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Klenkes 5-2011

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film ><br />

Dokumentiertes<br />

Dilemma<br />

Die Proteste gegen Kinderschänder Karl D. in der Doku „Auf Teufel komm raus“.<br />

Bundesweit sorgten die Ereignisse um den Kinderschänder<br />

Karl D. zwei Jahre lang für Schlagzeilen. Der Mann war<br />

1984 wegen der Vergewaltigung eines Mädchens zu fünfeinhalb<br />

Jahren Haft verurteilt worden. 1994 vergewaltigte<br />

und folterte er dann zwei jugendliche Anhalterinnen. Als<br />

er 2009 nach 14 Jahren Haft entlassen wird, obwohl Gutachter<br />

ihn immer noch als gefährlich einschätzen, nimmt<br />

sein Bruder Helmut ihn in seinem Haus in Randerath im<br />

Kreis Heinsberg auf, wo er rund um die Uhr polizeilich<br />

überwacht wird. Das wird durch Politik und Medien öffentlich<br />

und schnell gibt es regelmäßige Proteste, die in einem<br />

Kleinkrieg zwischen der Familie des Bruders, den Behörden<br />

und den Demonstranten gipfeln.<br />

In „Auf Teufel komm raus“ kommen<br />

die Demonstranten ebenso zu Wort<br />

wie Helmut und Karl D.<br />

Die beiden Dokumentarfilmerinnen Mareille Klein<br />

(*1979 in Köln) und Julie Kreuzer (*1981 in München), die<br />

an der Hochschule für Fernsehen und Film München studieren,<br />

haben die Situation in Randerath mit ihrer Kamera festgehalten.<br />

In „Auf Teufel komm raus“ kommen die Demons-<br />

tranten ebenso zu Wort wie Helmut und Karl D. Dabei überlassen<br />

die Regisseurinnen das Urteil über das, was ihre Protagonisten<br />

sagen und tun, dem Zuschauer. Kopfschütteln<br />

über vulgäre Drohanrufe von Demonstranten gegen Mitstreiter,<br />

die mit der Filmcrew zusammenarbeiten, macht<br />

sich dabei ebenso breit wie Mitleid oder Unverständnis<br />

mit Helmut D., der dem Dilemma nicht gewachsen ist, sowie<br />

Wut und Entsetzen über die problematische Gesetzeslage<br />

und einen Sexualverbrecher, der seine schlimmste Tat<br />

bis heute als Blackout abtut. Karl D. hat Randerath übrigens<br />

im März verlassen. Nachdem verschiedene Versuche,<br />

eine neue Bleibe zu finden, scheiterten, hat er sich in die<br />

Sozialtherapeutische Anstalt der JVA Gelsenkirchen begeben,<br />

um doch noch eine Therapie anzutreten. Freiwillig –<br />

mehr oder weniger. /// Peter Hoch<br />

„Auf Teufel komm raus“<br />

D <strong>2011</strong> // R: Mareille Klein, Julie Kreuzer<br />

Start: 12.5.<br />

12.5.<br />

„Kino im Dialog“ (mit beiden Regisseurinnen)<br />

19.45 Uhr, Apollo<br />

nachgefragt<br />

Mareille Klein und Julie Kreuzer<br />

über ihren Film<br />

Was war der Anlass für Sie, nicht nur<br />

die Seite der Demonstranten, sondern<br />

auch die von Helmut und Karl D. zeigen<br />

zu wollen?<br />

JK: Vor allem am Anfang hat uns sogar die<br />

Situation von Helmut D. am meisten interessiert<br />

– er hat seinen Bruder aus Nächstenliebe,<br />

oder einfach, weil er sein Bruder<br />

ist, aufgenommen, dadurch aber sein<br />

ganzes Leben und das seiner Familie auf<br />

den Kopf gestellt. Sie waren ständiger<br />

Belagerung ausgesetzt. Insgesamt war es<br />

uns aber wichtig, das Dilemma auf beiden<br />

Seiten zu zeigen.<br />

Wie ist es Ihnen gelungen, Kontakt zu<br />

beiden Seiten aufzunehmen und wie<br />

hat dieser sich im Laufe des Drehs entwickelt?<br />

MK: Zuerst hatten wir Kontakt zu den<br />

Demonstranten, die ja jeden Abend um<br />

18 Uhr vor dem Haus standen. Später ist<br />

es uns auch gelungen, mit Familie D. zu<br />

sprechen und im Haus zu drehen. Für die<br />

Protagonisten war es immer wieder eine<br />

Überwindung, uns zu vertrauen. Die<br />

Hauptarbeit war, beiden Seiten klar zu machen,<br />

dass wir, nur weil wir auch mit der<br />

jeweiligen Gegenseite drehen, nicht auch<br />

auf irgendeiner Seite stehen.<br />

JK: Die Demonstranten, die dann im Film<br />

zu sehen sind, konnten wir davon überzeugen.<br />

Die anderen haben sich zurückgezogen<br />

und wollten nicht mehr beteiligt sein.<br />

Sie lassen auch Karl D. selbst zu Wort<br />

kommen – wie begegnen Sie Stimmen,<br />

die fordern, jemand wie er habe kein<br />

Wortrecht verdient?<br />

MK: In der Verweigerung, auch ihm zuzuhören,<br />

steckt eine große Angst, sich mit<br />

dem Thema auseinanderzusetzen, und<br />

auch eine gewisse Intoleranz.<br />

JK: Wenn man den Konflikt begreifen<br />

möchte, muss man alle zu Wort kommen<br />

lassen. Wir wollten ja auch Beobachter,<br />

keine Richter sein. Und selbst ein Richter<br />

lässt den Angeklagten zu Wort kommen. ///<br />

16 <strong>Klenkes</strong> Mai <strong>2011</strong> Wertung: top lohnt ganz gut lohnt nicht geht gar nicht

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