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20 <strong>Klenkes</strong> Mai <strong>2011</strong><br />
Ludger Engels arbeitet bei der Inszenierung von „Arabella“ mit assoziativen Bildern und Emotionen<br />
Mit Humor und Tiefgang<br />
„Arabella“ war seinerzeit die letzte Zusammenarbeit zwischen Richard Strauss und dem genialen Librettisten Hugo von<br />
Hofmannsthal. Damit steht die Oper in einer Reihe mit Erfolgen wie „Elektra“ und „Der Rosenkavalier“. Chefregisseur<br />
Ludger Engels über Lokalkolorit, Opernmusik und die Arbeitsteilung zwischen Orchester und Schauspielern.<br />
„Arabella“ hat viele komödiantische<br />
Elemente. Ist sie in dieser Hinsicht beispielsweise<br />
mit der „Fledermaus“ von<br />
Johann Strauss zu vergleichen?<br />
Zunächst einmal: „Arabella“ ist im Gegensatz<br />
zur „Fledermaus“ keine Operette,<br />
sondern Oper – auch wenn sie teilweise<br />
operettenhafte Züge trägt. Es gibt in dem<br />
Stück einiges an Lokalkolorit, beispielsweise<br />
der Fiakerball im zweiten Akt. Dort<br />
erlebt der Zuschauer eine Gesellschaft,<br />
die gerne feiert und den Champagner fließen<br />
lässt. Dazu gibt es eine ganze Menge<br />
Walzer- und Ballmusik. Doch „Arabella“<br />
hat auch eine andere Seite: die heroische<br />
Oper mit großem Orchester und tiefen Gefühlen,<br />
fast wie bei Wagner. Dann gibt es<br />
wieder Momente, wo „Arabella“ wie ein<br />
psychologisches Kammerspiel oder ein<br />
Konversationsstück funktioniert. In der<br />
Fernsehsprache würde man sagen, dass<br />
Strauss von der Soap bis zum Psychodrama<br />
alles auffährt. Die verarmte Familie,<br />
die ihre Armut nicht offenbaren will und<br />
nach einem reichen Ehemann für die älteste<br />
Tochter sucht. Da keine Mitgift für<br />
zwei Mädchen vorhanden ist, muss die<br />
andere Tochter als Junge durchgehen.<br />
Natürlich spielt auch die große und wahre<br />
Liebe eine Rolle. All das macht die Oper<br />
total spannend.<br />
Was ist für Sie der Unterschied zwischen<br />
einer Schauspiel- und einer Operninszenierung?<br />
Musik hat eine ganz andere Ebene, ist ein<br />
ganz anderes Medium. Man kann mehr mit<br />
assoziativen Bildern und Emotionen spielen.<br />
Bei Musik gibt es von Anfang an eine<br />
vorgegeben Klangfarbe, einen Rhythmus.<br />
Das muss man sich beim Schauspiel erst<br />
erarbeiten. Die Musik von Strauss steht in<br />
der Zeit, man muss sie auch so begreifen.<br />
Warum hat er dort diese Instrumentierung<br />
gewählt und hier diese Tonart? Alles hat eine<br />
Bedeutung. Für mich kann Sprache auch<br />
auf eine gewisse Art Musik sein. Nur hab<br />
ich als Regisseur hier viel mehr Freiheit, damit<br />
umzugehen. Wobei ich eine Partitur<br />
nicht als Einengung empfinde, sondern nur<br />
als eine Richtung.<br />
Wie lange dauert es, bis eine Oper aufgeführt<br />
werden kann?<br />
Die Vorbereitungen dauern so ein halbes bis<br />
ein Dreivierteljahr. Da werden das Bühnenbild<br />
hergestellt und die Kostüme entwickelt.<br />
Zwischen Orchester und Schauspieler-<br />
Team herrscht Arbeitsteilung, für den musikalischen<br />
Part ist Markus Bosch zuständig.<br />
Ich führe die beiden Parts zusammen. Für<br />
die Probephase haben wir sieben Wochen<br />
Zeit, genug für sechs BO’s, also Bühnen-Or-<br />
chesterproben, einer Orchester-Endprobe<br />
und einer Generalprobe. Dazwischen wird<br />
natürlich noch mit dem Schauspielensemble<br />
alleine geprobt. Die Vorbereitungen<br />
dauern etwa ein halbes bis Dreivierteljahr.<br />
Gemeinsam mit dem Bühnen- und Kostümbildner<br />
wird ein künstlerisches Konzept<br />
entwickelt, das Bühnenbild gebaut und die<br />
Kostüme kreiert. Ca. sieben Wochen vor der<br />
Premiere beginnen die szenischen Proben,<br />
zunächst nur mit Klavierbegleitung. Erst<br />
zum Schluss kommt das Orchester hinzu.<br />
Die musikalische Einstudierung ist Sache<br />
des musikalischen Leiters, in diesem Falle<br />
von Marcus R. Bosch. Das Orchester und<br />
die Sänger treffen das erste Mal bei den sogenannten<br />
Bühnenorchesterproben aufeinander.<br />
Bei „Arabella“ haben wir sechs dieser<br />
Proben. Sie dienen vor allem der musikalischen<br />
und szenischen Koordination<br />
zwischen Bühne und Orchestergraben.<br />
Dann gibt es noch eine Orchesterhauptprobe,<br />
wo Kostüme, Licht und Bühne im Einsatz<br />
sind, und dann folgt auch schon die<br />
Generalprobe. ///<br />
Premiere am 1. Mai<br />
„Arabella“<br />
18 Uhr Bühne, Theater Aachen<br />
im Kapuziner Karree<br />
Entfesselter<br />
Catwalk<br />
Ludger Engels hat bereits 2010 ein Projekt<br />
der Kunstfestspiele Herrenhausen<br />
begleitet. In die Klanginstallation „Chorus“<br />
waren 400 Sänger eingebunden, die<br />
Engels auf den Herrenhäuser Garten verteilte.<br />
In diesem Jahr folgt mit „Semele<br />
Walk“ ein Musiktheater mit Couture von<br />
Vivienne Westwood. Unter dem Festspiel-<br />
Motto „Entfesselte Welten“ beginnt erst<br />
eine normale Modenschau (mit eigens für<br />
die Spiele designter Westwood-Mode),<br />
die jedoch jäh zum Stillstand kommt, weil<br />
sich die Models an das Publikum wenden.<br />
In den automatisierten Ablauf brechen<br />
plötzlich Gefühle ein, die anonymen<br />
Models bekommen eine Geschichte. „Der<br />
Kontakt zu Vivienne kam über Moritz Junge,<br />
der als Kostümbildner schon einige<br />
Mal für das Theater Aachen gearbeitet<br />
hat“, erklärt Engels. Das Solistenensemble<br />
Kaleidoskop wird den Soundtrack zu<br />
diesem Catwalk geben. Beginnend auf<br />
historischen Instrumenten wird auch die<br />
Musik entfesselt, indem sie nach und<br />
nach durch Pickups über Verstärker übertragen<br />
wird. ///