polizeiliche verfolgung rassistisch motivierter straf- und gewalttaten
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POLIZEILICHE VERFOLGUNG RASSISTISCH MOTIVIERTER STRAF- UND GEWALTTATEN: VERGLEICHSANALYSE<br />
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Verschiedene nationale Anlaufstellen weisen in ihren Antworten im Fragebogen<br />
ausdrücklich auf die Bedeutung der Rolle des Opfers bei der Feststellung einer<br />
<strong>rassistisch</strong>en Motivation hin. Sie taten dies, um zu verdeutlichen, dass es an den<br />
Opfern liegt, solche Vorfälle zu melden, um (a) die Polizei darüber zu informieren,<br />
dass diese Vorfälle stattgef<strong>und</strong>en haben, <strong>und</strong> (b) um Nachweise zu erbringen, die<br />
von Polizei <strong>und</strong> Staatsanwaltschaft bei der Vorbereitung von Fällen für<br />
Gerichtsverfahren verwendet werden können. Daraus lässt sich schließen, dass in<br />
einigen Ländern trotz der formellen gesetzlichen Zuständigkeit von Polizei <strong>und</strong><br />
Staatsanwaltschaft die praktische oder moralische Auffassung vorherrscht, dass es<br />
zumindest im Fall der <strong>rassistisch</strong>en Motivation beim Opfer liegt, die Untersuchung<br />
solcher Vorfälle ins Rollen zu bringen <strong>und</strong> zu belegen, dass eine <strong>rassistisch</strong>e<br />
Motivation zugr<strong>und</strong>e lag.<br />
Diese Auffassung steht im klaren Gegensatz zur Haltung in anderen Ländern, in<br />
denen diese Zuständigkeit den Angaben zufolge eindeutig auf Seiten der Polizei<br />
<strong>und</strong> der Staatsanwaltschaft liegt. Dies gilt insbesondere für die Länder, in denen<br />
bereits eindeutige Melde- <strong>und</strong> Erfassungsmethoden eingesetzt werden. In diesen<br />
Ländern wird im Hinblick auf das Melden von Vorfällen <strong>und</strong> Erbringen von<br />
Nachweisen insbesondere die Zuständigkeit der Polizei als wesentlich angesehen,<br />
obwohl auch die Rolle der Opfer als bedeutend gilt. Eine wachsame Haltung<br />
gegenüber einer möglichen <strong>rassistisch</strong>en Motivation (auch dann, wenn das Opfer<br />
selbst den Vorfall möglicherweise nicht als <strong>rassistisch</strong> empf<strong>und</strong>en hat) sowie die<br />
aktive Ermutigung von Opfern (sowie anderer Personen, die als Zeugen aussagen<br />
könnten), solche Vorfälle zu melden, wurden als wichtiger Bestandteil der<br />
<strong>polizeiliche</strong>n Zuständigkeiten ermittelt.<br />
Mehrere nationale Anlaufstellen gaben an, dass die Entscheidung darüber, ob<br />
einem Vorfall eine <strong>rassistisch</strong>e Motivation zugr<strong>und</strong>e liegt, letztlich nicht Aufgabe<br />
der Polizei sei, sondern die der Staatsanwaltschaft <strong>und</strong> in letzter Instanz die der<br />
Gerichte. Das Verhältnis zwischen Polizei <strong>und</strong> Staatsanwaltschaft variiert im<br />
Hinblick auf die Untersuchung von Straftaten zwischen den einzelnen<br />
Mitgliedstaaten tatsächlich sehr stark, weshalb die jeweiligen Zuständigkeiten für<br />
die Registrierung <strong>und</strong> Untersuchung einer <strong>rassistisch</strong>en Motivation bei einer<br />
Straftat entsprechend unterschiedlich sein können.<br />
Dennoch liegt die Zuständigkeit in der zentralen Phase der ersten Erfassung <strong>und</strong><br />
Beschreibung der mutmaßlich <strong>rassistisch</strong> motivierten Straftat ausschließlich bei der<br />
Polizei. Daher nimmt die Polizei, obgleich sie nicht über die endgültige<br />
Entscheidungsbefugnis in diesem Bereich verfügt, immer die Funktion eines<br />
Entscheidungsträgers ein (teilweise unter Beratung mit oder unter Leitung der<br />
Staatsanwaltschaft), ob Straftaten als <strong>rassistisch</strong> motiviert erfasst <strong>und</strong> anschließend<br />
als solche verfolgt werden. Ob <strong>und</strong> wie wirksam diese Funktion ausgeübt wird,<br />
entscheidet darüber, ob der Aspekt der <strong>rassistisch</strong>en Motivation im Hinblick auf die<br />
Urteilsfindung vor Gericht als „erschwerender Umstand“ vorgebracht werden<br />
kann.