Entwicklungsverzögerte Heimkinder? - BSCW
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Theoretische Überlegungen und Fragestellungen – Entwicklungstheoretische Aspekte 24<br />
zesse einen Einfluss auf die Gefühlsebene haben. Hierfür ist es bedeutsam, dass Kinder<br />
wissen, dass unterschiedliche Perspektiven vorhanden sind. Schliesslich lernen sie, die Perspektive<br />
eines Anderen einzunehmen.<br />
Kinder üben die Perspektivenübernahme in Rollenspielen, bei denen sie eine andere Rolle<br />
und deren Merkmale verkörpern. Weiterhin kann die Perspektivenübernahme mit Gesprächen<br />
über Gefühle gefördert werden. Gespräche über Konfliktsituationen wirken sich positiv<br />
auf die Ausbildung der affektiven Perspektivenübernahme aus.<br />
Emotionsregulation<br />
Im Säuglings- und Kleinkindalter regulieren die Eltern durch ihre Affektspiegelung die Emotionen<br />
des Kindes. Diesbezüglich bezieht sich Dornes (2007) auf Gergely, der die Meinung<br />
vertritt, dass Kinder zwar schon früh Emotionen zeigen, sich aber der emotionalen Zustände<br />
nicht bewusst sind. Deshalb sind sie auf eine primäre Affektspiegelung der Bezugspersonen<br />
angewiesen.<br />
Die Eltern gehen intuitiv auf die Reaktion des Säuglings ein und imitieren dessen Gesichtsausdruck.<br />
Lächelt das Kind, so erscheint auf dem Gesicht der Eltern ebenfalls ein Lächeln.<br />
Der Gesichtsausdruck der Bezugspersonen stellt folglich eine Antwort oder Spiegelung<br />
des Säuglings dar. Dieser kann so im Gesicht seiner Eltern eine Reflexion seines eigenen<br />
Zustandes erkennen (vgl. Dornes, 2007).<br />
Durch den typischen „Babytalk“ markieren die Eltern die Äusserungen des Säuglings, wodurch<br />
das Kind bemerkt, dass der gezeigte Affekt der Bezugspersonen gewissermassen<br />
nicht „echt“ ist. Es wird ihm bewusst, dass es sich nicht um den emotionalen Gefühlszustand<br />
der Eltern handelt, sondern vielmehr um eine Wiederspiegelung und Übertreibung der eigenen<br />
Äusserungen. Durch die Affektspiegelung der Eltern erhält der Säugling ein Gefühl der<br />
Kontrolle. Gleichzeitig wird er durch die Zuwendung der Eltern ruhiger und entspannter. Er<br />
stellt deshalb fest, dass er seine Emotionen selbst regulieren kann (ebd.).<br />
Bei der sekundären Affektspiegelung wird zusätzlich zum primären Gefühl, das die Eltern<br />
spiegeln, die sekundäre Repräsentanz des Gefühls aktiviert. Diese Repräsentanz wird vom<br />
Kind verinnerlicht und informiert es gleichzeitig über ablaufende Prozesse. Der sekundären<br />
Affektspiegelung kommt entsprechend die gleiche Bedeutung zu wie der Spiegelung der Eltern.<br />
Aufgrund dessen ist der Säugling nicht mehr auf seine Eltern angewiesen, um seine<br />
Affekte regulieren zu können, sondern kann auf seine verinnerlichten Repräsentanzen zurückgreifen<br />
(ebd.).<br />
Empathie<br />
Einige Wissenschaftler sehen einen engen Zusammenhang zwischen der kognitiven Fähigkeit,<br />
sich in seinem eigenen Spiegelbild zu erkennen, und der Fähigkeit, empathisch zu handeln.<br />
Sie sagen, dass nur Kinder, die sich im Spiegel wieder erkennen zu prosozialem Handeln<br />
fähig sind. Allerdings ist zu beachten, dass nicht alle Kinder die sich in ihrem Spiegelbild<br />
wieder sehen, auch in der Lage sind, empathisch zu reagieren. Dies ist auf situative und/oder<br />
soziale Einflüsse zurückzuführen (ebd.).<br />
Andere Autoren sehen die Voraussetzung für das Einfühlungsvermögen mehr in den Beziehungserfahrungen.<br />
Es wurde festgestellt, dass bereits einjährige Kinder, die ein sicheres<br />
Bindungsverhalten aufwiesen, Empathie zeigen konnten, indem sie die Gefühle anderer<br />
übernahmen. Hierbei besteht jedoch Uneinigkeit darüber, ob dies schon als Empathie bezeichnet<br />
werden kann oder ob es sich dabei bloss um Affektansteckung handelt (ebd.).