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Treffpunkt 02/2005 - Ministerium für Integration, Familie, Kinder ...

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Komplizierte<br />

Verhältnisse:<br />

Jugend und Migration<br />

Im Aufbruch:<br />

Die Balten in der EU<br />

2/<strong>2005</strong><br />

<strong>Treffpunkt</strong> exklusiv:<br />

Bevölkerungsbericht 2004


Sokrates liegt daneben<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

„Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität,<br />

hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wenn sie arbeiten<br />

sollte. (…). Sie widerspricht ihren Eltern und tyrannisiert ihre Lehrer.“<br />

Diese Klage, verehrte Leserinnen und Leser, stammt nicht von genervten Eltern oder<br />

Lehrern unserer Tage, sondern ist zweieinhalbjahrtausend alt und stammt von Sokrates.<br />

Doch <strong>für</strong> viele behält sie bis heute ihre Gültigkeit. Ihnen wie auch Sokrates ist<br />

zu widersprechen.<br />

Sicher, es gibt auch heute Jugendliche, die respekt- und ideallos sind, die sich nicht<br />

benehmen können, die gewaltbereit sind und diese Gewalt auch ausüben. Aber auf die<br />

überwiegende Mehrheit der Jugendlichen trifft es nicht zu. Und dies gilt - wohlgemerkt<br />

– sowohl <strong>für</strong> einheimische wie zugewanderte Jugendliche. Einen kleinen Beleg da<strong>für</strong><br />

liefert die vorliegende „<strong>Treffpunkt</strong>“-Ausgabe. Ihre Beiträge machen auch deutlich, dass<br />

viele Probleme der heutigen Jugend nicht aus den Merkmalen Staatsangehörigkeit oder<br />

Herkunft festgemacht rühren, sondern allen Jugendlichen eigen sind.<br />

In beeindruckender Weise hat dies auch der vor kurzem zu Ende gegangene „Weltjugendtag“<br />

in Köln beweisen können. Sowohl während der Vorbereitungstage in den<br />

Diözesen und Gemeinden als auch in Köln selbst hat sich gezeigt, dass der Pass, die<br />

geographische wie kulturelle Herkunft und die Hautfarbe keine Rolle spielen, wenn es<br />

um gemeinsame Anliegen, Ideale und Ziele geht. Ein schönes Beispiel praktischer<br />

<strong>Integration</strong>sarbeit!<br />

Im zweiten Schwerpunkt dieses Heftes stellen wir die zahlenmäßige Entwicklung und<br />

der aktuelle zahlenmäßige Stand der Bevölkerung von Rheinland-Pfalz vor. Ein kleiner<br />

Vorgeschmack auf den 200 Seiten starken „Ersten Zuwanderungs- und<br />

<strong>Integration</strong>sbericht“ der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, der soeben erschienen<br />

ist. Näheres dazu können Sie auf Seite 37 nachlesen.<br />

Und schließlich unsere Serie „Neue EU-Beitrittskandidaten“, die langsam zu Ende<br />

geht. In diesem Heft berichten wir über die Minderheits- und <strong>Integration</strong>spolitik in<br />

Estland, Lettland und Litauen.<br />

Wie immer, verehrte Leserinnen und Leser, wünsche ich Ihnen eine interessante und<br />

anregende Lektüre.<br />

Maria Weber<br />

Landesbeauftragte <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

1


Inhaltsverzeichnis<br />

Komplizierte Verhältnisse:<br />

Jugend und Migration<br />

Im Aufbruch:<br />

Die Balten in der EU<br />

<strong>Treffpunkt</strong> exklusiv:<br />

Bevölkerungsbericht 2004<br />

Sonstiges (Auswahl)<br />

Verschiedenheit dominiert: Professor Franz Hamburger über den häufig<br />

verwendeten Begriff „Migrationshintergrund“ .................................................<br />

Hip Hop will was!: Über einen Weg zur Selbstdarstellung, Anerkennung und<br />

<strong>Integration</strong> über die Musik....................................................................................<br />

Pirmasens rockt: In der Südpfalz hat der IB mit seinem Rockprojekt „Rainbow“<br />

eine erstaunliche Resonanz gefunden...................................................................<br />

Vertrauen gefasst: Wie „Rainbow“-Musiker das Pirmasenser IB-Pojekt erleben<br />

und was sie von den Zielen halten.......................................................................<br />

Jobangst bestimmt: In der Mädchengruppe des Mainzer Neustadt-Projekts ist<br />

die Angst vor der beruflichen Perspektivlosigkeit größtes Thema.....................<br />

Im Zweitberuf Lehrer: Der Mainzer Stefan Budian unterrichtet im Nebenjob in<br />

einer Mainzer Schule das Fach Kunst....................................................................<br />

Subkultur in Koblenz: Die Jugendszene aus Sicht einer Kommunalverwaltung...<br />

Falsche Vorstellungen: Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage zum Problem<br />

unrealistischer Ausbildungswünsche Jugendlicher .............................................<br />

Passgenaue <strong>Integration</strong>: Das Programm „<strong>Integration</strong> durch Sport“ der Sportjugend<br />

setzt passgenaue Module ein.......................................................................<br />

Die siebte Dimension: Der Verein DIA entwickelt ein mehrteiliges Programm<br />

<strong>für</strong> die Beteiligung am Nachmittagsunterricht in Ganztagsschulen...................<br />

Die (R)auswege nutzen: Welche Strategien und Angebote sich empfehlen, um<br />

rechtsextreme Jugendliche zum Ausstieg zu bewegen........................................<br />

Die drei Neuen im Nordosten: Migrationspolitik in Estland, Lettland und<br />

Litauen in Zeiten des Beitritts zur Europäischen Union....................................<br />

Wir leben in Rheinland-Pfalz: Ausländische Bevölkerung in Rheinland-Pfalz<br />

2004..........................................................................................................................<br />

Wege zurück zum Pass: Hilfen bei aberkannter deutscher Staatangehörigkeit.........<br />

Emine aus Incesu: Dokufilm über ein türkisches Arbeiterleben in Deutschland....<br />

Vorbilder machen Mut: Bericht von einem Ausbildungsseminar in Saarburg........<br />

Letzte Chance <strong>für</strong> Abgelehnte: Härtefallkommission nahm Arbeit auf...................<br />

Das Know how teilen: Bundesweiter <strong>Integration</strong>swettbewerb................................<br />

3<br />

5<br />

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Bunte Jugend, vielfältige Biografien: Gruppe junger Menschen, oft als „mit Migrationshintergrund“ umschrieben<br />

Die Verschiedenheit dominiert<br />

Der Begriff „Jugendlicher mit Migrationshintergrund“ hat Karriere gemacht. Aber er<br />

kann als distanzierende Kategorie destruktiv wirken und legitimiert häufig nur die<br />

Ungleichbehandlung. Von Professor Franz Hamburger<br />

Mit Worten, Begriffen und Bezeichnungen<br />

ordnen wir die Welt. Dabei schaffen<br />

wir eine Ordnung unserer Welt – und oft<br />

sagt die Ordnung mehr über die Perspektive,<br />

aus der wir als Einzelne oder gemeinsam<br />

die Welt sehen, als über die Wirklichkeit.<br />

In der sozialen Welt ist dieser Umstand<br />

umso wichtiger, als sie wesentlich<br />

aus Konstruktionen besteht, die wir entwickeln,<br />

die Bestand haben und dann wieder<br />

auf uns wirken.<br />

In der Zeit der Gastarbeiterbeschäftigung<br />

war die Welt noch in Ordnung. Die<br />

Ausländer waren Gäste, außerdem fleißig<br />

und überwiegend so brav, dass sie im Falle<br />

von konjunkturellen Krisen wieder nach<br />

Hause gegangen sind. Der Begriff „Ausländer“<br />

war selbstverständlich, er war rechtlich<br />

korrekt und deckte auch die soziale<br />

Konstellation ab. Mit dem Wandel der<br />

ausländischen Wohnbevölkerung sind<br />

Veränderungen eingetreten, die weitreichend<br />

sind. Wie kein anderer hat Max<br />

Frisch diesen Wandel gekennzeichnet: Wir<br />

haben Arbeitskräfte gerufen und es kamen<br />

Menschen. Zu diesen zählen auch die Jugendlichen.<br />

Sie wanderten mit oder nach ihren Eltern,<br />

lebten in Deutschland oder in ihrer<br />

Heimat mit einem Elternteil oder bei den<br />

Großeltern, pendelten gelegentlich hin und<br />

her. In der Schule wurden sie als Seiteneinsteiger<br />

definiert und manchmal auch gefördert.<br />

Im Laufe der Zeit wuchsen immer<br />

mehr <strong>Kinder</strong> und Jugendliche in<br />

Deutschland auf, viele wurden und werden<br />

hier geboren und sie erwerben dann<br />

neuerdings auch gleich die deutsche Staats-<br />

angehörigkeit. Aber die Migration der Arbeitskräfte<br />

hält an, mit ihnen auch die der<br />

<strong>Familie</strong>n. Geschichte, Wandel und Kontinuität<br />

der Migration hat die Lebenslage<br />

von Jugendlichen sehr unterschiedlich ausgestaltet.<br />

Migrationstheoretisch gibt es schon<br />

auf den zweiten Blick eine weitere Differenzierung:<br />

Arbeitsmigration ist nur eine<br />

Form der Mobilität; Aussiedler und Flüchtlinge<br />

sind zwei weitere große Gruppen.<br />

Auch sie setzen sich aus allen Generationen<br />

zusammen. Die <strong>Kinder</strong> der russischen<br />

Deutschen und der ehemals jugoslawischen<br />

Bürgerkriegsflüchtlinge sind nach<br />

Deutschland gekommen – fremd ist ihnen<br />

vor allem die eigene Geschichte, ist sie<br />

doch über sie hereingebrochen. Dass sie<br />

dann auch noch als Eindringlinge behan-<br />

³3<br />

MICHAEL SEIFERT


GUIDO STEINACKER<br />

4<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Diffuse Zuordnungen überwinden: Pädagogik-Professor Franz Hamburger<br />

delt werden, macht ihnen besonders zu<br />

schaffen. Nicht selten streiten sie mit den<br />

Jugendlichen der Arbeitsmigration um die<br />

knappen Plätze im öffentlichen Raum.<br />

Hinzu kommen noch die minderjährigen<br />

unbegleiteten Flüchtlinge aus der ganzen<br />

Welt, von Vietnam bis Äthiopien, mit den<br />

tatsächlich oft merkwürdigsten Migrationsgeschichten<br />

und Biografien. Schon jetzt –<br />

also bis zu dieser Stelle im Gedankengang<br />

– ist die Typologie der Lebenslagen junger<br />

Migranten unüberschaubar.<br />

Mit diesem Begriff – junge Migranten<br />

– haben wir zu Recht den der „ausländischen<br />

Jugendlichen“ abgelöst. Denn sie<br />

sind nicht nur rechtlich nicht mehr „ausländisch“,<br />

sondern auch von ihrer tatsächlichen<br />

Lebensweise her. Sie sind heimisch<br />

geworden – wenn man sie nur lässt und<br />

ihre Zugehörigkeit akzeptiert. Doch eine<br />

weitere Differenzierung ist eingetreten: der<br />

generationale Wandel hat sich fortgesetzt.<br />

In Deutschland leben deutsche oder „ausländische“<br />

Jugendliche, deren Eltern<br />

deutsch sind oder nicht, die selbst eingewandert<br />

sind oder deren Eltern (also die<br />

Großeltern der heutigen Jugendlichen) die<br />

<strong>Familie</strong>ngeschichte in Deutschland begründet<br />

haben. Es sind Jugendliche „mit<br />

Migrationshintergrund“ – wie sich die Bezeichnung<br />

schnell eingespielt hat. Sie ist<br />

zutreffend und irreführend.<br />

Die Bezeichnung ist allgemeiner als die<br />

früheren Begriffe, weil sie eine größere<br />

Heterogenität erfassen muss. Und sie ist<br />

relevant, insofern die Migrationsgeschichte<br />

der <strong>Familie</strong> oder der Person selbst von Bedeutung<br />

ist. Denn Migration ist eine tiefgreifende<br />

Veränderung der sozialen Position<br />

und der Beziehungen, in denen man<br />

lebt. Insofern der Migrationshintergrund<br />

von Bedeutung ist <strong>für</strong> die Jugendlichen,<br />

verdient er Beachtung und Berücksichtigung.<br />

Mehr aber auch nicht. Denn sonst<br />

wird das Etikett „mit Migrationshintergrund“<br />

zum stigmatisierenden<br />

Stempel, mit dem Jugendliche gebrandmarkt<br />

werden, unentrinnbar einer auch gefährlichen<br />

Zuschreibung von „nicht dazugehörend“<br />

ausgesetzt.<br />

Denn die Bezeichnung „mit<br />

Migrationshintergrund“ ist auch irreführend,<br />

weil sie Bestimmbarkeit und Gemeinsamkeit<br />

einer Gruppe aus der Perspektive<br />

derer ohne Migrationshintergrund<br />

suggeriert. Analysiert man nämlich die Lebenslage<br />

– wie oben angedeutet – genauer,<br />

dann zeigt sich die Verschiedenheit als<br />

einziges dominantes Merkmal. Hinzu<br />

kommt lediglich der Umstand, dass Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund als<br />

solche behandelt werden, was sie immer<br />

wieder zu dem macht, als was sie bezeichnet<br />

werden. Aber warum? Sind es nur die<br />

Absichten, Benachteiligte zu fördern, die<br />

die Begriffsverwendung anleiten? Oder ist<br />

es die Funktion, bei unangenehmen PISA-<br />

Ergebnissen die Jugendlichen mit<br />

Migrationshintergrund „herausrechnen“<br />

zu können, damit das deutsche<br />

Selbstbewusstsein auf Kosten der angeblichen<br />

Unterrichtsverlangsamer saniert werden<br />

kann?<br />

Ausländische Jugendliche – junge Migranten-Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund:<br />

Die Begriffe haben sich im Wandel<br />

der Verhältnisse verändert und behalten<br />

ihre Ambivalenz. Sie reflektieren notwendigerweise<br />

einen Wandel und spiegeln<br />

doch vor allem die Perspektive derer wi-<br />

der, die sie verwenden. Ob sie nützlich und<br />

angemessen und gerechtfertigt sind, zeigt<br />

sich an dem Interesse der Perspektivität.<br />

Wenn mit der begrifflichen Neubildung<br />

jeweils das Interesse verbunden ist, die<br />

Nichtzugehörigkeit flexibler zum Ausdruck<br />

zu bringen, taugt der neue Begriff<br />

so wenig wie der alte. Wird aber der Respekt<br />

vor der persönlichen Geschichte und<br />

den möglicherweise subjektiv relevanten<br />

Erfahrungen zum Ausdruck gebracht,<br />

dann sieht die Sache anders aus. Ob man<br />

dazu eine allgemeine Kategorie braucht,<br />

kann bezweifelt werden.<br />

Moderne demokratische Gesellschaften<br />

lösen das Problem relativ einfach: Alle<br />

Menschen sind gleich. Und diejenigen, die<br />

dauerhaft in einem Staatsgebiet leben, sind<br />

noch gleicher. Es ist nur das Problem derer<br />

ohne Migrationshintergrund, dass sie<br />

ihre Welt ordnen und sich dabei von denen<br />

mit Migrationshintergrund absetzen<br />

und abgrenzen. Dieses Bedürfnis gilt es<br />

kritisch zu prüfen – im Allgemeinen und<br />

im Einzelfall. Insbesondere in pädagogischen<br />

Beziehungen wirkt die Verwendung<br />

von distanzierenden Kategorien destruktiv<br />

und legitimiert häufig nur die Ungleichbehandlung,<br />

die Diskriminierung.<br />

Doch begriffslos ist die Welt nicht zu<br />

ordnen. Solange die ohne Migrationshintergrund<br />

die Bezeichnung mit verwenden<br />

und wir gemeinsam die Wirklichkeit<br />

der Zugehörigkeit und Gleichberechtigung<br />

noch nicht geschaffen haben, sollten wir<br />

uns der Implikationen der Begriffsverwendung<br />

bewusst sein und sensibel<br />

handeln können. Und gleichzeitig sollten<br />

wir an der Überwindung diffuser Zuordnungen<br />

arbeiten, weil die Bearbeitung von<br />

Migrationsfolgen schwierig genug ist. Außerdem<br />

zeigt sich schnell, dass genug zu<br />

tun ist im Umgang mit geschlechterspezifischen<br />

Ungleichheiten, mit der wachsenden<br />

Kluft zwischen arm und reich, mit<br />

dem Ausbildungsnotstand, mit dem Abbau<br />

schulischer Selektion, mit der Sicherung<br />

von guten Bedingungen des Aufwachsens<br />

und vielen anderen Aufgaben.<br />

Solange aber Diskriminierung von Menschen<br />

mit Migrationshintergrund zu beobachten<br />

ist, so lange muss man sich mit<br />

der Diskriminierung auseinander setzen.<br />

Der Autor ist Professor <strong>für</strong> Pädagogik an der<br />

Johannes Gutenberg-Universotät Mainz


MGÜNGÖR<br />

Keine Trennung zwischen Publikum und Musik: Hip Hop-Gruppe „Advanced Chemistry“<br />

Hip Hop will was!<br />

Wer in der Jugendarbeit das Interesse von Migrantinnen<br />

und Migranten wecken will, liegt mit HipHop-Projekten<br />

nie falsch. Aber warum? Von Murat Güngör<br />

Warum war Hip Hop gerade <strong>für</strong> Migrantinnen<br />

und Migranten in Deutschland so<br />

anziehend? Wie ist es zu erklären, dass Hip<br />

Hop weltweit so erfolgreich wurde? Und<br />

wie hat es die deutsche Gesellschaft verändert?<br />

Mittlerweile sind Migrantinnen und<br />

Migranten erfolgreich in der kulturellen<br />

Landschaft. In Fernsehen, Radio und Magazinen<br />

sind sie präsent. Erfolgreiche Hip<br />

Hop-Künstler tauchen in die <strong>Kinder</strong>zimmer<br />

ein und erzählen ihre Versionen vom<br />

Leben und Alltag in Deutschland. Der<br />

raue Alltag der so genannten „sozialen<br />

Brennpunkte“ steht im Zentrum ihrer<br />

Erzählungen.<br />

Oft klingen diese Texte aggressiv, sexistisch,<br />

bedrohlich, aber auch spannend. Sie<br />

sind Beobachter einer anderen sozialen<br />

Realität, die das Erlebte dadurch verarbeiten<br />

und ungeschliffen wiedergeben. Hier<br />

liegt auch der Grund <strong>für</strong> die erfolgreiche<br />

Aneignung von Hip Hop durch Migranten.<br />

Hip Hop ist einerseits ein Ventil <strong>für</strong><br />

die kreative Verarbeitung von Alltagserfahrungen<br />

und andereseits ein Zugang in die<br />

Gesellschaft. Die Sprache der Rapper gilt<br />

als „cool“ auf deutschen Schulhöfen. In<br />

ihren Texten spiegelt sich Rebellion gegenüber<br />

den bürgerlich- moralischen Wertmaßstäben<br />

wider. Hip Hop ist im Mainstream<br />

angekommen und damit auch bei Sexismus,<br />

Rassismus und Nationalismus. Hip<br />

Hop ist aber auch mittlerweile die größte<br />

Jugendkultur und damit eine wichtige<br />

Plattform gerade <strong>für</strong> junge Migrantinnen<br />

und Migranten. Doch wie hat sich diese<br />

Kultur in Deutschland entwickelt?<br />

Spätestens seit Mitte der 90er Jahre entwickelte<br />

sich Hip Hop zu einer großen Jugendbewegung<br />

in Deutschland. Gesellschaftliche<br />

Kategorien wie Schicht, Ethnie<br />

und Geschlecht fanden in den späten 80er<br />

Jahren eine hohe Durchlässigkeit. Vom<br />

Jugendhaus bis zum Reihenhaus entwikkelte<br />

sich eine übergreifende Subkultur.<br />

Dies bedeutet nicht, dass die unterschiedlichen<br />

Lebenswelten der Jugendlichen aufgelöst<br />

wurden, jedoch konnte man Brükken<br />

schlagen. Gerade <strong>für</strong> Türken, Afrodeutsche,<br />

Jugoslawen, Griechen oder Italiener<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

beinhaltete diese gemeinsame Kultur eine<br />

Möglichkeit, um auf sich aufmerksam zu<br />

machen. Eine gemeinsame kulturelle Identität<br />

erfordert eine gemeinsame Sprache<br />

und Codes. „Es gab keine Trennung zwischen<br />

Bühne und Publikum“, erzählte<br />

Torch von der Gruppe Advanced in einem<br />

Interview. Sein Bandkollege Linguist ergänzt:<br />

„Wir sind zusammengekommen<br />

und haben einfach mit der gleichen Sprache<br />

einer gemeinsamen Kultur kommuniziert.“<br />

Die Sprache, in der man in den<br />

späten 80er Jahren rappte, war Englisch.<br />

Hip Hop in Deutschland hat sich im Laufe<br />

der Jahrzehnte gewandelt. Aus einer<br />

anfänglichen Subkultur ist eine Mainstream-Kultur<br />

geworden, daran hängt mittlerweile<br />

ein ganzer industrieller Zweig von<br />

Textilunternehmen über Plattenfirmen bis<br />

zu Farbdosen-Herstellern. Hip Hop ist<br />

angekommen in der Wissenschaft, der<br />

Industrie, im Museum und in der Gesellschaft<br />

allgemein, dabei hat es jedoch seine<br />

Attraktivität als Jugendkultur nicht verloren.<br />

Doch nicht nur das, die Nachhaltigkeit<br />

und die Durchdringungskraft von Hip<br />

Hop als globale Jugendkultur ist einmalig.<br />

Wie ist es zu erklären, dass sich aus den<br />

illegalen New Yorker Blockpartys der 70er<br />

Jahre eine globale Jugendkultur entwickeln<br />

konnte?<br />

Der Erfolg von Hip Hop liegt darin<br />

begründet, dass Hip Hop als globale Kultur<br />

lokale Praktiken integriert. Der erste<br />

weltweit kommerzielle Erfolg durch die<br />

Gruppe Sugar Hill Gang transportierte<br />

diese Musik bis in die entferntesten <strong>Kinder</strong>zimmer.<br />

Hip Hop konnte dadurch global<br />

lokalisiert werden. Dieses Beziehungsgeflecht<br />

ist aber nicht einseitig, sondern<br />

steht in Wechselwirkung zueinander. Dies<br />

war auch der Schlüssel zur Aneignung in<br />

Deutschland. Gerade <strong>für</strong> Migranten und<br />

Afrodeutsche bot sich mit Hip Hop die<br />

Chance, ihren lokalen Erfahrungen und<br />

Praktiken einen Ausdruck zu verleihen.<br />

Durch diese aktive Teilnahme konnte<br />

man sich in die globale Bewegung einschreiben.<br />

Ab den späten 80er Jahren konnten<br />

in Deutschland europaweite Beziehungsnetzwerke<br />

geknüpft werden, wo über<br />

Staatsgrenzen hinweg Musik, Informationen<br />

und Style im Austausch zueinander<br />

zirkulierten. Gruppen wie Advanced Chemistry<br />

verordneten sich nicht nur im deutschen<br />

Raum, sondern im europäischen<br />

5


6<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Kontext. Bei dieser Betrachtung wird deutlich,<br />

dass Hip Hop als eine transnationale<br />

Jugendkultur zu verstehen ist. Der entscheidende<br />

Moment <strong>für</strong> den Erfolg von<br />

Hip Hop war der relativ einfache Zugang<br />

über die vier Elemente, die zu dieser Kultur<br />

gehören: Djing, Rap, Breakdance und<br />

Grafitti. Dieser Zugang erforderte keine<br />

Überwindung von ökonomischen oder<br />

gesellschaftlichen Barrieren. Aufgrund des<br />

<strong>für</strong> die Hip Hop-Kultur typischen Wettbewerbs<br />

erklärt sich auch ihre starke Dynamik<br />

und Dominanz. Der Wille zur Aneignung<br />

von öffentlichem Raum als gesellschaftliche<br />

Ressource ist fest verankert<br />

in dieser Kultur. Grob vereinfacht kann<br />

man sagen: Hip Hop will sichtbar sein!<br />

Diese Kultur möchte in die Gesellschaft<br />

hinein und sich nicht etwa - wie Punk -<br />

von ihr lösen. Hip Hop kreist um Werte<br />

wie: Anerkennung, Teilnahme, Leistung,<br />

Kreativität, Gemeinschaft, Wettkampf<br />

und politische Artikulation.<br />

Inhaltlich werden im Hip Hop unter<br />

anderem Diaspora-Erfahrungen verhandelt<br />

und die Schwierigkeiten der<br />

Identitätsfindung in der Postmoderne. Bei<br />

dem Begriff Diaspora beziehe ich mich auf<br />

die Arbeiten des Politologen Ayhan Kaya.<br />

Der Begriff wird hierbei nicht benutzt in<br />

seiner brutalen und traumatischen Erfahrungen<br />

<strong>für</strong> Juden und Afrikanern, sondern<br />

in seinem griechischen Ursprungskontext<br />

als Migration. Diese thematische<br />

Beschäftigung mit Diaspora-Erfahrungen<br />

löste gerade bei den Migranten und<br />

Afrodeutschen eine hohe Identifikation<br />

mit dieser Kultur aus. Ayhan Kaya spricht<br />

bei der Betrachtung von Jugendlichen aus<br />

der Türkei von einer „doppelten Diaspora-<br />

Erfahrung“. Dies zeige sich darin, dass<br />

durch die musikalische Verschmelzung<br />

von Arabesk und westlichen Beats eine<br />

neue Form entstanden sei. Arabesk ist eine<br />

Musikform, die sich in den 70er Jahren in<br />

der Türkei entwickelte und selbst schon<br />

eine Synthese darstellt. Arabesk besteht aus<br />

arabischen und persischen Musikstrukturen,<br />

die jedoch mit westlichen Musikinstrumenten<br />

gespielt werden und thematisch<br />

die Schwierigkeiten der Binnenmigration<br />

innerhalb der Türkei verhandeln.<br />

Inhaltlich kreisen Arabeskthemen<br />

um die Fremde, Heimat, Liebe, Unglück<br />

und Verlust. So werden durch diesen<br />

Arabeskbezug in der Rapmusik von<br />

Deutschtürken<br />

sowohl die<br />

Migrationsgeschichte<br />

der<br />

Eltern wie auch<br />

die eigene<br />

Diasporaerfahrung<br />

thematisiert.<br />

Für Jugendliche<br />

aus dem<br />

bürgerlichen Milieu<br />

stellte die<br />

Beschäftigung<br />

mit Hip Hop<br />

eine Rebellion<br />

gegenüber den<br />

Moral- und<br />

Wertvorstellungen<br />

der eigenen<br />

Eltern dar. Mit<br />

Hip Hop konnte<br />

man provozieren<br />

und gleichzeitig kreativ sein. Durch<br />

diesen Brückenschlag wurde die Verschiebung<br />

der Jugendkultur Hip Hop vom<br />

Abseits der Gesellschaft ins Zentrum erst<br />

möglich.<br />

Diese beiden Zugänge auf Hip Hop<br />

von Migrantenjugendlichen und Afrodeutschen<br />

einerseits und andererseits von<br />

Mittelstandsjugendlichen haben in<br />

Deutschland schon immer existiert und<br />

stehen mal in engerem, mal in entfernterem<br />

Verhältnis zueinander. Hier gibt es ein<br />

Gefälle zwischen Stadt und Land. Zu einem<br />

Konflikt zwischen diesen beiden<br />

Momenten kam es erst, als es durch die<br />

Kommerzialisierung von Hip Hop möglich<br />

wurde, diese Kultur ökonomisch zu<br />

verwerten. Die Schaffung des Produktes<br />

„Deutschrap“ erzeugte Ein- sowie Ausschluss<br />

in den Musikmarkt. Dieser Prozess<br />

wurde durch die deutsche Wiedervereinigung<br />

und das gesellschaftliche Bedürfnis<br />

nach nationalen Kulturprodukten beschleunigt.<br />

Die rassistischen Anschläge<br />

Anfang der 90er Jahre führten zu einer<br />

Entfremdung beider Momente in der Hip<br />

Hop-Kultur. Es entwickelte sich eine<br />

Schieflage zwischen der massenmedialen<br />

Aufbereitung von Hip Hop und der Realität<br />

eines Großteils der Jugendlichen, die<br />

weiterhin in den Jugendhäusern ihre Vorstellung<br />

von Hip Hop lebten.<br />

Der fehlende Zugang zu den gesellschaftlichen<br />

Ressourcen wie Kapital, Me-<br />

Erfahrungen mit der Daspora: Musiker Efe und Careem<br />

dien und Freizeit ließ die kulturelle Artikulation<br />

<strong>für</strong> Migrantenjugendliche aus dem<br />

Arbeitermilieu schwieriger werden. Die<br />

anfänglich fehlende Bezugnahme auf die<br />

deutsche Sprache erweiterte diesen Abstand.<br />

Die Gründe hier<strong>für</strong> liegen im deutschen<br />

Staatsbürgerschaftsrecht. Dies erklärt<br />

auch den Unterschied zu Frankreich, wo<br />

der Bezug zur französischen Sprache<br />

selbstverständlich war. Rap in Deutschland<br />

hat sich Mitte der 90er Jahre rasant entwikkelt.<br />

Die deutsche Sprache wurde geschmeidiger<br />

gemacht und dadurch verwendbarer<br />

<strong>für</strong> Rap.<br />

Der amerikanische Musikkritiker Nelson<br />

George äußerte diesbezüglich eine<br />

harte Kritik: „Hip Hop im Ausland kann<br />

auch richtig schlecht sein, wie beispielsweise<br />

in Deutschland. Das Deutsche klingt<br />

sehr hart, und die Gutturallaute stören einen<br />

eigenen Flow.“ Gruppen wie Freundeskreis,<br />

Curse oder Konkret Finn haben inzwischen<br />

gezeigt, dass die deutsche Sprache<br />

durchaus auch fließen kann.<br />

Was bedeutet Hip Hop heutzutage?<br />

Welche Inhalte und Subjekte werden aktuell<br />

thematisiert? Oberflächlich betrachtet<br />

kann man sagen, dass die Bandbreite<br />

der medialen Subjekte von Hip Hop pluralistisch<br />

geworden ist. Es gibt erfolgreiche<br />

Afrodeutsche, türkische und deutsche<br />

Künstler, die massenmedial Hip Hop repräsentieren.<br />

Bei genauerer Betrachtung<br />

wird jedoch deutlich, dass die Pluralisie-<br />

HONSAR


ung einhergeht mit einer fehlenden<br />

politischen Artikulation. Doch auch<br />

hier gibt es interessante Phänomene<br />

der Ausnahme, wie das Projekt<br />

Brothers Keepers. Insgesamt lässt sich<br />

sagen, dass Hip Hop komplexer geworden<br />

ist. Der Grund besteht darin,<br />

dass es keine homogene Szene<br />

gibt.<br />

Es existieren parallele Hip Hop-<br />

Szenen in Deutschland. Die medial<br />

vermittelte steht nicht immer im<br />

Einklang mit den regionalen oder<br />

auch virtuellen Szenen in Deutschland.<br />

Eine Verschiebung von Inhalten<br />

in den einzelnen Szenen lässt sich<br />

ebenfalls verfolgen. Nur soviel dazu<br />

ist zu sagen, dass sexistische, rassistische,<br />

homophobe und Gewalt<br />

verherrlichende Metaphern Einzug<br />

genommen haben.<br />

Auf der anderen Seite sieht man<br />

aber auch eine agile Szene, die sich<br />

trotz ökonomischer Krisen seitens<br />

der Plattenindustrie eine eigene Infrastruktur<br />

aufbaut. In diesem Zusammenhang<br />

sind die Erfolge von<br />

Independent Labels wie Royalbunker oder<br />

Aggroberlin zu nennen.<br />

Inhaltlich ist jedoch auffällig, dass es<br />

in den Songtexten aktuell erfolgreicher Produktionen<br />

eine Hinwendung zu einem<br />

scheinbar authentischen Ort wie Ghetto,<br />

Block oder Straße gibt. Damit geht eine<br />

Idealisierung und Romantisierung des<br />

Ghettos einher. In dieser Verortung von<br />

Ghetto vermischen sich Zuschreibungen<br />

wie: gefährlich, bedrohlich, Unberechenbarkeit,<br />

Aufbegehren, Männerbund, Authentizität<br />

und eine aufgeladene Sexualität.<br />

Das macht die Bezugnahme auf das<br />

Ghetto sowohl <strong>für</strong> Poplinke wie auch <strong>für</strong><br />

Mittelstandsjugendliche interessant. Für<br />

die Mittelstandsjugendlichen repräsentiert<br />

das Ghetto eine Möglichkeit der Rebellion<br />

und des Tabubruchs gegenüber den bürgerlichen<br />

Wertvorstellungen ihrer Eltern,<br />

die Betonung auf eine unkontrollierte Sexualität<br />

ist da von entscheidender Bedeutung.<br />

Für die Poplinke symbolisiert das<br />

Ghetto ein Ort des Aufbegehrens gegenüber<br />

rassistischen Zuschreibungen.<br />

Beiden Betrachtungen liegt zugrunde<br />

die Suche nach einem authentischen Rap.<br />

Das Ghetto verkörpert bei dieser Betrachtung<br />

eine scheinbar wahre lokale Praxis.<br />

Studierter Hip Hop-Musiker: Der Autor des Artikels, Murat Güngör<br />

Dies geschieht in Abgrenzung zu Produktionen,<br />

bei denen spielerisches Vorgehen,<br />

Ironie und Wortwitz im Zentrum steht.<br />

Durch diese einseitige Betrachtung des<br />

Ghettos fokussiert sich der Blick nur auf<br />

eine männlich orientierte Praxis der Revierverteidigung.<br />

Die lokale Praxis eines Ghettos<br />

wird hier reduziert auf eine männlich<br />

aggressive Verteidigung der Straße gegenüber<br />

dem Fremden.<br />

Damit einher geht eine sexistische, patriarchalische,<br />

homophobe und aggressive<br />

Haltung, die sich in Sprache und Inhalt<br />

bemerkbar macht. Die Reduzierung des<br />

Ghettos auf die klassischen Bilder schließt<br />

die dortigen Gruppierungen fest. Die romantisierenden<br />

Bilder sind statisch und<br />

nicht dynamisch angesetzt. Diese Betrachtung<br />

produziert Einschluss in den Musikmarkt<br />

und gleichzeitig Ausschluss, da die<br />

Subjekte auf bestimmte Rollen festgeschrieben<br />

werden.<br />

Der Moment des Ausbruchs, des Aufsich-aufmerksam-machens<br />

und die Teilnahme,<br />

Mitgestaltung und Veränderung<br />

der Gesellschaft, geht bei dieser Betrachtung<br />

verloren. Die wirklichen Probleme wie<br />

Arbeitslosigkeit, fehlende Bildungschancen,<br />

sozial desolate Vorstädte, repressive<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Ausländergesetze, Ausgrenzungen<br />

von Frauen<br />

und Schwulen, die schwierigen<br />

ökonomischen Bedingungen<br />

fallen dabei unter<br />

den Tisch.<br />

Jedoch können diese<br />

Bilder auch einen subversiven<br />

Moment aufweisen,<br />

wenn sie strategisch benutzt<br />

werden. Die Krise<br />

der Plattenindustrie ist so<br />

eine Chance <strong>für</strong> die Hip<br />

Hop-Szene, ihre Infrastruktur<br />

weiter auszubauen und<br />

jenseits der etablierten<br />

Strukturen ihre Definitionsmacht<br />

zu stärken. Darin<br />

liegt auch die Chance <strong>für</strong><br />

eine eigenständige Artikulation<br />

und die Brechung<br />

von hegemonialen Bildern<br />

sowie die Annäherung unterschiedlicher<br />

Szenen.<br />

Ein gutes Beispiel ist<br />

hier der Berliner Rapper Bektas,<br />

der poetisch und kraftvoll<br />

soziale Realitäten reflektiert und gleichzeitig<br />

Migrationsgeschichte vermittelt. Seine<br />

Texte sind Polaroids aus dem Leben,<br />

angereichert mit mystischer Sinnsuche.<br />

Zwischen Wut und Hoffnung vergisst er<br />

nicht, seinen Eltern zu danken. Mit seinen<br />

biografischen Erzählungen über seine <strong>Familie</strong><br />

und Alltag lässt er jene erscheinen,<br />

die bisher nicht im Lichte standen. Damit<br />

bringt er Rap wieder dahin zurück, wo es<br />

einst vor langer Zeit begann, zu den Außenseitern<br />

der Gesellschaft. Künstler wie<br />

Bektas, Manges oder auch Scarabeuz stehen<br />

<strong>für</strong> dieses neue Selbstverständnis.<br />

Murat Güngör, geb.1969 in Tarsus/Türkei, studierte<br />

Kulturanthropologie, Soziologie und Politik<br />

in Frankfurt. Von 1990 bis 1999 war er MC<br />

und Produzent. 1994 baute Güngör das Underground-Label<br />

Looptown mit auf und veröffentlichte<br />

das erste Rapalbum in türkischer Sprache<br />

in Deutschland. Seit 1997 Mitorganisator des<br />

Frankfurter Hip Hop-Contests WordUp. 1998 Mitbegründer<br />

und seither Mitglied in der Gruppe<br />

Kanak Attak. Von 2001 bis 20<strong>02</strong> bei EFA Medien<br />

zuständig <strong>für</strong> das Hip Hop-Label 3Finger. Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter beim Dokumentationszentrum<br />

und Museum <strong>für</strong> Migration<br />

(DOMIT). Projekt: „Zwei, drei Jahre Alemanya...“<br />

7


THOMAS BAYER<br />

8<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Rocken und Hip Hop im Großprojekt: „School ´s out“- Party am Ferienbeginn im Pirmasenser Jugendhaus<br />

Pirmasens rockt!<br />

Der Jugendmigrationsdienst des IB hat in der<br />

Südwestpfalz ein Rockprojekt entwickelt, das sich zu<br />

ungeahnten Dimensionen aufschwang<br />

Dass die Jugendarbeiter besonders erfolgreich<br />

über Musikprojekte an ihre Klientel<br />

herankommen, zeigen die Erfahrungen in<br />

wohl allen Kommunen, die entsprechende<br />

Angebote machen. Aber nirgendwo<br />

sonst in Rheinland-Pfalz hat sich aus den<br />

Anfängen eines kleinen Projektes eine so<br />

große und gefestigte Szene entwickelt wie<br />

in Pirmasens. In der Metropole der<br />

Südwestpfalz ist der Internationale Bund<br />

(IB) schon seit den 70er Jahren in der Jugendarbeit<br />

im Auftrag der Stadt aktiv.<br />

Bald darauf endete die Zeit, in der das<br />

Land Spätaussiedler aus dem „Ostblock“<br />

ausschließlich in den Städten an der Rheinschiene<br />

unterbrachte, nun kamen sie auch<br />

im Hinterland an. Als Thomas Bayer 1987<br />

in Pirmasens beim IB einstieg, „da ging es<br />

los mit den Aussiedlern“, berichtet der<br />

Leiter des Jugendmigrationsdienstes des<br />

IB. Heute leben rund 10.000 Zuwanderer<br />

im Bereich der Südwestpfalz, <strong>für</strong> die der<br />

Pirmasenser IB zuständig ist. Die Gründung<br />

des Dienstes unter dem Vorgängernamen<br />

Jugendgemeinschaftswerk war<br />

1990 mit dem Auftrag an die Mitarbeiter<br />

verbunden, sich konkret um die Belange<br />

von Migranten zwischen 12 und 27 Jahren<br />

und deren <strong>Familie</strong>n zu kümmern. „Ab<br />

diesem Zeitpunkt gab es eine spezielle<br />

Migrationshilfe in Pirmasens“, berichtet<br />

Bayer.<br />

Der Musiker Bayer musste früher oder<br />

später einfach auf die Idee kommen, es<br />

bei der <strong>Integration</strong>sarbeit über die Musikschiene<br />

zu versuchen. „Wir haben mit einem<br />

Gitarrenkurs <strong>für</strong> Aussiedlerkinder begonnen“,<br />

erinnert sich Bayer. „Dann ha-<br />

ben wir mal hier und<br />

dort etwas dazu gekauft<br />

oder geschenkt bekommen.“<br />

Verfestigen konnte<br />

sich die Entwicklung<br />

durch die Einrichtung<br />

des ersten Proberaums<br />

in der Haupteinrichtung<br />

des IB in der<br />

Luisenstraße. Das war<br />

1993, „und das Projekt<br />

ist dann sukzessive gewachsen“.<br />

Trotzdem<br />

„hatten wir Glück, dass<br />

nicht gleich wieder<br />

Schluss war“, bekennt<br />

der IB-Leiter. Denn die<br />

leidige Erfahrung, dass<br />

Jugendliche sich nicht<br />

wirklich <strong>für</strong> langfristige<br />

Aktivitäten interessieren<br />

oder binden lassen wollen,<br />

machten Bayer und<br />

seine Mitstreiter durchaus<br />

auch. „Aber als zwei<br />

Bands auseinander gingen,<br />

sind fünf neue entstanden,<br />

das ist inzwischen ein Selbstläufer.“<br />

Heute sind konstant zwischen 200 und<br />

250 Jugendliche, die sich mit rund 30<br />

Bandprojekten in das vom Ex-Profimusiker<br />

Dieter Geisinger geleitete Rock-<br />

Projekt „Rainbow“ eingebunden haben,<br />

bis auf wenige Ausnahmen sind die Nachwuchsmusiker<br />

zwischen 14 und etwas über<br />

20 Jahre alt. Dass sich dieses Angebot des<br />

Jugendmigrationsdienstes ausschließlichauf<br />

den Rockbereich konzentrierte, erklärt<br />

sich mit den Traditionen der örtlichen Szene.<br />

„Pimasens ist von der Struktur her eine<br />

Rockstadt“, sagt Bayer – was immer das<br />

über Pirmasens auch aussagen mag.<br />

Auch heute noch herrscht ein fröhliches<br />

Kommen und Gehen von Bands,<br />

doch das halten die IB-Mitarbeiter nicht<br />

<strong>für</strong> unnormal. Sie sehen ihre Aufgabe darin,<br />

ein Bindeglied <strong>für</strong> die Bands zu sein.<br />

„Wir moderieren Prozesse der Band-Bildung<br />

und bemühen uns, Niveauunterschiede<br />

der Teilnehmer zu nivellieren“, erläutert<br />

Bayer. Persönliche Beratung, Workshops,<br />

Bandarbeit, das Organisieren von<br />

Auftritten und offenen Bühnen soll den<br />

schweren Einstieg in das Musikerleben erleichtern.<br />

Drei konkrete Ziele verknüpft der


GUIDO STEINACKER<br />

IB mit dem Projekt. „Alt und Jung sollen<br />

zusammenkommen, Musik machen ohne<br />

Papis Portemonnaie möglich sein und die<br />

<strong>Integration</strong> der Jugendlichen gefördert<br />

werden.“<br />

Das gleiche gilt <strong>für</strong> das Schwesterprojekt<br />

<strong>für</strong> Hip Hop-Fans, das seit kurzem<br />

dem etablierten Rockprojekt zur Seite<br />

steht und von Nordin Boussadi und<br />

Mike Igel geleitet wird. Zum Abschluss<br />

des Schuljahres trafen sich Ende Juli die<br />

Teilnehmer beider Schienen nun erstmals<br />

gemeinsam bei einer „School’s out“-Party<br />

im Pirmasenser Jugendhaus an der Nagelschiedsbergtreppe.<br />

Das Gebäude, eine ehemalige<br />

Schuhfabrik, ist <strong>für</strong> die IB-Bands<br />

ein großer Glücksfall. Zwar gibt es inzwischen<br />

reichlich Probemöglichkeiten in der<br />

Stadt. Alleine auf der Husterhöhe, in der<br />

ehemaligen Housing Area der US-Army,<br />

sind in den einstigen Arrestzellen sieben<br />

Proberäume eingerichtet, jeweils auf fünf<br />

mal 2,50 Meter.<br />

Aber Auftrittsmöglichkeiten wie im<br />

Jugendhaus, das zudem zentral in der<br />

Stadt liegt, sind auch wichtig, um Fortschritte<br />

mit den Projekten zu machen. Als<br />

drittes Element gibt es seit Jahren den<br />

„Vis-à-Vis-contest“, einen deutsch-franzö-<br />

sischen Musikwettbewerb, von dem 2001<br />

sogar eine erste CD-Veröffentlichung erschien.<br />

Eine zweite CD soll noch in diesem<br />

Jahr folgen.<br />

Dieser grenzüberschreitende Schritt ergänzt<br />

den Migrationsansatz, den „Rainbow“<br />

und das Hip Hop-Projekt verfolgen,<br />

um eine internationalistische Note.<br />

Zwar ist die französische Grenze nur 15<br />

Kilometer von Pirmasens entfernt ist, einen<br />

wirklichen Grenzverkehr von Bands<br />

oder Einzelmusikerngibt gibt es bis heute<br />

nicht , obwohl viele der elsässischen Franzosen<br />

deutsch sprechen. Im Prinzip hat<br />

„Vis-à-Vis“ dieselben Ziele wie „Rainbow“.<br />

„Kulturelle Hintergründe sollen<br />

überwunden werden“, sagt Bayer.<br />

Obwohl die Bandprojekte nicht ausschließlich<br />

<strong>für</strong> Migrantinnen und Migranten<br />

konzipiert sind, sondern auch zum<br />

Ziel haben, deutsche und ausländische Jugendliche<br />

zusammenzubringen, sind die<br />

Einteilungen bisher deutlich: In den Rockbands<br />

sind hauptsächlich deutsche Jugendliche<br />

zu finden, beim Hip Hop geben die<br />

Nichtdeutschen den Ton an. Überraschend<br />

mag klingen, dass die Jugendlichen <strong>für</strong> die<br />

Teilnahme an Rainbow einen Monatsbeitrag<br />

zu zahlen haben. Fünf Euro, und der<br />

Erfolg mit Rockmusik: Thomas Bayer (l.) und „The Cry“-Sänger Pouya Nemate<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Projektleiter legt weniger aus finanziellen<br />

Gründen Wert drauf, dass dies so geregelt<br />

ist. „Was nichts kostet, ist nichts wert“,<br />

glaubt Dieter Geisinger. Weil das Hip Hop-<br />

Projekt noch im Aufbau ist, geht es dort<br />

bisher noch kostenlos zu. Bei den Konzerten<br />

ist von den Besuchern ein kleiner<br />

Obolus fällig. Weniger, um <strong>für</strong> das inzwischen<br />

aus Bundes-, Landes- und Kreismitteln<br />

teilfinanzierte Projekt Geld einzutreiben,<br />

sondern aus demselben Grund,<br />

dass die Früchte der Arbeit in den Proberäumen<br />

auch einen Wert haben sollen.<br />

Teil des Lerneffekt ist es, den Bands<br />

beizubringen, sich in der Stadt ihren guten<br />

Namen zu verdienen. Das geht nur<br />

über Werbung vor den Auftritten, <strong>für</strong> die<br />

die Nachwuchsmusiker selbst verantwortlich<br />

sind. „Wenn ich keine Werbung mache,<br />

ist keiner da. Also müssen sich die<br />

Bands drum kümmern“, erläutert Bayer.<br />

Die Breite und Intensität, mit der im<br />

Jugendhaus und in den Proberäumen die<br />

<strong>Integration</strong> gefördert wird, hat schon bundesweit<br />

Aufmerksamkeit erregt. So wurde<br />

„Rainbow“ Preisträger des “Wettbewerbes<br />

zur <strong>Integration</strong> von Zuwanderern”, und<br />

da<strong>für</strong> vom damaligen Bundespräsidenten<br />

Johannes Rau ausgezeichnet. Die Rainbow-Gruppe<br />

„MULTIKULTIband“ trat<br />

bei dieser Gelegenheit im Berliner Schloss<br />

Bellevue aus. Auch beim Bundeswettbewerbs<br />

“Vorbildliche <strong>Integration</strong> von Aussiedlern”<br />

ergatterte das Projekt einen Preis,<br />

den der damalige Spätaussiedlerbeauftragten<br />

der Bundesregierung, Jochen Welt, in<br />

Berlin überreichte.<br />

Trotz aller Erfolge bleibt Rainbow der<br />

Kampf mit den knappen Mitteln nicht<br />

erspart. Das Jugendhaus etwa verfügt über<br />

nur zwei pädagogische Planstellen, und<br />

mehr ist in absehbarer Zeit wohl auch nicht<br />

drin. „Wir sind nicht unzufrieden darüber,<br />

was die Stadt mitträgt“, betont Bayer. Bürgermeister<br />

Peter Scheidel, als Jugenddezernent<br />

regelmäßiger Besucher der IB-<br />

Aktivitäten, gibt das Lob zurück an den<br />

Migrationsdienstleiter. „Wir überlassen die<br />

<strong>Integration</strong>sarbeit hauptsächlich dem IB,<br />

weil er kompetente Mitarbeiter hat, die auch<br />

Persönlichkeiten sind.“ Ob es zusätzliche<br />

Stellen <strong>für</strong> die Betreuung der Projekte geben<br />

könne, sei freilich „unklar“.<br />

Guido Steinacker<br />

9


10<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Vertrauen<br />

gefasst<br />

Die Musiker in den<br />

„Rainbow“-Projekten<br />

„Hotstepper“ nimmt kein Blatt vor den<br />

Mund. Der Nachwuchsrapper wuselt bei<br />

der „School´s out“-Party durch das Pirmasenser<br />

Jugendhaus und erzählt enthusiastisch<br />

von seinen bisherigen vier Bühnenauftritten,<br />

reimt ein paar Zeilen drauf los.<br />

Für Dieter Geisinger ein Phänomen. „Vor<br />

ein paar Wochen hat er noch kaum den<br />

Mund aufbekommen“, erzählt der „Rainbow“-Projektleiter<br />

über den 14-Jährigen,<br />

der mit bürgerlichem Namen Michael<br />

Rößler heißt. Schüchtern sei er gewesen.<br />

Das hat sich geändert, seitdem der Junge<br />

den Hip Hop-Workshop von Nordin<br />

Boussadi und Mike Igel besucht, dem<br />

jüngsten Rainbow-Bestandteil.<br />

Kommunikation durch Musik in<br />

Gang bringen – das hat bei dem Projekt<br />

schon eine lange Tradition. Neben der breiten<br />

Rockszene hat Pirmasens augenscheinlich<br />

auch jede Menge Potenzial und Talent<br />

im Hip Hop-Bereich zu bieten. Seit Anfang<br />

Juli bieten Boussadi und Igel, beide<br />

Jahrgang 1974, die Workshops an, und<br />

schon über 50 Jugendliche sind mit dabei<br />

– bei steigendem Zulauf, ohne Werbung.<br />

Fünf Mal in der Woche laden die erfahrenen<br />

Rapper, die gemeinsam bei der<br />

Gruppe „Lyrik Kumpanen“ am Mikro stehen,<br />

zum gemeinsamen Basteln an Texten,<br />

Rhythmen und Samples, und das<br />

Jugendhaus ist stets voll. 85 bis 90 Prozent<br />

der <strong>Kinder</strong> zwischen neun und 20<br />

Jahren haben einen Migrationshintergrund,<br />

schätzt Boussadi, gebürtiger Rodalbener<br />

und Sohn einer Griechin und eines<br />

Algeriers. Für ihn und seinen Mitstreiter<br />

Mike ist es das erste Mal, dass sie in der<br />

Jugendbetreuung arbeiten, der Kontakt zu<br />

Dieter Geisinger kam eher zufällig zustande,<br />

als dieser <strong>für</strong> eine Inventur in den<br />

Band-Proberäumen Leute mit Sachkenntnis<br />

beim Arbeitsamt suchte. „Es ist auch<br />

<strong>für</strong> uns eine neue Erfahrung“, erzählt Igel.<br />

„Das Schöne ist, dass die Kids sehr schnell<br />

Leitet „Rainbow“: Dieter Geisinger<br />

Vertrauen zu uns gefasst haben.“ Vertrauen<br />

auch, wenn es darum geht, eigene Textideen<br />

einzubringen und sie öffentlich vorzutragen<br />

– denn es braucht Mut, Gefühle<br />

und Empfindungen so offen zu legen.<br />

Charakteristisch <strong>für</strong> den Hip Hop ist,<br />

dass Worte und Sprache im Mittelpunkt<br />

stehen. Auch beim Pirmasenser Projekt<br />

wird besonderes Augenmerk auf die Texte<br />

gelegt. Gewaltverherrlichung, Frauen<br />

herabwürdigende Sprüche oder übertriebene<br />

Kraftausdrücke, wie sie insbesondere<br />

die US-amerikanischen Vorbilder zum<br />

Stilmittel erhoben haben, sucht man hier<br />

vergebens. „Es ist ganz wichtig, dass hier<br />

positive Songs entstehen“, findet Geisinger.<br />

Auch und gerade, wenn sich die Jugendlichen<br />

mit ihrer Heimatstadt auseinandersetzen.<br />

„Früher war der Lokalstolz<br />

hier nur sehr gering ausgeprägt, zu Pirmasens<br />

hat sich keiner bekannt.“ Mittlerweile<br />

sehe dies etwas anders aus, wie etwa die<br />

Hip Hop-Umsetzung alter Gassenhauer<br />

wie dem der „Pälzer Buwen“ zeigten. Weitere<br />

Schwerpunktthemen sind Aufrufe an<br />

die eigene Verantwortung und Motivation,<br />

etwa im Hinblick auf Schule oder Drogen<br />

– und natürlich ganz persönliche Dinge<br />

wie der <strong>für</strong> so unendlich viele Lieder<br />

Inspiration gebende Liebeskummer.<br />

Dabei werden sogar Jugendliche angelockt,<br />

die bislang mit Hip Hop wenig anfangen<br />

konnten. Wie etwa die 17-jährige<br />

Melanie Wolf, schon seit Jahren Stammgast<br />

im Jugendhaus. „Eine Freundin von<br />

GUIDO STEINACKER<br />

mir hat beim Workshop mitgemacht, und<br />

das hat mich interessiert“, erzählt die Gymnasiastin.<br />

Daraus entsprang die Gruppe<br />

„Magic Styles“, eine von bislang vier Hip<br />

Hop-Formationen, die sich aus dem Projekt<br />

heraus gebildet haben.<br />

Die fünf Mädchen haben einen Song<br />

in sechs Sprachen verfasst – neben deutsch<br />

und englisch noch bulgarisch, italienisch,<br />

französisch und türkisch. „Eigentlich sollen<br />

die Texte schon auf Deutsch sein“, sagt<br />

Igel halb scherzend, halb ernst, „damit wir<br />

besser kontrollieren können, dass keine<br />

unflätigen Ausdrücke darin vorkommen.<br />

Aber natürlich können die Kids auch Texte<br />

in ihrer Heimatsprache schreiben, wir<br />

haben durchaus Leute in unserem Bekanntenkreis,<br />

die uns übersetzen können.“<br />

Karina Calin (15), ebenfalls Mitglied der<br />

„Magic Styles“, ist sich mit ihrer Bandkollegin<br />

Melanie Wolf einig, dass das Hip<br />

Hop-Projekt mit einem wichtigen Bestreben<br />

Erfolg hat: „Der <strong>Integration</strong>sansatz<br />

funktioniert“, findet die Deutsch-Polin,<br />

und Wolf ergänzt: „Das gemeinsame<br />

Musikmachen baut Vorbehalte ab, wir gehen<br />

alle hier offener miteinander um, als<br />

es sonst vielleicht der Fall wäre.“ Und da<br />

liegt die Arbeit von Nordin Boussadi und<br />

Mike Igel wieder ganz auf einer Linie mit<br />

der von Dieter Geisinger, Thomas Bayer<br />

und Rainbow. „Sehr oft klappt es, dass<br />

das über das Musizieren geschaffene Gemeinschaftsgefühl<br />

über die Musik hinaus<br />

bestehen bleibt“, sagt Bayer – und erhält<br />

Bestätigung von Pouya Nemate.<br />

Der 24-Jährige Perser, der seit 1992 in<br />

Kaiserslautern lebt, ist über den „Vis-à-<br />

Vis“-Wettbewerb zu „Rainbow“ gestoßen.<br />

Der Sänger der Rockband „Thy Cry“<br />

erklärt, wie es gelingt, solche Bindungen<br />

zu schaffen: „Jeder bringt seine Einflüsse,<br />

seinen Hintergrund mit ein, egal woher er<br />

kommt. Und solche Einflüsse sind wertvoll,<br />

sie fördern die Kreativität, aber auch<br />

die Toleranz und den Respekt, weil du<br />

ohne den anderen nie auf bestimmte Ideen<br />

gekommen wärst.“ Beim gemeinsamen<br />

Musizieren zähle aber einzig und allein<br />

die Musik, Nationalitäten oder Hautfarben<br />

seien gleichgültig. „Und dieses Gefühl<br />

bleibt über die Musik hinaus.“<br />

Jens Bednarek<br />

Internet-Tipps:www.rainbow-pirmasens.de;<br />

www.jugendhaus-pirmasens.de


Jobangst<br />

bestimmt<br />

Der Mädchentreff des<br />

Mainzer Neustadt-Projekts<br />

gibt Raum <strong>für</strong> Gespräche<br />

Einmal in der Woche ganz ohne Jungs<br />

über die wirklich wichtigen Sachen reden.<br />

Einmal in der Woche die Zeit und den<br />

Rahmen finden, um mit gleichaltrigen<br />

Mädchen und einer Betreuerin die Themen<br />

anzusprechen, die einem selber am wichtigsten<br />

erscheinen. Dass dieses Bedürfnis<br />

bei Schülerinnen eines bestimmten Alters<br />

sehr ausgeprägt ist, ist nur allzu verständlich<br />

– egal, welchen sozialen oder ethnischen<br />

Hintergrund das Mädchen hat.<br />

Das Mainzer Neustadt-Projekt von<br />

„Arbeit & Leben“ bietet Fünf- bis<br />

Achtklässlerinnen deshalb einmal in der<br />

Woche einen offenen Treff an, der dieses<br />

Bedürfnis erfüllen soll. Ein Angebot, das<br />

bei der sozialen Struktur des einwohnerstärksten<br />

Mainzer Stadtteils automatisch<br />

zu einem Projekt mit Migrationsthematik<br />

wird. Nationalitäten und Sprachen sind im<br />

Mädchentreff bunt gemischt, wie es in der<br />

ausländerstarken Neustadt eben der Fall<br />

ist. Was haben die Mädchen auf dem Herzen?<br />

Egal, mit welchem sie in die Gruppe<br />

kommen, beherrscht die Furcht vor einem<br />

Leben ohne Chance auf einen Arbeitsplatz<br />

die Gedanken der 10 bis 14-Jährigen,<br />

berichten die beiden Betreuerinnen der<br />

Gruppe, Silke Nardello und Aysegül Güler.<br />

Mit einzelnen Mädchen, die dies von sich<br />

aus wünschen, führen die beiden angehenden<br />

Pädagoginnen zwar auch öfter Gespräche<br />

über religiöse Themen. Aber das<br />

greift nicht so tief ins Politische ein, wie<br />

die öffentlichen Debatten,die zum Beispiel<br />

über das Leben als Muslima in<br />

Deutschland geführt werden, vermuten<br />

lassen. „Das Thema ist viel zu aufgebauscht<br />

worden in den Medien“, sagt Nardello.<br />

Klassische „Ausländerthemen“ wie<br />

Diskriminierung oder Fremdenfeindlichkeit<br />

spielen dagegen keine Rolle<br />

im Gruppenalltag. Die Kopftuch-Debatte<br />

etwa nervt die Mädchen nur an, das The-<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Raum <strong>für</strong> Fünft- bis Achtklässlerinnen im Mädchenprojekt: A. Güler und S. Nardello<br />

ma ist weder <strong>für</strong> die betroffenen islamischen<br />

Mädchen, noch <strong>für</strong> die nichtislamischen<br />

Gruppenmitglieder interessant.<br />

Und daher gibt es auch keine Probleme<br />

<strong>für</strong> die Mädchen, die ein Kopftuch tragen.<br />

„Die <strong>Kinder</strong> haben viel mehr Toleranz<br />

als ihre Eltern und akzeptieren sich,<br />

wie sie sind. Die Vorurteile werden zu<br />

Hause aufgebaut“, sagt Güler. Wenn jemand<br />

anecke, „dann hat das was mit der<br />

Persönlichkeit zu tun“.<br />

In den vier Jahren, die Nardello in der<br />

Mädchenarbeit im Projekt tätig ist, „da habe<br />

ich nur ein mal bei einer Teilnehmerin das<br />

Gefühl gehabt, dass sie gegen ihren Willen<br />

das Kopftuch tragen muss.“ Die Unlust,<br />

über das Thema zu reden, nährt allerdings<br />

offenbar auch das ungute Gefühl<br />

der Mädchen, beim Eintritt in die Arbeitswelt<br />

könnte ein Kopftuch eine Benachteiligung<br />

auslösen. Doch auch das ist eher<br />

zweitrangig, denn die Jobfrage ist in vielen<br />

Facetten das beherrschende Thema,<br />

über das die Mädchen von sich aus reden<br />

wollen. Und das ist sehr realistisch gewählt,<br />

betonen die Pädagoginnen. „Schon ab der<br />

ersten Schulklasse stehen die Schüler heute<br />

unter Druck und be<strong>für</strong>chten, später einmal<br />

keinen Arbeitsplatz zu bekommen.“<br />

Das wissen die Betreuerinnen nur zur<br />

gut von einem weiteren Angebot des Neustadt-Projekts,<br />

der Hausaufgabenbetreuung<br />

<strong>für</strong> Erst- bis Achtklässler. Viele der<br />

im Schnitt rund zehn Schützlinge<br />

Nardellos und Gülers sind über diese <strong>Kinder</strong>-Eltern-Hilfe,<br />

die eine Stunde Nachhilfeunterricht<br />

und eine weitere Stunde Freizeitangebot<br />

miteinander verknüpft, in die<br />

Mädchengruppe gewechselt.<br />

Es gibt sie zwar, die Nachteile und besonderen<br />

Probleme von Migrantenkindern<br />

in der deutschen Schule, besonders wenn<br />

es Sprachdefizite gibt. Viele angebliche<br />

<strong>Integration</strong>sprobleme, die sie in einer erfolgreichen<br />

Schullaufbahn behindern, haben<br />

nach Gülers Ansicht aber weniger mit<br />

dem Migrationshintergrund der Schülerin<br />

oder des Schülers selbst zu tun, sondern<br />

mit der deutschen Leistungsgesellschaft.<br />

„Die <strong>Kinder</strong> lernen heute in der ersten<br />

Klasse Dinge, die die <strong>Kinder</strong> vor 20 Jahren<br />

noch nicht lernen mussten“, erläutert<br />

Güler. In den Ländern, aus denen die<br />

Mädchen oder ihre <strong>Familie</strong>n stammen,<br />

seien die Ansprüche an das Vorwissen der<br />

<strong>Kinder</strong> eben noch deutlich geringer.<br />

Viel war in den vergangenen Jahren zu<br />

lesen von einem angeblichen Rückzug der<br />

jüngeren Migrantengenerationen aus der<br />

<strong>Integration</strong> und einer Abschottung gegenüber<br />

der deutschen Mehrheitsgesellschaft.<br />

Die Pädagogin Nardello hat diese These<br />

in ihrer Diplomarbeit gründlich auseinander<br />

genommen. Ihre Antwort: „Es gibt<br />

keine Rückbesinnung auf alte Werte.“<br />

Auch ihre Erfahrungen im Mädchen-<br />

11<br />

GUIDO STEINACKER


12<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

projekt besagen vielmehr, dass sich diese<br />

<strong>Kinder</strong> und Jugendlichen als voll in dieser<br />

Gesellschaft lebend verstehen.<br />

Eine Barriere der Arbeit Nardellos und<br />

Gülers sind die begrenzten Gruppenkapazitäten,<br />

die mit den zur Verfügung<br />

stehenden Geldern angeboten werden<br />

können. Besonders bei der <strong>Kinder</strong>-Eltern-<br />

Arbeit beklagen Eltern häufig die geringe<br />

Platzanzahl. Dabei hätten die Betreuerinnen<br />

noch den ein oder anderen Wunsch<br />

offen, vor allem <strong>für</strong> eine weitere Mädchengruppe<br />

<strong>für</strong> Erst- bis Viertklässlerinnen.<br />

Zweitberuf<br />

Lehrer<br />

Künster Stefan Budian<br />

lehrt an einer Mainzer<br />

Schule Kultur als Prozess<br />

Auf Anregung der Ministerien <strong>für</strong> Bildung<br />

und Kultur haben der Mainzer<br />

Künstler Stefan Budian und Schulleiter<br />

Helmut Wagner ein Projekt entwickelt, bei<br />

dem die Grund- und Hauptschule Mainz-<br />

Mombach zum Schuljahr <strong>2005</strong>/2006 einen<br />

„Artist-in-residence“ bekommen soll.<br />

Schule vermittelt ein Bild der Gesellschaft,<br />

sie kann nicht die Wirklichkeit selbst<br />

sein. Natürlich ist sie <strong>für</strong> sich genommen<br />

eine eigene Wirklichkeit. Für die Schülerinnen<br />

und Schüler bestimmt die Zeit in der<br />

Schule große Teile des Tages. Für manche<br />

<strong>Kinder</strong> und Jugendlichen ist die Schule<br />

vielleicht sogar der einzige Ort, an dem sie<br />

der sie umgebenden deutschen Gesellschaft<br />

begegnen. Eine der Erkenntnisse<br />

aus den schwärenden Bildungsdebatten ist<br />

es, dass die Wirklichkeit in der Schule näher<br />

an die gesellschaftliche Wirklichkeit rükken<br />

soll. Seit einer Weile wird es deshalb in<br />

vielen Bundesländern (auch in Rheinland-<br />

Pfalz) berufserfahrenen Menschen ermöglicht,<br />

auch ohne ausdrücklich pädagogische<br />

Ausbildung als Lehrer eingestellt zu werden.<br />

Das gilt auch <strong>für</strong> Künstler.<br />

Die neue Idee von Budian und Wagner<br />

ist, dass der Künstler zwar Unterricht<br />

hält (eine Doppelstunde am Tag) dabei aber<br />

„Das müsste nicht so regelmäßig sein, aber<br />

es wäre wichtig, die Mädchen als Mädchen<br />

zu begleiten, vor der Pubertät“, betont<br />

Güler, die vor 25 Jahren, damals als Anglistik-Studentin,<br />

nach Deutschland kam<br />

und vier <strong>Kinder</strong> hat. „Dann hätten sie später<br />

manche Probleme nicht.“<br />

Dass die Eltern durch die Angebote<br />

des Neustadt-Projekts zu viel Einfluss von<br />

außerhalb auf ihre <strong>Kinder</strong> be<strong>für</strong>chten<br />

könnten, glaubt die vierfache Mutter nicht.<br />

„Es gibt Akzeptanz und Vertrauen, die<br />

Eltern sehen, dass wir die <strong>Kinder</strong> hier nicht<br />

Lebensschwerpunkt bleibt die Kunst: Künstler Stefan Budian beim Unterrichten<br />

seinen beruflichen Lebensschwerpunkt<br />

ausdrücklich in der Kunst belässt. Vorbild<br />

da<strong>für</strong> ist eine Grund- und Hauptschule in<br />

Göteborg/Schweden, deren Schulleiter Ulf<br />

Pahlson im Zweitberuf Galerist ist und<br />

an seiner Schule mehrere Künstlerateliers<br />

gegründet hat. So ein Künstleratelier wird<br />

zurzeit an der Mombacher Schule installiert.<br />

Budian wird dort seine Bilder malen<br />

– und zusätzlich hat das Atelier Platz <strong>für</strong><br />

Schulklassen, mit denen Budian einen Teil<br />

seiner Zeit verbringen wird. In Begleitung<br />

ihres Klassenlehrers erhalten die Schülerinnen<br />

und Schüler ihren Kunstunterricht<br />

in einer wirklichen Künstlerwerkstatt mit<br />

laufendem Betrieb.<br />

Neben den allgemeinen Möglichkeiten<br />

einer solchen praxisnahen Ausbildung,<br />

zielt ein besonderes Interesse dieses Projektes<br />

auf die Zusammenhänge zwischen<br />

Schule, Bildung, Kunst und Kultur. Die<br />

<strong>Kinder</strong> sollen erleben, wie Kunst entsteht<br />

erziehen wollen.“ Sie aber durchaus weiter<br />

bringen möchten. „Ein selbst bestimmtes<br />

Leben, durch Bildung und<br />

Selbsthinterfragung“, definiert Nardello als<br />

Ziel mit der Mädchengruppe. Da heißt es<br />

vor allem, Barrieren abzubauen, die dem<br />

entgegen stehen – bei <strong>Kinder</strong>n wie Eltern.<br />

Zum Gruppenangebot zählen auch Bildungsfahrten,<br />

die die Mädchen in der Vergangenheit<br />

schon in den Bundestag, in diesem<br />

Jahr nach Nürnberg führen – im<br />

weiten Sinne „politische Bildung“.<br />

Guido Steinacker<br />

– deshalb wird es keine Trennung zwischen<br />

dem Schulraum und der Werkstatt<br />

geben. Wozu ist Kunst da? Was ist Kunst<br />

überhaupt? Für ihre eigenen Antworten<br />

auf diese Frage soll bei den Schülerinnen<br />

und Schülern aus Budians Kunstunterricht<br />

ein Grundstein gelegt werden.<br />

In Kunst und Kultur finden wichtige Prozesse<br />

statt, mit denen die Gesellschaft nach<br />

ihrer zukünftigen Identität sucht. Zurzeit<br />

erleben wir in Deutschland eine gesellschaftliche<br />

Identitätskrise, zu deren Aspekten<br />

auch die Angst vor Überfremdung und<br />

Probleme in der Schulbildung gehören.<br />

Dass Kultur und Kunst lebendige Prozesse<br />

sind, mit denen sich die Gesellschaft<br />

öffnen und aktiv auf Veränderungen reagieren<br />

kann – dieses Bild von Kultur und<br />

Kunst soll in dem Projekt an der Mombacher<br />

Schule den Schülerinnen und Schülern<br />

vermittelt werden. Und die Hoffnung,<br />

die darin liegt.<br />

STEFAN BUDIAN


CAMILLA EBERTSHÄUSER<br />

Subkultur in Koblenz!<br />

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt: Dient die<br />

Mobile Jugendarbeit in Koblenz als Modell <strong>für</strong><br />

Konfliktvermeidung und <strong>Integration</strong>?<br />

Es ist ein Problem, das mittlerweile nicht<br />

nur Großstädte betrifft. Auch in Mittelzentren<br />

und in ländlichen Regionen sind<br />

Cliquen von Jugendlichen, die sich auf der<br />

Straße, auf Schulhöfen oder an offenen<br />

Plätzen treffen, ein vertrautes Bild. Gehen<br />

diese Ansammlungen noch mit Alkoholkonsum,<br />

Verschmutzungen und dem<br />

Abspielen lauter Musik einher, ist der Unmut<br />

von Anwohnern und Passanten programmiert.<br />

Das Jugendamt Koblenz hat<br />

aus diesem Phänomen seine<br />

Schlussfolgerungen gezogen und bereits<br />

im Jahr 2000 die mobile, aufsuchende Jugendarbeit<br />

eingerichtet. „Wir haben erkannt,<br />

dass viele junge Leute die traditionellen<br />

Angebote der Jugendarbeit nicht<br />

annehmen und wir zu ihnen kommen<br />

und ihnen vor Ort in ihrem Stadtteil Angebote<br />

bieten müssen“, erklärt Thomas<br />

Muth, Leiter der <strong>Kinder</strong>- und Jugendförderung<br />

und Chef von 25 Mitarbeitern.<br />

Seither kümmern sich drei Sozialpädagogen<br />

um Jugendtreffs und Cliquen und<br />

suchen sie dort auf, wo sie sich regelmäßig<br />

aufhalten. Gemeinsam mit den jungen<br />

Frauen und Männern versuchen sie, ihnen<br />

Raum zu schaffen, damit sie an ihrem bevorzugten<br />

<strong>Treffpunkt</strong> bleiben und ihre<br />

Szeneautonomie bewahren können und<br />

trotzdem mit der Nachbarschaft auskommen.<br />

Zudem sollen die Betreuer die Selbstorganisation<br />

und eigene Problemlösungsansätze<br />

der Jugendlichen unterstützen.<br />

Besonders stark betroffen von solchen<br />

Ansammlungen sind Wohngebiete, deren<br />

Bevölkerung stark mit einem Migrationshintergrund<br />

durchsetzt ist. „Das sind in<br />

Koblenz vor allem die Karthause, Lützel<br />

und Neuendorf.“ Worauf führt Thomas<br />

Muth dies zurück? „Ich schätze, dass vor<br />

allem jugendliche Spätaussiedler der zweiten<br />

Generation ein Identitätsproblem haben.<br />

Ihre Eltern wollten unbedingt nach<br />

Vom Konzept überzeugt: Thomas Muth leistet aufsuchende Jugendarbeit<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Deutschland kommen, doch die <strong>Kinder</strong><br />

finden sich in der Sprache und der Kultur<br />

nicht zurecht. So bleiben sie unter sich und<br />

bilden Cliquen“, sucht Muth nach Erklärungsansätzen.<br />

Zusammen mit dem Caritasverband<br />

hat das Jugendamt auf der Karthause das<br />

Projekt „Schängelkomnata“ ins Leben gerufen.<br />

Der Name ist eine Mixtur aus deutschen<br />

und russischen Begriffen. Schängel<br />

nennen die Koblenzer sich, Komnata bedeutet<br />

Raum. Ein Wohncontainer ist zur<br />

Anlaufstelle von rund 20 Aussiedlern im<br />

Alter zwischen 14 und 18 Jahren geworden.<br />

Zwei Sozialpädagoginnen, die selbst<br />

einen deutschrussischen Hintergrund haben<br />

und so leichter mit den Jugendlichen<br />

in Kontakt treten können, betreuen<br />

„Schängelkomnata“.<br />

„Die jungen Spätaussiedler sind von<br />

der Straße weg, haben einen wetterfesten<br />

<strong>Treffpunkt</strong> und können an Freizeitangeboten<br />

und Ferienprogrammen teilnehmen“,<br />

berichtet Muth. Gemeinsam waren<br />

sie beispielweise schwimmen am Laacher<br />

See, und vielleicht steht im Sommer auch<br />

eine Kanutour auf der Lahn an.<br />

Bezuschusst wird das Projekt vom Bundesamt<br />

<strong>für</strong> Migration. In Koblenz-Neuendorf<br />

ist das Jugendamt Koblenz in einem<br />

ähnlich angelegten Projekt aktiv und hat<br />

eine eigene Hausaufgabenbetreuung und<br />

zusätzliche Sprachförderung im<br />

Schulbereich aufgelegt.<br />

Gemeinsame Freizeiten von Cliquen<br />

deutscher Jugendlicher und ausländischer<br />

Jugendlicher sind laut Muth erfolgreich<br />

durchgeführt worden. Ein Großprojekt<br />

des Jugendamtes steht auf der Karthause<br />

an: der Bau eines Jugend- und Bürgerzentrums<br />

im Jahr 2006. „Alte und Junge,<br />

Spätaussiedler und Einheimische sollen<br />

dieses Zentrum nutzen. Es ist eine Herausforderung,<br />

die Interessen unterschiedlicher<br />

Gruppen hier zu koordinieren.“ All<br />

diese Bemühungen dienen einem Ziel.<br />

Koblenz soll langfristig kinder- und familienfreundlich<br />

gestaltet werden. „Es ist ein<br />

mühsamer Weg, aber mit unserer Verwaltung<br />

können wir viele kleine Schritte tun.<br />

Wir können den Dialog fördern und Lebensräume<br />

schaffen, damit ein Miteinander<br />

möglich ist.“<br />

Camilla Ebertshäuser<br />

Ebersthäuser ist Redakteurin der Westerwälder<br />

Zeitung<br />

13


14<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Falsche Vorstellungen<br />

Ausbildungswünsche richten sich eher nach dem Ansehen<br />

des Berufes als der Berufschance - besonders bei<br />

jugendlichen Migranten. Von Minister Hans-Artur Bauckhage<br />

Bereits 1938 hat der deutsche Wirtschaftspsychologe<br />

Lutz von Rosenstiel erkannt,<br />

dass die Welt zusammenwächst und dass<br />

sich daraus besondere Anforderungen an<br />

den Einzelnen ergeben: „Es kommen zunehmend<br />

Kontakte zu Menschen aus anderen<br />

Kulturen mit anderen Sprachen zustande.<br />

Das heißt, dass Sensibilität, Toleranz<br />

und Verständnis entwickelt werden<br />

müssen.“ Seither hat sich die Welt umfassend<br />

gewandelt und die Notwendigkeit,<br />

mit dem Fremden angemessen umzugehen,<br />

wird inzwischen selbst in den kleinsten<br />

Details des Lebens spürbar.<br />

<strong>Integration</strong> ist ein zentrales Anliegen<br />

im Zusammenleben verschiedener Kulturen.<br />

Hinter dem abstrakten Begriff verbergen<br />

sich greifbare und sehr konkrete Bedürfnisse.<br />

Er beschreibt das Nebeneinander<br />

von zwei Zuständen: dem, einzigartig<br />

zu sein und dem, sich zugehörig zu fühlen.<br />

Eine erfolgreiche <strong>Integration</strong> verbindet<br />

beides und nimmt den Einzelnen in<br />

die Gemeinschaft hinein unter Wahrung<br />

seiner Besonderheit. An keiner Stelle gilt<br />

so sehr wie hier, dass das Ganze mehr ist<br />

als die Summe seiner Teile: Wir alle gewinnen<br />

durch den kulturellen Reichtum einer<br />

pluralen Gesellschaft.<br />

Alle großen Felder des Lebens sind von<br />

der Notwendigkeit der <strong>Integration</strong> betroffen.<br />

Auch am Ausbildungssektor zeigen<br />

sich die Konsequenzen einer kleiner werdenden<br />

Welt. In den vergangenen Jahren<br />

lag der Anteil ausländischer Auszubildender<br />

in Rheinland-Pfalz konstant bei vier<br />

bis fünf Prozent, das sind zwischen 2500<br />

und 3500 jungen Menschen.<br />

Die besonderen Themen am Ausbildungsmarkt<br />

betreffen ausländische wie<br />

deutsche Jugendliche gleichermaßen, nur<br />

teilweise mit tendenziellen Unterschieden.<br />

Zum Beispiel ist die Neigung zu Trendberufen,<br />

zu Berufen mit einem besonderen<br />

Image, bei Jugendlichen allgemein sehr<br />

hoch. Allerdings zeigt sich, dass diese Ten-<br />

denz bei ausländischen Jugendlichen ausgeprägter<br />

ist als bei deutschen. Berufe mit<br />

besonders gutem<br />

Image sind bei den<br />

jungen Männern zum<br />

Beispiel KFZ-Mechatroniker,<br />

bei den Mädchen<br />

Arzthelferin. Diese<br />

Berufe haben einen<br />

enormen Zulauf, während<br />

andere Branchen<br />

wie das Nahrung verarbeitende<br />

Gewerbe<br />

deutliche Nachwuchs-<br />

Probleme haben. Eine<br />

zu starke Festlegung<br />

auf einen „Traumberuf“<br />

aber erschwert den<br />

Ausgleich am Ausbildungsmarkt<br />

- <strong>für</strong> den<br />

Einzelnen wie <strong>für</strong> die<br />

Branchen.<br />

Dabei zeigt sich<br />

oft, dass die Bewertung<br />

der Berufe bei den<br />

Jugendlichen eher einem<br />

Trend folgt und<br />

nicht wirklich einer realistischen<br />

Vorstellung entspringt. Tatsächlich<br />

hat eine Fehleinschätzung von Berufsbildern<br />

bei Jugendlichen weit reichende<br />

Folgen. Es ist nicht nur viel schwieriger, in<br />

den Trendberufen einen Ausbildungsplatz<br />

zu finden. Die Gefahr, den Beruf<br />

und seine Anforderungen falsch einzuschätzen<br />

und damit die Gefahr, enttäuscht<br />

oder sogar überfordert zu sein, besteht<br />

gerade in diesen Berufen in besonders<br />

hohem Maße.<br />

Genau dies, eine falsche Vorstellung<br />

vom gewählten Beruf, ist einer der wichtigsten<br />

Gründe <strong>für</strong> Ausbildungsabbrüche.<br />

Zwar sind die Zahlen nicht so dramatisch,<br />

wie sie im Allgemeinen publiziert werden,<br />

aber im Grunde ist jede Vertragslösung<br />

eine zuviel. Wer einmal aus dem<br />

Ausbildungsprozess heraus gefallen ist,<br />

hat enorme Probleme, wieder zurück zu<br />

finden. Daher ist Prävention in diesem<br />

Bereich besonders wichtig.<br />

Hinter vielen Abbrüchen stecken neben<br />

inhaltlichen Problemen - der Jugendliche<br />

hat sich den Beruf ganz anders vorgestellt<br />

oder sich selbst falsch eingeschätzt<br />

- persönliche Schwierigkeiten. Ein hoher<br />

Anteil von Ausbildungsabbrüchen geht<br />

auf das Konto menschlicher „Reibungsverluste“,<br />

also persönlicher Auseinander-<br />

Wunsch nach mehr Realitätssinn: Minister Bauckhage<br />

setzungen zwischen Auszubildenden und<br />

den Ausbildern. Persönlichen Problemen<br />

kann man keine pauschalen Lösungen entgegensetzen,<br />

denn das geht immer an den<br />

Menschen vorbei.<br />

Grundsätzlich ist Prävention die beste<br />

Maßnahme im Umgang mit Ausbildungsproblemen,<br />

denn häufig lassen sich die<br />

Schwierigkeiten im Gespräch lösen. Für<br />

jugendliche Migranten gilt das Problem<br />

erschwerter Kommunikation doppelt: Sie<br />

haben häufig nicht nur Altersunterschiede,<br />

sondern auch Kulturunterschiede zu<br />

überwinden, um sich in ihren Ausbildungsbetrieben<br />

einzufinden. Daher ist <strong>für</strong><br />

sie besonders wichtig, gut informiert zu<br />

sein.Auf allen Feldern der Ausbildung gilt<br />

an erster Stelle: Wissen ist Macht. Je bes-


ser, je umfassender, je grundlegender angehende<br />

Auszubildende darüber informiert<br />

sind, was sie in einem bestimmten<br />

Beruf oder was sie im Arbeitsleben erwartet,<br />

desto besser sind die Bedingungen <strong>für</strong><br />

eine erfolgreiche Ausbildung. Die wiederum<br />

ist Voraussetzung <strong>für</strong> einen qualifizierten<br />

Arbeitsplatz, und der ist nötig <strong>für</strong><br />

eine gelungene <strong>Integration</strong>.<br />

Wo der Schuh drückt, wissen am Besten<br />

die Betroffenen. Daher ist es natürlich sinnvoll,<br />

sie in den <strong>Integration</strong>sprozess einzubeziehen.<br />

Einige einschlägige Multiplikatorenprojekte<br />

existieren bereits, die deutlich<br />

machen, was sich auch an anderer Stelle in<br />

der Bemühung um eine Verbesserung der<br />

Ausbildungsplatzsituation gezeigt hat: Eine<br />

direkte Ansprache der Betroffenen ist immer<br />

das wirkungsvollste Instrument, wenn<br />

es darum geht, etwas zu bewegen.<br />

Das wirkungsvollste Mittel gegen eine<br />

Passgenaue<br />

<strong>Integration</strong><br />

Mit Modulen arbeitet ein<br />

Sportjugend-Programm<br />

<strong>Integration</strong> durch Sport ist ein Programm<br />

des Deutschen Sportbundes (DSB) und<br />

wird seitens des Bundesministeriums des<br />

Innern gefördert. Die Sportjugend Rheinland-Pfalz<br />

unterstützt damit die <strong>Integration</strong><br />

von Aussiedlern aus Ost- und Mitteleuropa.<br />

Aufgrund der erfolgreichen Arbeit<br />

der letzten Jahre wurde die Zielgruppe<br />

der Aussiedler erweitert. Das Programm<br />

„<strong>Integration</strong> durch Sport“ zielt unter Federführung<br />

der Sportjugend und des Landessportbundes<br />

Rheinland-Pfalz neben den<br />

Aussiedlern vor allem auf ausländische<br />

<strong>Kinder</strong> und Jugendliche sowie deutsche<br />

<strong>Kinder</strong> aus sozial benachteiligten <strong>Familie</strong>n<br />

ab. Das Programm „<strong>Integration</strong> durch<br />

Sport“ unterstützt die Vereine bei ihrer<br />

integrativen Arbeit auf vielfältige Weise.<br />

Insbesondere die fünf speziell <strong>für</strong> die Praxis<br />

konzipierten <strong>Integration</strong>smodule lassen<br />

sich als flexible Bausteine <strong>für</strong> eigene<br />

Konzepte nutzen.<br />

einseitige Berufswahl und die daraus resultierenden<br />

Folgen ist Information durch<br />

einschlägige Institutionen oder beispielsweise<br />

bei Börsen und Messen, über Ansprechpartner<br />

in Vereinen oder Kammern<br />

und an Schulen. Für ausländische Jugendliche<br />

ist dabei besonders wichtig, dass die<br />

Eltern in diesen Informations- und Orientierungsprozess<br />

eingebunden sind.<br />

Von Seiten der Betriebe wird Ausbildungsreife<br />

als Ausbildungsproblem<br />

Nummer 1 angegeben. Daher ist eine gute<br />

schulische Qualifikation unerlässlich. Trotzdem:<br />

viele Betriebe nehmen sich besonderer<br />

„Problemgruppen“ wie junger Leute<br />

mit schwachem Schulabschluss an, weil sie<br />

wissen, dass mit der richtigen Unterstützung<br />

auch schulisch schwache Jugendliche<br />

erstaunliche Fähigkeiten entfalten können.<br />

Da die Landesregierung derselben Meinung<br />

ist, dass auch schulisch Schwache eine Chan-<br />

Mobil im Dauereinsatz: <strong>Kinder</strong> vor dem Sportmobil der Sportjugend<br />

1.Modul: Stützpunktvereine<br />

Anerkannte Stützpunktvereine verfügen<br />

über ein vielfältiges Erfahrungswissen<br />

in integrativer und pädagogischer Arbeit<br />

mit Migranten und haben häufig umfangreiche<br />

Vernetzungen mit lokalen Organisationen<br />

(Schulen, Jugendämter, Kirche,<br />

Polizei,…) aufgebaut. Stützpunktvereine<br />

zeichnen sich durch eine besonders sorgfältig<br />

konzipierte und qualitativ hochwertige<br />

<strong>Integration</strong>sarbeit aus, in die auch Vertreter<br />

der Zielgruppe der Migranten stark<br />

eingebunden sind.<br />

2.Modul: <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />

Eines der wichtigsten Ziele der Inte-<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

ce haben sollten, sich zu beweisen, fördert<br />

sie Betriebe in besonderer Weise, die solche<br />

Jugendlichen ausbilden. Beispielsweise werden<br />

sie bei der Vergabe von Ausbildungsplatzdarlehen<br />

besonders berücksichtigt.<br />

Ein wichtiger Beitrag zu den <strong>Integration</strong>sbemühungen<br />

wird von ausländischen<br />

Unternehmern in Rheinland-Pfalz geleistet,<br />

die ausbilden.<br />

Ihnen sind wir zu besonderem Dank<br />

verpflichtet, denn in ihnen verbindet sich<br />

in besonderer Weise, was wir in unserer<br />

kulturell bunten Gesellschaft am meisten<br />

benötigen: Das Engagement von Unternehmen<br />

und Sensibilität, Toleranz und<br />

Verständnis - wie es der eingangs zitierte<br />

deutsche Wissenschaftler schon vor über<br />

60 Jahren forderte.<br />

Der Autor ins Wirtschaftsminister in<br />

Rheinland-Pfalz<br />

grationsarbeit ist es, einen intensiven Kontakt<br />

zwischen Einheimischen und Migranten<br />

herzustellen. <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />

haben vielfältige Wirkungen. Allein der<br />

Kontakt von Zuwanderern und Einheimischen<br />

bei sportlichen und sozialen Aktivitäten<br />

führt zu intensivem Austausch.<br />

Vorurteile werden abgebaut und gegenseitiges<br />

Verstehen, Akzeptanz und Toleranz<br />

gefördert. Bei <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />

(eintägig, mehrtägig, Großveranstaltungen)<br />

steht eine breiten- und freizeitsportliche<br />

Orientierung im Vordergrund.<br />

Neben Sportkursen, -festen oder Turnieren<br />

gehören zu den <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />

Aktivitäten wie Ferienfreizeiten.<br />

15<br />

SPORTJUGEND


16<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

3.Modul: Starthelfer<br />

Starthelfer sind meist ehrenamtliche<br />

Personen, die regelmäßig Sportangebote<br />

mit der Zielgruppe durchführen. Starthelfer<br />

zeichnen sich oft durch einen besonderen<br />

Zugang zu der Zielgruppe aus,<br />

der oft über eine sprachliche oder kulturelle<br />

Nähe erreicht wird und somit zu einer<br />

hohen Identifikation der Teilnehmer mit<br />

dem Angebot führt. Ziel ist es daher,<br />

möglichst viele Starthelfer aus dem Umfeld<br />

der Migranten zu gewinnen.<br />

Neben den Teilnehmern profitiert häufig<br />

auch der Verein vom Potenzial der Starthelfer:<br />

Viele Spätaussiedler sind oft hochqualifizierte<br />

Sportlehrer oder verfügen über<br />

eine eigene erfolgreiche Sportvergangenheit.<br />

4.Modul: Qualifizierungsmaßnahmen<br />

Die regelmäßige Qualifizierung von<br />

Mitarbeitern und Starthelfern ist ein fester<br />

Bestandteil des Programms. Die Inhalte<br />

der Qualifizierungsmaßnahmen umfassen<br />

ein breites Spektrum und reichen von<br />

der Schulung interkultureller Kompetenz<br />

über die Entwicklung von Konfliktlösungsstrategien<br />

bis zum Umgang mit geschlechtsspezifischen<br />

Problemen. Die<br />

Qualifizierungsmaßnahmen sind häufig<br />

so angelegt, dass es zu einem intensiven<br />

Austausch zwischen den Teilnehmern<br />

kommt. So werden etwa in einem Brainstorming<br />

gemeinsam Ideen gesammelt<br />

und in ihrer Bedeutung <strong>für</strong> die Praxis besprochen.<br />

5.Modul: Sportmobileinsätze bei Festen<br />

Ein wesentlicher Baustein der erfolgreichen<br />

Arbeit ist die Organisation und<br />

Durchführung von jährlich rund 120<br />

Sport- und Spielfesten in Kooperation mit<br />

Übergangswohnheimen und Vereinen.<br />

Die beiden Sportmobile der Sportjugend<br />

Rheinland-Pfalz eignen sich besonders<br />

dazu, dort Angebote zu machen, wo keine<br />

Sportplätze oder Sporthallen vorhanden<br />

sind. Aber auch an Orten, an denen<br />

bereits sportstrukturelle Angebote vorhanden<br />

sind, können sie durch die variablen<br />

Einsatzmöglichkeiten ein bestehendes<br />

Angebot ergänzen. So nutzten 2004 rund<br />

100.000 Teilnehmer das umfangreiche<br />

Angebot der beiden Sportmobile mit der<br />

großen Hüpfburg und einer großen Anzahl<br />

an Sport- und Spielgeräten <strong>für</strong> jedes<br />

Alter und Interesse. Die Teilnehmer lernten<br />

sich kennen und knüpften erste Kontakte.<br />

Der Sport kann so ein wichtiger Teil<br />

der <strong>Integration</strong> und des gegenseitigen Verständnisses<br />

sein.<br />

Die siebte Dimension<br />

Verein DIA geht in die Ganztagsschulen<br />

In Rheinland-Pfalz ist seit 2001 die Ganztagsschule<br />

in Angebotsform als großes<br />

Schulentwicklungsprojekt auf den Weg<br />

gebracht worden. Dies bietet eine Fülle von<br />

pädagogischen Möglichkeiten, auch solche,<br />

die die Lücke der interkulturellen Aspekte<br />

ausfüllen kann. Das Pilotprojekt „Die<br />

siebte Dimension – ästhetische Bildung<br />

als Mittel zur <strong>Integration</strong>“ (2006 – 2009)<br />

des Vereins „Deutschland von Innen und<br />

Außen“ (DIA) soll eine kreative Auseinandersetzung<br />

mit jeweiligen kulturellen<br />

Hintergründen von immigrierten Gruppen<br />

durch die Künste beinhalten und<br />

durch Workshopangebote im Nachmittagsunterricht<br />

der Ganztagsschulen<br />

vermittelt werden.<br />

Die Workshops werden geteilt in sieben<br />

Spartenblöcke (je in einer Schule): Bildende<br />

Kunst, Film, Literatur, Musik, Medien<br />

(Fotografie, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit),<br />

Tanz, Theater. Jeder Spartenblock<br />

beinhaltet acht Länder/Module:<br />

Arabien, Indien, Iran, Italien, Griechenland,<br />

Russland, Spanien, Türkei.<br />

Ziele des Pilotprojekts sind unter anderem<br />

die direkte Vermittlung des Kulturguts<br />

an die Schüler/innen durch aktive<br />

Beteiligung von immigrierten Künstlerinnen<br />

und Künstlern, Einblicke in das Berufsleben<br />

von Immigrantinnen und Immigranten<br />

als Kulturschaffende und der<br />

Erwerb interkultureller Kompetenz (Wissen).<br />

Das Mobil <strong>für</strong> Veranstaltungen<br />

Zur Unterstützung der zahlreichen Aktionen<br />

mit Vereinen, Übergangswohnheimen,<br />

Diakonischen Werken,<br />

DRK, Caritas, etc. stehen der Sportjugend<br />

zwei Sportmobile, die mit vielfältigen<br />

Sport- und Spielgeräten ausgestattet sind,<br />

zur Verfügung. Diese Sportmobile werden<br />

bei ihrem Einsatz von einem Starthelferteam<br />

betreut und können kostenfrei <strong>für</strong><br />

integrative Veranstaltungen beantragt werden<br />

(Adressen siehe unten).<br />

Da die Nachfrage nach „Spomo-Terminen“<br />

sehr groß ist, sollten die Termine<br />

sehr frühzeitig mit der Geschäftsstelle abgesprochen<br />

werden.Reservierung des<br />

Sportmobils über Sylke Buchner, Telefon<br />

06131/2814-357, E-Mail: buchner@<br />

sportjugend.de, oder im Internet unter<br />

www.sportjugend.de. Dort ist eine aktuelle<br />

Übersicht der reservierten und freien<br />

Sportmobile. Weitere Infos zu dem Programm<br />

bei der Sportjugend Rheinland-<br />

Pfalz, Regionalkoordinator Rheinhessen/<br />

Pfalz, Dr. Ohle Wrogemann, Telefon<br />

06131/2814-358.<br />

E-Mail: wrogemann @sportjugend.de,<br />

oder Landeskoordinator Milan Kocian,<br />

Telefon <strong>02</strong>61/135-125, E-Mail: sjugend@<br />

aol.com.<br />

Die verschiedenen Formen der Umsetzung<br />

werden sieben wesentlichen Handlungsfeldern<br />

zugeordnet:<br />

Handlungsfeld I: Kunstworkshops;<br />

nachmittags, an zwei Tagen<br />

(je Doppelstunden).<br />

Handlungsfeld II: Jugend-<br />

Kunst-Aktion; in einem Museum – anschließend<br />

an die Sommerferien des jeweiligen<br />

Schuljahres.<br />

Handlungsfeld III: Hospitation;<br />

während des jeweiligen Schuljahres.<br />

Handlungsfeld IV: Praktikum;<br />

im Rahmen des Schulpraktikums im jeweiligen<br />

Schuljahr.<br />

Handlungsfeld V: Begleitende Evaluationsarbeit.<br />

Handlungsfeld VI: „Die siebte<br />

Dimension“. Ein Dokumentarfilm,<br />

deutsch/englisch (Dokumentation der<br />

Projektprozesse & Aufführungen), 2008.<br />

Handlungsfeld VII: Herausgabe<br />

von sieben Lehrbüchern, deutsch/englisch<br />

(je Sparte ein Handbuch), 2010


PICTURE-ALLIANCE<br />

Zutaten des Ausländerhasses: Einschlägige Zeitungen und Utensilien der Rechtsextremen<br />

Die (R)auswege nutzen<br />

Geheime Symbole und simple Lösungen: Wie sich<br />

Rechtsextreme tarnen - und wie der Ausstieg gelingt<br />

Rechtsextremistische Jugendliche -das sind<br />

doch die mit den kurz geschorenen Haaren,<br />

den Springerstiefeln und Bomberjacken!<br />

In der aktuellen Wirklichkeit trifft<br />

dieses Klischees immer weniger zu.<br />

Eine genauere Betrachtung der Jugendszenen<br />

zeigt, dass rechte Orientierung und<br />

rechter Extremismus mittlerweile sehr differenziert<br />

in den unterschiedlichsten<br />

Jugendkulturen „andocken“ und dort jeweils<br />

Nischen finden konnten. Dies ist ein<br />

„Erfolg“ der bewussten Strategie der Rechten,<br />

zuerst jugendliche Kulturlandschaften<br />

zu besetzen, um anschließend politische<br />

Botschaften nachzuschieben. Die anfänglich<br />

eher unpolitischen Motivationen<br />

von oftmals 12- bis 13-jährigen Jugendlichen<br />

können sich dann in ihre politische<br />

Richtung entwickeln. Besonders empfänglich<br />

<strong>für</strong> Botschaften dieser Art sind vor allem<br />

männliche Jugendliche, der Anteil der<br />

Mädchen und Frauen in der rechten Szene<br />

liegt bei 10 bis 15 Prozent. Ein wichtiger<br />

Faktor ist dabei auch die familiäre Situation<br />

der Jugendlichen.„Erlebte Wertschätzung“<br />

und ein „demokratischer Erziehungsstil“<br />

sind unter anderem wirksa-<br />

me Schutzfaktoren gegen rechte Manipulation.<br />

Auch die politische Einstellung der<br />

Eltern kann eine wichtige Rolle spielen.<br />

Die klassischen Strukturen der rechten<br />

Szene haben sich allerdings in den vergangenen<br />

Jahren, auch aufgrund staatlicher<br />

Repression (Verbot der Wiking-Jugend, geplantes<br />

Verbot der NPD etc.) stark gewandelt.<br />

Vielfach haben sich die Akteure in<br />

informellen Cliquen und „unabhängigen<br />

Kameradschaften“ organisiert.<br />

Dass Musik eines der wirksamsten<br />

Medien ist, um Jugendliche zu erreichen,<br />

hat die rechte Szene zunehmend erkannt.<br />

Seit den 90er Jahren ist in Deutschland eine<br />

breit gefächerte rechte Musikszene entstanden.<br />

Eine Vielzahl Bands, rund 100 aktive<br />

wurden voriges Jahr gezählt, Plattenlabels,<br />

Versandläden und Szeneläden versorgen<br />

den gewinnträchtigen Markt. Angefangen<br />

von Liedermachern über Rock, Black Metal,<br />

Techno, Neofolk usw. erstreckt sich das<br />

Angebot. Musik-CDs von Gruppen wie<br />

Landser, Skrewdriver, Noie Werte, Spirit of<br />

88, von Liedermachern wie Frank Rennicke<br />

oder Annett Moeck und DJ Adolf werden<br />

getauscht oder kopiert und sind mittler-<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

weile erstaunlich weit unter Jugendlichen<br />

und an Schulen verbreitet.<br />

Im vergangenen Jahr hat die rechte<br />

Szene eine groß angelegte Aktion gestartet,<br />

bei der eine kostenlose CD unter dem<br />

Namen „Schulhofprojekt“ bundesweit an<br />

Schulen verteilt werden sollte. Hinter dieser<br />

„Aktion Schulhof“ stand ein Netzwerk<br />

von insgesamt 56 neonazistischen Kameradschaften.<br />

Ein Beschlagnahmebeschluss<br />

nutzte nicht viel, nur ein Teil der CDs konnte<br />

einkassiert werden. Zudem wurde die<br />

CD mit einem eigenen Servicenetz ins Internet<br />

gestellt. Mit einer ähnlichen, wenn<br />

auch entschärften Version, startete die NPD<br />

in den jüngsten Wahlkampf in Sachsen.<br />

Auch auf dem Sektor Bekleidung unternimmt<br />

die rechte Szene große Anstrengungen,<br />

sich an den Bedürfnissen der Jugendlichen<br />

zu orientieren. Dabei bedient<br />

man sich zum einen etablierter neutraler<br />

Kleidungsmarken, die mit einer rechten<br />

Bedeutung belegt werden. Bekannt bei allen<br />

Jugendlichen ist die Marke „Lonsdale“.<br />

Ursprünglich als Vertrieb von Boxsportartikeln<br />

gegründet, wurde die Marke in den<br />

90er Jahren von den Rechten entdeckt. Jugendliche<br />

die diese Marke tragen, kennen<br />

auch deren Bedeutung.<br />

Zum anderen werden aber auch von<br />

Rechten <strong>für</strong> Rechte eigene Labels kreiert.<br />

(z.B. CONSDAPLE, Thor Steinar, Dobermann<br />

Deutschland). Der Vertrieb dieser<br />

Labels erfolgt zum großen Teil über das<br />

Internet. In einigen Schulen, die sich mit<br />

dieser Thematik aktiv auseinandergesetzt<br />

haben, ist das Tragen dieser Marken im<br />

Rahmen der Hausordnungen untersagt.<br />

Dass das Internet vor allem auch das<br />

Medium der Jugend ist, hat die rechte Szene<br />

schnell begriffen. Zusätzlich ist es das<br />

am schnellsten expandierende Kommunikationsmedium.<br />

Es bietet die Möglichkeit,<br />

zu günstigen Preisen Inhalte jeder Art<br />

weltweit zu verbreiten. Da es unerheblich<br />

ist, in welchem Land die Daten tatsächlich<br />

gespeichert werden, können damit auch die<br />

gesetzlichen Bestimmungen eines Landes<br />

technisch umgangen werden. Aktuell finden<br />

sich rund 1000 deutschsprachige Seiten<br />

mit rechtsextremistischen propagandistischen<br />

Inhalten im Internet (1996: 32).<br />

Viele dieser Seiten sind professionell<br />

gemacht und sprechen insbesondere durch<br />

ihre Aufmachung Jugendliche an. Das birgt<br />

die Gefahr, dass die Seiten unbemerkt von<br />

17


18<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

elterlicher Einflussnahme von <strong>Kinder</strong>n<br />

und Jugendlichen angeklickt werden.<br />

Wenngleich die Printmedien durch das<br />

Aufkommen des Internets an Bedeutung<br />

verloren haben, spielen sie noch immer<br />

innerhalb der rechten Szene eine wichtige<br />

Rolle. In sogenannten „Fanzinen“ wird<br />

über Entwicklungen innerhalb der verschiedenen<br />

Musikszenen informiert, so<br />

über CD-Neuerscheinungen und Konzerte<br />

oder durch Bandinterviews. Aber<br />

auch sonstige politische<br />

Propaganda<br />

ist zu finden. So<br />

dienen Fanzines als<br />

Nahtstelle, indem<br />

sie die Mitglieder<br />

des inneren Kreises<br />

der rechten Szene<br />

ansprechen, aber<br />

auch dazu geeignet<br />

sind, Sympathisanten<br />

einzubinden.<br />

Bekannte Fanzines<br />

sind „Rock-Nord“,<br />

„Zinnober“ oder<br />

„Hagal“.<br />

Landes-Initiativen<br />

Als Reaktion<br />

auf die Umtriebe<br />

der Rechten und<br />

der daraus wachsenden Gefahr <strong>für</strong> unser<br />

Gemeinwohl haben sich eine Vielzahl von<br />

staatlichen und privaten Initiativen und<br />

Projekten entwickelt. Das Land Rheinland-<br />

Pfalz hat im Rahmen seiner Maßnahmen<br />

gegen den Rechtsextremismus zwei wichtige<br />

Projekte aufgelegt: das Aussteigerprogramm<br />

(R)AUSwege und die Elterninitiative<br />

gegen Rechts. Das Aussteigerprogramm<br />

(R)AUSwege ist ein Angebot<br />

<strong>für</strong> junge Menschen, die aus der rechten<br />

Szene aussteigen wollen und hierbei Unterstützung<br />

brauchen. Dies ist in vielen<br />

Fällen notwendig, da mit der Mitgliedschaft<br />

in einer rechten Clique oder einer so genannten<br />

Kameradschaft häufig eine ganze<br />

Reihe persönlicher Probleme einhergehen.<br />

Schulversagen, Probleme am Arbeitsplatz,<br />

Alkoholkonsum, kaum noch Freunde außerhalb<br />

der rechten Szene oder auch eine<br />

zu be<strong>für</strong>chtende Bedrohung durch die<br />

rechten Kameraden beim Ausstieg sind<br />

hier beispielhaft zu nennen.<br />

Über eine kostenlose Hotline mit der<br />

Nummer 0800/45 46 000 können Interessierte<br />

auch anonym die Mitarbeiter des<br />

Aussteigerprogrammes erreichen. Neben<br />

sozialpädagogischen und sozialarbeiterischen<br />

Hilfestellungen ist ein weiterer<br />

wesentlicher Bestandteil die Arbeit an den<br />

Einstellungen der Ausstiegswilligen.<br />

Wenn Jugendliche sich rechten Cliquen<br />

oder Szenen zuwenden und sich beispielsweise<br />

als Nazi-Skin gebärden, entstehen<br />

Tätowierter Skinhead bei einer NPD-Demo: Das Erscheinungsbild wandelt sich<br />

<strong>für</strong> die Eltern und <strong>Familie</strong>n meist sehr<br />

schwierige und belastende Situationen.<br />

Solche betroffenen Mütter und Väter können<br />

sich deshalb mit ihren Sorgen und<br />

Fragen an die Elterninitiative gegen Rechts<br />

wenden. Sie ist beim Landesjugendamt<br />

angesiedelt und unter der Telefonnummer<br />

06131/96 75 20 erreichbar. Neben telefonischen<br />

Beratungsgesprächen sind<br />

auch persönliche Treffen mit den Berater/<br />

innen möglich. Häufig geht es am Anfang<br />

darum, Hilfestellungen bei der Bewertung<br />

zu geben, ob überhaupt und wie weit Jugendliche<br />

schon in der rechten Szene Fuß<br />

gefaßt haben.<br />

Weiterhin kann man hier Hinweise<br />

und Tipps <strong>für</strong> den Umgang mit der Situation<br />

beziehungsweise <strong>für</strong> bestimmte<br />

Alltagssituationen erhalten. Zudem initiiert<br />

und begleitet die Elterninitiative gegen<br />

Rechts lokale Elterngruppen, in denen<br />

betroffene Eltern zusammenkommen<br />

und sich gegenseitig unterstützen<br />

können. Sowohl das Aussteigerprogramm<br />

(R)AUSwege als auch die Elterninitiative<br />

gegen Rechts stehen zusätzlich <strong>für</strong> eine<br />

Beratung von Fachkräften, wie Jugendarbeitern,<br />

Lehrern oder Polizisten zur Verfügung.<br />

Weiterhin werden von ihnen Bemühungen<br />

unterstützt, Netzwerke gegen<br />

Rechts zu initiieren und zu begleiten. Hierzu<br />

zählt auch die Vermittlung von Kontakten<br />

und die intensive Zusammenarbeit<br />

mit Institutionen in Rheinland-Pfalz. Mit<br />

diesen werden etwa Projekttage<br />

an Schulen oder Informationsveranstaltungen<br />

durchgeführt. Auch mit den<br />

jeweiligen Institutionen in<br />

den benachbarten Bundesländern<br />

gibt es eine gute Zusammenarbeit.<br />

Jeder Einzelne kann sich<br />

im Sinne von Zivilcourage<br />

gegen rechtsextremistische,<br />

rassistische oder ausländerfeindliche<br />

Tendenzen in seinem<br />

Alltag stellen. Möglichkeiten<br />

dazu sind unter anderem:<br />

-sich über die Symbole<br />

und Codes innerhalb der<br />

rechten Szene informieren<br />

-das Anzeigen der Verwendung<br />

verbotener rechter<br />

Zeichen<br />

-die Mitarbeit in Arbeitskreisen gegen<br />

Rechtsextremismus und Gewalt<br />

-Stammtischparolen oder rassistischeund<br />

fremdenfeindliche Sprüche nicht unwidersprochen<br />

hinnehmen<br />

-Mitbürger, die belästigt oder angepöbelt<br />

werden unterstützen, Hilfe organisieren,<br />

nicht auf Provokationen reagieren<br />

-Jugendliche auf die Gefahren rechter<br />

Ideologien hinweisen; ihnen gegenüber<br />

klar, konsequent und gesprächsbereit sein.<br />

PICTURE-ALLIANCE<br />

Informationen im Internet:<br />

www.das-versteckspiel.de (Infos über Kleidung,<br />

Symbole und Zahlencodes)<br />

www.gegen-rechts.rlp.de (Übersicht über landesweite<br />

und regionale Aktivitäten, Analysen und<br />

Hintergrundwissen)<br />

www.buendnis-toleranz.de (Über 1.000 Gruppen<br />

und Einzelpersonen haben hier Ideen und<br />

Vorschläge eingebracht)<br />

www.verfassungschutz.de (Infos über die rechtsextreme<br />

Szene, Jahresberichte, Hintergründe)<br />

www.politische-bildung-rlp.de (Veranstaltungen,<br />

Publikationen, Literatur zum Thema)


Historischer Stadtkern und seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe: Blick auf die Altstadt der estnischen Hauptstadt Tallinn<br />

Die drei Neuen im Nordosten<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Der EU-Beitritt am 1. Mai 2004 und die Aufnahme in die NATO bedeutete <strong>für</strong> Estland,<br />

Lettland und Litauen das Erreichen eines Ziels, auf das die Balten ihre Außenpolitik seit<br />

der Wiedererlangung der Unabhängigkeit konzentriert hatten. Von Dr. Carmen Schmidt<br />

Für die baltischen Staaten war die EU nicht<br />

alleine als Wirtschaftsgemeinschaft attraktiv.<br />

Die Mitgliedschaft bedeutet <strong>für</strong> sie vielmehr<br />

die Rückkehr nach Europa und die<br />

Beseitigung der Folgen des Zweiten Weltkriegs,<br />

in dessen Verlauf sie von der Sowjetunion<br />

annektiert wurden. Zu Europa<br />

und zum Westen haben sie sich aber stets<br />

zugehörig gefühlt. Darüber hinaus wurde<br />

und wird die feste Einbindung in EU und<br />

NATO als effektivster Schutz gegenüber<br />

etwaigen wiederauflebenden Hegemonialbestregungen<br />

des gemeinsamen Nachbarn<br />

Russland angesehen.<br />

Einem Teil der Bewohner, vor allem<br />

in Estland und Lettland, ist dieser Zug<br />

zwar etwas zu schnell gefahren. Gerade<br />

erst der Sowjetunion den Rücken gekehrt,<br />

hätten sie es vorgezogen, wenigstens noch<br />

eine Weile oder gar auf Dauer außen vor<br />

zu bleiben und nicht wieder Teil einer „Union“<br />

zu werden. Unter Berücksichtigung<br />

der Ergebnisse der EU-Referenden war der<br />

Kreis der EU-Gegner in den Baltischen<br />

Staaten allerdings relativ klein. Denn etwa<br />

zwei Drittel der Wähler in Estland und<br />

Lettland, mehr als 90 Prozent sogar in Litauen,<br />

haben bei einer Wahlbeteiligung<br />

von knapp (Estland und Litauen) bzw.<br />

gut zwei Dritteln (Lettland) der Wahlberechtigten<br />

<strong>für</strong> den EU-Beitritt gestimmt.<br />

In den knapp dreizehn Jahren vom<br />

Ausscheiden aus der ehemaligen Sowjetunion<br />

bis zum Beitritt haben die drei bal-<br />

tischen Staaten die hierzu zu bewältigenden<br />

Aufgaben mit Bravour gemeistert und<br />

das totalitär-autoritäre System und die zentrale<br />

Planwirtschaft der ehemaligen Sowjetunion<br />

in funktionsfähige demokratische<br />

Rechtsstaaten und wettbewerbsfähige<br />

Marktwirtschaften verwandelt. Zur Bewältigung<br />

der politischen und wirtschaftlichen<br />

Transformation kam bei zwei der baltischen<br />

Staaten aber noch eine weitere, nicht<br />

minder schwierige Aufgabe hinzu.<br />

Denn ohne eine <strong>Integration</strong> der im<br />

Lande ansässigen slawischen Minderheiten,<br />

vor allem der großen russischen Minderheit,<br />

ist eine dauerhafte Sicherung des<br />

inneren Friedens und eine stabile Entwicklung<br />

dieser Staaten kaum möglich. Die<br />

19<br />

PICTURE-ALLIANCE


20<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Estland auf einen Blick<br />

Ländername: Eesti Vabariik (Republik Estland)<br />

Größe des Landes: 45.227 Quadratkilometer<br />

Hauptstadt: Tallinn 4<strong>02</strong>.000 Einwohner, davon fast 40 Prozent ethnische Russen<br />

Bevölkerung: Gesamtbevölkerung: 1.351.000, davon ethnische Esten: 65,2%. Ethnische Gruppen:<br />

Russen 28,1%, Ukrainer 2,54%, Weißrussen 1,48%, Finnen 0,9%, andere 1,9%.<br />

Landessprachen: Estnisch (einzige offizielle Sprache), Russisch (Verkehrssprache in Regionen, in denen<br />

die russischsprachige Bevölkerung dominiert, besonders im Nordosten)<br />

Religionen/Kirchen: evangelisch-lutherisch und griechisch-orthodox, beim nichtestnischen Bevölkerungsanteil<br />

dominiert russisch-orthodox<br />

Nationaltag: 24. Februar (1918)<br />

Unabhängigkeit: Unabhängigkeitserklärung 24. Februar 1918, Besetzung durch die Sowjetunion 17. Juni<br />

1940, erzwungener Beitritt zur UdSSR 6. August 1940, Erklärung zur Wiederherstellung<br />

der Unabhängigkeit 20. August 1991 (staatlicher Feiertag seit 1998)<br />

Staats-/Regierungsform: Republik, Parlamentarische Demokratie<br />

Staatsoberhaupt: Präsident Arnold Rüütel. Wahl am 21. September 2001, nächste Wahl 2006<br />

Regierungschef: Ministerpräsident Juhan Parts (Res Publica), Amtsantritt am 10.April 2003<br />

Außenminister: Rein Lang (Reformpartei), Amtsantritt am 22. Februar <strong>2005</strong><br />

Parlament: Ein-Kammer-Parlament „Riigikogu“; gewählt am 2. März.2003, 101 Abgeordnete,<br />

Parlamentspräsidentin: Ene Ergma, Nächste Wahl Anfang 2007<br />

Regierung: Koalition aus Res Publica (mitte-rechts), Reformpartei (liberal) und Volksunion<br />

Opposition: Zentrumspartei, Vaterlandsunion, Sozialdemokratische Partei<br />

Mitgliedschaft in internationalen<br />

Organisationen (u.a.): EU, NATO, UNO, EBRD (Europäische Bank <strong>für</strong> Wiederaufbau und Entwicklung);<br />

Europarat; FAO (VN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation); IAEA (Internationale Atomenergie-Organisation);<br />

IBRD (Internationale Bank <strong>für</strong> Wiederaufbau und Entwicklung); ICJ (Internationaler Gerichtshof); ILO (Internationale<br />

Arbeitsorganisation); IWF (Internationaler Währungsfonds); Interpol; IOC (Internationales Olympisches Komitee); IPU<br />

(Interparlamentarische Union); Ostseerat; OSZE (Organisation <strong>für</strong> Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa); Rotes<br />

Kreuz; UNCTAD (Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen); UNESCO; WHO (Weltgesundheitsorganisation);<br />

WTO (Welthandelsorganisation); Europäische Union (seit 01.05.2004); aktives Mitglied des EAPC (Euro-<br />

Atlantischer Partnerschaftsrat) und der „Partnerschaft <strong>für</strong> den Frieden“<br />

Gewerkschaften: Zentralverband der Gewerkschaften Estlands mit ca. 200.000 Mitgliedern; Union der<br />

Bediensteten des öffentlichen Dienstes „TALO“ mit rund 75.000 Mitgliedern<br />

Verwaltungsstruktur des Landes: 15 Landkreise, 2<strong>02</strong> Gemeinden, 39 Städte mit und acht Städte ohne Selbstverwaltung<br />

Wichtigste Medien: ETV (öffentlich-rechtlich); TV-3, Kanal 2; öffentlich-rechtliche Radiosender haben auch<br />

russischsprachige Programme, darüber hinaus TV-Sender Russlands)<br />

Radio: Eesti Raadio (öffentlich-rechtlich); zahlreiche private Rundfunkstationen; Radio<br />

4 von Eesti Raadio (russischsprachig) hat den größten Zuhörerkreis in Tallinn<br />

Printmedien: Breit gefächerte private Presse; wichtigste Zeitungen: Postimees, Eesti Päevaleht, SL<br />

Õhtuleht (Boulevard), Äripäev (Wirtschaft), Eesti Ekspress (Wochenzeitung), The<br />

Baltic Times (engl. Wochenzeitung); russischsprachig: zwei Tageszeitungen und drei<br />

Wochenzeitungen; Agentur: Baltic News Service (BNS)<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP): 8,0 Milliarden Euro (2003); 6,2 Millirden Euro (2001); 5,4 Milliarden Euro (2000)<br />

BIP pro Kopf: 5.460 Euro (2003); Wachstumsrate BIP 5,1% (2203); Inflationsrate1,3% (2003)<br />

Wechselkurs: 1 Euro entspricht 15,65 Estnischen Kronen (EEK); 1 EEK entspricht 0,0639 Euro<br />

(gesetzlich fixiert).<br />

Stand: März <strong>2005</strong>


Angehörigen dieser Minderheiten sind zu<br />

einem großen Teil erst während der Zugehörigkeit<br />

der baltischen Staaten zur Sowjetunion<br />

eingewandert, haben in den baltischen<br />

Sowjetrepubliken eine geschlossene<br />

Gesellschaft neben der einheimischen estnischen<br />

beziehungsweise lettischen Bevölkerung<br />

gebildet und waren der heutigen<br />

Landessprachen nicht mächtig. Letzteres<br />

trifft teilweise auch heute noch zu.<br />

Beim Ausscheiden aus der Sowjetunion<br />

machten Esten und Letten infolge der<br />

Bevölkerungsverluste in und nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg und der Zuwanderung<br />

aus den übrigen Sowjetrepubliken nur<br />

knapp zwei Drittel (Esten) bzw. gut die<br />

Hälfte (Letten) der Bevölkerung aus. Inzwischen<br />

hat sich das Verhältnis bedingt<br />

durch die Rückwanderung slawischer Bewohner<br />

vor allem in der ersten Hälfte der<br />

90er Jahre zu ihren Gunsten verschoben.<br />

Mit 25,6 Prozent in Estland und 29,5 Prozent<br />

in Lettland (Volkszählung 2000) ist<br />

die russische Bevölkerung aber nach wie<br />

vor eine sehr große Minderheit, die jeden<br />

Staat, gelingt ihre <strong>Integration</strong> nicht, in ernste<br />

Schwierigkeiten bringen kann. Günstiger<br />

stellt sich hingegen die Lage <strong>für</strong> die<br />

staatstragende Nation in der Republik Li-<br />

Reizvolle Ostseeküste: Blick auf den Strannd am lettischen Kap von Kolka<br />

tauen dar, die in erheblich geringerem Maße<br />

Ziel der Zuwanderung war. Hier hat die<br />

alteingesessene polnische Minderheit (6,7<br />

Prozent) heute die russische Minderheit<br />

(6, 3 Prozent) auf den zweiten Platz verdrängt,<br />

während die Litauer mit 83,5 Pro-<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

zent (Volkszählung 2001) die überwältigende<br />

Mehrheit der Bevölkerung des Landes<br />

ausmachen.<br />

Die geringere nationale Differenziertheit<br />

hat sicherlich mit dazu beigetragen,<br />

dass die Verleihung der Staatsangehörig-<br />

21<br />

PICTURE-ALLIANCE


22<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Ländername: Latvijas Republika (Republik Lettland)<br />

Größe: 64.597 Quadratkilometer<br />

Hauptstadt: Riga ca. 733.000 Einwohner, bisher fallende Tendenz<br />

Bevölkerung: 2,3 Millionen Einwohner (59% Letten, 29% Russen, 4% Weißrussen, 3% Ukrainer,<br />

2,5% Polen, 1% Litauer)<br />

Landessprache: Lettisch (alleinige Staatssprache); Russisch weit verbreitet<br />

Religionen/Kirchen: Evangelisch-Lutherische Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Russisch-Orthodoxe<br />

Kirche, Jüdische Synagogengemeinschaft, Deutsche ev.-luth. Kirche mit 5 Gemeinden<br />

Nationaltag: 18. November (Tag der Proklamation der Republik Lettland 1918)<br />

Unabhängigkeit: 18. November 1918 (Wiedererlangung: 21. August 1991)<br />

Staatsform/Regierungsform: Parlamentarische Demokratie.<br />

Staatsoberhaupt: Vike-Freiberga, Vaira, Staatspräsidentin (seit 7. Juli 1999)<br />

Regierungschef: Kalvitis, Aigars (seit 2.Dezember .2004); Volkspartei<br />

Außenminister: Pabriks, Artis (seit 21. Juli 2004); Volkspartei<br />

Parlament: Eine Kammer: 8. Saeima mit 100 Abgeordneten, Wahl: 5.Oktober 20<strong>02</strong> <strong>für</strong> vier Jahre<br />

Parlamentspräsidentin: Ingrida Udre (Grüne u. Bauernpartei)<br />

Regierungsparteien: Volkspartei, Neue Zeit, Lettlands Erste Partei und Grüne/Bauern-Union (Koalition<br />

verfügt über 70 von 100 Sitzen im Parlament)<br />

Opposition: Partei der Volksharmonie, Für Vaterland und Freiheit, Menschenrechtsbündnis,<br />

Sozialistische Partei<br />

Verwaltungsstruktur: Zentralstaat mit begrenzter örtlicher Selbstverwaltung<br />

Gewerkschaften: Dachorganisation „Verband der freien Gewerkschaften Lettlands“ mit 24 Einzelgewerkschaften:<br />

Medizinische Betreuung und Krankenpflege, Lettische Eisenbahn,<br />

Bildung und Wissenschaft, Chemische Industrie u.a.<br />

Arbeitgeberverband: Dachorganisation „Arbeitgeberkonföderation Lettlands“ mit 24 Regional- und etlichen<br />

Fachverbänden sowie einigen Einzelunternehmen der privaten Wirtschaft<br />

Mitgliedschaft in internationalen<br />

Organisationen (u.a.): UNO, EU, OSZE, UNCTAD , NATO, IPU (Interparlamentarische Union), IRU<br />

(Internationale Straßentransportunion), UNESCO, FAO (VN-Ernährungs- und<br />

Landwirtschaftsorganisation), ILO (Internationale Arbeitsorganisation), WHO (Weltgesundheitsorganisation), NAKR<br />

(Nordatlantischer Kooperationsrat, später abgelöst durch Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat), Council of Baltic Sea States,<br />

IBRD (Internationale Bank <strong>für</strong> Wiederaufbau und Entwicklung), Economic Committee of Europe, IMF (Internationaler<br />

Währungsfonds), Weltbank), Interpol, UNDP (VN-Entwicklungsprogramm), ECAC (Europäische Zivilluftfahrt-Konferenz),<br />

IMO (Internationale Seeschiffahrts-Organisation), UNICEF, WEU (assoziierter Partner), Europarat, EU-Assoziationsvertrag,<br />

IOM (Internationale Organisation <strong>für</strong> Migration), WTO (Welthandelsorganisation)<br />

Wichtigste Medien: Staatliches Fernsehen Latvijas Televizija mit 2 Kanälen, Privates Fernsehen LNT und<br />

TV3, regionales Fernsehen, Staatliches Radio Latvijas Radio mit 3 Programmen, Private<br />

Radiosender SWH mit drei Programmen, Radio Skonto, Radio Super FM sowie diverse<br />

lokale Stationen<br />

Tageszeitungen: Diena, Latvijas Avize, Neatkariga Rita Avize, Telegraf, Vesti Segodna, Tschas, Rigas<br />

‘Balss, Dienas Bizness, Bizness&Baltija, Latvijas Vestnesis;<br />

Wochenzeitungen:Baltic Times, Subbota, Kommersant<br />

Deutschsprachige Monatszeitung: Baltische Rundschau<br />

Bruttoinlandsprodukt: 8,86 Milliarden Euro (2003)<br />

Pro-Kopf-BIP in Euro: 4216 Euro (2003)<br />

Wechselkurs: 1 Euro entspricht 0,7<strong>02</strong>8 Lats (LVL); 1 LVL entspricht 1,42 Euro (seit Januar <strong>2005</strong>)<br />

Stand: März <strong>2005</strong><br />

Lettland auf einen Blick


PICTURE-ALLIANCE<br />

Treffen in Vilnius: Bundespräsident Köhler und der lettische Präsident Valdas Adamkus<br />

keit an Bewohner, die während der Zugehörigkeit<br />

zur ehemaligen Sowjetunion<br />

zugewandert sind, liberaler gehandhabt<br />

wurde als in den beiden Nachbarstaaten.<br />

Jeder Bewohner Litauens, der die Staatsangehörigkeit<br />

nicht bereits automatisch<br />

kraft Gesetzes erworben<br />

hatte und dies wollte, konnte<br />

die litauische Staatsangehörigkeit<br />

innerhalb von<br />

zwei Jahren auf Antrag erwerben.<br />

Hiervon haben die<br />

meisten Bewohner Gebrauch<br />

gemacht, so dass<br />

sich die Staatsangehörigkeitsfrage<br />

in Litauen nicht<br />

stellt und das Verhältnis<br />

zwischen litauischer Bevölkerung<br />

und Staat sowie zugewanderten<br />

Bewohnern<br />

hierdurch auch nicht belastet<br />

wird. Zu Spannungen<br />

ist es in Litauen nicht im<br />

Verhältnis zur russischen,<br />

sondern während der Ablösung<br />

von der Sowjetunion<br />

mit der polnischen Minderheit<br />

gekommen. Nach<br />

der Ablösung der Moskau<br />

treuen kommunistischen<br />

Funktionäre in den mehrheitlich<br />

von Polen besiedelten<br />

Bezirke hat sich die Lage<br />

aber schon bald normalisiert,<br />

so dass in Litauen heute<br />

auch das Verhältnis zwischen<br />

litauischer und polni-<br />

scher Bevölkerung oder letzterer zum litauischen<br />

Staat unproblematisch ist.<br />

Dagegen haben Estland und Lettland<br />

den Erwerb der Staatsangehörigkeit grundsätzlich<br />

vom Nachweis der Kenntnis der<br />

Landessprache und einer Rechtsprüfung<br />

Riga stimmt zu: Die Saeima ratifizierte am 2. Juni <strong>2005</strong> die EU-Verfassung<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

abhängig gemacht. Die Folge ist, dass<br />

mangels Sprachkenntnis, in den ersten Jahren<br />

allerdings manchmal auch aus freiwilliger<br />

Entscheidung, da das Verlangen von<br />

Sprachkenntnissen als diskriminierend<br />

empfunden wurde, viele Bewohner der<br />

beiden Staaten nach dem Untergang der<br />

Sowjetunion und damit dem Verlust der<br />

sowjetischen Staatsangehörigkeit staatenlos<br />

geworden sind.<br />

Inzwischen hat sowohl in Estland als<br />

auch in Lettland eine nicht geringe Zahl<br />

der Betroffenen die Staatsangehörigkeit<br />

des Aufenthaltsstaats erlangt. Dabei erfolgten<br />

in Estland die meisten Einbürgerungen<br />

mit etwa 20.000 jährlich Mitte der<br />

1990er Jahre, während sich die Zahl anschließend<br />

auf 3.000 bis 4.000 reduzierte.<br />

In Lettland hat der Prozess dagegen, da<br />

das Staatsangehörigkeitgesetz erst später<br />

verabschiedet wurde und zudem bis 1998<br />

auch nicht jeder ehemalige in Lettland lebende<br />

sowjetische Bürger einen Einbürgerungsantrag<br />

stellen konnte, erst später<br />

und zudem schleppend begonnen.<br />

Nach 1.000 Einbürgerungen<br />

im ersten Jahr und 3.000<br />

bis 4.000 Einbürgerungen<br />

von 1996 bis 1998, war ein<br />

deutlicher Anstieg (mehr als<br />

10.000 Einbürgerungen)<br />

nach der Liberalisierung der<br />

Einbürgerungsvoraussetzungen<br />

zu erkennen. Ein erneuter<br />

sprunghafter Anstieg<br />

der Einbürgerungsanträge<br />

und Einbürgerungen<br />

(16.000) erfolgte im Jahr des<br />

EU-Beitritts und scheint sich<br />

im Jahr <strong>2005</strong> fortzusetzen.<br />

Obwohl bis zum Sommer<br />

<strong>2005</strong> knapp 134.000 Bewohner<br />

in Estland, etwa 100.000<br />

Bewohner in Lettland die<br />

Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaats<br />

erworben haben,<br />

ist die Zahl der staatenlosen<br />

Bewohner mit zehn<br />

Prozent der Bevölkerung<br />

oder 142.000 Personen (Estland)<br />

sowie 20 Prozent der<br />

Bevölkerung oder 480.000<br />

Bewohnern (Lettland) weiterhin<br />

hoch, so dass der <strong>Integration</strong>sprozessvoraussichtlich<br />

noch lange Zeit nicht ab-<br />

PICTURE-ALLIANCE<br />

23


24<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Ländername: Lietuvos Respublika (Republik Litauen)<br />

Größe: 65.000 Quadratkilometer, größter der drei baltischen Staaten<br />

Hauptstadt: Wilna, litauisch.: Vilnius (Einwohnerzahl: ca. 650.000)<br />

Bevölkerung: 3,48 Millionen, davon: 83,5% Litauer, daneben Polen (6,7%), Russen (6,3%),<br />

Weißrussen (1,2%), Ukrainer (0,7%), Deutsche (0,09%) und andere Nationalitäten (laut<br />

Volkszählung 2001)<br />

Landessprache: Litauisch<br />

Religionen: weit überwiegend katholisch, daneben protestantisch, russisch-orthodox, jüdisch<br />

Nationalfeiertage: 16. Februar: Wiederherstellung der Souveränität (1918), 6. Juli: Staatsgründung (1253,<br />

Königskrönung von Fürst Mindaugas)<br />

Unabhängigkeit: 16. Februar.1918: Wiederherstellung der Souveränität<br />

11.März 1990: Wiederherstellung der Unabhängigkeit<br />

Staats-/Regierungsform: parlamentarische Demokratie, besondere Kompetenzen des Staatspräsidenten bei<br />

Regierungsbildungen und in der Außenpolitik<br />

Staatsoberhaupt: Staatspräsident Valdas Adamkus (1998 bis Febuar 2003, erneut seit Juli 2004).<br />

Regierungschef: Algirdas Brazauskas (Soz-dem. Koalition), Ministerpräsident seit 2001, sowie - nach<br />

den Wahlen vom 10./24. 0ktober .2004 – seit 14. Dezember 2004<br />

Außenminister: Antanas Valionis, Neue Union (Sozialliberale), seit 2000, erneut 2001 und 2004<br />

Parlament: „Seimas“, Einkammerparlament, 141 Abgeordnete, von denen 71 nach Mehrheits-, 70<br />

nach Verhältniswahlrecht gewählt werden, Vorsitzender seit 2000: Arturas Paulauskas,<br />

(Sozialliberale Union), Neuwahl nach Konstituierung des am 10. und 24. Okktober<br />

2004 gewählten Parlamentes am 15. November.2004; Zusammensetzung der Fraktio<br />

nen: Arbeitspartei 41, Soz.dem. 21, Soz.lib.10, Konservative 26, lib. Zentristen 19,<br />

Union d. Bauern und d. Neuen Demokratie 12, liberale Demokraten (Anhänger des<br />

ehemaligen Präsidenten Paksas) 10, Unabhängige 1.<br />

Regierungsparteien: Seit 14. Dezember .2004: Sozialdemokratische Koalition, Neue Union (Sozialliberale),<br />

Arbeitspartei, Union der Bauern und der Parteien der Neuen Demokratie.<br />

Oppositionsparteien: Konservative Vaterlandspartei, Liberale und Zentrumspartei, liberale Demokraten<br />

Verwaltungsstruktur Zehn Distrikte<br />

Gewerkschaften: Mehrere kleinere und größere Verbände (Strukturen weiterhin im Aufbau)<br />

Mitgliedschaft in internationalen<br />

Organisationen: UNO, OSZE, Europarat, WEU ( als assoziierter Partner), EU, NATO<br />

Wichtigste Medien: Rundfunk: Litauisches Radio (staatlich), M 1 (privat), Radio Centras (privat)<br />

Fernsehen: TV 3 (privat), TV 4 (privat), LNK (privat), LTV (staatlich)<br />

Tageszeitungen: Überregional: Lietuvos Rytas, Kauno Diena, Respublika (litauisch und russisch),<br />

Lietuvos Aidas, Echo Litvy (nur russisch), Kurier Wilenski (nur polnisch);<br />

Wirtschaftstageszeitung: Verslo Zinios.<br />

Wochenzeitschrift: Veidas (ähnlich dem „Spiegel“)<br />

Pro-Kopf-BIP: 5.082 Euro (2004). Zum Vergleich: 4.599 Euro in 2003<br />

Wechselkurs: 1 Euro entspricht 3,4528 Litas; 1 Litas entspricht 0,2896 Euro<br />

Stand: April <strong>2005</strong><br />

Litauen auf einen Blick


geschlossen ist, zumal die Einbürgerung<br />

zwar einen wichtigen Schritt zur <strong>Integration</strong>,<br />

nicht aber unbedingt die <strong>Integration</strong><br />

in die Gesellschaft bedeuten muss.<br />

Um den <strong>Integration</strong>sprozess zu fördern,<br />

wurden in beiden Staaten staatliche<br />

<strong>Integration</strong>sprogramme aufgelegt, mit<br />

deren Hilfe die sprachlich-kommunikativen,<br />

rechtlich-politischen und sozioökonomischen<br />

Hindernisse, die die <strong>Integration</strong><br />

der Angehörigen der nichtestnischen<br />

Bevölkerung erschweren oder vereiteln,<br />

beseitigt werden sollen. Der Ausbau des<br />

Estnisch- und Lettischunterrichts, des<br />

Unterrichts in der jeweiligen Landessprache<br />

in den russischsprachigen Schulen sowie<br />

die Organisation von Sprachkursen<br />

zugunsten Erwachsener machen dabei den<br />

Schwerpunkt der über die speziell hierzu<br />

errichteten <strong>Integration</strong>sstiftungen finanzierten<br />

Projekte aus. Diese Maßnahmen,<br />

die nicht nur aus dem Staatshaushalt, sondern<br />

auch durch die EU mit Phare-Mitteln<br />

sowie von anderen internationalen Organisation<br />

und Staaten gefördert werden,<br />

haben zur sprachlichen <strong>Integration</strong> und<br />

damit auch zur Beschleunigung des Einbürgerungsprozesses<br />

beigetragen.<br />

Dieser Prozess ist indes, wie die Zahlen<br />

belegen, noch lange nicht abgeschlossen.<br />

Soll die frühere Abschottung der russischsprachigen<br />

Bevölkerung gegenüber<br />

der einheimischen estnischen oder lettischen<br />

Bevölkerung aber endgültig der Vergangenheit<br />

angehören und die <strong>für</strong> jeden<br />

Staat gefährliche Existenz von Parallelgesellschaften<br />

vermieden werden, ist über die<br />

sprachliche <strong>Integration</strong> hinaus auch die<br />

soziale und politische <strong>Integration</strong> erforderlich.<br />

Als ein wichtiges Instrument zur<br />

politischen <strong>Integration</strong> hat sich in Estland<br />

das kommunale Ausländerwahlrecht erwiesen,<br />

das auch ohne Einbürgerung eine<br />

politische Partizipation auf lokaler Ebene<br />

ermöglicht. Hierzu hat man sich in Lettland<br />

leider nicht durchringen können. Dank<br />

ihrer zahlenmäßigen Stärke ist die russische<br />

Minderheit allerdings in der Lage,<br />

Vertreter in die kommunalen Gemeindeund<br />

Stadträte sowie auch in das estnische<br />

oder lettische Landesparlament zu entsenden.<br />

Sie kann folglich durch ihre Vertreter<br />

grundsätzlich Einfluss auf den politischen<br />

Entscheidungsprozess nehmen. Erfolg<br />

war den russischen Parlamentsabgeordneten<br />

und Interessenverbänden bei den Be-<br />

mühungen, als diskriminierend empfundene<br />

Veränderungen abzuwehren, in der<br />

Vergangenheit nicht immer beschieden.<br />

Dies gilt vor allem <strong>für</strong> die Reform der<br />

Sekundarstufe in den öffentlichen Schulen,<br />

in der nach dem Willen des estnischen<br />

und des lettischen Gesetzgebers künftig<br />

mindestens 60 Prozent der Fächer obligatorisch<br />

in der Landessprache unterrichtet<br />

werden sollen. In den Reihen der russischsprachigen<br />

Bevölkerung sind diese Regelungen<br />

in beiden Staaten auf harte Kritik<br />

gestoßen. In Estland wurde das Inkrafttreten<br />

dieser Bestimmungen daraufhin auf<br />

das Jahr 2007 vertagt. In Lettland ist die<br />

Reform trotz anhaltender Proteste im September<br />

2004 eingeleitet worden. Darüber,<br />

ob die Reform unter Berücksichtigung der<br />

Vorbereitung von Schülern und Lehrern<br />

schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob<br />

eine gesetzliche Regelung des Verhältnisses<br />

des Unterrichts in der Landes- und in<br />

der Minderheitensprache überhaupt erfolgen<br />

soll und wenn ja, welches Verhältnis<br />

im Interesse der <strong>Integration</strong> zweckmäßig<br />

ist, wird jedoch weiter lebhaft gestritten.<br />

Das Heft 2/3 2004 (54. Jahrgang) der<br />

Zeitschrift Der Bürger im Staat, die die<br />

Landeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung<br />

Baden-Württemberg herausgibt, befasst<br />

sich mit Hintergründen und aktuellen<br />

Entwicklungen zur Situation der baltischen<br />

Staaten.<br />

Die Ausgabe umfasst 15 Beiträge<br />

verschiedener Autoren, die von<br />

geografischen Beschreibungen, über die<br />

Geschchte des Baltikums bis hin zur<br />

aktuellen Eingliederung der drei baltischen<br />

Staaten in die Europäische Union<br />

reicht.<br />

Eine Auswahl der Themen:<br />

Geographischer Überblick und<br />

naturräumliche Gliederung der baltischen<br />

Staaten (Elke Knappe/Christoph<br />

Waack).<br />

Die Rückkehr der baltischen Staaten<br />

nach Europa (Andrejs Urzde).<br />

Die politischen Systeme der<br />

baltischen Staaten (Wolfgang Ismayr).<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Dabei zeigte sich das estnische Parlament<br />

bisher zu Kompromissen bereit,<br />

während das lettische Parlament eher einen<br />

Konfrontationskurs eingeschlagen<br />

hat. Da die Proteste in Lettland anhalten<br />

und auch in Estland, je näher der geplante<br />

Termin des Inkrafttretens kommt, wieder<br />

aufleben könnten, ist auch im Interesse<br />

der Schüler zu hoffen, dass möglichst bald<br />

eine die Beteiligten zufrieden stellende<br />

Lösung gefunden wird, die dann auch die<br />

erforderliche Parlamentsmehrheit erhält.<br />

Gelingt dies nicht, könnte sich schon<br />

bald - neben dem Europarat - auch die<br />

Europäische Union, die seit dem Maastrichter<br />

Vertrag ihren Mitgliedern nicht nur<br />

die Erfüllung wirtschaftlicher Kriterien,<br />

sondern auch die Achtung und den Schutz<br />

von Minderheiten abverlangt, zu befassen<br />

haben. Bei der jüngsten Europawahl wurde<br />

mit Tatjana Zdanoka eine Russin aus<br />

Lettland in das Europaparlament gewählt,<br />

die zum Sprachrohr der russischsprachigen<br />

Bevölkerung werden und dieser in<br />

Brüssel damit auch verstärkt Gehör verschaffen<br />

könnte.<br />

Literaturtipp über das Baltikum<br />

Parteiensysteme in den<br />

baltischen Staaten (Manfred Kerner/Axel<br />

Reetz).<br />

Zur politischen Kultur Litauens (Joachim<br />

Tauber).<br />

Der Weg der baltischen Staaten<br />

in die EU (Wim van Meurs).<br />

Die baltischen Staaten in der<br />

europäischen Arbeitsteilung (Claus-<br />

Friedrich Laaser/Klaus Schrader).<br />

Regionale und transnationale<br />

Zusammenarbeit im Ostseeraum (Ruth<br />

Bördlein).<br />

Balten und Deutsche – Traditionen<br />

und Beziehungen (Michael Garleff).<br />

Der Holocaust in Litauen 1941 bis 1944<br />

(Florian C. Knab).<br />

Bezogen werden kann das Heft bei der<br />

Landeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung<br />

Baden-Württemberg, Stafflenbergstraße<br />

38, 70184 Stuttgart. Fax (0711) 164099-<br />

77, E-Mail: siegfried.frech@lpb.bwl.de,<br />

barbara.bollinger@lpb.bwl.de<br />

25


26<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Daten zur ausländischen Bevölkerung<br />

Die bisher jährlich erscheinende Broschüre „Wir leben in Rheinland-Pfalz - Ausländische<br />

Bevölkerung“ erscheint <strong>2005</strong> nicht. Ihren Platz nimmt der erste <strong>Integration</strong>s- und<br />

Zuwanderungsbericht der Landesregierung ein (siehe Hinweis auf Seite 37). Aufgrund<br />

der vielen Anfragen nach Daten veröffentlichen wir nachfolgend Auszüge zum Thema<br />

Bevölkerung aus dem statistischen Teil dieses Berichtes.<br />

Gesamtzahlen zur ausländischen Bevölkerung<br />

Am 31.12.2004 lebten nach Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) des Bundesverwaltungsamtes 289.499 Ausländerinnen und<br />

Ausländer in Rheinland-Pfalz. Die Differenz von rund 5.000 Personen gegenüber 2003 Zahl ist im Wesentlichen auf eine umfassende<br />

Bereinigung des AZR zurückzuführen. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung in Rheinland-Pfalz lag<br />

Ende 2004 mit 7,1 % weiterhin deutlich unterhalb der <strong>für</strong> das Bundesgebiet errechneten Ausländerquote von 8,1 %.<br />

Veränderungen in der Gesamtzahl der ausländischen<br />

Bevölkerung ergeben sich aus<br />

mehreren Faktoren: dem Wanderungsgeschehen<br />

(Zu- und Abwanderung), der<br />

Zahl der Einbürgerungen und der natürlichen<br />

Bevölkerungsbewegung (Geburten<br />

und Sterbefälle). Ferner finden auch Änderungen<br />

des Ausländer- oder Einbürgerungsrechts<br />

ihren Niederschlag in den Statistiken<br />

zur ausländischen Bevölkerung.<br />

Wie aus der Tabelle zu entnehmen<br />

ist, stieg die ausländische Bevölkerung in<br />

Jahr 1) Gesamtbevölkerung<br />

Ausländische<br />

Bevölkerung<br />

Ausländeranteil<br />

in %<br />

1960 3.397.533 31.233 0,9<br />

1970 3.645.437 101.100 2,8<br />

1980 3.642.482 162.848 4,5<br />

1990 3.763.510 205.458 5,5<br />

1995 3.977.919 291.426 7,3<br />

1996 4.000.567 299.299 7,5<br />

1997 4.017.828 300.352 7,5<br />

1998 4.<strong>02</strong>4.969 299.165 7,4<br />

1999 4.030.773 301.461 7,5<br />

2000 4.034.557 297.076 7,4<br />

2001 4.049.066 297.262 7,3<br />

20<strong>02</strong> 4.057.727 295.626 7,3<br />

2003 4.058.682 294.462 7,3<br />

2004 4.061.105 289.499 2) 7,1 2)<br />

1) jeweils am 31.12. – 2) aufgrund einer Registerbereinigung des<br />

Ausländerzentralregisters ist die Anzahl und der Anteil der ausl.<br />

Bevölkerung im Jahr 2004 nur bedingt mit der jeweiligen Vorjahreszahl<br />

vergleichbar.<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz<br />

Rheinland-Pfalz bis zum Ende der neunziger<br />

Jahre stetig an und hatte im Jahr 1999<br />

mit 301.461 Personen die bisher höchste<br />

Anzahl und mit 7,5 % den bisher höchsten<br />

Bevölkerungsanteil erreicht. Dieser<br />

Zuwachs beruhte in erster Linie auf einer<br />

vermehrten Anzahl von Zuzügen. Die<br />

Verringerung der nicht deutschen Bevölkerung<br />

seit 2000 ist zum Teil auf das seit<br />

Anfang jenes Jahres geltende neue Staatsangehörigkeitsrecht<br />

zurückzuführen, demzufolge<br />

in Deutschland geborene <strong>Kinder</strong><br />

von Ausländern die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

erhalten, wenn ihre Eltern bestimmte<br />

aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen<br />

erfüllen. Dadurch hat sich die Zahl<br />

der mit ausländischer Staatsangehörigkeit<br />

geborenen <strong>Kinder</strong> nahezu halbiert.<br />

Ferner haben ein insgesamt geringerer<br />

Saldo aus Zu- und Abwanderung sowie<br />

höhere Einbürgerungszahlen zu einer<br />

konstanten beziehungsweise rückläufigen<br />

Zahl von Menschen ohne deutschen Pass<br />

beigetragen.


Alter in Jahren<br />

Ausländische<br />

Bevölkerung<br />

absolut in %<br />

unter 6 11.510 4,0<br />

6 bis unter 15 33.155 11,5<br />

15 bis unter 30 76.016 26,3<br />

30 bis unter 45 89.767 31,0<br />

45 bis unter 60 51.194 17,7<br />

60 und mehr 27.857 9,6<br />

insgesamt 289.499 100<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-<br />

Pfalz, eigene Berechnungen<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Geschlechterrelation, Altersstruktur in Deutschland geborener Ausländer<br />

Von den Ende 2004 in Rheinland-Pfalz lebenden Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit waren 149.000 Personen (51,5 %)<br />

männlichen und 140.499 Personen (48,5 %) weiblichen Geschlechts. Damit weist die ausländische Bevölkerung einen höheren Anteil<br />

an Männern auf als die Gesamtbevölkerung, in der Frauen mit 51 % die Mehrheit bilden.<br />

Dies ist darauf zurückzuführen, dass in der ersten Phase der Arbeitskräfteanwerbung überwiegend männliche Arbeitsmigranten<br />

nach Deutschland bzw. Rheinland-Pfalz gekommen waren. Allerdings gleicht sich die Geschlechterrelation der nicht deutschen Bevölkerung<br />

immer mehr an die der Gesamtbevölkerung an. In jüngeren Altersgruppen ist diese Angleichung bereits weitgehend erreicht und<br />

belegt den stattgefundenen Einwanderungsprozess.Die nachfolgende Tabelle zeigt, aus welchen Altersgruppen sich die ausländische<br />

Bevölkerung in Rheinland-Pfalz Ende 2004 zusammensetzte. Etwa drei Viertel der Personen mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit<br />

waren im Alter zwischen 15 und 60 Jahren. Nur jede zehnte Person war älter als 60 Jahre.<br />

Die Altersstruktur der nicht deutschen<br />

Bevölkerung unterscheidet sich deutlich<br />

von derjenigen der deutschen Bevölkerung:<br />

die nicht deutsche Bevölkerung ist<br />

im Durchschnitt erheblich jünger. Insbesondere<br />

in den mittleren Altersgruppen<br />

der 15- bis 30-Jährigen und der 30- bis 45-<br />

Jährigen weist die nicht deutsche Bevölkerung<br />

größere Anteile auf. Im Unterschied<br />

dazu ist in der deutschen Bevölkerung der<br />

Anteil älterer Jahrgänge, den über 60-Jährigen,<br />

wesentlich größer. In der unteren<br />

Altersgruppe der unter 15-Jährigen sind<br />

die jeweiligen Anteile nahezu gleich.<br />

Auch im Hinblick auf die Altersstruktur<br />

ist ein Prozess der Angleichung der ausländischen<br />

Bevölkerung an die deutsche<br />

Bevölkerung zu beobachten. Vergleicht<br />

man die Jahre 1990 und 2004, ist der Anteil<br />

der unter 15-Jährigen von 19,5 % auf<br />

15,5 % und der Anteil der 15- bis 30-Jährigen<br />

von 30,2 % auf 26,3 % gesunken.<br />

Aufgrund des geänderten Staatsangehörig-keitsrechts<br />

ist insbesondere in jüngeren<br />

Altersgruppen mit einem weiteren<br />

deutlichen Rückgang zu rechnen. Demgegenüber<br />

hat der Anteil älterer Bevölkerungsgruppen<br />

im gleichen Zeitraum zu-<br />

genommen. Waren Ende 1990 5,8 % der<br />

Menschen mit ausländischem Pass älter als<br />

60 Jahre, ist der Anteil dieser Gruppe Ende<br />

2004 auf 9,6 % angestiegen und wird künftig<br />

weiter wachsen.<br />

Daten zum Anteil der bereits in<br />

Deutschland geborenen Nichtdeutschen<br />

liegen nur <strong>für</strong> das gesamte Bundesgebiet<br />

vor: Ende 2004 ist danach jeder fünfte im<br />

Bundesgebiet lebende Ausländer (20,9 %)<br />

in Deutschland geboren. Deutlich höher<br />

ist dieser Anteil beispielsweise bei türkischen<br />

(34,8 %), italienischen (29,9 %) und<br />

griechischen (27,6 %) Staatsangehörigen.<br />

Zusammensetzung nach Staatsangehörigkeiten<br />

Ende 2004 bildeten türkische Staatsangehörige mit einem Anteil von 24,6 % bei weitem die größte ausländische Personengruppe in<br />

Rheinland-Pfalz. Zweitgrößte Gruppe waren italienische Staatsangehörige (9,7 %), gefolgt von Personen mit der Staatsangehörigkeit<br />

von Serbien und Montenegro (7,6 %), polnischen (4,9 %) und französischen Staatsangehörigen (2,8 %).<br />

Rund ein Drittel aller Ausländerinnen und<br />

Ausländer in Rheinland-Pfalz besaß die<br />

Staatsangehörigkeit eines der 24 EU-Staaten<br />

(ohne Deutschland). Auf die zehn<br />

Staaten, die der EU am 1. Mai 2004 beitraten<br />

sind, entfallen davon 7,3 %. Nahezu<br />

vier von fünf Nichtdeutschen hatten den<br />

Pass eines europäischen Staates. Statistische<br />

Angaben <strong>für</strong> andere ausgewählte<br />

Staatsangehörigkeiten sowie Veränderun-<br />

gen gegenüber den jeweiligen Anteilen in<br />

den Jahren 1995, 2000 und 2003 sind der<br />

nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.<br />

Im Zeitraum 1995 bis 2004 hat sich die<br />

Zusammensetzung der Bevölkerung nach<br />

Staatsangehörigkeiten nur leicht verändert.<br />

Größere Verschiebungen gab es nur bei<br />

wenigen Nationalitäten. Ein Rückgang ist<br />

in diesem Zeitraum vor allem bei bosnischen<br />

Staatsangehörigen, bei Staatsange-<br />

hörigen von Serbien und Montenegro und<br />

bei türkischen Staatsangehörigen zu verzeichnen.<br />

Gestiegene Anteile sind vor allem <strong>für</strong> russische,<br />

ukrainische und irakische Staatsangehörige<br />

festzustellen. Die Anteilswerte <strong>für</strong><br />

2004 sind allerdings nur bedingt mit denen<br />

der Vorjahre vergleichbar, da ihrer Berechnung<br />

eine umfassende Bereinigung<br />

des Ausländerzentralregisters vorausging.<br />

27


28<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Staatsangehörigkeit 1995 1) 2000 1) 2003 1) 2004 1)2)<br />

in % in % in % in % absolut<br />

Europa 80,7 79,3 78,3 78,4 226.863<br />

davon<br />

EU-Staaten 3) 26,1 26,2 25,8 32,8 94.907<br />

darunter<br />

Belgien 0,4 0,5 0,5 0,5 1.492<br />

Frankreich 3,1 2,9 2,8 2,8 7.969<br />

Griechenland 3,0 2,9 2,8 2,7 7.838<br />

Großbritannien und Nordirland 1,5 1,3 1,3 1,3 3.741<br />

Italien 9,9 10,2 9,9 9,7 28.163<br />

Luxemburg 0,5 0,5 0,7 0,8 2.231<br />

Niederlande 1,4 1,4 1,5 1,5 4.393<br />

Österreich 1,9 1,9 1,8 1,8 5.329<br />

Polen 4,0 4,2 4,7 4,9 14.087<br />

Portugal 2,2 2,4 2,4 2,4 6.938<br />

Spanien 1,5 1,4 1,4 1,3 3.839<br />

Ungarn 1,1 1,0 0,9 0,9 2.685<br />

Übrige europäische Staaten 54,6 53,1 52,5 45,6 131.956<br />

darunter<br />

Bosnien-Herzegowina 5,0 1,8 1,9 1,9 5.415<br />

Serbien und Montenegro 10,8 9,1 7,6 7,6 21.879<br />

Kroatien 2,1 2,5 2,5 2,5 7.343<br />

Rumänien 1,1 1,1 1,0 1,0 2.827<br />

Russische Föderation 0,6 1,7 2,7 2,9 8.348<br />

Türkei 25,8 26,3 24,8 24,6 71.203<br />

Ukraine 0,4 1,5 2,0 2,1 6.080<br />

Afrika 4,4 4,1 4,0 3,9 11.435<br />

darunter<br />

Marokko 0,9 1,0 1,0 1,0 2.789<br />

Amerika 3,8 3,9 4,2 4,2 12.219<br />

darunter<br />

USA 2,7 2,5 2,5 2,5 7.293<br />

Asien 10,3 12,0 12,8 12,8 37.146<br />

darunter<br />

China 0,4 0,8 1,1 1,1 3.272<br />

Irak 0,3 1,0 1,5 1,5 4.318<br />

Iran 1,4 1,3 0,9 0,8 2.294<br />

Kasachstan 0,2 0,8 1,1 1,1 3.249<br />

Thailand 0,6 0,9 1,2 1,3 3.736<br />

Vietnam 1,9 1,6 1,5 1,5 4.283<br />

Australien/Ozeanien 0,1 0,1 0,1 0,1 362<br />

Staatenlos, Ungeklärt, ohne Angabe 0,6 0,6 0,6 0,5 1.474<br />

insgesamt 100 100 100 100 289.499<br />

1) jeweils zum 31.12. 2) Der <strong>für</strong> das Jahr 2004 errechneten Ausländerzahl ging eine umfassende<br />

Bereinigung des Ausländerzentralregisters voraus; daher sind die Anteilswerte mit den Vorjahreswerten<br />

nur bedingt vergleichbar. 3) bis 2003: Gebietsstand am 31.12.03; <strong>für</strong> 2004 Gebietsstand ab 01.05.04<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, eigene Berechnungen<br />

Ausländische Bevölkerung nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten Ende 1995, 2000, 2003 und 2004


<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Räumliche Verteilung<br />

Der Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtbevölkerung ist in den jeweiligen Verwaltungsbezirken von Rheinland-Pfalz sehr<br />

unterschiedlich. Da der Anteil sehr stark von den vorhandenen Wirtschaftsstrukturen und Erwerbsmöglichkeiten bestimmt wird, ist<br />

er in den kreisfreien Städten des Landes insgesamt mehr als doppelt so hoch wie in den Landkreisen.<br />

2000 2003 2004 1)2)<br />

absolut in % absolut in % 3) absolut<br />

Rheinland-Pfalz 297.076 7,3 294.462 7,3 289.499<br />

Kreisfreie Städte 131.085 127.734 126.352<br />

Frankenthal 6.398 13,4 6.066 12,8 5.745<br />

Kaiserslautern 9.357 9,4 10.009 10,1 10.039<br />

Koblenz 10.798 10,0 10.748 10,0 10.715<br />

Landau 3.574 8,7 3.043 7,3 3.013<br />

Ludwigshafen 34.301 21,1 34.215 21,0 34.155<br />

Mainz 33.209 18,2 33.<strong>02</strong>3 17,8 32.019<br />

Neustadt a. d. Weinstr. 3.218 6,0 3.201 5,9 3.167<br />

Pirmasens 2.399 5,3 2.453 5,6 2.479<br />

Speyer 5.766 11,6 5.860 11,7 5.814<br />

Trier 11.144 4)<br />

11,2 8.335 8,3 8.596<br />

Worms 9.310 11,6 9.091 11,2 8.884<br />

Zweibrücken 1.611 4,5 1.690 4,8 1.726<br />

Landkreise 165.991 166.728 163.147<br />

Ahrweiler 9.220 7,1 9.510 7,3 8.733<br />

Altenkirchen 7.820 5,7 7.568 5,5 7.274<br />

Alzey-Worms 7.241 5,8 7.193 5,7 7.149<br />

Bad Dürkheim 7.305 5,5 7.254 5,4 7.187<br />

Bad Kreuznach 10.724 6,8 10.691 6,7 10.746<br />

Bernkastel-Wittlich 4.572 4,0 4.647 4,1 4.643<br />

Birkenfeld 3.468 3,8 3.710 4,1 3.783<br />

Bitburg-Prüm 3.720 3,9 3.733 3,9 3.673<br />

Cochem-Zell 1.867 2,8 2.052 3,1 1.899<br />

Daun 1.910 3,0 2.<strong>02</strong>5 3,2 1.953<br />

Donnersbergkreis 4.590 5,9 4.344 5,5 4.361<br />

Germersheim 11.486 9,3 11.178 9,0 11.054<br />

Kaiserslautern 4.935 4,5 5.164 4,7 5.078<br />

Kusel 2.382 3,0 2.306 3,0 2.281<br />

Mainz-Bingen 12.259 6,3 12.633 6,4 12.114<br />

Mayen-Koblenz 11.220 5,3 11.598 5,4 11.351<br />

Neuwied 13.571 7,4 12.833 6,9 12.725<br />

Rhein-Hunsrück-Kreis 4.746 4,5 5.273 5,0 5.376<br />

Rhein-Lahn-Kreis 6.757 5,2 6.875 5,3 6.777<br />

Rhein-Pfalz-Kreis 10.060 6,8 9.885 6,7 9.434<br />

Südliche Weinstraße 4.321 4,0 4.355 3,9 4.228<br />

Südwestpfalz 2.853 2,7 2.588 2,5 2.519<br />

Trier-Saarburg 4.665 3,4 5.317 3,8 5.294<br />

Westerwaldkreis 14.299 7,1 13.996 6,9 13.515<br />

1) Den <strong>für</strong> 2004 errechneten Ausländerzahlen <strong>für</strong> die Verwaltungsbezirke ging eine<br />

Bereinigung des Ausländerzentralregisters voraus. Die Zahlen werden nochmals überprüft<br />

und gelten zurzeit nur unter Vorbehalt. Ein Vergleich mit den Zahlen der Vorjahre ist nur<br />

bedingt möglich. 2) Zum Zeitpunkt der Berichterstellung lagen noch keine Daten zur<br />

Gesamtbevölkerung und daher keine Anteilswerte vor. 3)Ausländeranteil bezogen auf die<br />

Gesamtbevölkerung des Verwaltungsbezirks 4) Die Zahlen <strong>für</strong> die Stadt Trier (2000)<br />

schließen ca. 3.000 ungeklärte Fälle ein, die durch die Schließung der<br />

Aufnahmeeinrichtung <strong>für</strong> Asylbegehrende in Ingelheim und die Verlagerung der<br />

Zuständigkeit auf die Einrichtung in Trier verursacht sind.<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz<br />

Ausländische Bevölkerung in den Verwaltungsbezirken 2000, 2003 und 2004 (jeweils zum 31.12. des Jahres)<br />

31


32<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Staatsangehörigkeit der Nichtdeutschen in den Verwaltungsbezirken<br />

Die Tabelle auf der vorangegangenen Seite beinhaltet Zahlen zum Umfang und Anteil der ausländischen Bevölkerung in den einzelnen<br />

Verwaltungsbezirken <strong>für</strong> verschiedene Jahre. Bei den <strong>für</strong> das Jahr 2004 errechneten Zahlen ist zu beachten, dass ihnen eine<br />

umfassende Bereinigung des Ausländerzentralregisters (AZR) vorausging und ein Vergleich mit den Zahlen der Vorjahre daher nur<br />

bedingt möglich ist. Zudem werden die Zahlen <strong>für</strong> die Verwaltungsbezirke nochmals überprüft und gelten somit zurzeit nur unter<br />

Vorbehalt. Da zum Zeitpunkt der Berichterstellung noch keine Daten zur Gesamtbevölkerung in den Verwaltungsbezirken vorlagen,<br />

konnten <strong>für</strong> das Jahr 2004 noch keine Anteilswerte <strong>für</strong> die ausländische Bevölkerung errechnet werden.<br />

Land der Staatsangehörigkeit<br />

Türkei Italien Serbien und Polen Frankreich Griechen-<br />

Montenegro<br />

land<br />

absolut in % 1) in % 1) in % 1) in % 1) in % 1) in % 1)<br />

Rheinland-Pfalz 289.499 24,6 9,7 7,6 4,9 2,8 2,7<br />

Kreisfreie Städte<br />

Frankenthal 5.745 32,3 23,5 7,0 4,2 1,2 4,1<br />

Kaiserslautern 10.039 9,4 7,6 4,2 4,5 2,8 1,3<br />

Koblenz 10.715 19,4 4,7 7,9 4,3 1,8 1,2<br />

Landau 3.013 13,8 8,2 8,9 6,3 9,6 2,5<br />

Ludwigshafen 34.155 30,5 18,5 7,7 3,3 1,1 6,9<br />

Mainz 32.019 21,1 13,5 4,6 3,6 2,0 1,9<br />

Neustadt a. d. Weinstr. 3.167 28,4 6,7 5,9 5,5 5,7 3,2<br />

Pirmasens 2.479 17,3 8,6 10,5 7,1 4,4 2,5<br />

Speyer 5.814 17,7 9,8 10,5 5,0 5,0 1,9<br />

Trier 8.596 4,5 4,3 4,7 4,5 8,6 1,8<br />

Worms 8.884 42,4 6,6 2,4 4,4 1,9 5,4<br />

Zweibrücken 1.726 8,5 10,2 8,2 5,0 4,6 2,9<br />

Landkreise<br />

Ahrweiler 8.733 22,0 6,1 13,8 4,6 2,0 2,7<br />

Altenkirchen 7.274 39,2 7,5 6,5 4,8 0,8 4,7<br />

Alzey-Worms 7.149 35,5 7,6 5,6 6,1 2,3 1,9<br />

Bad Dürkheim 7.187 25,4 7,9 7,8 7,8 3,9 4,6<br />

Bad Kreuznach 10.746 35,4 6,2 4,8 5,5 2,1 1,0<br />

Bernkastel-Wittlich 4.643 15,5 4,1 13,8 7,8 5,9 1,3<br />

Birkenfeld 3.783 5,8 5,3 9,6 6,5 2,2 1,3<br />

Bitburg-Prüm 3.673 3,9 4,6 6,9 5,4 3,4 1,4<br />

Cochem-Zell 1.899 9,5 6,2 9,3 7,1 2,7 1,7<br />

Daun 1.953 17,1 5,2 9,2 9,5 2,2 1,5<br />

Donnersbergkreis 4.361 35,7 5,4 9,1 5,0 2,1 1,4<br />

Germersheim 11.054 39,2 5,4 6,3 4,7 2,8 2,1<br />

Kaiserslautern 5.078 14,1 7,1 6,7 6,3 3,6 1,5<br />

Kusel 2.281 13,6 6,2 11,4 4,6 3,8 3,0<br />

Mainz-Bingen 12.114 22,1 12,8 3,5 5,7 2,4 2,4<br />

Mayen-Koblenz 11.351 24,1 8,2 10,2 4,4 2,3 1,3<br />

Neuwied 12.725 27,0 7,6 11,8 4,3 1,4 1,6<br />

Rhein-Hunsrück-Kreis 5.376 16,7 4,6 10,3 4,2 2,1 1,0<br />

Rhein-Lahn-Kreis 6.777 23,0 8,6 13,5 4,4 2,2 1,3<br />

Rhein-Pfalz-Kreis 9.434 31,7 13,4 7,2 5,0 2,7 3,0<br />

Südliche Weinstraße 4.228 20,0 7,3 6,7 8,4 7,1 3,8<br />

Südwestpfalz 2.519 6,6 6,1 9,7 7,1 7,8 2,6<br />

Trier-Saarburg 5.294 7,4 5,0 9,7 5,1 10,4 0,9<br />

Westerwaldkreis 13.515 36,3 9,7 9,5 6,0 1,0 1,3<br />

1) bezogen auf die Gesamtheit der ausländischen Bevölkerung im jeweiligen Verwaltungsbezirk<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz<br />

Ausländische Bevölkerung nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten in den Verwaltungsbezirken 2004


Ende 2003 lebten die meisten Nichtdeutschen<br />

in den industriellen Ballungszentren<br />

Ludwigshafen und Mainz mit<br />

Anteilen von 21,0 % bzw. 17,8 % an der<br />

Gesamtbevölkerung. Zweistellige Ausländeranteile<br />

waren zudem <strong>für</strong> die kreisfreien<br />

Städte Frankenthal (12,8 %), Speyer<br />

(11,7 %), Worms (11,2 %), Kaiserslautern<br />

(10,1 %) und Koblenz (10,0 %) zu verzeichnen.<br />

Unter dem Landesdurchschnitt<br />

von 7,3 % lagen die kreisfreien Städte<br />

Zweibrücken (4,8 %), Pirmasens (5,6 %)<br />

und Neustadt an der Weinstraße (5,9 %).<br />

Auch unter den Landkreisen gab es hinsichtlich<br />

des Ausländeranteils große<br />

Schwankungen. Den Landesdurchschnitt<br />

erreichten oder überschritten nur die Landkreise<br />

Ahrweiler (7,3 %) und Germersheim<br />

(9,0 %). Die geringsten Anteile entfielen<br />

auf die Landkreise Südwestpfalz (2,5 %),<br />

Kusel (3,0 %), Cochem-Zell (3,1 %) und<br />

Daun (3,2 %). Im Jahr 2004 werden sich<br />

die Ausländeranteile infolge der Bereinigung<br />

des AZR vermutlich generell leicht<br />

verringern. Hinsichtlich der regionalen<br />

Unterschiede werden sich aber nur geringfügige<br />

Veränderungen ergeben.<br />

Erhebliche regionale Unterschiede bestehen<br />

auch im Hinblick auf die Verteilung<br />

der verschiedenen Nationalitäten. In<br />

der vorangegangenen Tabelle wird dies am<br />

Beispiel der sechs größten Gruppen ersichtlich.<br />

So nimmt der Anteil von türkischen<br />

Staatsangehörigkeiten an der nicht<br />

deutschen Bevölkerung eine Spannbreite<br />

ein zwischen sehr hohen Werten von etwa<br />

40 % – so in der kreisfreien Stadt Worms<br />

(42,4 %) und den Landkreisen Altenkirchen<br />

und Germersheim (jeweils 39,2 %)<br />

– und sehr niedrigen Werten von unter<br />

5 % – so in der kreisfreien Stadt Trier<br />

(4,5 %) und im Landkreis Bitburg-Prüm<br />

(3,9 %).<br />

Einen überproportionalen Anteil von<br />

Personen mit italienischem Pass gibt es<br />

insbesondere in den kreisfreien Städten<br />

Frankenthal (23,5 %) und Ludwigshafen<br />

(18,5 %). Größere Gruppen von Staatsangehörigen<br />

Serbiens und Montenegros<br />

leben vor allem in den Landkreisen Ahrweiler<br />

und Bernkastel-Wittlich (jeweils<br />

13,8 %). Die höchsten Anteile von Personen<br />

aus Polen an der nicht deutschen Bevölkerung<br />

befinden sich in den Landkrei-<br />

Jahr Zuzüge Fortzüge Saldo Jahr Zuzüge Fortzüge Saldo<br />

Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl<br />

1980 31.238 19.<strong>02</strong>9 12.209 1993 56.093 35.721 20.372<br />

1981 23.216 19.801 3.415 1994 46.444 39.431 7.013<br />

1982 19.744 21.013 -1.269 1995 46.505 34.417 12.088<br />

1983 16.959 20703 -3.744 1996 41.998 30.193 11.805<br />

1984 18.962 23.787 -4.825 1997 37.783 32.153 5.630<br />

1985 22.342 19.205 3.137 1998 37.439 36.171 1.268<br />

1986 25.212 18.447 6.765 1999 41.178 38.641 2.537<br />

1987 25.150 19.050 6.100 2000 39.172 38.204 968<br />

1988 35.217 21.857 13.360 2001 42.270 31.010 11.260<br />

1989 45.062 29.293 15.769 20<strong>02</strong> 39.707 30.588 9.119<br />

1990 54.458 31.473 22.985 2003 34.366 28.608 5.758<br />

1991 59.272 28.692 30.580 2004 32.718 28.569 4.149<br />

1992 62.940 34.001 28.939<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

sen Daun (9,5 %) und Südliche Weinstraße<br />

(8,4 %). Zu den Kommunen mit<br />

einem seit langem hohen Anteil von französischen<br />

Staatsangehörigen zählen die<br />

kreisfreien Städte Landau (9,6 %) und Trier<br />

(8,6 %) sowie der Landkreis Trier-Saarburg<br />

(10,4 %). Griechinnen und Griechen sind<br />

vor allem in den industriellen Ballungsräumen<br />

der Städte Ludwigshafen (6,9 %)<br />

und Worms (5,4 %) sowie im Landkreis<br />

Altenkirchen (4,7 %) relativ stark vertreten.<br />

Im Vergleich zur ausländischen Wohnbevölkerung<br />

des gesamten Bundesgebiets<br />

weist Rheinland-Pfalz einen überproportionalen<br />

Anteil von italienischen Staatsangehörigen<br />

(9,7 % gegenüber 8,2 % im<br />

Bundesgebiet), französischen Staatsangehörigen<br />

(2,8 % gegenüber 1,5 %) und polnischen<br />

Staatsangehörigen (4,9 % gegenüber<br />

4,3 %) auf. Demgegenüber ist der<br />

Anteil von türkischen Staatsangehörigen<br />

(24,6 % gegenüber 26,3 %) und griechischen<br />

Staatsangehörigen (2,7 % gegenüber<br />

4,7 %) geringer. Derselbe Anteil von 7,6 %<br />

errechnet sich <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz und das<br />

Bundesgebiet bei den Staatsangehörigen<br />

Serbiens und Montenegros.<br />

Zuzüge und Fortzüge von Ausländerinnen und Ausländern über die Landesgrenzen von Rheinland-Pfalz sowie<br />

Wanderungssaldo 1980 bis 2004<br />

Asylzuwanderung<br />

Im Jahr 2004 haben in Rheinland-Pfalz 1668 Menschen einen Antrag auf Asyl nach Artikel 16 a Grundgesetz gestellt. Das ist die<br />

niedrigste Asylbewerberzahl seit 1983. Unter den zehn Hauptherkunftsländern der Asylsuchenden belegten im Jahr 2004 die Türkei<br />

den ersten Platz, gefolgt von Serbien und Montenegro sowie der Russischen Föderation. Anerkannt wurden im Jahr 2004 4,8 % der<br />

entschiedenen Asylanträge. Die nach einer erfolgten Ablehnung durch Gerichte ausgesprochenen Anerkennungen sind hier nicht<br />

enthalten. Im Jahre 2003 lag die Anerkennungsquote bei 5,0 %.<br />

33


34<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Wege zurück zum Pass<br />

Was tun bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit<br />

durch Aberkennung? Ein kurzer Ratgeber<br />

Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit<br />

wurde durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes<br />

zum 1. Januar 2000<br />

neu geregelt. Vor diesem Zeitpunkt trat<br />

der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit<br />

unter anderem durch den Erwerb<br />

einer ausländischen Staatsangehörigkeit<br />

ein, wenn die betreffende Person weder<br />

ihren Wohnsitz noch ihren dauernden<br />

Aufenthalt in Deutschland hatte.<br />

Deshalb konnten in der Vergangenheit<br />

Migrantinnen und Migranten, zum Beispiel<br />

aus der Türkei, nachdem sie zunächst<br />

unter Aufgabe ihrer türkischen Staatsangehörigkeit<br />

eingebürgert worden waren,<br />

durch den anschließenden Wiedererwerb<br />

der türkischen Staatsangehörigkeit die<br />

deutsche Staatsangehörigkeit nicht verlieren,<br />

sofern sie ihren Wohnsitz und dauernden<br />

Aufenthalt in Deutschland hatten<br />

(Inlandsklausel).<br />

Diese so genannte Inlandsklausel ist<br />

mit der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechtes<br />

(StAG)aufgehoben worden.<br />

Nach den neuen Regelungen verlieren<br />

Deutsche automatisch mit dem Erwerb<br />

einer ausländischen Staatsangehörigkeit die<br />

deutsche Staatsangehörigkeit, sofern der<br />

Erwerb der ausländischen Staatsanghörigkeit<br />

auf eigenen Antrag erfolgt ist. Auf<br />

Grund dieser Neuregelung haben beispielsweise<br />

eingebürgerte Migrantinnen und<br />

Migranten aus der Türkei ihre deutsche<br />

Staatsangehörigkeit verloren, wenn sie<br />

nach ihrer Einbürgerung die türkische<br />

Staatsangehörigkeit wieder erworben haben.<br />

Dieser Verlust ist mit dem Datum<br />

des Wiedererwerbs der türkischen Staats-<br />

In Rheinland-Pfalz 2000 Betroffene: Einbürgerungsurkunde und Pässe<br />

angehörigkeit kraft Gesetzes und damit<br />

automatisch eingetreten.<br />

Schätzungen gehen davon aus, dass<br />

bundesweit 50.000 Personen betroffen<br />

sind, davon rund 2000 in Rheinland Pfalz.<br />

Was sind die Folgen des Verlustes<br />

Sie sind keine Deutsche bzw. kein<br />

Deutscher mehr, besitzen aber die Staatsangehörigkeit<br />

Ihres Heimatstaates. Es<br />

empfiehlt sich nicht, diese Staatsangehörigkeit<br />

nun unmittelbar aufzugeben. Denn<br />

dadurch können Sie den eingetretenen<br />

Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit<br />

nicht rückgängig machen, sondern würden<br />

staatenlos werden.<br />

Als Ausländerin/Ausländer (auch als<br />

Staatenlose/Staatenloser) benötigen Sie<br />

einen Aufenthaltstitel. Ihnen steht als ehemalige<br />

Deutsche/ehemaliger Deutscher<br />

ein Aufenthaltsrecht zu, und Ihre bisherigen<br />

Aufenthaltszeiten gelten auch nicht als<br />

unterbrochen. Die Zeiten, in denen Sie<br />

über einen Anspruch nach dem Beschluss<br />

Nr. 1/80 des Assozationsrates EWG/<br />

Türkei verfügten, werden ebenfalls mitberücksichtigt.<br />

Was muss ich jetzt tun?<br />

Eingebürgerte Migrantinnen und Migranten<br />

aus der Türkei sind bereits von<br />

der <strong>für</strong> sie zuständigen Meldebehörden<br />

angeschrieben worden. Darin werden sie<br />

aufgefordert, die ihnen zugesandten Frageboögen<br />

auszufüllen und bis zum 1. August<br />

<strong>2005</strong> an die Meldebehörde zurückzusenden.<br />

Die Rücksendung des Fragebogens<br />

gilt gleichzeitig als Antrag auf Erteilung<br />

eines Aufenthaltstitels, wenn Sie zu<br />

dem Personenkreis gehören, der durch die<br />

Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit<br />

die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

verloren hat. In diesem Fall wird nach<br />

Rücksendung des Bogens an die Meldebehörde<br />

die <strong>für</strong> Sie zuständige Ausländerbehörde<br />

mit Ihnen Kontakt aufnehmen.<br />

Welchen Aufenthaltstitel bekomme ich?<br />

Gemäß den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes<br />

(AufenthG) und des Erlasses<br />

des <strong>Ministerium</strong>s des Innern und<br />

<strong>für</strong> Sport wird in der Regel eine Niederlas-<br />

sungserlaubnis (unbefristet) erteilt, sofern<br />

die Voraussetzungen vorliegen, ansonsten<br />

eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Wenn<br />

ausnahmsweise ein Aufenthaltstitel nicht<br />

direkt erteilt werden kann, erhalten Sie eine<br />

Fiktionsbescheinigung nach Paragraf 81<br />

Abs. 3 AufenthG. Dies bedeutet, der Aufenthalt<br />

gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde<br />

als erlaubt.<br />

Es ist aber auch möglich, dass Ihnen<br />

unter Anrechnung sämtlicher Voraufenthaltszeiten<br />

eine Niederlassungserlaubnis<br />

erteilt wird. Da<strong>für</strong> müssen die Voraussetzungen<br />

nach Paragraf 9 Aufenthaltsgesetz<br />

vorliegen. Sie müssen unter anderem seit<br />

DPA


fünf Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis<br />

gewesen sein, es dürfen keine<br />

Straftaten begangen worden sein, Ihr Lebensunterhalt<br />

muss gesichert sein und Sie<br />

müssen über ausreichende Kenntnisse der<br />

deutschen Sprache verfügen. Auf die Frist<br />

des fünfjährigen Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis<br />

können die Zeiten vor der<br />

Einbürgerung angerechnet werden, da die<br />

Aufenthaltszeiten als Deutsche/r nicht als<br />

Unterbrechung anzusehen sind.<br />

Die Einzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen<br />

über den Zeitraum von<br />

fünf Jahren muss nicht erfolgt sein und<br />

Grundkenntnisse über die Rechts- und<br />

Gesellschaftsordnung müssen nicht nachgewiesen<br />

werden.<br />

Rechtsanspruch auf Erteilung einer<br />

Niederlassungserlaubnis nach Paragraf 38<br />

Aufenthaltsgesetz haben Sie, wenn Sie seit<br />

fünf Jahren als Deutsche/r ununterbrochen<br />

Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in<br />

Deutschland hatten. Von der Sicherung des<br />

Lebensunterhaltes kann abgesehen werden,<br />

die Sechs-Monatsfrist <strong>für</strong> die Beantragung<br />

des Aufenthaltstitels beginnt im<br />

Zweifel erst dann zu laufen, wenn Sie das<br />

Anschreiben von der Meldebehörde erhalten<br />

haben. Wenn Sie die Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis<br />

nicht erfüllen, haben Sie Anspruch<br />

auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis.<br />

Beide Aufenthaltstitel (Nach Paragraf<br />

9 und Paragraf 38 AufenthG) berechtigen<br />

kraft Gesetzes zur Ausübung einer Beschäftigung.<br />

Dies gilt auch innerhalb der<br />

Antragsfrist sowie nach Antragstellung bis<br />

zur Entscheidung über den Antrag auf<br />

Erteilung eines Aufenthaltstitels.<br />

Ist eine erneute Einbürgerung möglich?<br />

Erst wenn Sie im Besitz eines Aufenthaltstitels<br />

sind, ist eine erneute Einbürge-<br />

Emine aus Incesu<br />

Dokumentarfilm über die Geschichte einer Migration<br />

Türkische Sprachfetzen und der Ruf des<br />

Muezzin, im Schneideraum werden gerade<br />

noch die letzten Töne angelegt. Dann<br />

geht es ins Tonstudio <strong>für</strong> die Sprachaufnahme.<br />

Eine Schauspielerin synchronisiert<br />

dort die Interviews von Emine, einer<br />

in Deutschland lebenden Türkin aus dem<br />

Dorf Incesu, die im Mittelpunkt des neuen<br />

Films der Essenheimer Filmproduzentin<br />

Barbara Trottnow steht. Im September<br />

wird der 60-minütige Doku-Film fertig<br />

und <strong>für</strong> Vorführungen verfügbar sein.<br />

Der Film erzählt die Geschichte von<br />

Emine, 1948 im kleinen türkischen Dorf<br />

Incesu geboren. Nur zwei Jahre durfte sie<br />

die Schule besuchen. Sie war gerade 18 Jahre<br />

alt, als sie 1966 Incesu verließ, um allein<br />

nach Deutschland zu gehen und dort zu<br />

arbeiten. Händeringend suchten die deutschen<br />

Unternehmen damals Arbeitskräfte<br />

<strong>für</strong> das Wirtschaftswunderland. 1961<br />

schlossen Deutschland und die Türkei einen<br />

Anwerbevertrag. Tausende Menschen<br />

verließen darauf hin ihre Heimat, um Lükken<br />

auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu<br />

schließen. Zwanzig Prozent der Arbeitsmigranten<br />

aus der Türkei waren in den ersten<br />

Jahren Frauen, fast alle kamen allein.<br />

Obwohl ihre Verträge anfangs befristet<br />

waren, kehrten die meisten sogenannten<br />

Gastarbeiter nie zurück. Die Arbeitgeber<br />

wollten ihre bewährten und gut eingearbeiteten<br />

Arbeitskräfte nicht schon nach<br />

kurzer Zeit wieder austauschen. Auch<br />

Emine ist in Deutschland geblieben. Sie<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

rung bei Erfüllung der Voraussetzungen<br />

nach den geltenden Regelungen des StAG<br />

möglich. Hierzu gehört unter anderem,<br />

dass Ihr Lebensunterhalt gesichert sein<br />

muss und dass Sie bereit sein müssen, Ihre<br />

Staatsangehörigkeit aufzugeben. Hinsichtlich<br />

der erforderlichen ausreichenden<br />

Kenntnisse der deutschen Sprache sehen<br />

die Einbürgerungsbehörden von einer<br />

Prüfung ab, wenn eine Feststellung der<br />

Sprachkenntnisse im früheren Einbürgerungsverfahren<br />

bereits erfolgte.<br />

Regelungen <strong>für</strong> <strong>Kinder</strong> und Jugendliche<br />

<strong>Kinder</strong> von Migrantinnen und Migranten,<br />

deren Erwerb einer ausländischen<br />

Staatsangehörigkeit automatische Folge<br />

des Wiedererwerbs dieser Staatsangehörigkeit<br />

durch einen Elternteil war, haben ihre<br />

deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren,<br />

weil die ausländische Staatsangehörigkeit<br />

nicht auf eigenen Antrag erfolgte.<br />

hat drei erwachsene <strong>Kinder</strong> und vier Enkel.<br />

Während eines Urlaubs heiratete sie<br />

einen Mann aus ihrem Dorf, eine von den<br />

Vätern vermittelte Ehe. Sie selbst sah ihren<br />

Verlobten vor der Hochzeit nur einmal<br />

aus der Ferne. Mit nun 56 Jahren blickt<br />

Emine kritisch auf ihr Leben zurück.<br />

Das Filmteam wurde überall im Dorf<br />

freundlich aufgenommen, und Emine war<br />

natürlich auch da. Ein Motiv <strong>für</strong> Kameramann<br />

Rüdiger Kortz bildete das Elternhaus<br />

von Emine, einst ein stattliches Gebäude,<br />

in dem eine große <strong>Familie</strong> lebte.<br />

Emine war die älteste von sechs <strong>Kinder</strong>n,<br />

und auch die Großeltern und die Onkeln<br />

und Tanten gehörten zum Haushalt. Heute<br />

ist es nur noch eine Ruine. Gleich ne-<br />

Ausgewandert mit 18: Blick auf Emines Heimatdorf Incesu und seine Umgebung<br />

TROTTNOW-FILMPRODUKTION<br />

35


36<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

benan steht ein kleineres Gebäude, das die<br />

<strong>Familie</strong> in den Ferien bewohnt. Aber oft<br />

bleibt es mehrere Jahre leer, denn jedes Jahr<br />

kann Emine sich die Reise nicht leisten.<br />

Der Flug ist teuer, und ohne Geschenke<br />

mag sie auch nicht zurückkommen.<br />

Temperamentvoll erzählt Emine im<br />

Film, welche Ratschläge die Oma ihr mit<br />

auf den Weg nach Deutschland gab. Eine<br />

junge Frau darf vor der Hochzeit keinen<br />

Kontakt mit Männern haben, sagte sie.<br />

Damit kein Mann sie attraktiv findet und<br />

anspricht, solle sie in der Fremde einen<br />

Mantel tragen, der sie wie eine alte Frau<br />

aussehen lässt. Heute kann Emine darüber<br />

lachen, damals hörte sie auf die Worte.<br />

Die Dreharbeiten gingen in Deutschland<br />

weiter. Emines Arbeitgeber genehmigte<br />

Aufnahmen an ihrem Arbeitsplatz.<br />

Emine montiert Einkaufswagen <strong>für</strong> Supermärkte.<br />

Das <strong>Familie</strong>nunternehmen versucht,<br />

auf individuelle Kundenwünsche<br />

einzugehen und hat daher die Produktion<br />

noch nicht ganz automatisiert.<br />

Emines <strong>Kinder</strong> sind stolz auf ihre<br />

Mutter. Sohn Nazif findet es sehr mutig,<br />

dass seine Mutter allein nach Deutschland<br />

gekommen ist, ohne ein Wort Deutsch zu<br />

können. Und Tochter Dilek weiß, wie sehr<br />

sie davon profitiert, dass ihre Mutter damals<br />

all die Schwierigkeiten auf sich genommen<br />

hat. Die drei <strong>Kinder</strong> sprechen<br />

perfekt Deutsch, haben die Schule abgeschlossen<br />

und Berufsausbildungen gemacht.<br />

Nur Emine hat nie richtig Deutsch<br />

gelernt. Sie kann sich verständigen, und<br />

auch <strong>für</strong> das Gespräch mit den Arbeits-<br />

kolleginnen reicht es. Aber während der<br />

Interviews spricht sie Türkisch. In den<br />

Betrieben gab es anfangs Dolmetscher,<br />

später fehlte ihr die Zeit <strong>für</strong> Sprachkurse.<br />

Wenn sie müde von der Arbeit nach Hause<br />

kam, warteten Haushalt und <strong>Kinder</strong><br />

auf sie. Heute meint sie, es sei dumm gewesen,<br />

sich nicht die Zeit zum Lernen zu<br />

nehmen. Überhaupt würde sie jetzt vieles<br />

anders machen, oft etwas egoistischer sein.<br />

Der Film zeigt Alltagsszenen aus dem<br />

Dorf und ermöglicht Vergleiche zwischen<br />

dem Leben dort und hier. Dabei wird deutlich,<br />

wie groß der Sprung ist, den Emine<br />

gewagt hat, und welchen Spagat sie noch<br />

immer versucht. Die <strong>Kinder</strong> von Emine<br />

haben sich das Leben in Deutschland nicht<br />

ausgesucht, sie sind hier geboren und<br />

wollen nicht in das Dorf, wahrscheinlich<br />

noch nicht einmal in das Land ihrer Eltern-<br />

Reden über Gewalt<br />

Faltblatt in türkischer Sprache erschienen<br />

Über einen sexuellen Übergriff oder eine<br />

Vergewaltigung, aber auch über<br />

Trennungs- und Scheidungsprobleme<br />

zu sprechen ist <strong>für</strong> Mädchen und Frauen<br />

ein großer Schritt. Umso mehr,<br />

wenn die Betroffenen einen anderen<br />

kulturellen Hintergrund haben und<br />

Sprachschwierigkeiten hinzukommen.<br />

Durch das jetzt herausgegebene<br />

Faltblatt in türkischer Sprache will das<br />

Verwandtenbesuch mit dem Filmteam: Emine kehrte <strong>für</strong> die Dokumentation heim in ihr Dorf<br />

Mainzer Neustadt-Projekt in Kooperation<br />

mit den Mitarbeiterinnen des Mainzer<br />

Frauenzentrums und der dort angesiedelten<br />

Fachstelle <strong>für</strong> Gewalt noch stärker<br />

deutlich machen, dass das Angebot<br />

der Einrichtung auch <strong>für</strong> Migrantinnen<br />

offen steht.<br />

Das Faltblatt gibt es beim Frauenzentrum<br />

Mainz e.V, Walpodenstraße 10,<br />

55116 Mainz, Telefon: 06131/221263.<br />

zurückkehren, zu groß sind die Unterschiede.<br />

Emine hat sich lange vorgestellt, im Alter<br />

wieder in der Türkei zu leben. Aber daran<br />

glaubt sie nicht mehr, ihre <strong>Kinder</strong> werden<br />

in Deutschland bleiben, und da möchte<br />

sie doch lieber in ihrer Nähe sein.<br />

Barbara Trottnow wirbt mit diesem<br />

Film <strong>für</strong> mehr Verständnis und Geduld,<br />

<strong>für</strong> mehr Zeit und Gelassenheit auf dem<br />

Weg zur <strong>Integration</strong>. Vor allem die junge<br />

Generation braucht die Chance, etwas Neues<br />

entstehen zu lassen. Reine Anpassung<br />

an die vorgefundenen Lebensumstände<br />

sind genauso wenig ihr Weg, wie das gedankenlose<br />

Bewahren alter Traditionen.<br />

Frauen wie Emine sind unsere Nachbarin,<br />

unsere Kollegin, aber die wenigsten<br />

kennen sie so gut, dass sie sie nach ihrem<br />

Lebensweg, ihrem Schicksal fragen. Wer<br />

um ihre Geschichte weiß, wird toleranter<br />

gegenüber Zugewanderten sein, und<br />

Menschen wie Emine mit mehr Respekt<br />

begegnen. Der Film ermöglicht Migranten-<strong>Kinder</strong>n<br />

zudem, stolz auf Herkunft<br />

und Lebensleistung ihrer Eltern zu sein.<br />

Und Manches aus dem Alltag eines türkischen<br />

Dorfes zu erfahren, das sie selbst<br />

nie kennengelernt haben.<br />

Emine erzählt mit einer verblüffenden<br />

Ehrlichkeit ihre Geschichte. Das Filmteam<br />

ist stolz auf das Vertrauen, das sie ihnen<br />

entgegen gebracht hat. Und froh, dass sie<br />

gerade ihnen ihre Lebensgeschichte<br />

anvertraut hat. Ab September sind Kopien<br />

dieses Films als DVD und Videokassette<br />

erhältlich. Dann wird es auch möglich sein,<br />

den Film bei Veranstaltungen einzusetzen.<br />

Infos im Internet unter:<br />

www.bt-medienproduktion.de<br />

TROTTNOW-FILMPRODUKTION


Vorbilder machen Mut<br />

Es kann auch klappen: Bei einem Berufsorientierungsabend<br />

der Saarburger Caritas-Initiative EmMA<br />

berichteten Migranten von Erfolgen bei der Jobsuche<br />

Es waren mehr als 60 Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer, die meisten unter ihnen<br />

junge Erwachsene, die den Weg ins Haus<br />

Fetzenreich in Trier fanden. Dorthin hatten<br />

der Jugendmigrationsdienst des Regionalcaritasverbandes<br />

Trier und seine Außenstelle<br />

Saarburg eingeladen. Das Motto<br />

des Abends: „Einwanderer machen Mut<br />

zur Ausbildung“ (EmMA).<br />

Angesprochen wurden junge Migrantinnen<br />

und Migranten der 8. und 9. Klassen<br />

der Hauptschulen, des Berufsvorbereitungsjahres<br />

und andere Ausbildungsplatzsuchende.<br />

Sie erhielten kompakte Informationen<br />

rund um die Ausbildung.<br />

Von Experten aus verschiedenen Berufsfeldern,<br />

die vor oder während der Ausbildung<br />

wichtig sein können; von der Berufsbildenden<br />

Schule EHS in Trier, der<br />

Agentur <strong>für</strong> Arbeit, der Industrielehrwerkstatt,<br />

der Handwerkskammer und von<br />

Lernen Fördern.<br />

Noch wichtiger war aber die Rolle von<br />

fünf jungen Migrantinnen und Migranten,<br />

die als Vorbilder auftraten: junge Leute<br />

aus den Herkunftsländern Kasachstan,<br />

Kirgisien und der Ukraine, die trotz mancher<br />

Hindernisse einen Ausbildungsplatz<br />

gesucht und gefunden hatten.<br />

Ihre „Karriere“ stellten sie selbst in kurzen<br />

Interviews vor: Zum Beispiel Valentina<br />

aus Kasachstan, die im Praktikum einen so<br />

guten Eindruck machte, dass sie eine Ausbildungsstelle<br />

als Arzthelferin bekam – obwohl<br />

sie „nur“ einen Hauptschulabschluss<br />

vorzeigen konnte und dort eigentlich eine<br />

Realschülerin gewünscht war. Oder Volodimir<br />

aus der Ukraine, der nach vielen Bewerbungen<br />

nun eine überbetriebliche Ausbildung<br />

als Teilezurichter begonnen hat.<br />

Oder Alexander aus Kirgisien, der erst<br />

bei der Wiederholung des Berufsvorbereitungsjahres<br />

„zündete“ und jetzt nach<br />

einer erfolgreichen Ausbildungszeit im<br />

Traumberuf Kfz-Mechaniker arbeitet.<br />

Fünf junge Migranten kamen zu Wort<br />

und waren sich der Aufmerksamkeit des<br />

Publikums sicher. Was sie alle als Tipps<br />

mitgaben, wurde notiert und den Teilnehmenden<br />

später per Post als „Gedächtnisstütze“<br />

zugeschickt. Da war natürlich von<br />

guten Schulnoten die Rede und der Be-<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

deutung von Praktika und guten Deutschkenntnissen,<br />

aber auch von Sekundärtugenden<br />

wie Ausdauer, Fleiß, Pünktlichkeit<br />

und Zuverlässigkeit.<br />

Dass es <strong>für</strong> junge Migranten ganz schön<br />

schwer ist, in Deutschland eine Ausbildungsstelle<br />

zu finden, machte ein Malermeister<br />

deutlich, der ebenfalls als Experte<br />

geladen war. Nach seinen Erfahrungen<br />

haben nicht wenige Chefs und Arbeitskollegen<br />

Vorbehalte gegen junge „Ausländer“<br />

– eine Einstellung, die er „dumm“ findet<br />

und gegen die er im eigenen Betrieb erfolgreich<br />

angeht.<br />

Eine weitere und andere Hürde: Jugendliche<br />

Zugewanderte konzentrieren<br />

sich in ihrer Berufswahl auf einige wenige<br />

Berufe (z.B. Automechaniker, Maler, Friseurin,<br />

Verkäuferin) und haben nicht die<br />

häusliche Unterstützung oder „Verbindungen“<br />

in Betriebe wie ihre einheimischen<br />

Mitbewerberinnen und Mitbewerber.<br />

Die große Beteiligung junger Migrantinnen<br />

und Migranten an diesem Abend<br />

macht aber deutlich, dass die meisten hoch<br />

motiviert sind und in Deutschland ihren<br />

Weg gehen wollen. Die Veranstaltung hat<br />

gezeigt, dass sie dabei nicht alleine sind.<br />

Thomas Zuche<br />

Der Autor, Thomas Zuche, ist Mitarbeiter im<br />

Jugendmigrationsdienstes Saarburg.<br />

Kontakt: Jugendmigrationsdienst Saarburg, c/o<br />

Thomas Zuche, Klosterstraße 51, 54439 Saarburg,<br />

E-Mail: rcv-jgw-sab@t-online.de<br />

Zuwanderungsbericht des Landes erschienen<br />

In einer Pressekonferenz Anfang September<br />

legten Staatssekretär Martin Stadelmaier<br />

und die Landesbeauftragte <strong>für</strong><br />

Ausländerfragen, Maria Weber, den ersten<br />

zusammenfassenden Bericht der<br />

Landesregierung zum Thema Zuwanderung<br />

und <strong>Integration</strong> der Öffentlichkeit<br />

vor.<br />

Der rund 200 Seiten umfassende<br />

Bericht stellt die Teilhabe der in Rheinland-Pfalz<br />

lebenden Zugewanderten am<br />

gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen<br />

und kulturellen Geschehen des<br />

Landes vor, zeichnet die Entwicklung<br />

der rechtlichen Rahmenbedingungen auf<br />

und präsentiert die konkreten <strong>Integration</strong>smaßnahmen<br />

der Landesregierung.<br />

Ferner enthält die Dokumentation die<br />

zahlenmäßige Entwicklung der Migrationsprozesse<br />

in Rheinland-Pfalz.<br />

Der erste „Zuwanderungs- und <strong>Integration</strong>sbericht<br />

der Landesregierung“<br />

<strong>für</strong> die Jahre 2003 und 2004, der in Zukunft<br />

in einem Zweijahresrhythmus erscheinen<br />

wird, kann bei der Landesbeauftragten<br />

<strong>für</strong> Ausländerfragen, per Fax<br />

(06131/16 40 90) oder E-Mail<br />

(LBA@stk.rlp.de) angefordert werden.<br />

37


38<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

Chance <strong>für</strong> Abgelehnte<br />

Härtefallkommission nimmt Arbeit auf<br />

Erstmals wurde in Rheinland-Pfalz die<br />

Möglichkeit der Aufenthaltsgewährung in<br />

Härtefällen durch die obersten Landesbehörden<br />

geschaffen. Die Gründung der<br />

Härtefallkommission, einer Kann-Bestimmung<br />

des <strong>2005</strong> in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes,<br />

gibt der Landesregierung<br />

die Möglichkeit, in Härtefällen einer<br />

vollziehbar ausreisepflichtigen Person eine<br />

Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.<br />

Die Härtefallkommission<br />

wird<br />

ausschließlich im<br />

Weg der Selbstbefassung<br />

tätig. Dies<br />

bedeutet, Ausländerinnen<br />

und<br />

Ausländer oder<br />

dritte Personen<br />

können nicht verlangen,<br />

dass sich<br />

die Kommission<br />

mit einem bestimmtenEinzelfall<br />

befasst oder<br />

eine bestimmte<br />

Entscheidung<br />

trifft. Die Entscheidung<br />

der<br />

Kommission <strong>für</strong><br />

ein Härtefallersuchen<br />

setzt voraus, dass dringende humanitäre<br />

oder persönliche Gründe die weitere<br />

Anwesenheit der Ausländerin bzw. des<br />

Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen.<br />

Die neue Härtefallkommission, die<br />

mit ihrer Geschäftsstelle im Innenministerium<br />

angesiedelt ist, setzt sich aus 10<br />

Mitgliedern zusammen, von denen acht<br />

stimmberechtigt sind. Für die Beschlussfassung<br />

über ein Härtefallersuchen<br />

ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der<br />

anwesenden stimmberechtigten Mitglieder<br />

erforderlich.<br />

Jedes Kommissionsmitglied und dessen<br />

Stellvertreterin bzw. Stellvertreter hat<br />

die Möglichkeit, einen Antrag auf Sachbefassung<br />

zu stellen. Im Hinblick auf die<br />

Eingaben von Ausländerinnen oder Ausländern<br />

bzw. von dritten Personen entscheidet<br />

das jeweilige Mitglied der Kom-<br />

mission nach vorheriger Prüfung eigenverantwortlich<br />

darüber, ob von ihm ein Antrag<br />

auf Sachbefassung gestellt wird.<br />

Der Antrag ist dann unzulässig, wenn<br />

sich die Ausländerin oder der Ausländer<br />

nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, keine<br />

rheinland-pfälzische Ausländerbehörde<br />

zuständig ist oder die Ausländerin bzw.<br />

der Ausländer nicht vollziehbar ausreisepflichtig<br />

ist.<br />

Nicht alleine gelassen nach der Ablehnung: Härtefallkommission prüft besondere Fälle<br />

Ausländerinnen und Ausländer bzw.<br />

Dritte können ihre Eingaben an ein Mitglied<br />

der Härtefallkommission richten<br />

oder bei der Geschäftsstelle der Härtefallkommission<br />

bei dem <strong>Ministerium</strong> des<br />

Innern und <strong>für</strong> Sport einreichen. Bei Eingaben<br />

die sich unmittelbar an die Geschäftsstelle<br />

richten, entscheidet das vorsitzende<br />

Mitglied über die Sachbefassung.<br />

Die Mitglieder und stellvertretenden<br />

Mitglieder der Härtefallkommission<br />

des Landes Rheinland-Pfalz:<br />

Landkreistag Rheinland-Pfalz,<br />

Deutschhausplatz1, 55116 Mainz, Telefon<br />

06131/28655-0. Mitglied: Beigeordneter<br />

Harald Pitzer, Stellvertreter: Geschäftsfüh-<br />

*<br />

render Direktor Burkhard Müller.<br />

Städtetag Rheinland-Pfalz,<br />

Deutschhausplatz1,55116 Mainz Telefon<br />

06131/286440. Mitglied: Geschäftsführer<br />

Prof. Dr. Gunnar Schwarting, Stellvertreter<br />

: Stellv. Geschäftsführer Dr. Wolfgang<br />

Neutz.<br />

Katholisches Büro Mainz, Saarstraße<br />

1, 55116 Mainz, Telefon 06131/2596-<br />

0. Mitglied: Ministerialdirigent Berthold<br />

Tapp, Stellvertreter: Militärdekan a. D. Prälat<br />

Walter Theis.<br />

Vertretung der Evangelischen<br />

Kirchen und der Diakonischen Werke<br />

in Rheinland-Pfalz, Bauerngasse 7, 55116<br />

Mainz, Telefon 06131/<br />

6299740. Mitglied: Pfarrer<br />

Friedrich Vetter,<br />

Stellvertreter: Reinhard<br />

Schott.<br />

amnesty international<br />

e.V., Postfach<br />

100122, 67401 Neustadt/W.,<br />

Telefon<br />

06321/82122. Mitglied:<br />

Heiko P. Müller,<br />

Stellvertreterin: Marie<br />

Weber.<br />

Liga der Spitzenverbände<br />

der freien<br />

Wohlfahrtspflege<br />

im Lande Rheinland-<br />

Pfalz, Bauerngasse 7,<br />

55116 Mainz, Telefon<br />

06131/224608. Mitglied:<br />

Gerhard Scholz,<br />

Stellvertreterin: Dr. Mahlagha Samadi.<br />

Landesbeauftragte <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />

bei der Staatskanzlei, Postfach<br />

3880, 55<strong>02</strong>8 Mainz, Telefon 06131/16-<br />

2468. Mitglied: Landesbeauftragte <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />

Leitende Ministerialrätin Maria<br />

Weber, Stellvertreterin: Oberamtsrätin<br />

Gabriele Blessing-Zwiebelberg.<br />

Bürgerbeauftragter des Landes<br />

Rheinland-Pfalz, Postfach 3040, 55<strong>02</strong>0<br />

Mainz, Telefon 06131/28999-0. Mitglied:<br />

Bürgerbeauftragter des Landes Rheinland-<br />

Pfalz,UllrichGalle. Stellvertreter: Ministerialrat<br />

Peter Schöpflin.<br />

Leiter des Ausländerreferates im<br />

<strong>Ministerium</strong> des Innern und <strong>für</strong> Sport,<br />

Schillerplatz 3–5, 55116 Mainz, Telefon<br />

06131/16-0. Mitglied: Ministerialrat Horst<br />

Muth, Stellvertreter: Ministerialrat Stephan<br />

ZAKRZEWSKI


<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ...<br />

Das Know<br />

how teilen<br />

Bundesweiter Wettbewerb<br />

fördert <strong>Integration</strong> durch<br />

Bürgerengagement<br />

Durch einen bundesweiten Wettbewerb<br />

will die Stiftung Bürger <strong>für</strong> Bürger<br />

die Teilhabe und <strong>Integration</strong> von<br />

Migrantinnen und Migranten durch<br />

bürgerschaftliches Engagement fördern.<br />

Mit dem Wettbewerb sollen vorbildhafte<br />

Praxis und realisierbare innovative<br />

Ideen identifiziert, anerkannt<br />

und zur Nachahmung oder erstmaligen<br />

Realisierung angeregt werden.<br />

Gesucht werden Projekte, bei denen<br />

sich Migranten zusammen mit<br />

Einheimischen und/oder Migranten<br />

unterschiedlicher nationaler oder ethnischer<br />

Herkunft <strong>für</strong> das Gemeinwesen<br />

engagieren. Die Gewinner des<br />

Wettbewerbs erhalten Geldpreise (1.<br />

Preis: 2500 Euro, 2. Preis: 1500 Euro,<br />

3. Preis: 1000 Euro).<br />

Von den Wettbewerbsteilnehmern<br />

wird erwartet, dass sie ihre Erfahrungen<br />

und ihr Know how mit den anderen<br />

Beteiligten sowie mit weiteren ehrlich<br />

Interessierten teilen, etwa bei regionalen<br />

oder themenorientierten<br />

Netzwerktreffen. Einsendeschluss ist<br />

der 30. November <strong>2005</strong>. Formlose Bewerbungen<br />

mit weiteren Infos wie<br />

Projektbeschreibung, Pressebeiträgen,<br />

Publikationen und Internetverweisen<br />

sind zu richten an die Stiftung Bürger<br />

<strong>für</strong> Bürger, Bernhard Schulz, Singerstraße<br />

109, 10179 Berlin. E-Mail:<br />

info@buerger-fuer-buerger.de, Telefon<br />

030/2431 49-0.<br />

Der Wettbewerb wird unterstützt<br />

von der Gemeinnützigen Treuhandstelle<br />

e.V. in Bochum und der DFB-<br />

Stiftung Egidius Braun. Weitere Infos<br />

unter www.buerger-fuer-buerger.de.<br />

Schüler im Austausch<br />

Stipendien <strong>für</strong> jugendliche Migrantinnen und Migranten<br />

Die Robert Bosch Stiftung fördert im<br />

Austauschjahr 2006/2007 das Schülerprogramm<br />

des AFS Interkulturelle Begegnungen<br />

<strong>für</strong> Jugendliche aus Migrantenfamilien<br />

in Deutschland mit Stipendien.<br />

Ziel dieses Programms ist die Einbindung<br />

dieser Jugendlichen in die interkulturelle<br />

Idee des internationalen Schüleraustauschs,<br />

um die <strong>Integration</strong> dieser Jugendlichen in<br />

die deutsche Gesellschaft zu fördern.<br />

Bewerber sind geboren zwischen Juli<br />

1988 und Juli 1991, besuchen im Oktober<br />

<strong>2005</strong> in der Regel die 10. oder 11. Klasse<br />

einer deutschen Schule (egal welchen Schultyps)<br />

oder haben bereits die Hauptschule<br />

abgeschlossen, die Eltern sind Migranten<br />

oder Spätaussiedler. Bewerbung bei AFS<br />

bis zum 15.Oktober <strong>2005</strong>.<br />

Das Austauschprogramm des AFS<br />

reicht weltweit - zur Auswahl stehen über<br />

40 Länder. Abreise ist im Sommer 2006<br />

<strong>für</strong> ein Schuljahr. Förderung bieten Teilstipendium<br />

(vom Einkommen der Eltern<br />

abhängig). Die maximale Stipendiensumme<br />

beträgt 4000 Euro. Die Teilnahmepreise<br />

liegen zwischen 4.650 und 8.350<br />

Euro. Der restliche Teilnahmepreis sowie<br />

Taschengeld, Impfungen und Visakosten<br />

etc. tragen die Eltern als Eigenanteil.<br />

Weitere Informationen zu AFS Interkulturelle<br />

Begegnungen e.V. im Internet<br />

unter www.afs.de. Unter www.afs.de/<br />

stipendien findet sich ein Link zu den Stipendien<br />

der Robert-Bosch-Stiftung, zudem<br />

gibt es dort das Bewerbungsformular<br />

zum Herunterladen. Kontakt: AFS Interkulturelle<br />

Begegnungen e.V., Sara<br />

Tsudome, Adlerstraße 15a, 65183 Wiesbaden,<br />

Telefon 0611/9599275, Mail:<br />

sara.tsudome@afs.org.<br />

Wegweiser <strong>für</strong> Zuwanderer<br />

Orientierung im Dschungel der Zuständigkeiten<br />

Ist ein in Russland erworbenes Diplom in<br />

Deutschland gültig? Kann eine in Polen<br />

ausgebildete Krankenschwester ihren Beruf<br />

ohne weiteres in Deutschland ausüben?<br />

Wer beurteilt, ob im Ausland erworbene<br />

Erfahrungen als Metzger, Bäcker<br />

oder Schreiner als Qualifikation auch <strong>für</strong><br />

deutsche Handwerksbetriebe ausreichen?<br />

Antworten auf diese und viele weitere Fragen<br />

bietet die CD-ROM „Lernen und Arbeiten<br />

in Rheinland-Pfalz – Wegweiser <strong>für</strong><br />

Zuwanderer“. Hergeber ist „InPact“, ein<br />

Kooperationsprojekt, das vom rheinlandpfälzischen<br />

Sozialministerium und der<br />

Landesbeauftragten <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />

finanziert und unterstützt wird.<br />

Bei der CD-ROM steht der praktische<br />

Nutzen <strong>für</strong> die Personen im Vordergrund,<br />

die Migranten auf ihrem Weg in das deutsche<br />

Bildungssystem und bei der Integra-<br />

tion in den Arbeitsmarkt beraten und begleiten,<br />

wie die Fachdienste <strong>für</strong> Migration,<br />

<strong>Integration</strong>sberaterinnen und -berater,<br />

Bildungsverantwortliche, Migranten-Vereine<br />

und Ausländerbeiräte.<br />

Von der Schule über die Anerkennung<br />

von Berufsqualifikationen und Möglichkeiten<br />

einer Finanzierung von Aus- und<br />

Weiterbildung bis zur Gründung eines eigenen<br />

Betriebs finden sich in den neun<br />

Kapiteln übersichtlich aufbereitete Informationen<br />

zu Verfahren, Zuständigkeiten<br />

mit Adressen und Hinweise auf weiterführende<br />

Infor-Quellen. Der Wegweiser<br />

kann kostenlos bei InPact bestellt werden<br />

– telefonisch (06131/28767-15), per eMail<br />

(info@inpact-rlp.de) oder über das<br />

Bestellformular auf der InPact-Homepage<br />

(www.inpact-rlp.de/publikationen/online-bestellen.htm).<br />

39


40<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ... dies & das ...<br />

Ferien <strong>für</strong> alle!<br />

Junge Migranten <strong>für</strong> Reisen gewinnen<br />

Runde eine Million <strong>Kinder</strong> in Deutschland<br />

kommen aus <strong>Familie</strong>n mit<br />

Migrationshintergrund. Die meisten sind<br />

in Deutschland geboren. An <strong>Kinder</strong>- und<br />

Jugendreisen nimmt diese Gruppe jedoch<br />

kaum teil. Welche Zugangsbarrieren bestehen<br />

und wie können sie ausgeräumt<br />

werden?<br />

Als Ergebnis eines Trainingsseminars mit<br />

dem Internationalen Jugendaustauschund<br />

Besucherdienst der Bundesrepublik<br />

(IJAB) und dem Servicebüro <strong>für</strong> <strong>Kinder</strong>und<br />

Jugendreisen transfer e.V. hat die<br />

Naturfreundejugend Deutschlands methodische<br />

und praktische Hinweise <strong>für</strong> die<br />

Gewinnung dieser bisher unterrepräsentierten<br />

Zielgruppe zusammengestellt.<br />

Die 80-seitige Broschüre „Ferien <strong>für</strong><br />

alle?“ basiert auf einer Befragung von<br />

Migrantenvertretern sowie <strong>Kinder</strong>- und<br />

Jugendreiseveranstaltern zur Teilnahme<br />

von jungen Migranten an ihren Reisen.<br />

Das Herzstück der Broschüre sind Tipps<br />

zur interkulturellen Öffnung von <strong>Kinder</strong>und<br />

Jugendreisen. Immer wieder eingestreute<br />

Praxishilfen erleichtern die Umsetzung<br />

der methodischen Hinweise.<br />

Die Broschüre ist <strong>für</strong> 2, 50 Euro zuzüglich<br />

Versandkosten bei der<br />

Naturfreundejugend Deutschlands, Haus<br />

Humboldtstein, 53424 Remagen,<br />

erhältlich.Telefon: (<strong>02</strong>228) 9415-0, Telefax<br />

(<strong>02</strong>228) 9415-22, E-Mail: info@<br />

naturfreundejugend.de<br />

Die Zeit ist ‘rum<br />

Gisela Robl verließ Büro der Ausländerbeauftragten<br />

„<strong>2005</strong> ist Schluss“, sagte Gisela Robl vor<br />

rund drei Jahren dem „<strong>Treffpunkt</strong>“, als<br />

anlässlich des 15jährigen Bestehens der<br />

Ausländerbeauftragten ihre Crew vorgestellt<br />

wurde. Im anschließenden Gespräch<br />

fügte dann die Vorzimmerdame allerdings<br />

noch hinzu: „Na ja, ist noch eine lange<br />

Zeit.“ Diese Zeit ist nun ‘rum: Am 23.<br />

Juli verabschiedete sich Gisela Robl in den<br />

vorgezogenen Ruhestand.<br />

Seit Dezember 1990 gehörte die geprüfte<br />

Sekretärin zum Team der rheinland-pfälzischen<br />

Ausländerbeauftragten, ihr Wirkungsbereich<br />

war ununterbrochen das<br />

Vorzimmer. Zunächst in Vollzeit, nach<br />

fünf Jahren im Job-Sharing mit ihrer Kollegin,<br />

Birgit Vogel, kümmerte sie sich um<br />

alle Aufgaben in der „Schaltzentrale“.<br />

So Manches zu verdanken haben Gisela<br />

Robl die Publikationen der Ausländerbeauftragten.<br />

Kaum eine Broschüre, kaum<br />

ein Bericht, kaum ein „Flyer“ – und schon<br />

gar nicht der „<strong>Treffpunkt</strong>“ – nahmen ih-<br />

Ruhestand nach Job-Sharing: Gisela Robl<br />

ren Weg in die Druckerei, ohne sich dem<br />

strengen Blick von Robl zu unterziehen.<br />

Gnadenlos spürte sie Tipp- und Rechtschreibfehler,<br />

Dreher, fehlende oder zu viele<br />

Blanks auf. Ohne das „Imprimatur“<br />

von Gisela Robl hatten die Veröffentlichungen<br />

keine Chance.<br />

Die Ausländerbeauftragte, ihr Team<br />

und der „<strong>Treffpunkt</strong>“ danken Gisela Robl<br />

<strong>für</strong> ihre 15-jährige Arbeit und wünschen<br />

ihr <strong>für</strong> die Zukunft alles Gute.<br />

STEFAN ZAKRZEWSKI<br />

Impressum<br />

Herausgeberin:<br />

Landesbeauftragte <strong>für</strong> Ausländerfragen<br />

bei der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz,<br />

Postfach 3880<br />

55<strong>02</strong>8 Mainz<br />

Tel.: 06131/16-2467, -2468<br />

Fax: 06131/16-4090<br />

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Redaktion:<br />

Maria Weber<br />

Dr. Stefan Zakrzewski<br />

Guido Steinacker<br />

Ständiger Mitarbeiter:<br />

Jens Bednarek<br />

Redaktionsanschrift:<br />

Postfach 3880, 55<strong>02</strong>8 Mainz,<br />

Tel.: 06131/16-2474<br />

Umschlagentwurf:<br />

Silke Groß, Mainz<br />

Herstellung:<br />

Druckerei Schwalm, Mainz<br />

<strong>Treffpunkt</strong> erscheint drei Mal im<br />

Jahr und wird kostenlos abgegeben.<br />

Nachdruck unter Quellenangabe<br />

erlaubt, bei namentlich gekennzeichneten<br />

Beiträgen nur mit Einwilligung der<br />

jeweiligen Autoren. Namentlich<br />

gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

unbedingt die Meinung der Redaktion<br />

und der Herausgeberin wieder. Für<br />

unaufgefordert zugesandte Beiträge<br />

und Fotos entsteht kein Anspruch<br />

auf Veröffentlichung.<br />

Redaktionsschluss <strong>für</strong> <strong>Treffpunkt</strong><br />

3/<strong>2005</strong> ist der 15. November <strong>2005</strong>.<br />

Gedruckt auf umweltfreundlichem<br />

Papier.

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