Werkstofftechnik Maschinenbau
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6.5 Eigenschaften und Verwendung von Stählen 305<br />
Die Bruchdehnungen der Dualphasenstähle sind<br />
mit 20 % ... 40 % mit denen der unlegierten Stähle<br />
niedriger Festigkeit vergleichbar, jedoch deutlich<br />
höher im Vergleich zu Feinkornbaustählen mit gleicher<br />
Zugfestigkeit (Bild 1).<br />
Durch Legieren mit Mangan, Molybdän, Chrom<br />
oder Vanadium wird die kritische Abkühlgeschwindigkeit<br />
vermindert und damit eine Gefahr der Gefügeumwandlung<br />
in der Perlitstufe (Entstehung von<br />
Ferrit und Perlit anstelle von Martensit) vermieden.<br />
Die Ferritbildner Silicium und Phosphor beschleunigen<br />
die Diffusion von Kohlenstoff aus dem Ferrit<br />
in den Austenit und begünstigen damit ebenfalls<br />
das Umwandlungsverhalten.<br />
Während der weiche Ferrit für die gute Verformbarkeit<br />
verantwortlich ist, steigert die hohe Härte des<br />
Martensits die Festigkeit des Dualphasenstahls. Die<br />
aufgrund der Martensitumwandlung entstehenden<br />
Eigenspannungen im Ferrit erzeugen dort (bewegliche) Versetzungen, die letztlich für das günstige Verformbarkeitsverhalten<br />
verantwortlich sind d.h. ein plastisches Fließen bereits bei niedrigen Spannungen<br />
(200 ... 500 MPa) erlauben. Andererseits besitzen die Dualphasenstähle ein starkes Verfestigungsver mögen<br />
d.h. einen hohen Verfestigungsexponenten, insbesondere bei niedrigen Umformgraden (< 5 %), sodass<br />
hohe Zugfestigkeiten erreicht werden (400 ... 1000 MPa), Bild 1. Hierdurch ist auch das extrem niedrige<br />
Streckgrenzenverhältnis (R p0,2/R m) der Dualphasenstähle von etwa 0,5, d. h. eine niedrige Dehngrenze bei<br />
relativ hoher Zugfestigkeit, zu erklären.<br />
6.5.14.6 Stähle mit Restaustenit<br />
TRIP-Stähle (TRIP = Transformation Induced Plasticity)<br />
besitzen ein Gefüge aus Ferrit und Bainit mit<br />
definierten Anteilen an metastabilem Restaustenit<br />
(Bild 2). Wird ein TRIP-Stahl umgeformt, dann wandelt<br />
sich der Austenit in harten Verformungsmartensit<br />
um. TRIP-Stähle weisen eine gleichmäßige<br />
Verformbarkeit auf, da örtliche Verfestigungen<br />
durch Bildung von verformungsinduziertem Martensit<br />
abgebaut werden (TRIP-Effekt) und somit die<br />
bislang noch nicht verformten Bereiche weiter verformt<br />
werden können.<br />
TRIP-Stähle haben sehr gute Festigkeitseigenschafen<br />
(R m bis 800 MPa) bei gleichzeitig hervor ragender<br />
plastischer Verformbarkeit (A bis 35 %; Bild 1, Seite<br />
306).<br />
Bild 1: Spannungs-Dehnungs-Verhalten von Dualphasenstählen<br />
Bild 2: Gefüge eines TRIP-Stahles (TRIP 700)<br />
Die Herstellung der TRIP-Stähle erfolgt durch eine thermomechanische Behandlung indem ein metastabiles<br />
austenitisches Gefüge bei niedrigen Temperaturen, jedoch oberhalb der Martensitstarttemperatur für<br />
Verformungsmartensit (M D), umgeformt und anschließend auf Raumtemperatur abgeschreckt wird.<br />
6.5.14.7 Complexphasen-Stähle<br />
Die Complexphasen-Stähle (CP-Stähle) stellen eine Weiterentwicklung der Dualphasenstähle, insbesondere<br />
im Hinblick auf die Festigkeit (Rm = 800 ... 950 MPa) dar. Das Gefüge der Complex-Phasen-Stähle besteht<br />
im wesentlichen aus sehr feinkörnigem Bainit und Martensit, mit geringen Anteilen an kohlenstoffarmem<br />
Ferrit. Zusätzlich finden sich im Gefüge sehr feine Carbid- und Nitridausscheidungen. Die<br />
Gefügebestandteile lassen sich nur noch elektronenmikroskopisch voneinander unterscheiden.