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Treffpunkt 02/2005 - Ministerium für Integration, Familie, Kinder ...

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PICTURE-ALLIANCE<br />

Zutaten des Ausländerhasses: Einschlägige Zeitungen und Utensilien der Rechtsextremen<br />

Die (R)auswege nutzen<br />

Geheime Symbole und simple Lösungen: Wie sich<br />

Rechtsextreme tarnen - und wie der Ausstieg gelingt<br />

Rechtsextremistische Jugendliche -das sind<br />

doch die mit den kurz geschorenen Haaren,<br />

den Springerstiefeln und Bomberjacken!<br />

In der aktuellen Wirklichkeit trifft<br />

dieses Klischees immer weniger zu.<br />

Eine genauere Betrachtung der Jugendszenen<br />

zeigt, dass rechte Orientierung und<br />

rechter Extremismus mittlerweile sehr differenziert<br />

in den unterschiedlichsten<br />

Jugendkulturen „andocken“ und dort jeweils<br />

Nischen finden konnten. Dies ist ein<br />

„Erfolg“ der bewussten Strategie der Rechten,<br />

zuerst jugendliche Kulturlandschaften<br />

zu besetzen, um anschließend politische<br />

Botschaften nachzuschieben. Die anfänglich<br />

eher unpolitischen Motivationen<br />

von oftmals 12- bis 13-jährigen Jugendlichen<br />

können sich dann in ihre politische<br />

Richtung entwickeln. Besonders empfänglich<br />

<strong>für</strong> Botschaften dieser Art sind vor allem<br />

männliche Jugendliche, der Anteil der<br />

Mädchen und Frauen in der rechten Szene<br />

liegt bei 10 bis 15 Prozent. Ein wichtiger<br />

Faktor ist dabei auch die familiäre Situation<br />

der Jugendlichen.„Erlebte Wertschätzung“<br />

und ein „demokratischer Erziehungsstil“<br />

sind unter anderem wirksa-<br />

me Schutzfaktoren gegen rechte Manipulation.<br />

Auch die politische Einstellung der<br />

Eltern kann eine wichtige Rolle spielen.<br />

Die klassischen Strukturen der rechten<br />

Szene haben sich allerdings in den vergangenen<br />

Jahren, auch aufgrund staatlicher<br />

Repression (Verbot der Wiking-Jugend, geplantes<br />

Verbot der NPD etc.) stark gewandelt.<br />

Vielfach haben sich die Akteure in<br />

informellen Cliquen und „unabhängigen<br />

Kameradschaften“ organisiert.<br />

Dass Musik eines der wirksamsten<br />

Medien ist, um Jugendliche zu erreichen,<br />

hat die rechte Szene zunehmend erkannt.<br />

Seit den 90er Jahren ist in Deutschland eine<br />

breit gefächerte rechte Musikszene entstanden.<br />

Eine Vielzahl Bands, rund 100 aktive<br />

wurden voriges Jahr gezählt, Plattenlabels,<br />

Versandläden und Szeneläden versorgen<br />

den gewinnträchtigen Markt. Angefangen<br />

von Liedermachern über Rock, Black Metal,<br />

Techno, Neofolk usw. erstreckt sich das<br />

Angebot. Musik-CDs von Gruppen wie<br />

Landser, Skrewdriver, Noie Werte, Spirit of<br />

88, von Liedermachern wie Frank Rennicke<br />

oder Annett Moeck und DJ Adolf werden<br />

getauscht oder kopiert und sind mittler-<br />

<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />

weile erstaunlich weit unter Jugendlichen<br />

und an Schulen verbreitet.<br />

Im vergangenen Jahr hat die rechte<br />

Szene eine groß angelegte Aktion gestartet,<br />

bei der eine kostenlose CD unter dem<br />

Namen „Schulhofprojekt“ bundesweit an<br />

Schulen verteilt werden sollte. Hinter dieser<br />

„Aktion Schulhof“ stand ein Netzwerk<br />

von insgesamt 56 neonazistischen Kameradschaften.<br />

Ein Beschlagnahmebeschluss<br />

nutzte nicht viel, nur ein Teil der CDs konnte<br />

einkassiert werden. Zudem wurde die<br />

CD mit einem eigenen Servicenetz ins Internet<br />

gestellt. Mit einer ähnlichen, wenn<br />

auch entschärften Version, startete die NPD<br />

in den jüngsten Wahlkampf in Sachsen.<br />

Auch auf dem Sektor Bekleidung unternimmt<br />

die rechte Szene große Anstrengungen,<br />

sich an den Bedürfnissen der Jugendlichen<br />

zu orientieren. Dabei bedient<br />

man sich zum einen etablierter neutraler<br />

Kleidungsmarken, die mit einer rechten<br />

Bedeutung belegt werden. Bekannt bei allen<br />

Jugendlichen ist die Marke „Lonsdale“.<br />

Ursprünglich als Vertrieb von Boxsportartikeln<br />

gegründet, wurde die Marke in den<br />

90er Jahren von den Rechten entdeckt. Jugendliche<br />

die diese Marke tragen, kennen<br />

auch deren Bedeutung.<br />

Zum anderen werden aber auch von<br />

Rechten <strong>für</strong> Rechte eigene Labels kreiert.<br />

(z.B. CONSDAPLE, Thor Steinar, Dobermann<br />

Deutschland). Der Vertrieb dieser<br />

Labels erfolgt zum großen Teil über das<br />

Internet. In einigen Schulen, die sich mit<br />

dieser Thematik aktiv auseinandergesetzt<br />

haben, ist das Tragen dieser Marken im<br />

Rahmen der Hausordnungen untersagt.<br />

Dass das Internet vor allem auch das<br />

Medium der Jugend ist, hat die rechte Szene<br />

schnell begriffen. Zusätzlich ist es das<br />

am schnellsten expandierende Kommunikationsmedium.<br />

Es bietet die Möglichkeit,<br />

zu günstigen Preisen Inhalte jeder Art<br />

weltweit zu verbreiten. Da es unerheblich<br />

ist, in welchem Land die Daten tatsächlich<br />

gespeichert werden, können damit auch die<br />

gesetzlichen Bestimmungen eines Landes<br />

technisch umgangen werden. Aktuell finden<br />

sich rund 1000 deutschsprachige Seiten<br />

mit rechtsextremistischen propagandistischen<br />

Inhalten im Internet (1996: 32).<br />

Viele dieser Seiten sind professionell<br />

gemacht und sprechen insbesondere durch<br />

ihre Aufmachung Jugendliche an. Das birgt<br />

die Gefahr, dass die Seiten unbemerkt von<br />

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