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Analytische Malerei<br />
Markus Baldeggers neueste Bilder<br />
Der Schweizer Markus Baldegger verfolgt als Maler<br />
einen analytischen Ansatz. Das hat er gemeinsam<br />
mit seiner ursprünglichen Ausbildung und Tätigkeit<br />
als Germanist. Er hat spät zur Malerei gefunden, die<br />
er in Köln studierte, aber bald einen sehr eigenen<br />
Weg verfolgt, der Bilder als Wahrnehmungsexperimente<br />
behandelt.<br />
Obwohl seine Bilder rein abstrakt wirken, befassen<br />
sie sich mit Naturvorbildern, aber im Sinne einer<br />
Aneignung der grundsätzlichen Erscheinungsbilder<br />
von Natur. Licht und Farbe sind darin die Träger<br />
der Sichtbarkeit und Erfahrbarkeit von Welt.<br />
Das hat notwendigerweise zu einem abstrakten Stil<br />
geführt, in dem er Formen, Module und farbliche<br />
Möglichkeiten gesucht hat, durch die er mit Malerei<br />
sich und den Betrachter zu einem präziserem Sehen<br />
verleiten kann: Einem Sehen als Wahrnehmungserzeugnis<br />
und nicht als blosses Wiedererkennen.<br />
Wir sind ständig von lichtabhängiger Farbe umgeben,<br />
die sich durch Reflektion überlagert, die wir<br />
an konkreten Orten erfassen und als Oberflächen<br />
oder Zwischenräume wahrnehmen. Dass die Erkenntnisse<br />
und Ergebnisse auch des Malens von Orten<br />
und ihren Lichtverhältnissen abhängen, zeigen<br />
als Teil der Ausstellung in Kornelimünster Peter<br />
Hinschlägers Dokumentationsfotos der verschieden<br />
belichteten Ateliers, die Baldegger seit 1987 in Köln,<br />
Verviers, Dolhain und Lontzen genutzt hat.<br />
Mal kam das Licht neutral von oben, mal intensiv<br />
oder wechselhaft mit vielen Schatten- und Fleckenbildungen<br />
von der Seite oder zuletzt als deutlich unterscheidbarer<br />
Tagesverlauf aus dem beidseitig belichteten<br />
Atelier in Lontzen, das zudem durch ein<br />
Lichtband den Fokus auf den Himmel ohne Landschaft<br />
lenkte.<br />
Eine bewusste Klassifizierung von Morgen, Nachmittag<br />
und Abend in Lichtstimmungen ist nicht beabsichtigt.<br />
Tag und Nacht bezeichnen vielmehr die<br />
„Die KunstTour ist nicht verantwortlich für die Folgen<br />
eines langen Wochenendes voll zeitgenössischer<br />
Kunst, Klang- und New Media-Kunst und Design.“<br />
Was als Fußnote in der offiziellen Programmvorschau<br />
erscheint, sollte wichtig genug sein für ein generelles<br />
Einstimmen in das, was am 28. und 29. Mai in Maastricht<br />
passieren wird: die KunstTour <strong>2011</strong>, ein get in<br />
touch mit beinahe allen Ateliers, Brutplätzen, Kunstinstitutionen,<br />
Museen und Galerien der Stadt.<br />
Die Veranstaltung ist ein Statement. Nicht nur weil<br />
sie mit zwei wichtigen Preisverleihungen einhergeht<br />
(Hermine van Bers-Kunstpreis für den Nachwuchs<br />
und Gulpener Puurzaam Publikumspreis). Wichtiger<br />
noch ist, dass die Veranstalter durch die Breite und<br />
Eventisierung von Kunst das Sockeldenken verneinen<br />
und Zugänge schaffen. Sie wollen die Debatte: Ist der<br />
Künstler nun Unternehmer, Sozialarbeiter, Schama-<br />
Markus Baldegger: „Saturnia III“, 2010<br />
Brutplätze der Kunst<br />
Mehr als 200 Künstler bei der Maastrichter KunstTour <strong>2011</strong><br />
Grenzen verschiedener Helligkeitsstufen, deren<br />
Bandbreite erforscht wird. Tag ist nicht immer<br />
strahlend hell, Nacht nicht stockdunkel.<br />
Dämmriges, streifig abschattiertes Farbgut, aus<br />
der Tiefe dringende Farbüberlagerung bilden den<br />
Kern der Bilder, die nach flächenfüllenden Strukturen<br />
suchen, die nicht kulturell vorbelastet sind oder<br />
als harmonisch verteilte und graphisch abstrakte<br />
Formenwelt gelesen werden können.<br />
Darüber hinaus findet Baldegger aber Formen,<br />
die sowohl eine neue Form von Neutralität darstellen,<br />
als auch die Seherfahrung als einen Verlauf<br />
kennzeichnen.<br />
In seiner Farbdurchsetztheit ist der Lichtschleier<br />
abhängig von Zeit und Ort. Als steten Verlauf macht<br />
ihn Baldegger durch Überlagerungsstreifen von<br />
Farbschichten und durch kreisende Bewegungsspuren<br />
deutlich. Diese Liniengespinste überziehen die<br />
ne? Und dieser Diskurs darf, nein: soll, geführt werden,<br />
initiiert u.a. durch Maarten van Berg, seines Zeichens<br />
Dichter, Künstler und Taxifahrer, und durch<br />
Poetryslammer und „Guerilladichter“ im Rahmen der<br />
„Performance Night“ am Eröffnungsabend (27.5.).<br />
Die Tour selbst besteht übrigens aus mehreren Touren.<br />
Mit dem Fahrrad, per Bus oder zu Fuß, mit unterschiedlichen<br />
Themen wie „Underground Art Tour“<br />
oder „for Dummies“. Insgesamt stellen mehr als 200<br />
Künstler aus und es können 50 verschiedene Orte<br />
besucht werden. /// lb<br />
27.5. (Eröffnungsabend)<br />
28./29.5.<br />
KunstTour Maastricht <strong>2011</strong><br />
11-18 Uhr, diverse Orte<br />
kunsttour.com<br />
Foto: KunstTour <strong>2011</strong><br />
kunst<br />
Fläche und haben etwas von den Partikelspuren in<br />
einer Nebelkammer. Genau wie dort wird durch diese<br />
Linienspur konturlose Bewegung und richtungsnivellierter<br />
Verlauf als Sinnbild sichtbar. Ein Sinnbild<br />
für die Lebendigkeit von Natur und Licht als<br />
Zeichen, nicht als pulsierendes Atmen, sondern als<br />
eindringliche schwebende Stille, als Intensität, die<br />
zum Wahrnehmen verleitet. Man sieht in diesen Bildern<br />
nichts als Malerei, dh. sie spiegeln nicht die<br />
Wirklichkeit wieder, sondern sie sind die Wirklichkeit.<br />
Die subtilen Katalogtexte vermögen dieses<br />
Farbgeschehen sprachlich adäquat zu vermitteln.<br />
Kunst aus NRW bietet mit den Originalen die dazugehörige<br />
Seherfahrung. /// dito<br />
bis 8.5.<br />
Markus Baldegger – TagNacht<br />
Kunst aus NRW<br />
Ende Mai stehen 50 Ateliers, Galerien und Museen für<br />
die Besucher offen.<br />
25<br />
Foto: Peter Hinschläger