26.07.2013 Aufrufe

Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...

Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...

Franziskaner Mission 03/06 - Neue Provinzleitung der Deutschen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die digitale globale Spaltung hat<br />

aber neben <strong>der</strong> technischen auch<br />

erhebliche soziale und kulturelle<br />

Dimensionen. Bereits die Enquete-<br />

Kommission »Globalisierung <strong>der</strong><br />

Weltwirtschaft« des 14. <strong>Deutschen</strong><br />

Bundestages (2002) hat darauf<br />

hingewiesen, dass sich die einzelnen<br />

Ungleichheiten in den Schwellen-<br />

und Entwicklungslän<strong>der</strong>n wechselseitig<br />

verstärken und in ihrer Summe<br />

sowohl zu enormen innergesellschaftlichen<br />

digitalen Kluften als<br />

auch zu behin<strong>der</strong>nden Zugangs- und<br />

Nutzungsbarrieren führen. Die<br />

hohen Zugangspreise, die technischen<br />

Voraussetzungen und die<br />

notwendigen individuellen Kompetenzen<br />

privilegieren die ohnehin<br />

besser gestellten kleinen Eliten in<br />

den städtischen Zentren.<br />

Hinter diesen Fakten verbirgt<br />

sich ein enormes Risiko für die<br />

ökonomische, soziale und politische<br />

Stabilität dieser Län<strong>der</strong>. Die digitale<br />

Spaltung von heute droht auf globaler<br />

Ebene die Chancenungleichheit<br />

zu reproduzieren und auch für kommende<br />

Generationen zu verfestigen.<br />

Dies ist <strong>der</strong> Grund, weshalb eine<br />

mo<strong>der</strong>ne Entwicklungspolitik nicht<br />

an den beson<strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Informationsgesellschaft vorbeisehen<br />

kann und es zunehmend<br />

auch nicht tut. Wir müssen uns<br />

hierbei insbeson<strong>der</strong>e um die Län<strong>der</strong><br />

kümmern, die laut Entwicklungsprojektionen<br />

<strong>der</strong> Weltbank drohen,<br />

weiter den Anschluss an den Wandel<br />

zur Informationsgesellschaft zu<br />

verlieren. Zu diesen so genannten<br />

Latecomern gehören aber nicht<br />

nur die am wenigsten entwickelten<br />

Län<strong>der</strong> – die »least developed<br />

Information o<strong>der</strong> Illusion – Medien verän<strong>der</strong>n — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 20<strong>06</strong><br />

countries« –, son<strong>der</strong>n auch die beiden<br />

bevölkerungsreichsten Staaten<br />

<strong>der</strong> Erde, Indien und China. Diese<br />

beiden Staaten sind auch deshalb<br />

sehr gute Beispiele für die innere<br />

digitale Spaltung in Schwellen- und<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong>n, weil durchaus<br />

international vergleichbare IT-Infrastrukturen,<br />

Dienstleistungsangebote<br />

und Nutzungskompetenzen in<br />

diesen Län<strong>der</strong>n bestehen. Diese<br />

sind jedoch lokal begrenzt und nur<br />

geringe Bevölkerungsteile können<br />

daran teilhaben. Die Konzentration<br />

<strong>der</strong> Verfügbarkeit und Nutzungskompetenz<br />

auf die wohlhabenden<br />

städtischen Eliten und die strukturelle<br />

Ausblendung <strong>der</strong> ländlichen<br />

Regionen, in denen nach wie vor<br />

die Bevölkerungsmehrheit lebt, ist<br />

eklatant.<br />

Die Dimension <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

für die internationale Gemeinschaft<br />

ergibt sich aus <strong>der</strong> Größenordnung<br />

globaler Ungleichheiten.<br />

Aus diesem Grund war die Frage <strong>der</strong><br />

digitalen Spaltung ein Schwerpunkt<br />

beim UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft<br />

vor drei Jahren in<br />

Genf und bei seiner Fortsetzung im<br />

vergangenen Jahr in Tunis. Als zentrale<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung wurde hier<br />

neben <strong>der</strong> Verringerung <strong>der</strong> globalen<br />

Chancenungleichheit festgestellt,<br />

dass die gesellschaftlichen Potenziale<br />

neuer IuK-Technologien weltweit für<br />

Bildung, Wissenschaft, Kultur und<br />

Demokratie sowie für Wirtschaft<br />

und Verwaltung stärker genutzt<br />

werden müssen. Vor diesem Hintergrund<br />

ist es beson<strong>der</strong>s wichtig,<br />

dass in die Dokumente des Gipfels<br />

grundlegende Prinzipien Eingang<br />

gefunden haben, die weit über<br />

technisch-wirtschaftliche Problemaspekte<br />

hinausgreifen und ethische,<br />

bürgerrechtliche, soziale, politische<br />

und kulturelle Fragen gleichberechtigt<br />

daneben stellen.<br />

Der Wandel zur Informationsgesellschaft<br />

ist eben nicht nur eine<br />

Frage technischer Infrastrukturen<br />

und wirtschaftlicher Globalisierung,<br />

son<strong>der</strong>n vielmehr ein umfassen<strong>der</strong><br />

gesellschaftlicher Wandel. Aus<br />

diesem Grund bleibt es eine zentrale<br />

politische Aufgabe, Schulen, Bibliotheken,<br />

Krankenhäuser, öffentliche<br />

Verwaltungen und an<strong>der</strong>e lokale und<br />

nationale Institutionen bis 2015 ans<br />

weltweite Netz anzuschließen und<br />

nationale Programme und Initiativen<br />

in den Bereichen e-Government,<br />

e-Learning und e-Health zu starten.<br />

Einen wichtigen Beitrag zur Überwindung<br />

<strong>der</strong> digitalen Kluft soll beispielsweise<br />

das 100-Dollar-Notebook<br />

leisten, um die IT-Ausstattung in den<br />

Entwicklungs- und Schwellenlän<strong>der</strong>n<br />

zu verbessern.<br />

Mit dem Ende 2005 abgeschlossenen<br />

UN-Weltgipfel »Informationsgesellschaft«<br />

ist ein wichtiger erster<br />

Schritt in Richtung einer globalen<br />

Entwicklungsperspektive für eine<br />

globale Informationsgesellschaft<br />

gelungen. Jetzt gilt es sicherzustellen,<br />

dass das Ende des Weltgipfels<br />

»Informationsgesellschaft«<br />

nicht das Ende <strong>der</strong> Debatte ist.<br />

Jörg Tauss<br />

Jörg Tauss, MdB, ist bildungs-,<br />

forschungs- und medienpolitischer<br />

Sprecher <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD im<br />

<strong>Deutschen</strong> Bundestag.<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!