Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...
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Tageszeitungen beigelegt wird.<br />
Katholische Leser sind auf Kirchenblätter<br />
<strong>der</strong> einzelnen Diözesen angewiesen,<br />
die eher wie die Mitglie<strong>der</strong>zeitung<br />
einer regionalen Organisation<br />
angelegt sind. Es gibt die Wochenzeitung<br />
»Rheinischer Merkur«, die<br />
auch kirchliche Themen aufgreift<br />
o<strong>der</strong> die in Würzburg erscheinende<br />
»Tagespost«, die vor allem den konservativen<br />
Flügel <strong>der</strong> Kirche bedient.<br />
Unsere Nachbarn Frankreich und<br />
Polen haben dagegen Tageszeitungen,<br />
die aus katholischer Sicht zu den<br />
Fragen <strong>der</strong> Zeit Position beziehen.<br />
Deutschland hat nominell 28 Millionen<br />
Katholiken. Doch bis heute ist es<br />
Bischöfen und Laien nicht gelungen,<br />
in einer gemeinsamen Kraftanstrengung<br />
ein überregionales Medienprodukt,<br />
Zeitung, Radio o<strong>der</strong> gar<br />
Fernsehprogramm für Deutschland<br />
vorzulegen. Die Übertragung von<br />
Gottesdiensten ist notwendig. In <strong>der</strong><br />
pluralistischen Gesellschaft haben die<br />
christlichen Gemeinden zumindest in<br />
den öffentlich-rechtlichen Programmen<br />
bis heute ein Recht darauf. Man<br />
kann es auch wertneutral sagen: Die<br />
Übertragung einer Sonntagsmesse ist<br />
als Serviceangebot für Gleichgesinnte<br />
unabdingbar. Ob das aber auf<br />
Dauer – auch von einer <strong>der</strong> öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten – gewährleistet<br />
wird, ist offen. Für die Kirche<br />
bliebe in diesem Fall dann nur <strong>der</strong><br />
selbstverwaltete Spartenkanal, wenn<br />
Alte und Kranke bei zunehmendem<br />
Priestermangel die örtliche Sonntagsmesse<br />
nicht mehr erreichen können.<br />
Es gibt regionale, katholisch geprägte<br />
Rundfunkkanäle, das »Domradio<br />
Köln« und »Radio Horeb«, aber es<br />
gibt im deutschen Kirchensteuerland<br />
kein landesweites christliches<br />
Radio wie in Frankreich, das sich aus<br />
Spenden und durch Sponsoren finanziert.<br />
»Radio Chrétienne« bietet die<br />
heilige Messe morgens und abends<br />
zum Mitfeiern, Meditation zum<br />
Tage, geistliche Musik, klassisch und<br />
mo<strong>der</strong>n, kritische Interviews und<br />
Talkrunden zu Themen <strong>der</strong> Zeit und<br />
Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />
regelmäßiges Rosenkranz-Gebet von<br />
Kin<strong>der</strong>n, Frauen, Männergruppen<br />
gesprochen, live. Je<strong>der</strong> kann so über<br />
das Medium an einer Gemeinschaft<br />
von Gläubigen teilnehmen. Sicher gilt<br />
hier die Verheißung des Herrn auch,<br />
wenn per Radio o<strong>der</strong> Fernsehen<br />
»zwei o<strong>der</strong> drei in Seinem Namen<br />
versammelt« sind. Von einem <strong>der</strong>art<br />
christlich orientierten überregionalen<br />
Rundfunk, <strong>der</strong> selbstverständlich<br />
auch ökumenisch betrieben werden<br />
kann o<strong>der</strong> sogar muss, sind wir in<br />
Deutschland offenbar weit entfernt.<br />
Wer den Auftrag einer Evangelisation<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> überwiegend<br />
religionsarmen Regionen Ostdeutschlands<br />
ernst nimmt, darf sich mit<br />
seinen Rundfunkanstrengungen<br />
wie etwa »Dom-Radio Köln« nicht<br />
auf Gegenden beschränken, die<br />
traditionell christlich geprägt und<br />
überwiegend katholisch sind.<br />
Die Gründe für das Fehlen eines<br />
bundesweiten katholischen Mediums<br />
mögen vielfältig sein. Natürlich wäre<br />
ein solches Unternehmen wirtschaftlich<br />
ein Risiko. Aber unter mindestens<br />
4 bis 5 Millionen regelmäßigen<br />
Besuchern <strong>der</strong> Sonntagsgottesdienste<br />
müsste ein interessiertes Publikum<br />
zu finden sein. Selbst das äußerlich<br />
wenig anspruchsvolle, dafür inhaltlich<br />
hoch interessante Wochenblatt<br />
»Christ in <strong>der</strong> Gegenwart« hat viel<br />
tausendfach Abonnenten gewonnen.<br />
Eine dem heutigen gesellschaftlichen<br />
Diskurs angemessene katholische<br />
Zeitung müsste sich in die Streitfragen<br />
<strong>der</strong> Zeit offensiv einmischen,<br />
katholisch Stellung beziehen, aber<br />
zugleich das thematische Pro und<br />
Contra pflegen und natürlich kritische<br />
Positionen ertragen. Katholische<br />
Akademien tun das auch. Erinnert sei<br />
an das segensreiche Wirken <strong>der</strong> Evangelischen<br />
Synoden in <strong>der</strong> untergegangenen<br />
DDR, die offen und deutlich<br />
Kritik geäußert haben und den<br />
Mängelkatalog des real-sozialistischen<br />
Alltags mutig offen gelegt haben. Es<br />
genügte damals nicht und es reicht<br />
auch heute nicht aus, die notwendige<br />
Debatte über heiße Themen <strong>der</strong> Zeit<br />
hinter verschlossener Tür zu führen.<br />
Die häufig schlecht informierte,<br />
zuweilen verächtliche Darstellung<br />
von Kirche, die willkürliche Auswahl<br />
kirchlicher Themen und die<br />
oft einseitige, religionsferne o<strong>der</strong> gar<br />
-feindliche Kommentierung katholischer<br />
Positionen kann unbeantwortet<br />
auf Dauer nicht kirchenfernen<br />
Medien überlassen werden. Dazu<br />
müsste zunächst allen Beteiligten <strong>der</strong><br />
Unterschied zwischen Verkündigung,<br />
die Sache <strong>der</strong> Priester ist, und Nachrichten,<br />
die Aufgabe von Journalisten<br />
sind, klar werden. Und die kirchliche<br />
Hierarchie müsste dann allerdings das<br />
Vertrauen entwickeln, die Verantwortung<br />
für Inhalt und Form eines<br />
katholisch orientierten Mediums auch<br />
den Fachleuten zu überlassen, und<br />
das sind in aller Regel keine Kleriker,<br />
son<strong>der</strong>n Laien. Ein Verzicht auf solches<br />
Engagement hätte heute ähnliche<br />
Langzeitwirkung wie vor Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />
<strong>der</strong> Verzicht auf Bibeldruck.<br />
Gewiss ein gewagter Vergleich, aber<br />
wir blieben dann auf mündliche und<br />
schriftliche Mitteilungen im Kreise<br />
Gleichgesinnter angewiesen. Und<br />
dabei wäre <strong>der</strong> heilige Paulus, hätte er<br />
einen Computer besessen, sicher nicht<br />
stehen geblieben.<br />
Joachim Jauer<br />
Joachim Jauer, Fernsehjournalist,<br />
war langjähriger Leiter <strong>der</strong> Sendung<br />
»Kennzeichen D« sowie DDR- und<br />
Osteuropa-Korrespondent.<br />
Pressekonferenz mit Kardinal<br />
Lehmann: Verglichen mit <strong>der</strong><br />
Ausstattung des Völkerapostels<br />
Paulus verfügt die Kirche heute<br />
über eine Technik, mit <strong>der</strong><br />
sie fast jeden Winkel dieser<br />
Erde erreichen kann. Nutzt<br />
sie sie auch für ihre Ziele?<br />
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