TALO“ mit rund 75.000 Mitgliedern<br />
Verwaltungsstruktur des Landes: 15 Landkreise, 2<strong>02</strong> Gemeinden, 39 Städte mit und acht Städte ohne Selbstverwaltung<br />
Wichtigste Medien: ETV (öffentlich-rechtlich); TV-3, Kanal 2; öffentlich-rechtliche Radiosender haben auch<br />
russischsprachige Programme, darüber hinaus TV-Sender Russlands)<br />
Radio: Eesti Raadio (öffentlich-rechtlich); zahlreiche private Rundfunkstationen; Radio<br />
4 von Eesti Raadio (russischsprachig) hat den größten Zuhörerkreis in Tallinn<br />
Printmedien: Breit gefächerte private Presse; wichtigste Zeitungen: Postimees, Eesti Päevaleht, SL<br />
Õhtuleht (Boulevard), Äripäev (Wirtschaft), Eesti Ekspress (Wochenzeitung), The<br />
Baltic Times (engl. Wochenzeitung); russischsprachig: zwei Tageszeitungen und drei<br />
Wochenzeitungen; Agentur: Baltic News Service (BNS)<br />
Bruttoinlandsprodukt (BIP): 8,0 Milliarden Euro (2003); 6,2 Millirden Euro (2001); 5,4 Milliarden Euro (2000)<br />
BIP pro Kopf: 5.460 Euro (2003); Wachstumsrate BIP 5,1% (2203); Inflationsrate1,3% (2003)<br />
Wechselkurs: 1 Euro entspricht 15,65 Estnischen Kronen (EEK); 1 EEK entspricht 0,0639 Euro<br />
(gesetzlich fixiert).<br />
Stand: März <strong>2005</strong>
Angehörigen dieser Minderheiten sind zu<br />
einem großen Teil erst während der Zugehörigkeit<br />
der baltischen Staaten zur Sowjetunion<br />
eingewandert, haben in den baltischen<br />
Sowjetrepubliken eine geschlossene<br />
Gesellschaft neben der einheimischen estnischen<br />
beziehungsweise lettischen Bevölkerung<br />
gebildet und waren der heutigen<br />
Landessprachen nicht mächtig. Letzteres<br />
trifft teilweise auch heute noch zu.<br />
Beim Ausscheiden aus der Sowjetunion<br />
machten Esten und Letten infolge der<br />
Bevölkerungsverluste in und nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg und der Zuwanderung<br />
aus den übrigen Sowjetrepubliken nur<br />
knapp zwei Drittel (Esten) bzw. gut die<br />
Hälfte (Letten) der Bevölkerung aus. Inzwischen<br />
hat sich das Verhältnis bedingt<br />
durch die Rückwanderung slawischer Bewohner<br />
vor allem in der ersten Hälfte der<br />
90er Jahre zu ihren Gunsten verschoben.<br />
Mit 25,6 Prozent in Estland und 29,5 Prozent<br />
in Lettland (Volkszählung 2000) ist<br />
die russische Bevölkerung aber nach wie<br />
vor eine sehr große Minderheit, die jeden<br />
Staat, gelingt ihre <strong>Integration</strong> nicht, in ernste<br />
Schwierigkeiten bringen kann. Günstiger<br />
stellt sich hingegen die Lage <strong>für</strong> die<br />
staatstragende Nation in der Republik Li-<br />
Reizvolle Ostseeküste: Blick auf den Strannd am lettischen Kap von Kolka<br />
tauen dar, die in erheblich geringerem Maße<br />
Ziel der Zuwanderung war. Hier hat die<br />
alteingesessene polnische Minderheit (6,7<br />
Prozent) heute die russische Minderheit<br />
(6, 3 Prozent) auf den zweiten Platz verdrängt,<br />
während die Litauer mit 83,5 Pro-<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
zent (Volkszählung 2001) die überwältigende<br />
Mehrheit der Bevölkerung des Landes<br />
ausmachen.<br />
Die geringere nationale Differenziertheit<br />
hat sicherlich mit dazu beigetragen,<br />
dass die Verleihung der Staatsangehörig-<br />
21<br />
PICTURE-ALLIANCE
22<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Ländername: Latvijas Republika (Republik Lettland)<br />
Größe: 64.597 Quadratkilometer<br />
Hauptstadt: Riga ca. 733.000 Einwohner, bisher fallende Tendenz<br />
Bevölkerung: 2,3 Millionen Einwohner (59% Letten, 29% Russen, 4% Weißrussen, 3% Ukrainer,<br />
2,5% Polen, 1% Litauer)<br />
Landessprache: Lettisch (alleinige Staatssprache); Russisch weit verbreitet<br />
Religionen/Kirchen: Evangelisch-Lutherische Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Russisch-Orthodoxe<br />
Kirche, Jüdische Synagogengemeinschaft, Deutsche ev.-luth. Kirche mit 5 Gemeinden<br />
Nationaltag: 18. November (Tag der Proklamation der Republik Lettland 1918)<br />
Unabhängigkeit: 18. November 1918 (Wiedererlangung: 21. August 1991)<br />
Staatsform/Regierungsform: Parlamentarische Demokratie.<br />
Staatsoberhaupt: Vike-Freiberga, Vaira, Staatspräsidentin (seit 7. Juli 1999)<br />
Regierungschef: Kalvitis, Aigars (seit 2.Dezember .2004); Volkspartei<br />
Außenminister: Pabriks, Artis (seit 21. Juli 2004); Volkspartei<br />
Parlament: Eine Kammer: 8. Saeima mit 100 Abgeordneten, Wahl: 5.Oktober 20<strong>02</strong> <strong>für</strong> vier Jahre<br />
Parlamentspräsidentin: Ingrida Udre (Grüne u. Bauernpartei)<br />
Regierungsparteien: Volkspartei, Neue Zeit, Lettlands Erste Partei und Grüne/Bauern-Union (Koalition<br />
verfügt über 70 von 100 Sitzen im Parlament)<br />
Opposition: Partei der Volksharmonie, Für Vaterland und Freiheit, Menschenrechtsbündnis,<br />
Sozialistische Partei<br />
Verwaltungsstruktur: Zentralstaat mit begrenzter örtlicher Selbstverwaltung<br />
Gewerkschaften: Dachorganisation „Verband der freien Gewerkschaften Lettlands“ mit 24 Einzelgewerkschaften:<br />
Medizinische Betreuung und Krankenpflege, Lettische Eisenbahn,<br />
Bildung und Wissenschaft, Chemische Industrie u.a.<br />
Arbeitgeberverband: Dachorganisation „Arbeitgeberkonföderation Lettlands“ mit 24 Regional- und etlichen<br />
Fachverbänden sowie einigen Einzelunternehmen der privaten Wirtschaft<br />
Mitgliedschaft in internationalen<br />
Organisationen (u.a.): UNO, EU, OSZE, UNCTAD , NATO, IPU (Interparlamentarische Union), IRU<br />
(Internationale Straßentransportunion), UNESCO, FAO (VN-Ernährungs- und<br />
Landwirtschaftsorganisation), ILO (Internationale Arbeitsorganisation), WHO (Weltgesundheitsorganisation), NAKR<br />
(Nordatlantischer Kooperationsrat, später abgelöst durch Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat), Council of Baltic Sea States,<br />
IBRD (Internationale Bank <strong>für</strong> Wiederaufbau und Entwicklung), Economic Committee of Europe, IMF (Internationaler<br />
Währungsfonds), Weltbank), Interpol, UNDP (VN-Entwicklungsprogramm), ECAC (Europäische Zivilluftfahrt-Konferenz),<br />
IMO (Internationale Seeschiffahrts-Organisation), UNICEF, WEU (assoziierter Partner), Europarat, EU-Assoziationsvertrag,<br />
IOM (Internationale Organisation <strong>für</strong> Migration), WTO (Welthandelsorganisation)<br />
Wichtigste Medien: Staatliches Fernsehen Latvijas Televizija mit 2 Kanälen, Privates Fernsehen LNT und<br />
TV3, regionales Fernsehen, Staatliches Radio Latvijas Radio mit 3 Programmen, Private<br />
Radiosender SWH mit drei Programmen, Radio Skonto, Radio Super FM sowie diverse<br />
lokale Stationen<br />
Tageszeitungen: Diena, Latvijas Avize, Neatkariga Rita Avize, Telegraf, Vesti Segodna, Tschas, Rigas<br />
‘Balss, Dienas Bizness, Bizness&Baltija, Latvijas Vestnesis;<br />
Wochenzeitungen:Baltic Times, Subbota, Kommersant<br />
Deutschsprachige Monatszeitung: Baltische Rundschau<br />
Bruttoinlandsprodukt: 8,86 Milliarden Euro (2003)<br />
Pro-Kopf-BIP in Euro: 4216 Euro (2003)<br />
Wechselkurs: 1 Euro entspricht 0,7<strong>02</strong>8 Lats (LVL); 1 LVL entspricht 1,42 Euro (seit Januar <strong>2005</strong>)<br />
Stand: März <strong>2005</strong><br />
Lettland auf einen Blick
PICTURE-ALLIANCE<br />
Treffen in Vilnius: Bundespräsident Köhler und der lettische Präsident Valdas Adamkus<br />
keit an Bewohner, die während der Zugehörigkeit<br />
zur ehemaligen Sowjetunion<br />
zugewandert sind, liberaler gehandhabt<br />
wurde als in den beiden Nachbarstaaten.<br />
Jeder Bewohner Litauens, der die Staatsangehörigkeit<br />
nicht bereits automatisch<br />
kraft Gesetzes erworben<br />
hatte und dies wollte, konnte<br />
die litauische Staatsangehörigkeit<br />
innerhalb von<br />
zwei Jahren auf Antrag erwerben.<br />
Hiervon haben die<br />
meisten Bewohner Gebrauch<br />
gemacht, so dass<br />
sich die Staatsangehörigkeitsfrage<br />
in Litauen nicht<br />
stellt und das Verhältnis<br />
zwischen litauischer Bevölkerung<br />
und Staat sowie zugewanderten<br />
Bewohnern<br />
hierdurch auch nicht belastet<br />
wird. Zu Spannungen<br />
ist es in Litauen nicht im<br />
Verhältnis zur russischen,<br />
sondern während der Ablösung<br />
von der Sowjetunion<br />
mit der polnischen Minderheit<br />
gekommen. Nach<br />
der Ablösung der Moskau<br />
treuen kommunistischen<br />
Funktionäre in den mehrheitlich<br />
von Polen besiedelten<br />
Bezirke hat sich die Lage<br />
aber schon bald normalisiert,<br />
so dass in Litauen heute<br />
auch das Verhältnis zwischen<br />
litauischer und polni-<br />
scher Bevölkerung oder letzterer zum litauischen<br />
Staat unproblematisch ist.<br />
Dagegen haben Estland und Lettland<br />
den Erwerb der Staatsangehörigkeit grundsätzlich<br />
vom Nachweis der Kenntnis der<br />
Landessprache und einer Rechtsprüfung<br />
Riga stimmt zu: Die Saeima ratifizierte am 2. Juni <strong>2005</strong> die EU-Verfassung<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
abhängig gemacht. Die Folge ist, dass<br />
mangels Sprachkenntnis, in den ersten Jahren<br />
allerdings manchmal auch aus freiwilliger<br />
Entscheidung, da das Verlangen von<br />
Sprachkenntnissen als diskriminierend<br />
empfunden wurde, viele Bewohner der<br />
beiden Staaten nach dem Untergang der<br />
Sowjetunion und damit dem Verlust der<br />
sowjetischen Staatsangehörigkeit staatenlos<br />
geworden sind.<br />
Inzwischen hat sowohl in Estland als<br />
auch in Lettland eine nicht geringe Zahl<br />
der Betroffenen die Staatsangehörigkeit<br />
des Aufenthaltsstaats erlangt. Dabei erfolgten<br />
in Estland die meisten Einbürgerungen<br />
mit etwa 20.000 jährlich Mitte der<br />
1990er Jahre, während sich die Zahl anschließend<br />
auf 3.000 bis 4.000 reduzierte.<br />
In Lettland hat der Prozess dagegen, da<br />
das Staatsangehörigkeitgesetz erst später<br />
verabschiedet wurde und zudem bis 1998<br />
auch nicht jeder ehemalige in Lettland lebende<br />
sowjetische Bürger einen Einbürgerungsantrag<br />
stellen konnte, erst später<br />
und zudem schleppend begonnen.<br />
Nach 1.000 Einbürgerungen<br />
im ersten Jahr und 3.000<br />
bis 4.000 Einbürgerungen<br />
von 1996 bis 1998, war ein<br />
deutlicher Anstieg (mehr als<br />
10.000 Einbürgerungen)<br />
nach der Liberalisierung der<br />
Einbürgerungsvoraussetzungen<br />
zu erkennen. Ein erneuter<br />
sprunghafter Anstieg<br />
der Einbürgerungsanträge<br />
und Einbürgerungen<br />
(16.000) erfolgte im Jahr des<br />
EU-Beitritts und scheint sich<br />
im Jahr <strong>2005</strong> fortzusetzen.<br />
Obwohl bis zum Sommer<br />
<strong>2005</strong> knapp 134.000 Bewohner<br />
in Estland, etwa 100.000<br />
Bewohner in Lettland die<br />
Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaats<br />
erworben haben,<br />
ist die Zahl der staatenlosen<br />
Bewohner mit zehn<br />
Prozent der Bevölkerung<br />
oder 142.000 Personen (Estland)<br />
sowie 20 Prozent der<br />
Bevölkerung oder 480.000<br />
Bewohnern (Lettland) weiterhin<br />
hoch, so dass der <strong>Integration</strong>sprozessvoraussichtlich<br />
noch lange Zeit nicht ab-<br />
PICTURE-ALLIANCE<br />
23
24<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Ländername: Lietuvos Respublika (Republik Litauen)<br />
Größe: 65.000 Quadratkilometer, größter der drei baltischen Staaten<br />
Hauptstadt: Wilna, litauisch.: Vilnius (Einwohnerzahl: ca. 650.000)<br />
Bevölkerung: 3,48 Millionen, davon: 83,5% Litauer, daneben Polen (6,7%), Russen (6,3%),<br />
Weißrussen (1,2%), Ukrainer (0,7%), Deutsche (0,09%) und andere Nationalitäten (laut<br />
Volkszählung 2001)<br />
Landessprache: Litauisch<br />
Religionen: weit überwiegend katholisch, daneben protestantisch, russisch-orthodox, jüdisch<br />
Nationalfeiertage: 16. Februar: Wiederherstellung der Souveränität (1918), 6. Juli: Staatsgründung (1253,<br />
Königskrönung von Fürst Mindaugas)<br />
Unabhängigkeit: 16. Februar.1918: Wiederherstellung der Souveränität<br />
11.März 1990: Wiederherstellung der Unabhängigkeit<br />
Staats-/Regierungsform: parlamentarische Demokratie, besondere Kompetenzen des Staatspräsidenten bei<br />
Regierungsbildungen und in der Außenpolitik<br />
Staatsoberhaupt: Staatspräsident Valdas Adamkus (1998 bis Febuar 2003, erneut seit Juli 2004).<br />
Regierungschef: Algirdas Brazauskas (Soz-dem. Koalition), Ministerpräsident seit 2001, sowie - nach<br />
den Wahlen vom 10./24. 0ktober .2004 – seit 14. Dezember 2004<br />
Außenminister: Antanas Valionis, Neue Union (Sozialliberale), seit 2000, erneut 2001 und 2004<br />
Parlament: „Seimas“, Einkammerparlament, 141 Abgeordnete, von denen 71 nach Mehrheits-, 70<br />
nach Verhältniswahlrecht gewählt werden, Vorsitzender seit 2000: Arturas Paulauskas,<br />
(Sozialliberale Union), Neuwahl nach Konstituierung des am 10. und 24. Okktober<br />
2004 gewählten Parlamentes am 15. November.2004; Zusammensetzung der Fraktio<br />
nen: Arbeitspartei 41, Soz.dem. 21, Soz.lib.10, Konservative 26, lib. Zentristen 19,<br />
Union d. Bauern und d. Neuen Demokratie 12, liberale Demokraten (Anhänger des<br />
ehemaligen Präsidenten Paksas) 10, Unabhängige 1.<br />
Regierungsparteien: Seit 14. Dezember .2004: Sozialdemokratische Koalition, Neue Union (Sozialliberale),<br />
Arbeitspartei, Union der Bauern und der Parteien der Neuen Demokratie.<br />
Oppositionsparteien: Konservative Vaterlandspartei, Liberale und Zentrumspartei, liberale Demokraten<br />
Verwaltungsstruktur Zehn Distrikte<br />
Gewerkschaften: Mehrere kleinere und größere Verbände (Strukturen weiterhin im Aufbau)<br />
Mitgliedschaft in internationalen<br />
Organisationen: UNO, OSZE, Europarat, WEU ( als assoziierter Partner), EU, NATO<br />
Wichtigste Medien: Rundfunk: Litauisches Radio (staatlich), M 1 (privat), Radio Centras (privat)<br />
Fernsehen: TV 3 (privat), TV 4 (privat), LNK (privat), LTV (staatlich)<br />
Tageszeitungen: Überregional: Lietuvos Rytas, Kauno Diena, Respublika (litauisch und russisch),<br />
Lietuvos Aidas, Echo Litvy (nur russisch), Kurier Wilenski (nur polnisch);<br />
Wirtschaftstageszeitung: Verslo Zinios.<br />
Wochenzeitschrift: Veidas (ähnlich dem „Spiegel“)<br />
Pro-Kopf-BIP: 5.082 Euro (2004). Zum Vergleich: 4.599 Euro in 2003<br />
Wechselkurs: 1 Euro entspricht 3,4528 Litas; 1 Litas entspricht 0,2896 Euro<br />
Stand: April <strong>2005</strong><br />
Litauen auf einen Blick
geschlossen ist, zumal die Einbürgerung<br />
zwar einen wichtigen Schritt zur <strong>Integration</strong>,<br />
nicht aber unbedingt die <strong>Integration</strong><br />
in die Gesellschaft bedeuten muss.<br />
Um den <strong>Integration</strong>sprozess zu fördern,<br />
wurden in beiden Staaten staatliche<br />
<strong>Integration</strong>sprogramme aufgelegt, mit<br />
deren Hilfe die sprachlich-kommunikativen,<br />
rechtlich-politischen und sozioökonomischen<br />
Hindernisse, die die <strong>Integration</strong><br />
der Angehörigen der nichtestnischen<br />
Bevölkerung erschweren oder vereiteln,<br />
beseitigt werden sollen. Der Ausbau des<br />
Estnisch- und Lettischunterrichts, des<br />
Unterrichts in der jeweiligen Landessprache<br />
in den russischsprachigen Schulen sowie<br />
die Organisation von Sprachkursen<br />
zugunsten Erwachsener machen dabei den<br />
Schwerpunkt der über die speziell hierzu<br />
errichteten <strong>Integration</strong>sstiftungen finanzierten<br />
Projekte aus. Diese Maßnahmen,<br />
die nicht nur aus dem Staatshaushalt, sondern<br />
auch durch die EU mit Phare-Mitteln<br />
sowie von anderen internationalen Organisation<br />
und Staaten gefördert werden,<br />
haben zur sprachlichen <strong>Integration</strong> und<br />
damit auch zur Beschleunigung des Einbürgerungsprozesses<br />
beigetragen.<br />
Dieser Prozess ist indes, wie die Zahlen<br />
belegen, noch lange nicht abgeschlossen.<br />
Soll die frühere Abschottung der russischsprachigen<br />
Bevölkerung gegenüber<br />
der einheimischen estnischen oder lettischen<br />
Bevölkerung aber endgültig der Vergangenheit<br />
angehören und die <strong>für</strong> jeden<br />
Staat gefährliche Existenz von Parallelgesellschaften<br />
vermieden werden, ist über die<br />
sprachliche <strong>Integration</strong> hinaus auch die<br />
soziale und politische <strong>Integration</strong> erforderlich.<br />
Als ein wichtiges Instrument zur<br />
politischen <strong>Integration</strong> hat sich in Estland<br />
das kommunale Ausländerwahlrecht erwiesen,<br />
das auch ohne Einbürgerung eine<br />
politische Partizipation auf lokaler Ebene<br />
ermöglicht. Hierzu hat man sich in Lettland<br />
leider nicht durchringen können. Dank<br />
ihrer zahlenmäßigen Stärke ist die russische<br />
Minderheit allerdings in der Lage,<br />
Vertreter in die kommunalen Gemeindeund<br />
Stadträte sowie auch in das estnische<br />
oder lettische Landesparlament zu entsenden.<br />
Sie kann folglich durch ihre Vertreter<br />
grundsätzlich Einfluss auf den politischen<br />
Entscheidungsprozess nehmen. Erfolg<br />
war den russischen Parlamentsabgeordneten<br />
und Interessenverbänden bei den Be-<br />
mühungen, als diskriminierend empfundene<br />
Veränderungen abzuwehren, in der<br />
Vergangenheit nicht immer beschieden.<br />
Dies gilt vor allem <strong>für</strong> die Reform der<br />
Sekundarstufe in den öffentlichen Schulen,<br />
in der nach dem Willen des estnischen<br />
und des lettischen Gesetzgebers künftig<br />
mindestens 60 Prozent der Fächer obligatorisch<br />
in der Landessprache unterrichtet<br />
werden sollen. In den Reihen der russischsprachigen<br />
Bevölkerung sind diese Regelungen<br />
in beiden Staaten auf harte Kritik<br />
gestoßen. In Estland wurde das Inkrafttreten<br />
dieser Bestimmungen daraufhin auf<br />
das Jahr 2007 vertagt. In Lettland ist die<br />
Reform trotz anhaltender Proteste im September<br />
2004 eingeleitet worden. Darüber,<br />
ob die Reform unter Berücksichtigung der<br />
Vorbereitung von Schülern und Lehrern<br />
schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob<br />
eine gesetzliche Regelung des Verhältnisses<br />
des Unterrichts in der Landes- und in<br />
der Minderheitensprache überhaupt erfolgen<br />
soll und wenn ja, welches Verhältnis<br />
im Interesse der <strong>Integration</strong> zweckmäßig<br />
ist, wird jedoch weiter lebhaft gestritten.<br />
Das Heft 2/3 2004 (54. Jahrgang) der<br />
Zeitschrift Der Bürger im Staat, die die<br />
Landeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung<br />
Baden-Württemberg herausgibt, befasst<br />
sich mit Hintergründen und aktuellen<br />
Entwicklungen zur Situation der baltischen<br />
Staaten.<br />
Die Ausgabe umfasst 15 Beiträge<br />
verschiedener Autoren, die von<br />
geografischen Beschreibungen, über die<br />
Geschchte des Baltikums bis hin zur<br />
aktuellen Eingliederung der drei baltischen<br />
Staaten in die Europäische Union<br />
reicht.<br />
Eine Auswahl der Themen:<br />
Geographischer Überblick und<br />
naturräumliche Gliederung der baltischen<br />
Staaten (Elke Knappe/Christoph<br />
Waack).<br />
Die Rückkehr der baltischen Staaten<br />
nach Europa (Andrejs Urzde).<br />
Die politischen Systeme der<br />
baltischen Staaten (Wolfgang Ismayr).<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Dabei zeigte sich das estnische Parlament<br />
bisher zu Kompromissen bereit,<br />
während das lettische Parlament eher einen<br />
Konfrontationskurs eingeschlagen<br />
hat. Da die Proteste in Lettland anhalten<br />
und auch in Estland, je näher der geplante<br />
Termin des Inkrafttretens kommt, wieder<br />
aufleben könnten, ist auch im Interesse<br />
der Schüler zu hoffen, dass möglichst bald<br />
eine die Beteiligten zufrieden stellende<br />
Lösung gefunden wird, die dann auch die<br />
erforderliche Parlamentsmehrheit erhält.<br />
Gelingt dies nicht, könnte sich schon<br />
bald - neben dem Europarat - auch die<br />
Europäische Union, die seit dem Maastrichter<br />
Vertrag ihren Mitgliedern nicht nur<br />
die Erfüllung wirtschaftlicher Kriterien,<br />
sondern auch die Achtung und den Schutz<br />
von Minderheiten abverlangt, zu befassen<br />
haben. Bei der jüngsten Europawahl wurde<br />
mit Tatjana Zdanoka eine Russin aus<br />
Lettland in das Europaparlament gewählt,<br />
die zum Sprachrohr der russischsprachigen<br />
Bevölkerung werden und dieser in<br />
Brüssel damit auch verstärkt Gehör verschaffen<br />
könnte.<br />
Literaturtipp über das Baltikum<br />
Parteiensysteme in den<br />
baltischen Staaten (Manfred Kerner/Axel<br />
Reetz).<br />
Zur politischen Kultur Litauens (Joachim<br />
Tauber).<br />
Der Weg der baltischen Staaten<br />
in die EU (Wim van Meurs).<br />
Die baltischen Staaten in der<br />
europäischen Arbeitsteilung (Claus-<br />
Friedrich Laaser/Klaus Schrader).<br />
Regionale und transnationale<br />
Zusammenarbeit im Ostseeraum (Ruth<br />
Bördlein).<br />
Balten und Deutsche – Traditionen<br />
und Beziehungen (Michael Garleff).<br />
Der Holocaust in Litauen 1941 bis 1944<br />
(Florian C. Knab).<br />
Bezogen werden kann das Heft bei der<br />
Landeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung<br />
Baden-Württemberg, Stafflenbergstraße<br />
38, 70184 Stuttgart. Fax (0711) 164099-<br />
77, E-Mail: siegfried.frech@lpb.bwl.de,<br />
barbara.bollinger@lpb.bwl.de<br />
25
26<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Daten zur ausländischen Bevölkerung<br />
Die bisher jährlich erscheinende Broschüre „Wir leben in Rheinland-Pfalz - Ausländische<br />
Bevölkerung“ erscheint <strong>2005</strong> nicht. Ihren Platz nimmt der erste <strong>Integration</strong>s- und<br />
Zuwanderungsbericht der Landesregierung ein (siehe Hinweis auf Seite 37). Aufgrund<br />
der vielen Anfragen nach Daten veröffentlichen wir nachfolgend Auszüge zum Thema<br />
Bevölkerung aus dem statistischen Teil dieses Berichtes.<br />
Gesamtzahlen zur ausländischen Bevölkerung<br />
Am 31.12.2004 lebten nach Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) des Bundesverwaltungsamtes 289.499 Ausländerinnen und<br />
Ausländer in Rheinland-Pfalz. Die Differenz von rund 5.000 Personen gegenüber 2003 Zahl ist im Wesentlichen auf eine umfassende<br />
Bereinigung des AZR zurückzuführen. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung in Rheinland-Pfalz lag<br />
Ende 2004 mit 7,1 % weiterhin deutlich unterhalb der <strong>für</strong> das Bundesgebiet errechneten Ausländerquote von 8,1 %.<br />
Veränderungen in der Gesamtzahl der ausländischen<br />
Bevölkerung ergeben sich aus<br />
mehreren Faktoren: dem Wanderungsgeschehen<br />
(Zu- und Abwanderung), der<br />
Zahl der Einbürgerungen und der natürlichen<br />
Bevölkerungsbewegung (Geburten<br />
und Sterbefälle). Ferner finden auch Änderungen<br />
des Ausländer- oder Einbürgerungsrechts<br />
ihren Niederschlag in den Statistiken<br />
zur ausländischen Bevölkerung.<br />
Wie aus der Tabelle zu entnehmen<br />
ist, stieg die ausländische Bevölkerung in<br />
Jahr 1) Gesamtbevölkerung<br />
Ausländische<br />
Bevölkerung<br />
Ausländeranteil<br />
in %<br />
1960 3.397.533 31.233 0,9<br />
1970 3.645.437 101.100 2,8<br />
1980 3.642.482 162.848 4,5<br />
1990 3.763.510 205.458 5,5<br />
1995 3.977.919 291.426 7,3<br />
1996 4.000.567 299.299 7,5<br />
1997 4.017.828 300.352 7,5<br />
1998 4.<strong>02</strong>4.969 299.165 7,4<br />
1999 4.030.773 301.461 7,5<br />
2000 4.034.557 297.076 7,4<br />
2001 4.049.066 297.262 7,3<br />
20<strong>02</strong> 4.057.727 295.626 7,3<br />
2003 4.058.682 294.462 7,3<br />
2004 4.061.105 289.499 2) 7,1 2)<br />
1) jeweils am 31.12. – 2) aufgrund einer Registerbereinigung des<br />
Ausländerzentralregisters ist die Anzahl und der Anteil der ausl.<br />
Bevölkerung im Jahr 2004 nur bedingt mit der jeweiligen Vorjahreszahl<br />
vergleichbar.<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz<br />
Rheinland-Pfalz bis zum Ende der neunziger<br />
Jahre stetig an und hatte im Jahr 1999<br />
mit 301.461 Personen die bisher höchste<br />
Anzahl und mit 7,5 % den bisher höchsten<br />
Bevölkerungsanteil erreicht. Dieser<br />
Zuwachs beruhte in erster Linie auf einer<br />
vermehrten Anzahl von Zuzügen. Die<br />
Verringerung der nicht deutschen Bevölkerung<br />
seit 2000 ist zum Teil auf das seit<br />
Anfang jenes Jahres geltende neue Staatsangehörigkeitsrecht<br />
zurückzuführen, demzufolge<br />
in Deutschland geborene <strong>Kinder</strong><br />
von Ausländern die deutsche Staatsangehörigkeit<br />
erhalten, wenn ihre Eltern bestimmte<br />
aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen<br />
erfüllen. Dadurch hat sich die Zahl<br />
der mit ausländischer Staatsangehörigkeit<br />
geborenen <strong>Kinder</strong> nahezu halbiert.<br />
Ferner haben ein insgesamt geringerer<br />
Saldo aus Zu- und Abwanderung sowie<br />
höhere Einbürgerungszahlen zu einer<br />
konstanten beziehungsweise rückläufigen<br />
Zahl von Menschen ohne deutschen Pass<br />
beigetragen.
Alter in Jahren<br />
Ausländische<br />
Bevölkerung<br />
absolut in %<br />
unter 6 11.510 4,0<br />
6 bis unter 15 33.155 11,5<br />
15 bis unter 30 76.016 26,3<br />
30 bis unter 45 89.767 31,0<br />
45 bis unter 60 51.194 17,7<br />
60 und mehr 27.857 9,6<br />
insgesamt 289.499 100<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-<br />
Pfalz, eigene Berechnungen<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Geschlechterrelation, Altersstruktur in Deutschland geborener Ausländer<br />
Von den Ende 2004 in Rheinland-Pfalz lebenden Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit waren 149.000 Personen (51,5 %)<br />
männlichen und 140.499 Personen (48,5 %) weiblichen Geschlechts. Damit weist die ausländische Bevölkerung einen höheren Anteil<br />
an Männern auf als die Gesamtbevölkerung, in der Frauen mit 51 % die Mehrheit bilden.<br />
Dies ist darauf zurückzuführen, dass in der ersten Phase der Arbeitskräfteanwerbung überwiegend männliche Arbeitsmigranten<br />
nach Deutschland bzw. Rheinland-Pfalz gekommen waren. Allerdings gleicht sich die Geschlechterrelation der nicht deutschen Bevölkerung<br />
immer mehr an die der Gesamtbevölkerung an. In jüngeren Altersgruppen ist diese Angleichung bereits weitgehend erreicht und<br />
belegt den stattgefundenen Einwanderungsprozess.Die nachfolgende Tabelle zeigt, aus welchen Altersgruppen sich die ausländische<br />
Bevölkerung in Rheinland-Pfalz Ende 2004 zusammensetzte. Etwa drei Viertel der Personen mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit<br />
waren im Alter zwischen 15 und 60 Jahren. Nur jede zehnte Person war älter als 60 Jahre.<br />
Die Altersstruktur der nicht deutschen<br />
Bevölkerung unterscheidet sich deutlich<br />
von derjenigen der deutschen Bevölkerung:<br />
die nicht deutsche Bevölkerung ist<br />
im Durchschnitt erheblich jünger. Insbesondere<br />
in den mittleren Altersgruppen<br />
der 15- bis 30-Jährigen und der 30- bis 45-<br />
Jährigen weist die nicht deutsche Bevölkerung<br />
größere Anteile auf. Im Unterschied<br />
dazu ist in der deutschen Bevölkerung der<br />
Anteil älterer Jahrgänge, den über 60-Jährigen,<br />
wesentlich größer. In der unteren<br />
Altersgruppe der unter 15-Jährigen sind<br />
die jeweiligen Anteile nahezu gleich.<br />
Auch im Hinblick auf die Altersstruktur<br />
ist ein Prozess der Angleichung der ausländischen<br />
Bevölkerung an die deutsche<br />
Bevölkerung zu beobachten. Vergleicht<br />
man die Jahre 1990 und 2004, ist der Anteil<br />
der unter 15-Jährigen von 19,5 % auf<br />
15,5 % und der Anteil der 15- bis 30-Jährigen<br />
von 30,2 % auf 26,3 % gesunken.<br />
Aufgrund des geänderten Staatsangehörig-keitsrechts<br />
ist insbesondere in jüngeren<br />
Altersgruppen mit einem weiteren<br />
deutlichen Rückgang zu rechnen. Demgegenüber<br />
hat der Anteil älterer Bevölkerungsgruppen<br />
im gleichen Zeitraum zu-<br />
genommen. Waren Ende 1990 5,8 % der<br />
Menschen mit ausländischem Pass älter als<br />
60 Jahre, ist der Anteil dieser Gruppe Ende<br />
2004 auf 9,6 % angestiegen und wird künftig<br />
weiter wachsen.<br />
Daten zum Anteil der bereits in<br />
Deutschland geborenen Nichtdeutschen<br />
liegen nur <strong>für</strong> das gesamte Bundesgebiet<br />
vor: Ende 2004 ist danach jeder fünfte im<br />
Bundesgebiet lebende Ausländer (20,9 %)<br />
in Deutschland geboren. Deutlich höher<br />
ist dieser Anteil beispielsweise bei türkischen<br />
(34,8 %), italienischen (29,9 %) und<br />
griechischen (27,6 %) Staatsangehörigen.<br />
Zusammensetzung nach Staatsangehörigkeiten<br />
Ende 2004 bildeten türkische Staatsangehörige mit einem Anteil von 24,6 % bei weitem die größte ausländische Personengruppe in<br />
Rheinland-Pfalz. Zweitgrößte Gruppe waren italienische Staatsangehörige (9,7 %), gefolgt von Personen mit der Staatsangehörigkeit<br />
von Serbien und Montenegro (7,6 %), polnischen (4,9 %) und französischen Staatsangehörigen (2,8 %).<br />
Rund ein Drittel aller Ausländerinnen und<br />
Ausländer in Rheinland-Pfalz besaß die<br />
Staatsangehörigkeit eines der 24 EU-Staaten<br />
(ohne Deutschland). Auf die zehn<br />
Staaten, die der EU am 1. Mai 2004 beitraten<br />
sind, entfallen davon 7,3 %. Nahezu<br />
vier von fünf Nichtdeutschen hatten den<br />
Pass eines europäischen Staates. Statistische<br />
Angaben <strong>für</strong> andere ausgewählte<br />
Staatsangehörigkeiten sowie Veränderun-<br />
gen gegenüber den jeweiligen Anteilen in<br />
den Jahren 1995, 2000 und 2003 sind der<br />
nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.<br />
Im Zeitraum 1995 bis 2004 hat sich die<br />
Zusammensetzung der Bevölkerung nach<br />
Staatsangehörigkeiten nur leicht verändert.<br />
Größere Verschiebungen gab es nur bei<br />
wenigen Nationalitäten. Ein Rückgang ist<br />
in diesem Zeitraum vor allem bei bosnischen<br />
Staatsangehörigen, bei Staatsange-<br />
hörigen von Serbien und Montenegro und<br />
bei türkischen Staatsangehörigen zu verzeichnen.<br />
Gestiegene Anteile sind vor allem <strong>für</strong> russische,<br />
ukrainische und irakische Staatsangehörige<br />
festzustellen. Die Anteilswerte <strong>für</strong><br />
2004 sind allerdings nur bedingt mit denen<br />
der Vorjahre vergleichbar, da ihrer Berechnung<br />
eine umfassende Bereinigung<br />
des Ausländerzentralregisters vorausging.<br />
27
28<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Staatsangehörigkeit 1995 1) 2000 1) 2003 1) 2004 1)2)<br />
in % in % in % in % absolut<br />
Europa 80,7 79,3 78,3 78,4 226.863<br />
davon<br />
EU-Staaten 3) 26,1 26,2 25,8 32,8 94.907<br />
darunter<br />
Belgien 0,4 0,5 0,5 0,5 1.492<br />
Frankreich 3,1 2,9 2,8 2,8 7.969<br />
Griechenland 3,0 2,9 2,8 2,7 7.838<br />
Großbritannien und Nordirland 1,5 1,3 1,3 1,3 3.741<br />
Italien 9,9 10,2 9,9 9,7 28.163<br />
Luxemburg 0,5 0,5 0,7 0,8 2.231<br />
Niederlande 1,4 1,4 1,5 1,5 4.393<br />
Österreich 1,9 1,9 1,8 1,8 5.329<br />
Polen 4,0 4,2 4,7 4,9 14.087<br />
Portugal 2,2 2,4 2,4 2,4 6.938<br />
Spanien 1,5 1,4 1,4 1,3 3.839<br />
Ungarn 1,1 1,0 0,9 0,9 2.685<br />
Übrige europäische Staaten 54,6 53,1 52,5 45,6 131.956<br />
darunter<br />
Bosnien-Herzegowina 5,0 1,8 1,9 1,9 5.415<br />
Serbien und Montenegro 10,8 9,1 7,6 7,6 21.879<br />
Kroatien 2,1 2,5 2,5 2,5 7.343<br />
Rumänien 1,1 1,1 1,0 1,0 2.827<br />
Russische Föderation 0,6 1,7 2,7 2,9 8.348<br />
Türkei 25,8 26,3 24,8 24,6 71.203<br />
Ukraine 0,4 1,5 2,0 2,1 6.080<br />
Afrika 4,4 4,1 4,0 3,9 11.435<br />
darunter<br />
Marokko 0,9 1,0 1,0 1,0 2.789<br />
Amerika 3,8 3,9 4,2 4,2 12.219<br />
darunter<br />
USA 2,7 2,5 2,5 2,5 7.293<br />
Asien 10,3 12,0 12,8 12,8 37.146<br />
darunter<br />
China 0,4 0,8 1,1 1,1 3.272<br />
Irak 0,3 1,0 1,5 1,5 4.318<br />
Iran 1,4 1,3 0,9 0,8 2.294<br />
Kasachstan 0,2 0,8 1,1 1,1 3.249<br />
Thailand 0,6 0,9 1,2 1,3 3.736<br />
Vietnam 1,9 1,6 1,5 1,5 4.283<br />
Australien/Ozeanien 0,1 0,1 0,1 0,1 362<br />
Staatenlos, Ungeklärt, ohne Angabe 0,6 0,6 0,6 0,5 1.474<br />
insgesamt 100 100 100 100 289.499<br />
1) jeweils zum 31.12. 2) Der <strong>für</strong> das Jahr 2004 errechneten Ausländerzahl ging eine umfassende<br />
Bereinigung des Ausländerzentralregisters voraus; daher sind die Anteilswerte mit den Vorjahreswerten<br />
nur bedingt vergleichbar. 3) bis 2003: Gebietsstand am 31.12.03; <strong>für</strong> 2004 Gebietsstand ab 01.05.04<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, eigene Berechnungen<br />
Ausländische Bevölkerung nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten Ende 1995, 2000, 2003 und 2004
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Räumliche Verteilung<br />
Der Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtbevölkerung ist in den jeweiligen Verwaltungsbezirken von Rheinland-Pfalz sehr<br />
unterschiedlich. Da der Anteil sehr stark von den vorhandenen Wirtschaftsstrukturen und Erwerbsmöglichkeiten bestimmt wird, ist<br />
er in den kreisfreien Städten des Landes insgesamt mehr als doppelt so hoch wie in den Landkreisen.<br />
2000 2003 2004 1)2)<br />
absolut in % absolut in % 3) absolut<br />
Rheinland-Pfalz 297.076 7,3 294.462 7,3 289.499<br />
Kreisfreie Städte 131.085 127.734 126.352<br />
Frankenthal 6.398 13,4 6.066 12,8 5.745<br />
Kaiserslautern 9.357 9,4 10.009 10,1 10.039<br />
Koblenz 10.798 10,0 10.748 10,0 10.715<br />
Landau 3.574 8,7 3.043 7,3 3.013<br />
Ludwigshafen 34.301 21,1 34.215 21,0 34.155<br />
Mainz 33.209 18,2 33.<strong>02</strong>3 17,8 32.019<br />
Neustadt a. d. Weinstr. 3.218 6,0 3.201 5,9 3.167<br />
Pirmasens 2.399 5,3 2.453 5,6 2.479<br />
Speyer 5.766 11,6 5.860 11,7 5.814<br />
Trier 11.144 4)<br />
11,2 8.335 8,3 8.596<br />
Worms 9.310 11,6 9.091 11,2 8.884<br />
Zweibrücken 1.611 4,5 1.690 4,8 1.726<br />
Landkreise 165.991 166.728 163.147<br />
Ahrweiler 9.220 7,1 9.510 7,3 8.733<br />
Altenkirchen 7.820 5,7 7.568 5,5 7.274<br />
Alzey-Worms 7.241 5,8 7.193 5,7 7.149<br />
Bad Dürkheim 7.305 5,5 7.254 5,4 7.187<br />
Bad Kreuznach 10.724 6,8 10.691 6,7 10.746<br />
Bernkastel-Wittlich 4.572 4,0 4.647 4,1 4.643<br />
Birkenfeld 3.468 3,8 3.710 4,1 3.783<br />
Bitburg-Prüm 3.720 3,9 3.733 3,9 3.673<br />
Cochem-Zell 1.867 2,8 2.052 3,1 1.899<br />
Daun 1.910 3,0 2.<strong>02</strong>5 3,2 1.953<br />
Donnersbergkreis 4.590 5,9 4.344 5,5 4.361<br />
Germersheim 11.486 9,3 11.178 9,0 11.054<br />
Kaiserslautern 4.935 4,5 5.164 4,7 5.078<br />
Kusel 2.382 3,0 2.306 3,0 2.281<br />
Mainz-Bingen 12.259 6,3 12.633 6,4 12.114<br />
Mayen-Koblenz 11.220 5,3 11.598 5,4 11.351<br />
Neuwied 13.571 7,4 12.833 6,9 12.725<br />
Rhein-Hunsrück-Kreis 4.746 4,5 5.273 5,0 5.376<br />
Rhein-Lahn-Kreis 6.757 5,2 6.875 5,3 6.777<br />
Rhein-Pfalz-Kreis 10.060 6,8 9.885 6,7 9.434<br />
Südliche Weinstraße 4.321 4,0 4.355 3,9 4.228<br />
Südwestpfalz 2.853 2,7 2.588 2,5 2.519<br />
Trier-Saarburg 4.665 3,4 5.317 3,8 5.294<br />
Westerwaldkreis 14.299 7,1 13.996 6,9 13.515<br />
1) Den <strong>für</strong> 2004 errechneten Ausländerzahlen <strong>für</strong> die Verwaltungsbezirke ging eine<br />
Bereinigung des Ausländerzentralregisters voraus. Die Zahlen werden nochmals überprüft<br />
und gelten zurzeit nur unter Vorbehalt. Ein Vergleich mit den Zahlen der Vorjahre ist nur<br />
bedingt möglich. 2) Zum Zeitpunkt der Berichterstellung lagen noch keine Daten zur<br />
Gesamtbevölkerung und daher keine Anteilswerte vor. 3)Ausländeranteil bezogen auf die<br />
Gesamtbevölkerung des Verwaltungsbezirks 4) Die Zahlen <strong>für</strong> die Stadt Trier (2000)<br />
schließen ca. 3.000 ungeklärte Fälle ein, die durch die Schließung der<br />
Aufnahmeeinrichtung <strong>für</strong> Asylbegehrende in Ingelheim und die Verlagerung der<br />
Zuständigkeit auf die Einrichtung in Trier verursacht sind.<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz<br />
Ausländische Bevölkerung in den Verwaltungsbezirken 2000, 2003 und 2004 (jeweils zum 31.12. des Jahres)<br />
31
32<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Staatsangehörigkeit der Nichtdeutschen in den Verwaltungsbezirken<br />
Die Tabelle auf der vorangegangenen Seite beinhaltet Zahlen zum Umfang und Anteil der ausländischen Bevölkerung in den einzelnen<br />
Verwaltungsbezirken <strong>für</strong> verschiedene Jahre. Bei den <strong>für</strong> das Jahr 2004 errechneten Zahlen ist zu beachten, dass ihnen eine<br />
umfassende Bereinigung des Ausländerzentralregisters (AZR) vorausging und ein Vergleich mit den Zahlen der Vorjahre daher nur<br />
bedingt möglich ist. Zudem werden die Zahlen <strong>für</strong> die Verwaltungsbezirke nochmals überprüft und gelten somit zurzeit nur unter<br />
Vorbehalt. Da zum Zeitpunkt der Berichterstellung noch keine Daten zur Gesamtbevölkerung in den Verwaltungsbezirken vorlagen,<br />
konnten <strong>für</strong> das Jahr 2004 noch keine Anteilswerte <strong>für</strong> die ausländische Bevölkerung errechnet werden.<br />
Land der Staatsangehörigkeit<br />
Türkei Italien Serbien und Polen Frankreich Griechen-<br />
Montenegro<br />
land<br />
absolut in % 1) in % 1) in % 1) in % 1) in % 1) in % 1)<br />
Rheinland-Pfalz 289.499 24,6 9,7 7,6 4,9 2,8 2,7<br />
Kreisfreie Städte<br />
Frankenthal 5.745 32,3 23,5 7,0 4,2 1,2 4,1<br />
Kaiserslautern 10.039 9,4 7,6 4,2 4,5 2,8 1,3<br />
Koblenz 10.715 19,4 4,7 7,9 4,3 1,8 1,2<br />
Landau 3.013 13,8 8,2 8,9 6,3 9,6 2,5<br />
Ludwigshafen 34.155 30,5 18,5 7,7 3,3 1,1 6,9<br />
Mainz 32.019 21,1 13,5 4,6 3,6 2,0 1,9<br />
Neustadt a. d. Weinstr. 3.167 28,4 6,7 5,9 5,5 5,7 3,2<br />
Pirmasens 2.479 17,3 8,6 10,5 7,1 4,4 2,5<br />
Speyer 5.814 17,7 9,8 10,5 5,0 5,0 1,9<br />
Trier 8.596 4,5 4,3 4,7 4,5 8,6 1,8<br />
Worms 8.884 42,4 6,6 2,4 4,4 1,9 5,4<br />
Zweibrücken 1.726 8,5 10,2 8,2 5,0 4,6 2,9<br />
Landkreise<br />
Ahrweiler 8.733 22,0 6,1 13,8 4,6 2,0 2,7<br />
Altenkirchen 7.274 39,2 7,5 6,5 4,8 0,8 4,7<br />
Alzey-Worms 7.149 35,5 7,6 5,6 6,1 2,3 1,9<br />
Bad Dürkheim 7.187 25,4 7,9 7,8 7,8 3,9 4,6<br />
Bad Kreuznach 10.746 35,4 6,2 4,8 5,5 2,1 1,0<br />
Bernkastel-Wittlich 4.643 15,5 4,1 13,8 7,8 5,9 1,3<br />
Birkenfeld 3.783 5,8 5,3 9,6 6,5 2,2 1,3<br />
Bitburg-Prüm 3.673 3,9 4,6 6,9 5,4 3,4 1,4<br />
Cochem-Zell 1.899 9,5 6,2 9,3 7,1 2,7 1,7<br />
Daun 1.953 17,1 5,2 9,2 9,5 2,2 1,5<br />
Donnersbergkreis 4.361 35,7 5,4 9,1 5,0 2,1 1,4<br />
Germersheim 11.054 39,2 5,4 6,3 4,7 2,8 2,1<br />
Kaiserslautern 5.078 14,1 7,1 6,7 6,3 3,6 1,5<br />
Kusel 2.281 13,6 6,2 11,4 4,6 3,8 3,0<br />
Mainz-Bingen 12.114 22,1 12,8 3,5 5,7 2,4 2,4<br />
Mayen-Koblenz 11.351 24,1 8,2 10,2 4,4 2,3 1,3<br />
Neuwied 12.725 27,0 7,6 11,8 4,3 1,4 1,6<br />
Rhein-Hunsrück-Kreis 5.376 16,7 4,6 10,3 4,2 2,1 1,0<br />
Rhein-Lahn-Kreis 6.777 23,0 8,6 13,5 4,4 2,2 1,3<br />
Rhein-Pfalz-Kreis 9.434 31,7 13,4 7,2 5,0 2,7 3,0<br />
Südliche Weinstraße 4.228 20,0 7,3 6,7 8,4 7,1 3,8<br />
Südwestpfalz 2.519 6,6 6,1 9,7 7,1 7,8 2,6<br />
Trier-Saarburg 5.294 7,4 5,0 9,7 5,1 10,4 0,9<br />
Westerwaldkreis 13.515 36,3 9,7 9,5 6,0 1,0 1,3<br />
1) bezogen auf die Gesamtheit der ausländischen Bevölkerung im jeweiligen Verwaltungsbezirk<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz<br />
Ausländische Bevölkerung nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten in den Verwaltungsbezirken 2004
Ende 2003 lebten die meisten Nichtdeutschen<br />
in den industriellen Ballungszentren<br />
Ludwigshafen und Mainz mit<br />
Anteilen von 21,0 % bzw. 17,8 % an der<br />
Gesamtbevölkerung. Zweistellige Ausländeranteile<br />
waren zudem <strong>für</strong> die kreisfreien<br />
Städte Frankenthal (12,8 %), Speyer<br />
(11,7 %), Worms (11,2 %), Kaiserslautern<br />
(10,1 %) und Koblenz (10,0 %) zu verzeichnen.<br />
Unter dem Landesdurchschnitt<br />
von 7,3 % lagen die kreisfreien Städte<br />
Zweibrücken (4,8 %), Pirmasens (5,6 %)<br />
und Neustadt an der Weinstraße (5,9 %).<br />
Auch unter den Landkreisen gab es hinsichtlich<br />
des Ausländeranteils große<br />
Schwankungen. Den Landesdurchschnitt<br />
erreichten oder überschritten nur die Landkreise<br />
Ahrweiler (7,3 %) und Germersheim<br />
(9,0 %). Die geringsten Anteile entfielen<br />
auf die Landkreise Südwestpfalz (2,5 %),<br />
Kusel (3,0 %), Cochem-Zell (3,1 %) und<br />
Daun (3,2 %). Im Jahr 2004 werden sich<br />
die Ausländeranteile infolge der Bereinigung<br />
des AZR vermutlich generell leicht<br />
verringern. Hinsichtlich der regionalen<br />
Unterschiede werden sich aber nur geringfügige<br />
Veränderungen ergeben.<br />
Erhebliche regionale Unterschiede bestehen<br />
auch im Hinblick auf die Verteilung<br />
der verschiedenen Nationalitäten. In<br />
der vorangegangenen Tabelle wird dies am<br />
Beispiel der sechs größten Gruppen ersichtlich.<br />
So nimmt der Anteil von türkischen<br />
Staatsangehörigkeiten an der nicht<br />
deutschen Bevölkerung eine Spannbreite<br />
ein zwischen sehr hohen Werten von etwa<br />
40 % – so in der kreisfreien Stadt Worms<br />
(42,4 %) und den Landkreisen Altenkirchen<br />
und Germersheim (jeweils 39,2 %)<br />
– und sehr niedrigen Werten von unter<br />
5 % – so in der kreisfreien Stadt Trier<br />
(4,5 %) und im Landkreis Bitburg-Prüm<br />
(3,9 %).<br />
Einen überproportionalen Anteil von<br />
Personen mit italienischem Pass gibt es<br />
insbesondere in den kreisfreien Städten<br />
Frankenthal (23,5 %) und Ludwigshafen<br />
(18,5 %). Größere Gruppen von Staatsangehörigen<br />
Serbiens und Montenegros<br />
leben vor allem in den Landkreisen Ahrweiler<br />
und Bernkastel-Wittlich (jeweils<br />
13,8 %). Die höchsten Anteile von Personen<br />
aus Polen an der nicht deutschen Bevölkerung<br />
befinden sich in den Landkrei-<br />
Jahr Zuzüge Fortzüge Saldo Jahr Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl<br />
1980 31.238 19.<strong>02</strong>9 12.209 1993 56.093 35.721 20.372<br />
1981 23.216 19.801 3.415 1994 46.444 39.431 7.013<br />
1982 19.744 21.013 -1.269 1995 46.505 34.417 12.088<br />
1983 16.959 20703 -3.744 1996 41.998 30.193 11.805<br />
1984 18.962 23.787 -4.825 1997 37.783 32.153 5.630<br />
1985 22.342 19.205 3.137 1998 37.439 36.171 1.268<br />
1986 25.212 18.447 6.765 1999 41.178 38.641 2.537<br />
1987 25.150 19.050 6.100 2000 39.172 38.204 968<br />
1988 35.217 21.857 13.360 2001 42.270 31.010 11.260<br />
1989 45.062 29.293 15.769 20<strong>02</strong> 39.707 30.588 9.119<br />
1990 54.458 31.473 22.985 2003 34.366 28.608 5.758<br />
1991 59.272 28.692 30.580 2004 32.718 28.569 4.149<br />
1992 62.940 34.001 28.939<br />
Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
sen Daun (9,5 %) und Südliche Weinstraße<br />
(8,4 %). Zu den Kommunen mit<br />
einem seit langem hohen Anteil von französischen<br />
Staatsangehörigen zählen die<br />
kreisfreien Städte Landau (9,6 %) und Trier<br />
(8,6 %) sowie der Landkreis Trier-Saarburg<br />
(10,4 %). Griechinnen und Griechen sind<br />
vor allem in den industriellen Ballungsräumen<br />
der Städte Ludwigshafen (6,9 %)<br />
und Worms (5,4 %) sowie im Landkreis<br />
Altenkirchen (4,7 %) relativ stark vertreten.<br />
Im Vergleich zur ausländischen Wohnbevölkerung<br />
des gesamten Bundesgebiets<br />
weist Rheinland-Pfalz einen überproportionalen<br />
Anteil von italienischen Staatsangehörigen<br />
(9,7 % gegenüber 8,2 % im<br />
Bundesgebiet), französischen Staatsangehörigen<br />
(2,8 % gegenüber 1,5 %) und polnischen<br />
Staatsangehörigen (4,9 % gegenüber<br />
4,3 %) auf. Demgegenüber ist der<br />
Anteil von türkischen Staatsangehörigen<br />
(24,6 % gegenüber 26,3 %) und griechischen<br />
Staatsangehörigen (2,7 % gegenüber<br />
4,7 %) geringer. Derselbe Anteil von 7,6 %<br />
errechnet sich <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz und das<br />
Bundesgebiet bei den Staatsangehörigen<br />
Serbiens und Montenegros.<br />
Zuzüge und Fortzüge von Ausländerinnen und Ausländern über die Landesgrenzen von Rheinland-Pfalz sowie<br />
Wanderungssaldo 1980 bis 2004<br />
Asylzuwanderung<br />
Im Jahr 2004 haben in Rheinland-Pfalz 1668 Menschen einen Antrag auf Asyl nach Artikel 16 a Grundgesetz gestellt. Das ist die<br />
niedrigste Asylbewerberzahl seit 1983. Unter den zehn Hauptherkunftsländern der Asylsuchenden belegten im Jahr 2004 die Türkei<br />
den ersten Platz, gefolgt von Serbien und Montenegro sowie der Russischen Föderation. Anerkannt wurden im Jahr 2004 4,8 % der<br />
entschiedenen Asylanträge. Die nach einer erfolgten Ablehnung durch Gerichte ausgesprochenen Anerkennungen sind hier nicht<br />
enthalten. Im Jahre 2003 lag die Anerkennungsquote bei 5,0 %.<br />
33
34<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Wege zurück zum Pass<br />
Was tun bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit<br />
durch Aberkennung? Ein kurzer Ratgeber<br />
Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit<br />
wurde durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes<br />
zum 1. Januar 2000<br />
neu geregelt. Vor diesem Zeitpunkt trat<br />
der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit<br />
unter anderem durch den Erwerb<br />
einer ausländischen Staatsangehörigkeit<br />
ein, wenn die betreffende Person weder<br />
ihren Wohnsitz noch ihren dauernden<br />
Aufenthalt in Deutschland hatte.<br />
Deshalb konnten in der Vergangenheit<br />
Migrantinnen und Migranten, zum Beispiel<br />
aus der Türkei, nachdem sie zunächst<br />
unter Aufgabe ihrer türkischen Staatsangehörigkeit<br />
eingebürgert worden waren,<br />
durch den anschließenden Wiedererwerb<br />
der türkischen Staatsangehörigkeit die<br />
deutsche Staatsangehörigkeit nicht verlieren,<br />
sofern sie ihren Wohnsitz und dauernden<br />
Aufenthalt in Deutschland hatten<br />
(Inlandsklausel).<br />
Diese so genannte Inlandsklausel ist<br />
mit der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechtes<br />
(StAG)aufgehoben worden.<br />
Nach den neuen Regelungen verlieren<br />
Deutsche automatisch mit dem Erwerb<br />
einer ausländischen Staatsangehörigkeit die<br />
deutsche Staatsangehörigkeit, sofern der<br />
Erwerb der ausländischen Staatsanghörigkeit<br />
auf eigenen Antrag erfolgt ist. Auf<br />
Grund dieser Neuregelung haben beispielsweise<br />
eingebürgerte Migrantinnen und<br />
Migranten aus der Türkei ihre deutsche<br />
Staatsangehörigkeit verloren, wenn sie<br />
nach ihrer Einbürgerung die türkische<br />
Staatsangehörigkeit wieder erworben haben.<br />
Dieser Verlust ist mit dem Datum<br />
des Wiedererwerbs der türkischen Staats-<br />
In Rheinland-Pfalz 2000 Betroffene: Einbürgerungsurkunde und Pässe<br />
angehörigkeit kraft Gesetzes und damit<br />
automatisch eingetreten.<br />
Schätzungen gehen davon aus, dass<br />
bundesweit 50.000 Personen betroffen<br />
sind, davon rund 2000 in Rheinland Pfalz.<br />
Was sind die Folgen des Verlustes<br />
Sie sind keine Deutsche bzw. kein<br />
Deutscher mehr, besitzen aber die Staatsangehörigkeit<br />
Ihres Heimatstaates. Es<br />
empfiehlt sich nicht, diese Staatsangehörigkeit<br />
nun unmittelbar aufzugeben. Denn<br />
dadurch können Sie den eingetretenen<br />
Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit<br />
nicht rückgängig machen, sondern würden<br />
staatenlos werden.<br />
Als Ausländerin/Ausländer (auch als<br />
Staatenlose/Staatenloser) benötigen Sie<br />
einen Aufenthaltstitel. Ihnen steht als ehemalige<br />
Deutsche/ehemaliger Deutscher<br />
ein Aufenthaltsrecht zu, und Ihre bisherigen<br />
Aufenthaltszeiten gelten auch nicht als<br />
unterbrochen. Die Zeiten, in denen Sie<br />
über einen Anspruch nach dem Beschluss<br />
Nr. 1/80 des Assozationsrates EWG/<br />
Türkei verfügten, werden ebenfalls mitberücksichtigt.<br />
Was muss ich jetzt tun?<br />
Eingebürgerte Migrantinnen und Migranten<br />
aus der Türkei sind bereits von<br />
der <strong>für</strong> sie zuständigen Meldebehörden<br />
angeschrieben worden. Darin werden sie<br />
aufgefordert, die ihnen zugesandten Frageboögen<br />
auszufüllen und bis zum 1. August<br />
<strong>2005</strong> an die Meldebehörde zurückzusenden.<br />
Die Rücksendung des Fragebogens<br />
gilt gleichzeitig als Antrag auf Erteilung<br />
eines Aufenthaltstitels, wenn Sie zu<br />
dem Personenkreis gehören, der durch die<br />
Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit<br />
die deutsche Staatsangehörigkeit<br />
verloren hat. In diesem Fall wird nach<br />
Rücksendung des Bogens an die Meldebehörde<br />
die <strong>für</strong> Sie zuständige Ausländerbehörde<br />
mit Ihnen Kontakt aufnehmen.<br />
Welchen Aufenthaltstitel bekomme ich?<br />
Gemäß den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes<br />
(AufenthG) und des Erlasses<br />
des <strong>Ministerium</strong>s des Innern und<br />
<strong>für</strong> Sport wird in der Regel eine Niederlas-<br />
sungserlaubnis (unbefristet) erteilt, sofern<br />
die Voraussetzungen vorliegen, ansonsten<br />
eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Wenn<br />
ausnahmsweise ein Aufenthaltstitel nicht<br />
direkt erteilt werden kann, erhalten Sie eine<br />
Fiktionsbescheinigung nach Paragraf 81<br />
Abs. 3 AufenthG. Dies bedeutet, der Aufenthalt<br />
gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde<br />
als erlaubt.<br />
Es ist aber auch möglich, dass Ihnen<br />
unter Anrechnung sämtlicher Voraufenthaltszeiten<br />
eine Niederlassungserlaubnis<br />
erteilt wird. Da<strong>für</strong> müssen die Voraussetzungen<br />
nach Paragraf 9 Aufenthaltsgesetz<br />
vorliegen. Sie müssen unter anderem seit<br />
DPA
fünf Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis<br />
gewesen sein, es dürfen keine<br />
Straftaten begangen worden sein, Ihr Lebensunterhalt<br />
muss gesichert sein und Sie<br />
müssen über ausreichende Kenntnisse der<br />
deutschen Sprache verfügen. Auf die Frist<br />
des fünfjährigen Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis<br />
können die Zeiten vor der<br />
Einbürgerung angerechnet werden, da die<br />
Aufenthaltszeiten als Deutsche/r nicht als<br />
Unterbrechung anzusehen sind.<br />
Die Einzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen<br />
über den Zeitraum von<br />
fünf Jahren muss nicht erfolgt sein und<br />
Grundkenntnisse über die Rechts- und<br />
Gesellschaftsordnung müssen nicht nachgewiesen<br />
werden.<br />
Rechtsanspruch auf Erteilung einer<br />
Niederlassungserlaubnis nach Paragraf 38<br />
Aufenthaltsgesetz haben Sie, wenn Sie seit<br />
fünf Jahren als Deutsche/r ununterbrochen<br />
Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in<br />
Deutschland hatten. Von der Sicherung des<br />
Lebensunterhaltes kann abgesehen werden,<br />
die Sechs-Monatsfrist <strong>für</strong> die Beantragung<br />
des Aufenthaltstitels beginnt im<br />
Zweifel erst dann zu laufen, wenn Sie das<br />
Anschreiben von der Meldebehörde erhalten<br />
haben. Wenn Sie die Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis<br />
nicht erfüllen, haben Sie Anspruch<br />
auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis.<br />
Beide Aufenthaltstitel (Nach Paragraf<br />
9 und Paragraf 38 AufenthG) berechtigen<br />
kraft Gesetzes zur Ausübung einer Beschäftigung.<br />
Dies gilt auch innerhalb der<br />
Antragsfrist sowie nach Antragstellung bis<br />
zur Entscheidung über den Antrag auf<br />
Erteilung eines Aufenthaltstitels.<br />
Ist eine erneute Einbürgerung möglich?<br />
Erst wenn Sie im Besitz eines Aufenthaltstitels<br />
sind, ist eine erneute Einbürge-<br />
Emine aus Incesu<br />
Dokumentarfilm über die Geschichte einer Migration<br />
Türkische Sprachfetzen und der Ruf des<br />
Muezzin, im Schneideraum werden gerade<br />
noch die letzten Töne angelegt. Dann<br />
geht es ins Tonstudio <strong>für</strong> die Sprachaufnahme.<br />
Eine Schauspielerin synchronisiert<br />
dort die Interviews von Emine, einer<br />
in Deutschland lebenden Türkin aus dem<br />
Dorf Incesu, die im Mittelpunkt des neuen<br />
Films der Essenheimer Filmproduzentin<br />
Barbara Trottnow steht. Im September<br />
wird der 60-minütige Doku-Film fertig<br />
und <strong>für</strong> Vorführungen verfügbar sein.<br />
Der Film erzählt die Geschichte von<br />
Emine, 1948 im kleinen türkischen Dorf<br />
Incesu geboren. Nur zwei Jahre durfte sie<br />
die Schule besuchen. Sie war gerade 18 Jahre<br />
alt, als sie 1966 Incesu verließ, um allein<br />
nach Deutschland zu gehen und dort zu<br />
arbeiten. Händeringend suchten die deutschen<br />
Unternehmen damals Arbeitskräfte<br />
<strong>für</strong> das Wirtschaftswunderland. 1961<br />
schlossen Deutschland und die Türkei einen<br />
Anwerbevertrag. Tausende Menschen<br />
verließen darauf hin ihre Heimat, um Lükken<br />
auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu<br />
schließen. Zwanzig Prozent der Arbeitsmigranten<br />
aus der Türkei waren in den ersten<br />
Jahren Frauen, fast alle kamen allein.<br />
Obwohl ihre Verträge anfangs befristet<br />
waren, kehrten die meisten sogenannten<br />
Gastarbeiter nie zurück. Die Arbeitgeber<br />
wollten ihre bewährten und gut eingearbeiteten<br />
Arbeitskräfte nicht schon nach<br />
kurzer Zeit wieder austauschen. Auch<br />
Emine ist in Deutschland geblieben. Sie<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
rung bei Erfüllung der Voraussetzungen<br />
nach den geltenden Regelungen des StAG<br />
möglich. Hierzu gehört unter anderem,<br />
dass Ihr Lebensunterhalt gesichert sein<br />
muss und dass Sie bereit sein müssen, Ihre<br />
Staatsangehörigkeit aufzugeben. Hinsichtlich<br />
der erforderlichen ausreichenden<br />
Kenntnisse der deutschen Sprache sehen<br />
die Einbürgerungsbehörden von einer<br />
Prüfung ab, wenn eine Feststellung der<br />
Sprachkenntnisse im früheren Einbürgerungsverfahren<br />
bereits erfolgte.<br />
Regelungen <strong>für</strong> <strong>Kinder</strong> und Jugendliche<br />
<strong>Kinder</strong> von Migrantinnen und Migranten,<br />
deren Erwerb einer ausländischen<br />
Staatsangehörigkeit automatische Folge<br />
des Wiedererwerbs dieser Staatsangehörigkeit<br />
durch einen Elternteil war, haben ihre<br />
deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren,<br />
weil die ausländische Staatsangehörigkeit<br />
nicht auf eigenen Antrag erfolgte.<br />
hat drei erwachsene <strong>Kinder</strong> und vier Enkel.<br />
Während eines Urlaubs heiratete sie<br />
einen Mann aus ihrem Dorf, eine von den<br />
Vätern vermittelte Ehe. Sie selbst sah ihren<br />
Verlobten vor der Hochzeit nur einmal<br />
aus der Ferne. Mit nun 56 Jahren blickt<br />
Emine kritisch auf ihr Leben zurück.<br />
Das Filmteam wurde überall im Dorf<br />
freundlich aufgenommen, und Emine war<br />
natürlich auch da. Ein Motiv <strong>für</strong> Kameramann<br />
Rüdiger Kortz bildete das Elternhaus<br />
von Emine, einst ein stattliches Gebäude,<br />
in dem eine große <strong>Familie</strong> lebte.<br />
Emine war die älteste von sechs <strong>Kinder</strong>n,<br />
und auch die Großeltern und die Onkeln<br />
und Tanten gehörten zum Haushalt. Heute<br />
ist es nur noch eine Ruine. Gleich ne-<br />
Ausgewandert mit 18: Blick auf Emines Heimatdorf Incesu und seine Umgebung<br />
TROTTNOW-FILMPRODUKTION<br />
35
36<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
benan steht ein kleineres Gebäude, das die<br />
<strong>Familie</strong> in den Ferien bewohnt. Aber oft<br />
bleibt es mehrere Jahre leer, denn jedes Jahr<br />
kann Emine sich die Reise nicht leisten.<br />
Der Flug ist teuer, und ohne Geschenke<br />
mag sie auch nicht zurückkommen.<br />
Temperamentvoll erzählt Emine im<br />
Film, welche Ratschläge die Oma ihr mit<br />
auf den Weg nach Deutschland gab. Eine<br />
junge Frau darf vor der Hochzeit keinen<br />
Kontakt mit Männern haben, sagte sie.<br />
Damit kein Mann sie attraktiv findet und<br />
anspricht, solle sie in der Fremde einen<br />
Mantel tragen, der sie wie eine alte Frau<br />
aussehen lässt. Heute kann Emine darüber<br />
lachen, damals hörte sie auf die Worte.<br />
Die Dreharbeiten gingen in Deutschland<br />
weiter. Emines Arbeitgeber genehmigte<br />
Aufnahmen an ihrem Arbeitsplatz.<br />
Emine montiert Einkaufswagen <strong>für</strong> Supermärkte.<br />
Das <strong>Familie</strong>nunternehmen versucht,<br />
auf individuelle Kundenwünsche<br />
einzugehen und hat daher die Produktion<br />
noch nicht ganz automatisiert.<br />
Emines <strong>Kinder</strong> sind stolz auf ihre<br />
Mutter. Sohn Nazif findet es sehr mutig,<br />
dass seine Mutter allein nach Deutschland<br />
gekommen ist, ohne ein Wort Deutsch zu<br />
können. Und Tochter Dilek weiß, wie sehr<br />
sie davon profitiert, dass ihre Mutter damals<br />
all die Schwierigkeiten auf sich genommen<br />
hat. Die drei <strong>Kinder</strong> sprechen<br />
perfekt Deutsch, haben die Schule abgeschlossen<br />
und Berufsausbildungen gemacht.<br />
Nur Emine hat nie richtig Deutsch<br />
gelernt. Sie kann sich verständigen, und<br />
auch <strong>für</strong> das Gespräch mit den Arbeits-<br />
kolleginnen reicht es. Aber während der<br />
Interviews spricht sie Türkisch. In den<br />
Betrieben gab es anfangs Dolmetscher,<br />
später fehlte ihr die Zeit <strong>für</strong> Sprachkurse.<br />
Wenn sie müde von der Arbeit nach Hause<br />
kam, warteten Haushalt und <strong>Kinder</strong><br />
auf sie. Heute meint sie, es sei dumm gewesen,<br />
sich nicht die Zeit zum Lernen zu<br />
nehmen. Überhaupt würde sie jetzt vieles<br />
anders machen, oft etwas egoistischer sein.<br />
Der Film zeigt Alltagsszenen aus dem<br />
Dorf und ermöglicht Vergleiche zwischen<br />
dem Leben dort und hier. Dabei wird deutlich,<br />
wie groß der Sprung ist, den Emine<br />
gewagt hat, und welchen Spagat sie noch<br />
immer versucht. Die <strong>Kinder</strong> von Emine<br />
haben sich das Leben in Deutschland nicht<br />
ausgesucht, sie sind hier geboren und<br />
wollen nicht in das Dorf, wahrscheinlich<br />
noch nicht einmal in das Land ihrer Eltern-<br />
Reden über Gewalt<br />
Faltblatt in türkischer Sprache erschienen<br />
Über einen sexuellen Übergriff oder eine<br />
Vergewaltigung, aber auch über<br />
Trennungs- und Scheidungsprobleme<br />
zu sprechen ist <strong>für</strong> Mädchen und Frauen<br />
ein großer Schritt. Umso mehr,<br />
wenn die Betroffenen einen anderen<br />
kulturellen Hintergrund haben und<br />
Sprachschwierigkeiten hinzukommen.<br />
Durch das jetzt herausgegebene<br />
Faltblatt in türkischer Sprache will das<br />
Verwandtenbesuch mit dem Filmteam: Emine kehrte <strong>für</strong> die Dokumentation heim in ihr Dorf<br />
Mainzer Neustadt-Projekt in Kooperation<br />
mit den Mitarbeiterinnen des Mainzer<br />
Frauenzentrums und der dort angesiedelten<br />
Fachstelle <strong>für</strong> Gewalt noch stärker<br />
deutlich machen, dass das Angebot<br />
der Einrichtung auch <strong>für</strong> Migrantinnen<br />
offen steht.<br />
Das Faltblatt gibt es beim Frauenzentrum<br />
Mainz e.V, Walpodenstraße 10,<br />
55116 Mainz, Telefon: 06131/221263.<br />
zurückkehren, zu groß sind die Unterschiede.<br />
Emine hat sich lange vorgestellt, im Alter<br />
wieder in der Türkei zu leben. Aber daran<br />
glaubt sie nicht mehr, ihre <strong>Kinder</strong> werden<br />
in Deutschland bleiben, und da möchte<br />
sie doch lieber in ihrer Nähe sein.<br />
Barbara Trottnow wirbt mit diesem<br />
Film <strong>für</strong> mehr Verständnis und Geduld,<br />
<strong>für</strong> mehr Zeit und Gelassenheit auf dem<br />
Weg zur <strong>Integration</strong>. Vor allem die junge<br />
Generation braucht die Chance, etwas Neues<br />
entstehen zu lassen. Reine Anpassung<br />
an die vorgefundenen Lebensumstände<br />
sind genauso wenig ihr Weg, wie das gedankenlose<br />
Bewahren alter Traditionen.<br />
Frauen wie Emine sind unsere Nachbarin,<br />
unsere Kollegin, aber die wenigsten<br />
kennen sie so gut, dass sie sie nach ihrem<br />
Lebensweg, ihrem Schicksal fragen. Wer<br />
um ihre Geschichte weiß, wird toleranter<br />
gegenüber Zugewanderten sein, und<br />
Menschen wie Emine mit mehr Respekt<br />
begegnen. Der Film ermöglicht Migranten-<strong>Kinder</strong>n<br />
zudem, stolz auf Herkunft<br />
und Lebensleistung ihrer Eltern zu sein.<br />
Und Manches aus dem Alltag eines türkischen<br />
Dorfes zu erfahren, das sie selbst<br />
nie kennengelernt haben.<br />
Emine erzählt mit einer verblüffenden<br />
Ehrlichkeit ihre Geschichte. Das Filmteam<br />
ist stolz auf das Vertrauen, das sie ihnen<br />
entgegen gebracht hat. Und froh, dass sie<br />
gerade ihnen ihre Lebensgeschichte<br />
anvertraut hat. Ab September sind Kopien<br />
dieses Films als DVD und Videokassette<br />
erhältlich. Dann wird es auch möglich sein,<br />
den Film bei Veranstaltungen einzusetzen.<br />
Infos im Internet unter:<br />
www.bt-medienproduktion.de<br />
TROTTNOW-FILMPRODUKTION
Vorbilder machen Mut<br />
Es kann auch klappen: Bei einem Berufsorientierungsabend<br />
der Saarburger Caritas-Initiative EmMA<br />
berichteten Migranten von Erfolgen bei der Jobsuche<br />
Es waren mehr als 60 Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer, die meisten unter ihnen<br />
junge Erwachsene, die den Weg ins Haus<br />
Fetzenreich in Trier fanden. Dorthin hatten<br />
der Jugendmigrationsdienst des Regionalcaritasverbandes<br />
Trier und seine Außenstelle<br />
Saarburg eingeladen. Das Motto<br />
des Abends: „Einwanderer machen Mut<br />
zur Ausbildung“ (EmMA).<br />
Angesprochen wurden junge Migrantinnen<br />
und Migranten der 8. und 9. Klassen<br />
der Hauptschulen, des Berufsvorbereitungsjahres<br />
und andere Ausbildungsplatzsuchende.<br />
Sie erhielten kompakte Informationen<br />
rund um die Ausbildung.<br />
Von Experten aus verschiedenen Berufsfeldern,<br />
die vor oder während der Ausbildung<br />
wichtig sein können; von der Berufsbildenden<br />
Schule EHS in Trier, der<br />
Agentur <strong>für</strong> Arbeit, der Industrielehrwerkstatt,<br />
der Handwerkskammer und von<br />
Lernen Fördern.<br />
Noch wichtiger war aber die Rolle von<br />
fünf jungen Migrantinnen und Migranten,<br />
die als Vorbilder auftraten: junge Leute<br />
aus den Herkunftsländern Kasachstan,<br />
Kirgisien und der Ukraine, die trotz mancher<br />
Hindernisse einen Ausbildungsplatz<br />
gesucht und gefunden hatten.<br />
Ihre „Karriere“ stellten sie selbst in kurzen<br />
Interviews vor: Zum Beispiel Valentina<br />
aus Kasachstan, die im Praktikum einen so<br />
guten Eindruck machte, dass sie eine Ausbildungsstelle<br />
als Arzthelferin bekam – obwohl<br />
sie „nur“ einen Hauptschulabschluss<br />
vorzeigen konnte und dort eigentlich eine<br />
Realschülerin gewünscht war. Oder Volodimir<br />
aus der Ukraine, der nach vielen Bewerbungen<br />
nun eine überbetriebliche Ausbildung<br />
als Teilezurichter begonnen hat.<br />
Oder Alexander aus Kirgisien, der erst<br />
bei der Wiederholung des Berufsvorbereitungsjahres<br />
„zündete“ und jetzt nach<br />
einer erfolgreichen Ausbildungszeit im<br />
Traumberuf Kfz-Mechaniker arbeitet.<br />
Fünf junge Migranten kamen zu Wort<br />
und waren sich der Aufmerksamkeit des<br />
Publikums sicher. Was sie alle als Tipps<br />
mitgaben, wurde notiert und den Teilnehmenden<br />
später per Post als „Gedächtnisstütze“<br />
zugeschickt. Da war natürlich von<br />
guten Schulnoten die Rede und der Be-<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
deutung von Praktika und guten Deutschkenntnissen,<br />
aber auch von Sekundärtugenden<br />
wie Ausdauer, Fleiß, Pünktlichkeit<br />
und Zuverlässigkeit.<br />
Dass es <strong>für</strong> junge Migranten ganz schön<br />
schwer ist, in Deutschland eine Ausbildungsstelle<br />
zu finden, machte ein Malermeister<br />
deutlich, der ebenfalls als Experte<br />
geladen war. Nach seinen Erfahrungen<br />
haben nicht wenige Chefs und Arbeitskollegen<br />
Vorbehalte gegen junge „Ausländer“<br />
– eine Einstellung, die er „dumm“ findet<br />
und gegen die er im eigenen Betrieb erfolgreich<br />
angeht.<br />
Eine weitere und andere Hürde: Jugendliche<br />
Zugewanderte konzentrieren<br />
sich in ihrer Berufswahl auf einige wenige<br />
Berufe (z.B. Automechaniker, Maler, Friseurin,<br />
Verkäuferin) und haben nicht die<br />
häusliche Unterstützung oder „Verbindungen“<br />
in Betriebe wie ihre einheimischen<br />
Mitbewerberinnen und Mitbewerber.<br />
Die große Beteiligung junger Migrantinnen<br />
und Migranten an diesem Abend<br />
macht aber deutlich, dass die meisten hoch<br />
motiviert sind und in Deutschland ihren<br />
Weg gehen wollen. Die Veranstaltung hat<br />
gezeigt, dass sie dabei nicht alleine sind.<br />
Thomas Zuche<br />
Der Autor, Thomas Zuche, ist Mitarbeiter im<br />
Jugendmigrationsdienstes Saarburg.<br />
Kontakt: Jugendmigrationsdienst Saarburg, c/o<br />
Thomas Zuche, Klosterstraße 51, 54439 Saarburg,<br />
E-Mail: rcv-jgw-sab@t-online.de<br />
Zuwanderungsbericht des Landes erschienen<br />
In einer Pressekonferenz Anfang September<br />
legten Staatssekretär Martin Stadelmaier<br />
und die Landesbeauftragte <strong>für</strong><br />
Ausländerfragen, Maria Weber, den ersten<br />
zusammenfassenden Bericht der<br />
Landesregierung zum Thema Zuwanderung<br />
und <strong>Integration</strong> der Öffentlichkeit<br />
vor.<br />
Der rund 200 Seiten umfassende<br />
Bericht stellt die Teilhabe der in Rheinland-Pfalz<br />
lebenden Zugewanderten am<br />
gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen<br />
und kulturellen Geschehen des<br />
Landes vor, zeichnet die Entwicklung<br />
der rechtlichen Rahmenbedingungen auf<br />
und präsentiert die konkreten <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />
der Landesregierung.<br />
Ferner enthält die Dokumentation die<br />
zahlenmäßige Entwicklung der Migrationsprozesse<br />
in Rheinland-Pfalz.<br />
Der erste „Zuwanderungs- und <strong>Integration</strong>sbericht<br />
der Landesregierung“<br />
<strong>für</strong> die Jahre 2003 und 2004, der in Zukunft<br />
in einem Zweijahresrhythmus erscheinen<br />
wird, kann bei der Landesbeauftragten<br />
<strong>für</strong> Ausländerfragen, per Fax<br />
(06131/16 40 90) oder E-Mail<br />
(LBA@stk.rlp.de) angefordert werden.<br />
37
38<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Chance <strong>für</strong> Abgelehnte<br />
Härtefallkommission nimmt Arbeit auf<br />
Erstmals wurde in Rheinland-Pfalz die<br />
Möglichkeit der Aufenthaltsgewährung in<br />
Härtefällen durch die obersten Landesbehörden<br />
geschaffen. Die Gründung der<br />
Härtefallkommission, einer Kann-Bestimmung<br />
des <strong>2005</strong> in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes,<br />
gibt der Landesregierung<br />
die Möglichkeit, in Härtefällen einer<br />
vollziehbar ausreisepflichtigen Person eine<br />
Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.<br />
Die Härtefallkommission<br />
wird<br />
ausschließlich im<br />
Weg der Selbstbefassung<br />
tätig. Dies<br />
bedeutet, Ausländerinnen<br />
und<br />
Ausländer oder<br />
dritte Personen<br />
können nicht verlangen,<br />
dass sich<br />
die Kommission<br />
mit einem bestimmtenEinzelfall<br />
befasst oder<br />
eine bestimmte<br />
Entscheidung<br />
trifft. Die Entscheidung<br />
der<br />
Kommission <strong>für</strong><br />
ein Härtefallersuchen<br />
setzt voraus, dass dringende humanitäre<br />
oder persönliche Gründe die weitere<br />
Anwesenheit der Ausländerin bzw. des<br />
Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen.<br />
Die neue Härtefallkommission, die<br />
mit ihrer Geschäftsstelle im Innenministerium<br />
angesiedelt ist, setzt sich aus 10<br />
Mitgliedern zusammen, von denen acht<br />
stimmberechtigt sind. Für die Beschlussfassung<br />
über ein Härtefallersuchen<br />
ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der<br />
anwesenden stimmberechtigten Mitglieder<br />
erforderlich.<br />
Jedes Kommissionsmitglied und dessen<br />
Stellvertreterin bzw. Stellvertreter hat<br />
die Möglichkeit, einen Antrag auf Sachbefassung<br />
zu stellen. Im Hinblick auf die<br />
Eingaben von Ausländerinnen oder Ausländern<br />
bzw. von dritten Personen entscheidet<br />
das jeweilige Mitglied der Kom-<br />
mission nach vorheriger Prüfung eigenverantwortlich<br />
darüber, ob von ihm ein Antrag<br />
auf Sachbefassung gestellt wird.<br />
Der Antrag ist dann unzulässig, wenn<br />
sich die Ausländerin oder der Ausländer<br />
nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, keine<br />
rheinland-pfälzische Ausländerbehörde<br />
zuständig ist oder die Ausländerin bzw.<br />
der Ausländer nicht vollziehbar ausreisepflichtig<br />
ist.<br />
Nicht alleine gelassen nach der Ablehnung: Härtefallkommission prüft besondere Fälle<br />
Ausländerinnen und Ausländer bzw.<br />
Dritte können ihre Eingaben an ein Mitglied<br />
der Härtefallkommission richten<br />
oder bei der Geschäftsstelle der Härtefallkommission<br />
bei dem <strong>Ministerium</strong> des<br />
Innern und <strong>für</strong> Sport einreichen. Bei Eingaben<br />
die sich unmittelbar an die Geschäftsstelle<br />
richten, entscheidet das vorsitzende<br />
Mitglied über die Sachbefassung.<br />
Die Mitglieder und stellvertretenden<br />
Mitglieder der Härtefallkommission<br />
des Landes Rheinland-Pfalz:<br />
Landkreistag Rheinland-Pfalz,<br />
Deutschhausplatz1, 55116 Mainz, Telefon<br />
06131/28655-0. Mitglied: Beigeordneter<br />
Harald Pitzer, Stellvertreter: Geschäftsfüh-<br />
*<br />
render Direktor Burkhard Müller.<br />
Städtetag Rheinland-Pfalz,<br />
Deutschhausplatz1,55116 Mainz Telefon<br />
06131/286440. Mitglied: Geschäftsführer<br />
Prof. Dr. Gunnar Schwarting, Stellvertreter<br />
: Stellv. Geschäftsführer Dr. Wolfgang<br />
Neutz.<br />
Katholisches Büro Mainz, Saarstraße<br />
1, 55116 Mainz, Telefon 06131/2596-<br />
0. Mitglied: Ministerialdirigent Berthold<br />
Tapp, Stellvertreter: Militärdekan a. D. Prälat<br />
Walter Theis.<br />
Vertretung der Evangelischen<br />
Kirchen und der Diakonischen Werke<br />
in Rheinland-Pfalz, Bauerngasse 7, 55116<br />
Mainz, Telefon 06131/<br />
6299740. Mitglied: Pfarrer<br />
Friedrich Vetter,<br />
Stellvertreter: Reinhard<br />
Schott.<br />
amnesty international<br />
e.V., Postfach<br />
100122, 67401 Neustadt/W.,<br />
Telefon<br />
06321/82122. Mitglied:<br />
Heiko P. Müller,<br />
Stellvertreterin: Marie<br />
Weber.<br />
Liga der Spitzenverbände<br />
der freien<br />
Wohlfahrtspflege<br />
im Lande Rheinland-<br />
Pfalz, Bauerngasse 7,<br />
55116 Mainz, Telefon<br />
06131/224608. Mitglied:<br />
Gerhard Scholz,<br />
Stellvertreterin: Dr. Mahlagha Samadi.<br />
Landesbeauftragte <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />
bei der Staatskanzlei, Postfach<br />
3880, 55<strong>02</strong>8 Mainz, Telefon 06131/16-<br />
2468. Mitglied: Landesbeauftragte <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />
Leitende Ministerialrätin Maria<br />
Weber, Stellvertreterin: Oberamtsrätin<br />
Gabriele Blessing-Zwiebelberg.<br />
Bürgerbeauftragter des Landes<br />
Rheinland-Pfalz, Postfach 3040, 55<strong>02</strong>0<br />
Mainz, Telefon 06131/28999-0. Mitglied:<br />
Bürgerbeauftragter des Landes Rheinland-<br />
Pfalz,UllrichGalle. Stellvertreter: Ministerialrat<br />
Peter Schöpflin.<br />
Leiter des Ausländerreferates im<br />
<strong>Ministerium</strong> des Innern und <strong>für</strong> Sport,<br />
Schillerplatz 3–5, 55116 Mainz, Telefon<br />
06131/16-0. Mitglied: Ministerialrat Horst<br />
Muth, Stellvertreter: Ministerialrat Stephan<br />
ZAKRZEWSKI
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ...<br />
Das Know<br />
how teilen<br />
Bundesweiter Wettbewerb<br />
fördert <strong>Integration</strong> durch<br />
Bürgerengagement<br />
Durch einen bundesweiten Wettbewerb<br />
will die Stiftung Bürger <strong>für</strong> Bürger<br />
die Teilhabe und <strong>Integration</strong> von<br />
Migrantinnen und Migranten durch<br />
bürgerschaftliches Engagement fördern.<br />
Mit dem Wettbewerb sollen vorbildhafte<br />
Praxis und realisierbare innovative<br />
Ideen identifiziert, anerkannt<br />
und zur Nachahmung oder erstmaligen<br />
Realisierung angeregt werden.<br />
Gesucht werden Projekte, bei denen<br />
sich Migranten zusammen mit<br />
Einheimischen und/oder Migranten<br />
unterschiedlicher nationaler oder ethnischer<br />
Herkunft <strong>für</strong> das Gemeinwesen<br />
engagieren. Die Gewinner des<br />
Wettbewerbs erhalten Geldpreise (1.<br />
Preis: 2500 Euro, 2. Preis: 1500 Euro,<br />
3. Preis: 1000 Euro).<br />
Von den Wettbewerbsteilnehmern<br />
wird erwartet, dass sie ihre Erfahrungen<br />
und ihr Know how mit den anderen<br />
Beteiligten sowie mit weiteren ehrlich<br />
Interessierten teilen, etwa bei regionalen<br />
oder themenorientierten<br />
Netzwerktreffen. Einsendeschluss ist<br />
der 30. November <strong>2005</strong>. Formlose Bewerbungen<br />
mit weiteren Infos wie<br />
Projektbeschreibung, Pressebeiträgen,<br />
Publikationen und Internetverweisen<br />
sind zu richten an die Stiftung Bürger<br />
<strong>für</strong> Bürger, Bernhard Schulz, Singerstraße<br />
109, 10179 Berlin. E-Mail:<br />
info@buerger-fuer-buerger.de, Telefon<br />
030/2431 49-0.<br />
Der Wettbewerb wird unterstützt<br />
von der Gemeinnützigen Treuhandstelle<br />
e.V. in Bochum und der DFB-<br />
Stiftung Egidius Braun. Weitere Infos<br />
unter www.buerger-fuer-buerger.de.<br />
Schüler im Austausch<br />
Stipendien <strong>für</strong> jugendliche Migrantinnen und Migranten<br />
Die Robert Bosch Stiftung fördert im<br />
Austauschjahr 2006/2007 das Schülerprogramm<br />
des AFS Interkulturelle Begegnungen<br />
<strong>für</strong> Jugendliche aus Migrantenfamilien<br />
in Deutschland mit Stipendien.<br />
Ziel dieses Programms ist die Einbindung<br />
dieser Jugendlichen in die interkulturelle<br />
Idee des internationalen Schüleraustauschs,<br />
um die <strong>Integration</strong> dieser Jugendlichen in<br />
die deutsche Gesellschaft zu fördern.<br />
Bewerber sind geboren zwischen Juli<br />
1988 und Juli 1991, besuchen im Oktober<br />
<strong>2005</strong> in der Regel die 10. oder 11. Klasse<br />
einer deutschen Schule (egal welchen Schultyps)<br />
oder haben bereits die Hauptschule<br />
abgeschlossen, die Eltern sind Migranten<br />
oder Spätaussiedler. Bewerbung bei AFS<br />
bis zum 15.Oktober <strong>2005</strong>.<br />
Das Austauschprogramm des AFS<br />
reicht weltweit - zur Auswahl stehen über<br />
40 Länder. Abreise ist im Sommer 2006<br />
<strong>für</strong> ein Schuljahr. Förderung bieten Teilstipendium<br />
(vom Einkommen der Eltern<br />
abhängig). Die maximale Stipendiensumme<br />
beträgt 4000 Euro. Die Teilnahmepreise<br />
liegen zwischen 4.650 und 8.350<br />
Euro. Der restliche Teilnahmepreis sowie<br />
Taschengeld, Impfungen und Visakosten<br />
etc. tragen die Eltern als Eigenanteil.<br />
Weitere Informationen zu AFS Interkulturelle<br />
Begegnungen e.V. im Internet<br />
unter www.afs.de. Unter www.afs.de/<br />
stipendien findet sich ein Link zu den Stipendien<br />
der Robert-Bosch-Stiftung, zudem<br />
gibt es dort das Bewerbungsformular<br />
zum Herunterladen. Kontakt: AFS Interkulturelle<br />
Begegnungen e.V., Sara<br />
Tsudome, Adlerstraße 15a, 65183 Wiesbaden,<br />
Telefon 0611/9599275, Mail:<br />
sara.tsudome@afs.org.<br />
Wegweiser <strong>für</strong> Zuwanderer<br />
Orientierung im Dschungel der Zuständigkeiten<br />
Ist ein in Russland erworbenes Diplom in<br />
Deutschland gültig? Kann eine in Polen<br />
ausgebildete Krankenschwester ihren Beruf<br />
ohne weiteres in Deutschland ausüben?<br />
Wer beurteilt, ob im Ausland erworbene<br />
Erfahrungen als Metzger, Bäcker<br />
oder Schreiner als Qualifikation auch <strong>für</strong><br />
deutsche Handwerksbetriebe ausreichen?<br />
Antworten auf diese und viele weitere Fragen<br />
bietet die CD-ROM „Lernen und Arbeiten<br />
in Rheinland-Pfalz – Wegweiser <strong>für</strong><br />
Zuwanderer“. Hergeber ist „InPact“, ein<br />
Kooperationsprojekt, das vom rheinlandpfälzischen<br />
Sozialministerium und der<br />
Landesbeauftragten <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />
finanziert und unterstützt wird.<br />
Bei der CD-ROM steht der praktische<br />
Nutzen <strong>für</strong> die Personen im Vordergrund,<br />
die Migranten auf ihrem Weg in das deutsche<br />
Bildungssystem und bei der Integra-<br />
tion in den Arbeitsmarkt beraten und begleiten,<br />
wie die Fachdienste <strong>für</strong> Migration,<br />
<strong>Integration</strong>sberaterinnen und -berater,<br />
Bildungsverantwortliche, Migranten-Vereine<br />
und Ausländerbeiräte.<br />
Von der Schule über die Anerkennung<br />
von Berufsqualifikationen und Möglichkeiten<br />
einer Finanzierung von Aus- und<br />
Weiterbildung bis zur Gründung eines eigenen<br />
Betriebs finden sich in den neun<br />
Kapiteln übersichtlich aufbereitete Informationen<br />
zu Verfahren, Zuständigkeiten<br />
mit Adressen und Hinweise auf weiterführende<br />
Infor-Quellen. Der Wegweiser<br />
kann kostenlos bei InPact bestellt werden<br />
– telefonisch (06131/28767-15), per eMail<br />
(info@inpact-rlp.de) oder über das<br />
Bestellformular auf der InPact-Homepage<br />
(www.inpact-rlp.de/publikationen/online-bestellen.htm).<br />
39
40<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ...<br />
Ferien <strong>für</strong> alle!<br />
Junge Migranten <strong>für</strong> Reisen gewinnen<br />
Runde eine Million <strong>Kinder</strong> in Deutschland<br />
kommen aus <strong>Familie</strong>n mit<br />
Migrationshintergrund. Die meisten sind<br />
in Deutschland geboren. An <strong>Kinder</strong>- und<br />
Jugendreisen nimmt diese Gruppe jedoch<br />
kaum teil. Welche Zugangsbarrieren bestehen<br />
und wie können sie ausgeräumt<br />
werden?<br />
Als Ergebnis eines Trainingsseminars mit<br />
dem Internationalen Jugendaustauschund<br />
Besucherdienst der Bundesrepublik<br />
(IJAB) und dem Servicebüro <strong>für</strong> <strong>Kinder</strong>und<br />
Jugendreisen transfer e.V. hat die<br />
Naturfreundejugend Deutschlands methodische<br />
und praktische Hinweise <strong>für</strong> die<br />
Gewinnung dieser bisher unterrepräsentierten<br />
Zielgruppe zusammengestellt.<br />
Die 80-seitige Broschüre „Ferien <strong>für</strong><br />
alle?“ basiert auf einer Befragung von<br />
Migrantenvertretern sowie <strong>Kinder</strong>- und<br />
Jugendreiseveranstaltern zur Teilnahme<br />
von jungen Migranten an ihren Reisen.<br />
Das Herzstück der Broschüre sind Tipps<br />
zur interkulturellen Öffnung von <strong>Kinder</strong>und<br />
Jugendreisen. Immer wieder eingestreute<br />
Praxishilfen erleichtern die Umsetzung<br />
der methodischen Hinweise.<br />
Die Broschüre ist <strong>für</strong> 2, 50 Euro zuzüglich<br />
Versandkosten bei der<br />
Naturfreundejugend Deutschlands, Haus<br />
Humboldtstein, 53424 Remagen,<br />
erhältlich.Telefon: (<strong>02</strong>228) 9415-0, Telefax<br />
(<strong>02</strong>228) 9415-22, E-Mail: info@<br />
naturfreundejugend.de<br />
Die Zeit ist ‘rum<br />
Gisela Robl verließ Büro der Ausländerbeauftragten<br />
„<strong>2005</strong> ist Schluss“, sagte Gisela Robl vor<br />
rund drei Jahren dem „<strong>Treffpunkt</strong>“, als<br />
anlässlich des 15jährigen Bestehens der<br />
Ausländerbeauftragten ihre Crew vorgestellt<br />
wurde. Im anschließenden Gespräch<br />
fügte dann die Vorzimmerdame allerdings<br />
noch hinzu: „Na ja, ist noch eine lange<br />
Zeit.“ Diese Zeit ist nun ‘rum: Am 23.<br />
Juli verabschiedete sich Gisela Robl in den<br />
vorgezogenen Ruhestand.<br />
Seit Dezember 1990 gehörte die geprüfte<br />
Sekretärin zum Team der rheinland-pfälzischen<br />
Ausländerbeauftragten, ihr Wirkungsbereich<br />
war ununterbrochen das<br />
Vorzimmer. Zunächst in Vollzeit, nach<br />
fünf Jahren im Job-Sharing mit ihrer Kollegin,<br />
Birgit Vogel, kümmerte sie sich um<br />
alle Aufgaben in der „Schaltzentrale“.<br />
So Manches zu verdanken haben Gisela<br />
Robl die Publikationen der Ausländerbeauftragten.<br />
Kaum eine Broschüre, kaum<br />
ein Bericht, kaum ein „Flyer“ – und schon<br />
gar nicht der „<strong>Treffpunkt</strong>“ – nahmen ih-<br />
Ruhestand nach Job-Sharing: Gisela Robl<br />
ren Weg in die Druckerei, ohne sich dem<br />
strengen Blick von Robl zu unterziehen.<br />
Gnadenlos spürte sie Tipp- und Rechtschreibfehler,<br />
Dreher, fehlende oder zu viele<br />
Blanks auf. Ohne das „Imprimatur“<br />
von Gisela Robl hatten die Veröffentlichungen<br />
keine Chance.<br />
Die Ausländerbeauftragte, ihr Team<br />
und der „<strong>Treffpunkt</strong>“ danken Gisela Robl<br />
<strong>für</strong> ihre 15-jährige Arbeit und wünschen<br />
ihr <strong>für</strong> die Zukunft alles Gute.<br />
STEFAN ZAKRZEWSKI<br />
Impressum<br />
Herausgeberin:<br />
Landesbeauftragte <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />
bei der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz,<br />
Postfach 3880<br />
55<strong>02</strong>8 Mainz<br />
Tel.: 06131/16-2467, -2468<br />
Fax: 06131/16-4090<br />
E-Mail: LBA@stk.rlp.de<br />
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Redaktionsanschrift:<br />
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Herstellung:<br />
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<strong>Treffpunkt</strong> erscheint drei Mal im<br />
Jahr und wird kostenlos abgegeben.<br />
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Redaktionsschluss <strong>für</strong> <strong>Treffpunkt</strong><br />
3/<strong>2005</strong> ist der 15. November <strong>2005</strong>.<br />
Gedruckt auf umweltfreundlichem<br />
Papier.