Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...
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Kirche und Medien<br />
Auf seinen Lorbeeren ruht sich nun,<br />
so scheint es, das kirchliche Medienengagement<br />
aus. Denn die katholische<br />
Kirche ist in <strong>der</strong> Medienwelt<br />
von heute noch nicht angekommen.<br />
Im Gegenteil: Medien und Kirche,<br />
Kirche und Medien stehen sich<br />
häufig verständnislos gegenüber. Viele<br />
Medienarbeiter interessieren sich<br />
nicht für Kirche und Kirche hat häufig<br />
genug Angst vor kritischen Tönen<br />
in den Medien. Verglichen mit <strong>der</strong><br />
Ausstattung des Völkerapostels, <strong>der</strong><br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
o<strong>der</strong>: Wenn <strong>der</strong> Apostel Paulus einen Computer gehabt hätte<br />
Den heiligen Petrus erkennt je<strong>der</strong><br />
Besucher einer Kirche seit Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />
an dem Schlüssel des Himmelreiches,<br />
den ihm <strong>der</strong> Herr verliehen<br />
hat. Der Völkerapostel Paulus trägt<br />
neben dem Schwert, mit dem er in<br />
Rom hingerichtet wurde, stets ein<br />
Buch. Paulus hat das Christentum in<br />
<strong>der</strong> alten Welt rings um das Mittelmeer<br />
verbreitet. Auf mindestens drei<br />
<strong>Mission</strong>sfahrten hat er in Stadt und<br />
Land gepredigt, Gemeinden gegründet<br />
und nach seiner Weiterreise das<br />
einzige Medium <strong>der</strong> Antike genutzt:<br />
Er hat an die neu geformten Christengruppen<br />
Briefe geschrieben, nach<br />
Korinth und Thessaloniki, nach Ephesus<br />
und Rom, an seine Mitarbeiter<br />
Titus und Timotheus, an die Galater<br />
und die Einwohner von Kolossä. Seine<br />
Schreiben wurden dort immer wie<strong>der</strong><br />
gelesen, man hat darüber debattiert<br />
und daraus gelernt. Die Briefe wurden<br />
abgeschrieben – per Hand vervielfältigt!<br />
– und an an<strong>der</strong>e Gemeinden<br />
weitergeschickt. Solche Kopien auf<br />
Papyros waren ein mühsames und<br />
teures Geschäft. Doch Paulus war ein<br />
Mediengenie. Ohne Computer und<br />
Drucker, ohne Bibliothek und Internet,<br />
ohne Rundfunk und Fernsehen,<br />
ohne Telefon und eMail-System hat<br />
er die frohe Botschaft verbreitet, die<br />
beste Nachricht, die es je gab.<br />
auf seinen gefährlichen Reisen nur<br />
einen Schreiber mit Griffel und Tontafel<br />
hatte, verfügen wir heute über<br />
eine Technik, mit <strong>der</strong> wir nahezu<br />
jeden Winkel dieser Erde in Wort<br />
und Schrift, Bild und Live-Reportagen<br />
erreichen können. Die Medienaufmerksamkeit<br />
für das Sterben von<br />
Papst Johannes Paul II., die Wahl<br />
seines – deutschen – Nachfolgers<br />
Benedikt XVI. und dessen Besuch<br />
beim Weltjugendtreffen in Köln mag<br />
das beweisen. Es waren Ereignisse,<br />
die überall Schlagzeilen machten<br />
und per Satellit rund um den Globus<br />
ausgestrahlt wurden. Aufregend für<br />
die Medien war dabei jedoch nicht<br />
die Botschaft, son<strong>der</strong>n die Inszenierung:<br />
das Drama um den weltweit<br />
bekannten, öffentlich sterbenden<br />
Pontifex, die Teilnahme <strong>der</strong> Massen,<br />
das Geheimnisvolle eines Konklave,<br />
die deutsche Herkunft des neuen<br />
Papstes. Für den kleinen Zeitraum<br />
dieser »events« schien die »ganze<br />
Welt katholisch« geworden zu sein.<br />
Doch kurze Zeit danach kam <strong>der</strong><br />
Ärger um den »pope-town«-Klamauk<br />
und den weltweiten Erfolg <strong>der</strong><br />
biblisch stilisierten Spinnergeschichte<br />
des »Da Vinci Code«, die sich völlig<br />
unverfroren in Deutschland beim<br />
zutreffenden Namen »Sakrileg«, nämlich<br />
Schändung des Heiligen, nannte<br />
und damit Millionenauflage und volle<br />
Kinos deutschlandweit bewirkte.<br />
Der Anteil an Veröffentlichungen<br />
weltlicher Medien, in denen die<br />
Kirche und das Evangelium kritisiert,<br />
in Frage gestellt, verfälscht und verspottet<br />
wird, scheint größer zu sein<br />
als die seriöse und faire Wie<strong>der</strong>gabe<br />
<strong>der</strong> christlichen Botschaft.<br />
Die Begeisterung über das<br />
Erscheinungsbild von katholischer<br />
Kirche in den Medien verpufft sehr<br />
schnell, wenn es denn um Inhalte<br />
geht. Wenn <strong>der</strong> Papst die Schönheit<br />
<strong>der</strong> Ehe preist, ist das allenfalls eine<br />
Kurzmeldung wert. Wenn er für<br />
eine »Kultur des Lebens« und gegen<br />
eine »Kultur des Todes« eintritt und<br />
Embryonenverbrauch zu Forschungszwecken<br />
ausschließt, dann wird er<br />
sehr schnell zum Fundamentalisten.<br />
Wenn er Abtreibung anprangert,<br />
mobilisiert das innere Abwehr, bei<br />
Journalisten und Lesern, weil doch die<br />
eigene Freundin, Schwester, Ehefrau,<br />
Tochter, Tante, Cousine, Kollegin, ja<br />
vielleicht sogar Mutter ... nein danke!<br />
Die katholische Kirche im<br />
Tagesgeschäft <strong>der</strong> Nachrichten wird<br />
meist durch ihren höchsten Vertreter<br />
im Fernsehen repräsentiert. Von <strong>der</strong><br />
Mehrheit <strong>der</strong> Journalisten wurde <strong>der</strong><br />
polnische Papst als charismatische<br />
Persönlichkeit respektiert, ungefähr<br />
so wie Mutter Theresa – sicher etwas<br />
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