Kosten-Nutzen-Bewertung - Leo Schütze Gmbh
Kosten-Nutzen-Bewertung - Leo Schütze Gmbh
Kosten-Nutzen-Bewertung - Leo Schütze Gmbh
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 3/08 – November 2008 – Seite 22<br />
Fazit: Der Patienten-seitige <strong>Nutzen</strong> kann nur vom Patienten<br />
verlässlich bewertet werden. Statt „Arzt“ könnte<br />
hier auch „Krankenkasse“ oder „IQWiG“ stehen –<br />
diese „Nichtpatienten“ haben gewisse Defizite im Verständnis<br />
des Patientennutzens, was auch unmittelbar<br />
einleuchtend ist und sich auch am Beispiel des<br />
Schmerzes erläutern lässt:<br />
Nur ein Patient kann auf einer Schmerzskala von 0 bis<br />
10 seine Schmerzen eintragen. Es wäre töricht, dem<br />
Patienten an seinem Gesicht ablesen zu wollen, wie<br />
seine Schmerzen sind, nur weil er verschiedene Grimassen<br />
zieht. Auch hier gilt: Es gibt eine Objektivität<br />
nur dann, wenn der Patienten mit in die Entscheidung<br />
einbezogen wird.<br />
Und das gilt ebenso für Therapieverläufe oder auch<br />
für Schweregrade einer Erkrankung. Es gibt solche<br />
und solche Patienten – mit leichten Formen der Erkrankung,<br />
die trotzdem hohe Einbußen der Lebensqualität<br />
haben und umgekehrt.<br />
Ein weiteres Fazit: Patienten-seitige Belastung und<br />
potenzielle Therapienutzen sind oftmals nicht durch<br />
einen „objektiven Befund“ vorhersagbar, zumindest<br />
nicht bei den meisten chronischen Erkrankungen. Das<br />
heißt, wenn etwa der Patienten auf dem OP-Tisch<br />
beschrieben werden soll, in seinem <strong>Nutzen</strong>, in seinem<br />
Dasein, dann wird es nicht reichen, ihn „von außen“<br />
darzustellen. Die Perspektive kann nur der Patient<br />
selbst schildern. Es sei denn, wir legen uns selbst<br />
dahin, dann sind wir aber fast schon Patient.<br />
Die US-amerikanische Food and Drug Administration<br />
(FDA) hat vor einigen Jahren aufgrund dieser Einsichten<br />
das Konzept der „Patient Reported Outcomes“<br />
aufgegriffen, die definiert sind als die Erfassung all der<br />
Aspekte des Patienten- und Gesundheitsstatus, die<br />
vom Patienten selbst geäußert werden.<br />
Diese „Patient Reported Outcomes“ beinhalten eine<br />
Vielzahl von Parametern: Hierzu zählen allgemeinere<br />
Konstrukte wie Zufriedenheit oder Lebensqualität,<br />
aber auch einzelne Symptome wie Schmerzen, Juckreiz,<br />
Depression. Wer will auch sonst herausfinden,<br />
wie sich Depression darstellt? Ebenso zählen zu den<br />
PRO subjektive <strong>Nutzen</strong> oder auch erlebte Nebenwirkungen.<br />
Die Lebensqualität ist nur eines von mehreren Konstrukten<br />
der „Patient Reported Outcomes“. Die FDA<br />
hat die medizinischen Fachgruppen ermutigt, diese<br />
„Patient Reported Outcomes“ als Endpunkte in klinische<br />
Studien mit aufzunehmen, damit bei der Zulassung<br />
am Ende neue Produkt entsprechend bewertet<br />
werden können. Es gibt dazu eine Guidance, also<br />
Empfehlungen, auch für die Industrie. In dieser Guidance<br />
werden wichtige Parameter der Methodik, Reliabilität<br />
und Validität ausführlich dargestellt und gefordert.<br />
Ohne weitere vertiefende Darstellung soll trotzdem<br />
erwähnt sein, dass diese „Patient Reported Outcomes“<br />
durchaus auf harten, messbaren sowie wissenschaftlich<br />
haltbaren Kriterien beruhen.<br />
<strong>Nutzen</strong>bewertung in Europa und Deutschland<br />
Wo stehen nun „Patient Reported Outcomes“ im europäischen<br />
Kontext? In Europa haben wir in fast allen<br />
Ländern das Gebot der <strong>Nutzen</strong>bewertung in der Arzneimittelversorgung.<br />
In den meisten Ländern beruht<br />
die <strong>Nutzen</strong>bewertung sowohl auf klinisch-therapeutischem<br />
als auch auf Patienten-seitigem <strong>Nutzen</strong>. Diese<br />
patientenseitigen <strong>Nutzen</strong> werden meistens in Form<br />
von Lebensqualität erfasst. Hier haben wir also eine<br />
starke Betonung der Lebensqualität des Outcome-<br />
Parameters (vgl. Abb. 3).<br />
Merkmale der <strong>Nutzen</strong>bewertung von AM international<br />
<strong>Nutzen</strong>bewertung im internationalen Vergleich<br />
1. <strong>Nutzen</strong>bewertung dient in den meisten Ländern der Regulation<br />
des Zugangs zu Arzneimitteln und/oder der <strong>Kosten</strong>erstattung.<br />
2.<br />
Die Kriterien der <strong>Nutzen</strong>bewertung sind länderspezifisch<br />
formuliert, eine supranationale Lenkung gibt es nicht.<br />
3. <strong>Nutzen</strong>bewertung beruht in den meisten Ländern sowohl auf<br />
klinisch-therapeutischen wie auf den patientenseitigen <strong>Nutzen</strong>.<br />
4. Der patientenseitige <strong>Nutzen</strong> wird meist über die Auswirkungen<br />
der Therapien auf die Lebensqualität erfasst.<br />
5. In den meisten Ländern werden als Quellen der <strong>Nutzen</strong>daten<br />
nicht nur klinische Studien mit randomisiertem Design (RCTs),<br />
sondern auch Studien aus der alltäglichen Praxis („real-world<br />
studies“) gefordert.<br />
6. Pharmakoökonomische Analysen: Präferentiell auf der Basis von<br />
„real-world-Daten“, Modellierungen erlaubt<br />
Zentner & Busse: Kriterien der <strong>Nutzen</strong>bewertung von Arzneimitteln im internationalen Vergleich.<br />
HTA-Bericht, DIMDI 2005<br />
Abbildung 3<br />
Entsprechend gibt es auch von der European Medicines<br />
Agency (EMEA), vorerst als Entwurf, ein „Reflection<br />
Paper“ über gesundheitsbezogene Lebensqualität.<br />
Ebenfalls zu finden ist diese in Deutschland, nämlich<br />
im IQWiG-Methodenpapier, in dem als Kriterium<br />
der <strong>Nutzen</strong>bewertung die gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />
genannt wird – ebenso im Gesetz und<br />
auch beim G-BA.<br />
Fortsetzung auf Seite 27