Treffpunkt 02/2005 - Ministerium für Integration, Familie, Kinder ...
Treffpunkt 02/2005 - Ministerium für Integration, Familie, Kinder ...
Treffpunkt 02/2005 - Ministerium für Integration, Familie, Kinder ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Historischer Stadtkern und seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe: Blick auf die Altstadt der estnischen Hauptstadt Tallinn<br />
Die drei Neuen im Nordosten<br />
<strong>Treffpunkt</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
Der EU-Beitritt am 1. Mai 2004 und die Aufnahme in die NATO bedeutete <strong>für</strong> Estland,<br />
Lettland und Litauen das Erreichen eines Ziels, auf das die Balten ihre Außenpolitik seit<br />
der Wiedererlangung der Unabhängigkeit konzentriert hatten. Von Dr. Carmen Schmidt<br />
Für die baltischen Staaten war die EU nicht<br />
alleine als Wirtschaftsgemeinschaft attraktiv.<br />
Die Mitgliedschaft bedeutet <strong>für</strong> sie vielmehr<br />
die Rückkehr nach Europa und die<br />
Beseitigung der Folgen des Zweiten Weltkriegs,<br />
in dessen Verlauf sie von der Sowjetunion<br />
annektiert wurden. Zu Europa<br />
und zum Westen haben sie sich aber stets<br />
zugehörig gefühlt. Darüber hinaus wurde<br />
und wird die feste Einbindung in EU und<br />
NATO als effektivster Schutz gegenüber<br />
etwaigen wiederauflebenden Hegemonialbestregungen<br />
des gemeinsamen Nachbarn<br />
Russland angesehen.<br />
Einem Teil der Bewohner, vor allem<br />
in Estland und Lettland, ist dieser Zug<br />
zwar etwas zu schnell gefahren. Gerade<br />
erst der Sowjetunion den Rücken gekehrt,<br />
hätten sie es vorgezogen, wenigstens noch<br />
eine Weile oder gar auf Dauer außen vor<br />
zu bleiben und nicht wieder Teil einer „Union“<br />
zu werden. Unter Berücksichtigung<br />
der Ergebnisse der EU-Referenden war der<br />
Kreis der EU-Gegner in den Baltischen<br />
Staaten allerdings relativ klein. Denn etwa<br />
zwei Drittel der Wähler in Estland und<br />
Lettland, mehr als 90 Prozent sogar in Litauen,<br />
haben bei einer Wahlbeteiligung<br />
von knapp (Estland und Litauen) bzw.<br />
gut zwei Dritteln (Lettland) der Wahlberechtigten<br />
<strong>für</strong> den EU-Beitritt gestimmt.<br />
In den knapp dreizehn Jahren vom<br />
Ausscheiden aus der ehemaligen Sowjetunion<br />
bis zum Beitritt haben die drei bal-<br />
tischen Staaten die hierzu zu bewältigenden<br />
Aufgaben mit Bravour gemeistert und<br />
das totalitär-autoritäre System und die zentrale<br />
Planwirtschaft der ehemaligen Sowjetunion<br />
in funktionsfähige demokratische<br />
Rechtsstaaten und wettbewerbsfähige<br />
Marktwirtschaften verwandelt. Zur Bewältigung<br />
der politischen und wirtschaftlichen<br />
Transformation kam bei zwei der baltischen<br />
Staaten aber noch eine weitere, nicht<br />
minder schwierige Aufgabe hinzu.<br />
Denn ohne eine <strong>Integration</strong> der im<br />
Lande ansässigen slawischen Minderheiten,<br />
vor allem der großen russischen Minderheit,<br />
ist eine dauerhafte Sicherung des<br />
inneren Friedens und eine stabile Entwicklung<br />
dieser Staaten kaum möglich. Die<br />
19<br />
PICTURE-ALLIANCE