Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...
Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...
Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
»gemeinsamer Arbeit«, die getan<br />
werden muss. Die damalige kanadische<br />
Botschafterin in Ruanda, Lucie<br />
Ewards, sagte später: »Die Frage <strong>der</strong><br />
Propaganda von Radio Mille Collines<br />
ist eine schwierige. Es gab so viele<br />
ganz offensichtlich unsinnige Dinge,<br />
die in dem Radio gesagt wurden, so<br />
viele offensichtliche Lügen, dass es<br />
schwer war, es ernst zu nehmen.<br />
Dennoch, je<strong>der</strong>mann hörte es.«<br />
Soundtrack<br />
zum Völkermord<br />
Pausenlos werden extremistische<br />
Lie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong> Volkslie<strong>der</strong><br />
gespielt. Simon Bikindi, ein<br />
gefeierter ruandischer Popstar, wird<br />
durch seine Kompositionen zum<br />
Troubadour des Todes. In seinen<br />
Lie<strong>der</strong>n macht er Stimmung gegen<br />
die Tutsi, besingt Morde an Tutsi<br />
und ruft die Hörer auf, wachsam<br />
zu sein: »Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> nicht mitmacht,<br />
hilft dem Feind«, singt er, »aber wir<br />
gewinnen!« Und er ruft den Hutu-<br />
Bauern zu: »Die wollen uns wie<strong>der</strong><br />
versklaven, aber wir haben ihren<br />
Plan durchschaut. Und jetzt zeigen<br />
wir ihnen, wer <strong>der</strong> Stärkere ist. Ich<br />
rede doch zu Leuten, die das verstehen?«<br />
Und sein Chor antwortet:<br />
»Ja, ja, wir verstehen!« Bald kann<br />
je<strong>der</strong> diese Lie<strong>der</strong> mitsingen. Ein<br />
UN-Tribunal im tansanischen Arusha<br />
wird Bikindi später vorwerfen, er<br />
habe den »Soundtrack zum Völkermord«<br />
geliefert.<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
Die Saat geht auf<br />
Gefälschte Nachrichten über<br />
angebliche Attentatspläne <strong>der</strong><br />
Tutsi, bösartige Gerüchte und fatale<br />
Andeutungen verbreiten Angst und<br />
Schrecken unter den Menschen und<br />
nisten sich wie schleichendes Gift<br />
in den Köpfen ein. Der anerzogene<br />
Autoritätsgehorsam tut sein Übriges.<br />
Der von offizieller Seite gepredigte<br />
Hass auf Tutsi und mo<strong>der</strong>ate Hutu<br />
lässt die Bevölkerung langsam in die<br />
Gewalt abgleiten.<br />
Am Abend des 6. April 1994<br />
wird die Maschine mit Präsident<br />
Habyarimanas an Bord beim Landeanflug<br />
auf den Flughafen Kigali aus<br />
bis heute ungeklärten Gründen<br />
abgeschossen. Radio Mille Collines<br />
ist das erste Medium, das über das<br />
Attentat berichtet. Zeitgleich mit <strong>der</strong><br />
Nachricht vom Tod des Präsidenten<br />
beginnt in <strong>der</strong> Hauptstadt Kigali eine<br />
mör<strong>der</strong>ische Treibjagd auf Tutsi. In<br />
Windeseile werden Straßensperren<br />
errichtet, an denen je<strong>der</strong> Passant seinen<br />
Pass vorzeigen muss. Radio Mille<br />
Collines ruft – zwischen zwei Songs<br />
– zum Morden auf: »Man erkennt sie<br />
leicht, die inyenzi (die Kakerlaken),<br />
die euch beherrschen wollen. Man<br />
kann sie an <strong>der</strong> Körpergröße und<br />
<strong>der</strong> langen Nase erkennen. Wenn<br />
ihr lange Nasen seht, brecht sie.«<br />
»Liebe Zuhörer, seid wachsam! Öffnet<br />
eure Augen! Greift sie an, die mit<br />
den langen Nasen. Sie wollen euch<br />
versklaven. Nehmt euer Werkzeug<br />
und macht euch an die Arbeit!« Die<br />
Wörter »Arbeit« und »Werkzeug« werden<br />
Synonyme für Töten und Waffen.<br />
Die Saat des Hasses ist aufgegangen.<br />
Soldaten, Polizisten, Dorfbürgermeister<br />
bis hin zum Grundschullehrer<br />
13