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Koalitionsvertrag NRW

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

Verantwortung für ein starkes <strong>NRW</strong> – Miteinander die Zukunft gestalten


Inhaltsverzeichnis<br />

I. Präambel ................................................................................................................. 2<br />

II. Bildung .................................................................................................................... 8<br />

III. Wirtschaft, Klimaschutz, Energie ...................................................................... 33<br />

IV. Umwelt, Landwirtschaft, Verbraucherschutz ................................................... 62<br />

V. Bauen, Wohnen, Verkehr .................................................................................... 83<br />

VI. Arbeit, Soziales, Integration, Inklusion ........................................................... 103<br />

VII. Familie, Jugend, Generationen, Sport ........................................................... 118<br />

VIII. Gesundheit, Pflege, Emanzipation ................................................................ 127<br />

IX. Kommunen, Innen, Justiz ................................................................................ 140<br />

X. Kultur, Medien, Kirchen und Religionsgemeinschaften ................................ 158<br />

XI. Europa, Eine-Welt ............................................................................................. 171<br />

XII. Finanzen ........................................................................................................... 179<br />

XIII. Allgemeine Vereinbarungen .......................................................................... 188<br />

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I. Präambel<br />

Verantwortung für ein starkes <strong>NRW</strong> – Miteinander die Zukunft gestalten<br />

Bei der Landtagswahl am 13. Mai 2012 haben die Bürgerinnen und Bürger in<br />

Nordrhein-Westfalen für klare Verhältnisse gesorgt. SPD und Grüne haben eine<br />

deutliche Mehrheit errungen und den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Das<br />

Ergebnis der Wahl ist eine eindrucksvolle Bestätigung für die Arbeit der bisherigen<br />

rot-grünen Minderheitsregierung. Es ist ein großer Vertrauensbeweis.<br />

Wir stellen uns der Verantwortung und werden den von uns in den vergangenen zwei<br />

Jahren eingeschlagenen Weg der wirtschaftlichen und ökologischen, sozialen und<br />

demokratischen Entwicklung unseres Landes fortsetzen. Wir wollen, dass Nordrhein-<br />

Westfalen weiter gut regiert wird. Dabei folgen wir den Grundsätzen einer Politik, die<br />

auf Vorbeugung, Inklusion und Integration sowie auf Nachhaltigkeit setzt.<br />

Bei uns steht nicht der Markt, sondern der Mensch im Mittelpunkt. Deshalb bleibt es<br />

bei unserem Ansatz der vorsorgenden Politik mit dem Ziel: Wir lassen kein Kind<br />

zurück. Wir investieren in Kinder und Bildung, die wirtschaftliche und ökologische<br />

Erneuerung, handlungsfähige Kommunen, Familien und Inklusion. Das stärkt die<br />

Gesellschaft als Ganzes und darüber hinaus auch den Wirtschaftsstandort<br />

Nordrhein-Westfalen.<br />

Wir werden uns weiter für gute Zukunftsperspektiven unserer Städte und<br />

Gemeinden, für mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt und für eine gute<br />

Entwicklung des Industrielandes <strong>NRW</strong> einsetzen. Die ökologische Erneuerung und<br />

den Klimaschutz wollen wir konsequent vorantreiben.<br />

Die rot-grüne Minderheitsregierung hat Wort gehalten. Auch für die Zukunft gilt: Wir<br />

werden halten, was wir versprechen, und nichts versprechen, was wir nicht halten<br />

können. Unsere Politik wird verlässlich und berechenbar bleiben. Dabei werden wir<br />

die Kultur des Dialogs, die wir als Minderheitsregierung begonnen haben, fortsetzen.<br />

Wir wollen auch als Mehrheitsregierung auf neue und innovative Formen der<br />

Beteiligung setzen, das Parlament weiterhin stärken und die direkte Demokratie<br />

fördern. Es geht um ein gutes Zusammenspiel von Regierung, Parlament und<br />

Zivilgesellschaft.<br />

Wir lassen kein Kind zurück – Beste Bildung für alle<br />

Indem wir gezielt und frühzeitig Familien und Kinder stärken, stärken wir gleichzeitig<br />

unser Gemeinwesen. Vorbeugend ausgerichtete Politik muss alle Kinder von Anfang<br />

an erreichen. Wir müssen früh beginnen und die Hilfsangebote besser miteinander<br />

verknüpfen, damit eine Präventionskette entsteht, die sich am Lebensweg eines<br />

Kindes orientiert. So lassen sich auch spätere Kosten vermeiden.<br />

Jedes Kind soll seine Talente entfalten können. Wir wollen unser Bildungssystem<br />

gerechter und leistungsfähiger gestalten. Wir stehen dazu, dass der Zugang zu<br />

Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf. Das Ziel ist die Beste<br />

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Bildung für alle. Zugang zu Bildung und Förderung auf hohem qualitativem Niveau,<br />

längeres gemeinsames Lernen in der Schule und ein beitragsfreies und qualitativ<br />

hochwertiges Studium sind der Schlüssel für wirtschaftliche Stärke und<br />

Zukunftsfähigkeit, für Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit.<br />

SPD und Grüne wollen den Eltern echte Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung<br />

ermöglichen. Frühkindliche Bildung kann nur mit einem Ausbau von Kita-Plätzen<br />

gelingen. Durch die Umsetzung des Schulfriedens ermöglichen wir längeres<br />

gemeinsames Lernen und schaffen leistungsstarke und gute Schulen im ganzen<br />

Land. Wir wollen, dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderung gemeinsam mit<br />

anderen Kindern lernen. Für uns gilt weiterhin: Kein Abschluss ohne Anschluss.<br />

Unser Ziel ist eine Ausbildungsgarantie. Wir wollen, dass alle Studierwilligen ein<br />

erfolgreiches Studium in <strong>NRW</strong> absolvieren können, stärken die Demokratie an<br />

unseren Hochschulen und setzen den Rahmen für eine breite und zukunftsgerichtete<br />

Forschung.<br />

Wir sind uns einig: Lebensbegleitendes Lernen ist einer der zentralen Pfeiler für<br />

Bildungsaufstieg. Nur mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die Perspektiven<br />

haben, meistern wir gesellschaftliche Umbrüche und gelingen uns gesellschaftliche<br />

Aufbrüche.<br />

Nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik schafft Generationengerechtigkeit<br />

Wir werden unsere Haushaltspolitik der Verantwortung fortsetzen, die aus einem<br />

Dreiklang besteht – gezielt sparen, in Zukunft investieren, Einnahmen erhöhen. So<br />

wird es uns gelingen, die Schuldenbremse einzuhalten. Wir sind überzeugt davon,<br />

dass Nordrhein-Westfalen mit diesem Dreiklang einen ausgeglichenen Haushalt bis<br />

zum Jahr 2020 erreichen wird. In diesem Geiste wollen wir auch in der<br />

Landesverfassung eine Schuldenbremse verankern, die aber nicht zu Lasten der<br />

Kommunen gehen darf. Wir werden aufzeigen, dass eine Politik der Vorbeugung<br />

auch schon mittelfristig finanzielle Renditen für die öffentlichen Haushalte einbringt.<br />

Zu einer verantwortungsvollen Finanzpolitik gehört auch eine faire Verteilung der<br />

Finanzmittel. Deshalb werden wir in <strong>NRW</strong> massiv darauf drängen, dass im Bund eine<br />

Vermögenssteuer wieder eingeführt, der Spitzensteuersatz für Zukunftsinvestitionen<br />

erhöht und eine Finanztransaktionssteuer erhoben wird. Starke Schultern in diesem<br />

Land können und müssen mehr tragen als schwache. Sehr viele sind dazu auch<br />

bereit – im Sinne einer gerechten Gesellschaft. Außerdem dürfen Fördermittel des<br />

Bundes nicht mehr nach Himmelsrichtung, sondern müssen nach Bedarf verteilt<br />

werden.<br />

Handlungsfähige Kommunen stärken die Demokratie<br />

Die Kommunen sind das Fundament unserer Gesellschaft. Städte und Gemeinden in<br />

Nordrhein-Westfalen sind Heimat der Menschen. Hier zeigt sich täglich, wie vielfältig<br />

und lebenswert unser Gemeinwesen ist. Die Rahmenbedingungen für ein<br />

selbstbestimmtes Leben und die soziale und gesellschaftliche Teilhabe müssen<br />

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deswegen dort gestaltet werden, wo die Menschen leben. Daher wollen wir<br />

zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Kommunen lebenswerte<br />

Wohnquartiere gestalten und weiterentwickeln. Das Quartier ist der Ort, an dem sich<br />

gesellschaftliche Solidarität entfalten kann, durch einen Mix von professionellem und<br />

ehrenamtlichen Engagement und Nachbarschaftshilfen über Generationengrenzen<br />

hinweg. Wir werden die Voraussetzungen dafür gestalten, dass Menschen im Alter<br />

und bei Pflegebedürftigkeit selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung leben<br />

können.<br />

SPD und Grüne werden ihre Politik fortsetzen, die die Kommunen als Partner auf<br />

Augenhöhe betrachtet und nicht als Bittsteller. Deshalb setzen wir unsere Politik fort,<br />

die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen zu stärken. Stadt und Land bilden<br />

eine Verantwortungsgemeinschaft.<br />

Schon zwischen 2010 und 2012 haben SPD und Grüne die Demokratie<br />

insbesondere auf kommunaler Ebene gestärkt und zu allen wesentlichen Themen<br />

den Dialog mit der Zivilgesellschaft gesucht. Demokratie zu stärken heißt, sie<br />

permanent weiterzuentwickeln. Wir werden deshalb auch auf Landesebene die<br />

direkte Bürgerbeteiligung erleichtern. Stärkung der Demokratie ist zugleich eine<br />

Stärkung der Zivilgesellschaft. Wer mitbestimmt, übernimmt Verantwortung für das<br />

Gemeinwesen. Beteiligung setzt Transparenz voraus. Wir wollen miteinander für<br />

mehr Transparenz von Politik sorgen – auf allen Ebenen. Dazu setzen wir auch auf<br />

die neuen Möglichkeiten, die die digitale Gesellschaft bietet.<br />

Wir wollen die Verfassung des Landes reformieren und werden dazu eine<br />

Verfassungskommission einrichten.<br />

Der Wirtschafts- und Innovationsstandort <strong>NRW</strong> ist leistungsfähig<br />

Unsere Wirtschaft ist stark. Die Gründe dafür liegen zum einen in den hervorragend<br />

qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und zum anderen in einer<br />

Vielzahl von innovativen und weltweit wettbewerbsfähigen Unternehmen. Mittelstand<br />

und Handwerk bilden das breite und tragfähige Fundament unserer erfolgreichen<br />

Wirtschaft. Wir helfen ihr, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und neue Leitmärkte<br />

zu erschließen. Sie kann sich zur Sicherung ihrer Innovationskraft auf ein exzellentes<br />

Netz an Hochschulen und Forschungseinrichtungen stützen. Wir werden die<br />

Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen mit einem Mittelstandsgesetz auf<br />

eine neue Grundlage stellen und die begonnene Handwerksinitiative <strong>NRW</strong> fortführen.<br />

Eine an Patientinnen und Patienten orientierte Gesundheitspolitik ist für uns die<br />

Basis für eine leistungsstarke Gesundheitswirtschaft. Sie ist treibender Faktor für<br />

Beschäftigungswachstum und Innovation.<br />

Nordrhein-Westfalen ist ein Industrieland und muss es bleiben. Die globale<br />

Wirtschafts- und Finanzkrise hat eindrucksvoll bestätigt, dass dies der richtige Weg<br />

war und ist. Gerade durch die Energiewende kann es uns gelingen, dieses<br />

Industrieland für die Zukunft fit zu machen. Die energieintensive Industrie kann die<br />

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Energiewende durch neue Geschäftsfelder mit gestalten und davon profitieren. Die<br />

Fortentwicklung der Industriestandorte wollen wir gemeinsam mit den Unternehmen<br />

und den Menschen vor Ort umsetzen und dabei verschiedene Interessen<br />

miteinander in Einklang bringen.<br />

Nordrhein-Westfalen ist ein mobiles Land. Mobilität ist eine Grundvoraussetzung für<br />

Teilhabe und eine gute Zukunft in einem industrialisierten Land. Es ist eine zentrale<br />

Herausforderung in der kommenden Legislaturperiode, Mobilität insgesamt zu<br />

vereinfachen, zu sichern und bezahlbar zu halten. Dazu muss die gesamte Mobilität<br />

in den Blick genommen werden – und zwar nicht isoliert voneinander, sondern<br />

vernetzt zwischen Straße, Wasserweg und Schiene. Wir werden noch stärker als<br />

bisher gegenüber der Bundesregierung deutlich machen, dass der<br />

Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt auf eine leistungsfähige Infrastruktur in<br />

Nordrhein-Westfalen angewiesen ist.<br />

Energiewende und Klimaschutz werden wir als Fortschrittsmotor nutzen<br />

Nordrhein-Westfalen ist das Energieland Nummer 1 und soll es auch bleiben. Dieses<br />

Potenzial müssen wir auch für die Jahrhundertaufgabe Klimaschutz nutzen.<br />

Energiewende und Klimaschutz sind zentrale Themen, die den notwendigen Umbau<br />

des Wirtschaftsstandortes <strong>NRW</strong> prägen und den Industriestandort <strong>NRW</strong> stärken<br />

werden: Klimaschutz ist für uns Fortschrittsmotor. Wir wissen dabei, dass Ökonomie<br />

und Ökologie, Arbeit und Umwelt keine Gegensätze sind. Deshalb treffen wir mit<br />

dem Klimaschutzgesetz eine politische Leitentscheidung und wollen die großen<br />

Chancen, die in der Energiewende liegen, konsequent nutzen, ohne die<br />

Herausforderungen aus dem Auge zu verlieren. Wir werden den schnellstmöglichen<br />

Umstieg auf Erneuerbare Energien und den Ausbau von Energieeffizienz und<br />

Energieeinsparung vorantreiben. Wir wollen die Energiewende sozial gestalten.<br />

Hohe Energiepreise treffen vor allem Menschen mit geringem Einkommen. Politik<br />

muss den Grundstein legen und Anstöße geben, damit wir miteinander die Klimaziele<br />

erreichen und die Energiewende meistern.<br />

Verantwortungsvolle Politik schützt Mensch und Umwelt<br />

Wir verpflichten uns, Mensch und Natur in <strong>NRW</strong> nachhaltig zu schützen. Ein neuer<br />

ökologischer Aufbruch in <strong>NRW</strong> ist notwendig. Bei der Bekämpfung der<br />

Umweltprobleme haben wir erste Schritte gemacht, stehen aber weiter vor großen<br />

Herausforderungen.<br />

Kinder haben hier einen besonderen Schutzanspruch und das Recht, in einer<br />

intakten und nicht gesundheitsgefährdenden Umwelt aufzuwachsen. Nachhaltigkeit<br />

bedeutet für uns die Verbindung von sozialer Gerechtigkeit und ökonomischer<br />

Vernunft mit ökologischer Verantwortung. Deshalb setzen wir uns ein für<br />

ambitionierte Umweltstandards, eine Ökologisierung der Landwirtschaft, eine<br />

naturnahe und zukunftsorientiere Waldwirtschaft, einen starken Verbraucherschutz<br />

sowie eine neue Umweltwirtschaftsstrategie für <strong>NRW</strong>. Wir wollen einen nachhaltig<br />

ausgerichteten Industriestandort <strong>NRW</strong>.<br />

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Wir wollen das Naturerbe in <strong>NRW</strong> bewahren, die biologische Vielfalt konsequent<br />

schützen und das Überleben zahlreicher Tier- und Pflanzenarten sichern.<br />

Sauberes und gesundes Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Wasser ist<br />

ein Teil der Daseinsvorsorge und gehört in öffentliche Verantwortung. Wir verfolgen<br />

ein Konzept der nachhaltigen und ökologischen Wasserwirtschaft. Flüsse, Bäche und<br />

ihre Auen sollen wieder zu zentralen Lebensadern werden.<br />

Der Boden stellt eine unvermehrbare und unverzichtbare Lebensgrundlage dar. Sein<br />

Schutz hat mit Blick auf die Ressourcenknappheit, den Erhalt der regionaltypischen<br />

biologischen Vielfalt und der zukünftigen landwirtschaftlichen Produktion eine<br />

wachsende Bedeutung.<br />

Wir wollen eine nachhaltige, bäuerliche und gentechnikfreie Landwirtschaft, die zum<br />

Erhalt und zur Entwicklung lebenswerter ländlicher Räume beiträgt, und wollen den<br />

Ökolandbau ambitioniert ausbauen. Die Förderung tier- und artgerechter<br />

Haltungsformen und den Tierschutz wollen wir deutlich verstärken.<br />

<strong>NRW</strong> setzt auf gute Arbeit und gerechte Löhne<br />

Wir wollen uns nicht damit abfinden, dass die Schere auf dem Arbeitsmarkt zwischen<br />

denen, die einen festen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz haben und<br />

denen, die lediglich einer unsicheren und oftmals auch schlecht bezahlten<br />

Beschäftigung nachgehen, immer größer wird. Wir wenden uns entschieden<br />

dagegen, dass die Zahl der befristeten Arbeitsverträge und die Zahl derer, die von<br />

einem Niedriglohn leben müssen, rasant steigt. Deshalb treten wir für einen<br />

allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn ein. Der Missbrauch in der Leih- und Zeitarbeit<br />

muss beendet werden. Wir werden den gravierenden Benachteiligungen am<br />

Arbeitsmarkt entgegentreten und setzen uns vor allem für gleichen Lohn für<br />

gleichwertige Arbeit ein. Zu viele Menschen werden so auch bei uns dauerhaft von<br />

Wohlstand und gesellschaftlicher Teilhabe abgekoppelt. Gleichzeitig steigt der<br />

Fachkräftemangel.<br />

Wir setzen uns gemeinsam mit den Gewerkschaften für gute Arbeit, anständige<br />

Arbeitsbedingungen und faire Löhne ein. Wir halten am Ziel der Vollbeschäftigung<br />

fest. Wir treten auch in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften für<br />

Mindeststandards als Regeln gegen Missbrauch und Lohndumping auf dem<br />

Arbeitsmarkt ein. Für uns ist es eine Frage der Verantwortung für den sozialen<br />

Zusammenhalt unserer Gesellschaft, den Menschen durch gute Arbeit wieder<br />

Teilhabe und sozialen Aufstieg zu ermöglichen.<br />

Nordrhein-Westfalen: Land des Zusammenhalts<br />

Die Menschen in <strong>NRW</strong> wissen um den Wert von sozialer Gerechtigkeit und<br />

gesellschaftlicher Teilhabe. Doch nach wie vor haben viele weniger Chancen und<br />

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sind vom gemeinsamen Leben in <strong>NRW</strong> ausgeschlossen. Deshalb wollen wir<br />

Nordrhein-Westfalen zum Land des Zusammenhalts weiterentwickeln und hier die<br />

Vorreiterrolle übernehmen. Alle Menschen, die hier leben, sind Teil dieses Landes –<br />

unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer körperlichen und geistigen<br />

Verfassung, unabhängig von Geschlecht, Alter oder sexueller Identität, unabhängig<br />

vom finanziellen oder sozialen Status. Unser Ziel einer geschlechtergerechten und<br />

diskriminierungsfreien Gesellschaft erreichen wir nur in enger Zusammenarbeit mit<br />

den Organisationen und Initiativen der Zivilgesellschaft.<br />

Den demografischen Wandel gestalten<br />

Der demografische Wandel ist eine der zentralen gesellschaftspolitischen<br />

Herausforderungen unserer Zeit. Wir werden die Veränderungen, Chancen und<br />

Herausforderungen, die durch die älter werdende Gesellschaft auf uns zukommen,<br />

aktiv gestalten. Wir werden zusammen mit allen beteiligten gesellschaftlichen<br />

Akteurinnen und Akteuren Kräfte bündeln, um Wirtschaft, Infrastruktur und soziale<br />

Sicherungssysteme für die älter werdende Gesellschaft zukunftsfähig zu machen.<br />

Nur so wird es uns gelingen, das Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe in jeder<br />

Lebensphase sicherzustellen. Unsere gesundheitliche und pflegerische Versorgung<br />

muss sich auf die veränderte Bedarfe einstellen und sich – statt an den Strukturen –<br />

an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten.<br />

Rot-Grün – gut für Nordrhein-Westfalen und den Bund<br />

Die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalen haben am 13. Mai 2012<br />

deutlich gemacht: Die Menschen in Nordrhein-Westfalen lehnen eine Politik der<br />

Entsolidarisierung ab. Sie haben sich für eine Politik der Verantwortung und des<br />

Miteinanders, einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung und damit für eine gute<br />

Zukunft unseres Landes entschieden. SPD und Grüne arbeiten darauf hin, dass<br />

dies künftig auch für die Bundespolitik gilt. Wir übernehmen Verantwortung und<br />

gestalten miteinander die Zukunft.<br />

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II. Bildung<br />

Bildung bedeutet das Herausbilden einer Persönlichkeit, die Vermittlung von Wissen,<br />

das Miteinanderlernen, das Vermitteln von Werten und Haltungen, das Erlernen von<br />

Demokratie und sozialer Kompetenz. Gute Bildung ist ein entscheidender Baustein<br />

für Chancengleichheit, Gerechtigkeit, Partizipation, sozialen Zusammenhalt und für<br />

die persönliche Zukunft. Gute Bildungspolitik ist zugleich präventive Sozial-,<br />

Wirtschafts- und Integrationspolitik. Und gute Bildung ist ein Grundpfeiler für eine<br />

gestärkte lebendige Demokratie und die Zukunft unseres Landes.<br />

Noch immer hängt der Bildungserfolg in Deutschland stark von der sozialen Herkunft<br />

ab. Auch in <strong>NRW</strong> sind wir noch weit von Chancengleichheit entfernt. Das kann sich<br />

unsere Gesellschaft weder sozial noch volkswirtschaftlich länger leisten. Deshalb<br />

wollen wir ein gerechteres und leistungsfähigeres Bildungssystem schaffen. Wir<br />

wollen alle Talente fördern und alle Potenziale entwickeln. Wir wollen kein Kind<br />

zurücklassen. Hoffnungslose Fälle können wir uns nicht leisten.<br />

SPD und GRÜNE denken Bildung nicht von der Institution, sondern von den Kindern<br />

und Jugendlichen, dem Menschen aus. Jeder Mensch verfügt über Potenziale und<br />

Fähigkeiten, die erkannt, gefördert und entwickelt werden müssen. Für eine<br />

Wissensgesellschaft stellt sich auch die Frage von Teilhabe und Chancengleichheit<br />

neu. Wir wollen optimale Bildungsmöglichkeiten schaffen, um allen Kindern und<br />

Jugendlichen gleiche Chancen zu ermöglichen. Deshalb setzen wir auf ein inklusives<br />

Bildungssystem, auf lebensbegleitendes Lernen, auf mehr Qualität in den Kitas und<br />

auf leistungsstarke Schulen und Hochschulen.<br />

Zentrale Themen sind neben der Struktur eines gerechten und leistungsstarken<br />

Bildungssystems der quantitative und qualitative Ausbau von frühkindlichen<br />

Betreuungsplätzen, die innere Schulentwicklung, ausreichende Studienplätze an<br />

demokratischen Hochschulen sowie die Kooperation zwischen<br />

Bildungseinrichtungen, Familien und weiteren außerschulischen Einrichtungen in<br />

regionalen Netzwerken.<br />

Wir wissen: Je länger Kinder eine Kindertagesstätte besuchen, desto besser sind<br />

ihre späteren Bildungsabschlüsse. Wir sind überzeugt: Längeres gemeinsames<br />

Lernen macht unser Schulsystem gerechter und leistungsfähiger.<br />

Wir bekennen uns nach wie vor zu dem Ziel, bis 2015 gesamtstaatlich 10 % des<br />

Bruttoinlandsprodukts für Bildungs- und Forschungsausgaben aufzuwenden.<br />

Wir streben gemeinsam eine Aufhebung des Kooperationsverbotes an. Dabei wollen<br />

wir den gesamten Bildungsbereich einbeziehen.<br />

Für eine Politik der Vorbeugung<br />

Wir wollen kein Kind zurücklassen. Soziale Herkunft darf Bildungschancen nicht<br />

erschweren. Davon hängen die Zukunftsfähigkeit und der Zusammenhalt unseres<br />

Landes ab.<br />

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In der vergangenen Wahlperiode haben wir große Anstrengungen unternommen, um<br />

Kinder in ihrer Entwicklung früh zu fördern und Eltern bei der Betreuung, Bildung und<br />

Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen. Dazu gehört der präventive Kinderschutz.<br />

Dazu gehören Projekte wie der kostenlose Elternkurs und der Ausbau der<br />

Familienzentren in sozial benachteiligten Stadtteilen. Die Erfolge geben uns Recht.<br />

Wir müssen früh ansetzen und zielgenau helfen. Denn wir wollen, dass in Nordrhein-<br />

Westfalen alle Kinder die gleichen Chancen für ein gelingendes Aufwachsen haben.<br />

Deshalb setzen wir auf eine Politik der Vorbeugung. Diese baut auf den vorhandenen<br />

Angeboten der Einrichtungen und Trägern auf, so z.B. die der Kinder- und<br />

Jugendhilfe, der Bildungseinrichtungen der Familienpolitik sowie der Sozial- und<br />

Gesundheitspolitik. Wir wollen zudem Brücken zu zivilgesellschaftlichen Akteuren<br />

und zur Wirtschaft schlagen und setzen auf eine aktive Teilhabe der Familien,<br />

Kindern und Jugendlichen bei der Ausgestaltung des präventiven Ansatzes. Es geht<br />

uns um den Aufbau verbindlicher Netzwerkstrukturen, damit in der Prävention eine<br />

Hand in die andere greift und so ein wirksames Vorbeugesystem mit eindeutigen<br />

Zuständigkeiten entsteht.<br />

Mit dem gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung begonnenen Projekt „Kein Kind<br />

zurücklassen“ gehen wir diesen Weg. In 18 Kommunen bauen wir Präventionsketten<br />

auf, die ein systematisches präventives Handeln beispielhaft ermöglichen. Unsere<br />

Politik der Vorbeugung folgt dabei dem Grundsatz: Früh handeln, gezielt fördern und<br />

rechtzeitig unterstützen.<br />

Wir verknüpfen unseren politischen Ansatz des Projektes „Kein Kind zurücklassen“<br />

mit den Zielen und Fördermöglichkeiten des neuen Bundeskinderschutzgesetzes und<br />

wollen mit einem Gesetz zum präventiven Kinderschutz vorbeugende Politik<br />

flächendeckend im Land umsetzen. Dabei streben wir deren Konkretisierung und<br />

Einbettung in die vorbeugende Politik unseres Landes an. Wir wollen ein Gesetz zum<br />

präventiven Kinderschutz und für frühe Hilfen entwickeln.<br />

Der vorbeugende Politikansatz bedeutet konkret:<br />

• Wir stärken unter Einbeziehung des Bundeskinderschutzgesetzes den<br />

präventiven Kinderschutz und verbinden ihn mit unserem vorbeugenden<br />

Politikansatz,<br />

• wir unterstützen Eltern in ihrer Erziehungskompetenz und vernetzen die<br />

Bildungs- Beratungs- und Hilfsangebote (Familienhebammen), die wir weiter<br />

stärken wollen;<br />

• wir setzen unsere begonnenen Aktivitäten zur Stärkung gesundheitlicher<br />

Präventions- und Hilfeangebote fort;<br />

• wir konzentrieren unsere Angebote in sozial benachteiligten Stadtteilen sowie<br />

auf diejenigen, die sie am dringendsten benötigen und folgen dabei der<br />

Perspektive von Kindern und Jugendlichen;<br />

• wir unterstützen die Kommunen dabei, ihre vorbeugenden Angebote<br />

passgenau fortzuentwickeln und setzen das Modellvorhaben „Kein Kind<br />

zurücklassen! – Kommunen in <strong>NRW</strong> beugen vor“ fort;<br />

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• wir verbessern die Voraussetzungen zur Vernetzung der Jugendhilfe mit<br />

Schule, Gesundheit und Familienförderung unter Einbeziehung aller, auch<br />

zivilgesellschaftlicher Akteure;<br />

• wir beteiligen die Familien, Kinder und Jugendliche bei der Ausgestaltung<br />

unserer vorbeugenden Politik und<br />

• wir bauen die Studien- und Berufswahlorientierung flächendeckend aus und<br />

werden das Übergangssystem von der Schule in den Beruf wirksam<br />

optimieren.<br />

•<br />

Kinderarmut bekämpfen<br />

Die Bekämpfung der Kinderarmut hat in diesem Kontext einen besonderen<br />

Stellenwert. Denn besonders Kinder, deren Eltern in Armut leben, sind von den<br />

positiven Entwicklungen unserer Gesellschaft oftmals ausgeschlossen und immer<br />

noch entscheidet der soziale Hintergrund der Eltern über die Chancen und<br />

Möglichkeiten der Kinder. Das wollen wir ändern.<br />

Jedes sechste Kind in Deutschland ist von Armut bedroht. Rund 450.000 Kinder in<br />

<strong>NRW</strong> leben in Familien, die Leistungen nach dem SGB II beziehen. In Städten wie<br />

Dortmund und Duisburg sowie anderen strukturschwachen Regionen ist zudem die<br />

Quote der von Armut bedrohten Menschen seit 2005 zudem erheblich gestiegen;<br />

davon sind auch maßgeblich Kinder betroffen. Kinder mit armen Mütter und / oder<br />

Vätern haben bisher in unserer Gesellschaft weniger Chancen auf Teilhabe, sei es<br />

bei der Bildung, bei Sport oder Kultur.<br />

Wir setzen uns auf Bundesebene für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein.<br />

Zudem müssen wir dafür sorgen, dass das Bildungs- und Teilhabepaket bei den<br />

Kindern und Jugendlichen ankommt. Dazu ist dieses weiterzuentwickeln und<br />

unbürokratischer zu gestalten. Wir wollen keine kommerziellen Hilfeagenturen, wir<br />

wollen eine qualitativ hochwertige und damit auch nachhaltig wirkende Infrastruktur<br />

an Bildungs- und Teilhabeeinrichtungen. Bevor dieser Ausbau möglich und erreicht<br />

ist, wollen wir, dass die einzelnen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes<br />

finanziell bedarfsdeckend und den individuellen Bedürfnissen von Kindern und<br />

Jugendlichen entsprechend sind. Zudem sind die Antragsverfahren zu vereinfachen.<br />

Auch setzen wir uns dafür ein, dass alle Kinder, die bedürftig sind, am Bildungs- und<br />

Teilhabepaket partizipieren dürfen, und wir nicht wie bisher durch einen<br />

Härtefallfonds des Landes aushelfen müssen. Zudem fordern wir grundsätzlich eine<br />

Aufhebung des im Grundgesetz festgehaltenen Kooperationsverbots in der Bildung.<br />

Somit wäre eine direkte Infrastrukturförderung der Bildungs- und<br />

Teilhabeeinrichtungen möglich.<br />

Materielle Armut von Kindern ist auch häufig Bildungsarmut. Deshalb müssen und<br />

wollen wir alle Möglichkeiten nutzen, dieser Entwicklung entgegenzutreten und<br />

Kinder optimal fördern. Um die Maßnahmen und Ansätze - dort wo möglich -<br />

miteinander zu verbinden ist der „Runde Tisch“ hilfreich. Der Runde Tisch „Hilfe für<br />

Kinder in Not“ soll daher fachübergreifende Strategie- und Handlungsmöglichkeiten<br />

gegen Kinderarmut für Nordrhein-Westfalen entwickeln. An ihm nehmen unter<br />

Federführung der obersten Landesjugendbehörde Vertreterinnen und Vertreter<br />

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verschiedener Ressorts der Landesregierung sowie Expertinnen und Experten aus<br />

Kommunen, Verbänden und anderen Institutionen teil.<br />

Alle Talente fördern<br />

Unser Schulsystem muss dem Ziel der Chancengleichheit für alle Kinder besser<br />

gerecht werden. Wir müssen alle Talente fördern und alle Potenziale entfalten. Die<br />

Teilhabe an Bildung stellt die Weichen für die Lebensplanung, sie ist der Schlüssel<br />

für Bildungskarrieren und eine gelingende Berufslaufbahn. Deshalb müssen<br />

insbesondere Benachteiligungen früh erkannt und kompensiert werden, um die<br />

soziale „Vererbung“ von Bildungsarmut zu verhindern. Hierzu bedarf es einer<br />

sozialräumlichen Ressourcensteuerung, für die wir den Sozialindex weiterentwickeln.<br />

Schule ist Lern- und Lebensort für alle Kinder<br />

Ganztagsschulen als Lern- und Lebensort bieten allen Kindern und Jugendlichen<br />

neue Chancen, Lernanregungen und eine vertiefte individuelle Förderung zu<br />

erhalten. Damit werden Wege zu neuen Erfahrungen geöffnet, die über die<br />

bisherigen Lebensweltbezüge hinausgehen. Schulaufgaben sollen nicht in die<br />

Familien verlagert werden. Der Bildungserfolg sollte nicht davon abhängen, ob sich<br />

Eltern Nachhilfe für ihre Kinder leisten können oder nicht. Gleichwohl gilt der<br />

Anspruch an die Eltern, sich aktiv und unterstützend in die Erziehungspartnerschaft<br />

von Schule und Elternhaus einzubringen. Wir wollen eine Willkommenskultur in den<br />

Schulen verankern, um diese Verantwortungsgemeinschaft zu stärken.<br />

Der Zusammenhalt der Gesellschaft wird mit einem inklusiven Bildungssystem<br />

gestärkt. Verschieden zu sein ist normal. Alle Kinder sollen willkommen und<br />

angenommen sein. Miteinander und voneinander zu lernen, eröffnet neue<br />

Lernchancen für alle Kinder. Die Vielfalt der Menschen mit ihren unterschiedlichen<br />

Talenten und Fähigkeiten ist eine Bereicherung. Neben dem Erwerb fachlicher<br />

Kompetenzen wollen wir auch den Erwerb der notwendigen Schlüsselqualifikationen<br />

stärken. Kommunikations- und soziale Kompetenzen sind für eine erfolgreiche<br />

Berufslaufbahn ebenso unverzichtbar wie interkulturelle Kompetenz und die<br />

Wertschätzung von Verschiedenheit.<br />

Demokratie und Lebensgestaltung kann gelernt werden<br />

Schule hat den Auftrag, zum Leben in der sozialen Gemeinschaft und der<br />

Demokratie zu erziehen. Dazu muss sie Demokratie leben. Wir wollen den<br />

gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und frühzeitig gegen fundamentalistische<br />

und antidemokratische Tendenzen sensibilisieren. Wir stärken auch die<br />

Kompetenzen zur Lebensgestaltung, u. a. durch die Vermittlung von allgemeiner<br />

Finanzkompetenz, Verbraucher-, Gesundheits- und Ernährungsbildung.<br />

Bewegungsförderung und Sport haben für uns einen hohen Stellenwert.<br />

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Diese Prävention in der Schule zahlt sich aus<br />

Gelingende Bildungsbiografien sind ein Schlüssel für gelingende<br />

Beschäftigungsbiografien. Durch gute Bildung wird das Risiko, erwerbslos zu<br />

werden, gemindert. Dies trägt dazu bei, Sozialtransfers zu reduzieren und die<br />

volkswirtschaftliche Leistung zu erhöhen. Der präventive Ansatz einer<br />

systematischen Begleitung von Kindern und Jugendlichen reagiert frühzeitig auf sich<br />

anbahnende Schwierigkeiten und nicht erst, wenn sich Auffälligkeiten zeigen, die<br />

repariert werden müssen.<br />

Multiprofessionelle Teams ergänzen die pädagogische Arbeit in den Schulen.<br />

Dadurch werden die Kinder gestärkt und die Lehrkräfte entlastet, die sich so besser<br />

auf ihre Kernaufgabe des guten Unterrichts konzentrieren können.<br />

Für lebensbegleitendes Lernen öffnen<br />

Die gelingende Bildungsbiografie von Kindern und Jugendlichen bildet auch die<br />

Grundlage, sich im Berufs- und Lebensverlauf auf neue Herausforderungen<br />

einzulassen und sich für neue Anforderungen zu qualifizieren. Das Prinzip,<br />

Potenziale zu stärken, muss auch in der Weiterbildung stärker wirksam werden.<br />

Vorbeugung schützt vor intensiven Ausgaben<br />

Nordrhein-Westfalen investiert viel Geld in Maßnahmen der Hilfe, die erst spät<br />

ansetzen. Allein die Kosten für die Hilfen zur Erziehung überfordern die Jugendämter<br />

zunehmend. Auch die Kosten, die durch Schulabbrüche, mangelnde Schulbildung<br />

etc. entstehen sind enorm. Das wollen und müssen wir durch unsere vorbeugende<br />

Politik anpacken. Die vorliegenden Daten und Fakten sprechen für sich. Wir halten<br />

am Rechtsanspruch auf Hilfen für Erziehung fest. Land und Kommunen finanzieren<br />

ein Vielfaches mehr in den Bereich der Reparaturen als in die Vorbeugung. Dieses<br />

Verhältnis muss umgekehrt werden.<br />

Denn Haushaltskonsolidierung und vorsorgende Politik sind zwei Seiten ein und<br />

derselben Medaille. Die gesellschaftlichen, sozialen und bildungspolitischen<br />

Versäumnisse von heute sind die Schulden von morgen. Was wir bei der Förderung<br />

unserer Kinder und bei der Unterstützung von Familien kurzfristig versäumen, kommt<br />

die öffentlichen Haushalte langfristig teuer zu stehen. Unsere vorsorgende Politik<br />

setzt daher auch bei den Ursachen von Einnahmeausfällen und<br />

Ausgabesteigerungen an, um Defizite durch eine Veränderung der Strukturen in den<br />

Griff zu bekommen.<br />

In Federführung der Obersten Landesjugendbehörde und unter Einbeziehung<br />

anderer Ressorts, die wichtige Entscheidungen für junge Menschen und Familien<br />

treffen, wollen wir daher diesen Prozess einer Politik der Vorbeugung steuern und<br />

fachlich begleiten.<br />

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Frühkindliche Bildung - Förderung von Anfang an<br />

Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind die entscheidenden Bildungsjahre. Sie<br />

sind für ein gelingendes Aufwachsen von zentraler Bedeutung. Wir wollen daher die<br />

Angebote frühkindlicher Erziehung, Bildung und Betreuung sowie die Familien in<br />

ihrer Bedeutung für die Bildung und Erziehung anerkennen und als prioritäre Glieder<br />

der Bildungskette fördern. Hier machen Kinder ihre ersten Erfahrungen, die<br />

grundlegend für alle weiteren Bildungsanstrengungen sind.<br />

Elementare Bildung geht von kompetenten Kindern aus, denen kompetente<br />

Erwachsene in gemeinsamer Verantwortung begegnen. Dies gilt in besonderer<br />

Weise für Sprache und Kommunikation, aber auch für andere Erfahrungs- und<br />

Bildungsbereiche von Bewegung und Motorik über Kultur bis hin zur<br />

Auseinandersetzung mit der Natur.<br />

Wir wollen Chancengleichheit und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe.<br />

Deshalb brauchen wir ein Angebot elementarer Bildung, das den Kindern und den<br />

Bedarfen ihrer Familien gerecht wird. Bestehende Barrieren wie Gebühren, Mangel<br />

an U3-Plätzen und Hemmnisse für Kinder mit Behinderung sollen abgebaut werden.<br />

Neben diesem notwendigen Abbau von Zugangsbarrieren brauchen wir auch einen<br />

weiteren Ausbau der Qualität der pädagogischen Arbeit in den Tageseinrichtungen<br />

und der Kindertagespflege. Wir werden prüfen, wie das Qualitätsmanagement in den<br />

Kindertageseinrichtungen weiter unterstützt und verbessert werden kann.<br />

Wir wollen in die frühe Bildung investieren, um eine gute Bildungsförderung für alle<br />

Kinder von Anfang an zu ermöglichen. Pädagogische Fachkräfte sind zentrale<br />

Beziehungspersonen, die Kinder intensiv fördern und Eltern in diesen Förderprozess<br />

einbeziehen müssen. Die Personalausstattung der Kitas und die Qualifizierung des<br />

pädagogischen Fachpersonals müssen den wachsenden Anforderungen gerecht<br />

werden. Deshalb wollen wir eine bessere Personalausstattung und uns stärker bei<br />

der Aus- und Weiterbildung des Kita-Personals engagieren.<br />

Nur ein guter Personalmix wird den heutigen Anforderungen an frühkindliche<br />

Bildung, Erziehung und Betreuung gerecht. Dazu gehört auch der verstärkte Einsatz<br />

von Fachkräften mit Hochschulabschluss. Für die Kindertagespflege sind<br />

flächendeckende Maßnahmen zur Qualitätssicherung notwendig.<br />

Dem Fachkräftemangel begegnen<br />

Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren die Ausbildungskapazität für<br />

Erzieherinnen und Erzieher stark erhöht. Dennoch werden wir verstärkt<br />

Anstrengungen zur Gewinnung und Qualifizierung von Fachkräften unternehmen.<br />

Wir werden prüfen, ob zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen werden<br />

können und wir gleichzeitig alle vorhandenen arbeitsmarktpolitischen Instrumente<br />

nutzen, um mehr Fachkräfte für die Kindertageseinrichtungen zu gewinnen. Wir<br />

wollen eine praxisintegrierte bzw. dualorientierte Erzieherinnen- und<br />

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Erzieherausbildung gemeinsam mit interessierten Trägern und Berufskollegs an<br />

einigen Modellstandorten erproben.<br />

Für die staatliche Anerkennung der einschlägigen Studienabschlüsse werden wir die<br />

rechtlichen Grundlagen schaffen. Zugleich unterstützen wir die Durchlässigkeit und<br />

Anschlussfähigkeit der Bildungswege einschließlich der Studiengänge für<br />

Fachschulabsolventinnen und -absolventen. Qualitativ werden wir die<br />

Fachschulausbildung auch im Hinblick auf die Förderung der unterdreijährigen<br />

Kinder weiter entwickeln.<br />

Das Fachkräfteprinzip hat Bestand. Zur Sicherung des insbesondere mit dem U3-<br />

Ausbau verbundenen Personalmehrbedarfs werden im Zusammenwirken mit den<br />

Trägern auch der Einsatz und Möglichkeiten zur Fortbildung von Kinderpflegerinnen<br />

und Kinderpflegern dauerhaft gewährleistet.<br />

Wir werden Maßnahmen ergreifen, um mehr junge Männer für die Arbeit in der<br />

frühkindlichen Bildung zu gewinnen.<br />

Wir müssen allen Kindern die Chance geben, ihre Talente und Potenziale zu<br />

entfalten. Unsere Gesellschaft, aber auch der Wirtschaftsstandort <strong>NRW</strong>, sind auf<br />

Ideen und Kreativität angewiesen. Deshalb müssen wir mehr junge Menschen zu<br />

besseren Abschlüssen bringen. Damit dies gelingt, muss die Förderung früh<br />

beginnen. Wir dürfen kein Kind mehr zurücklassen. Daher ist für uns klar: Bildung<br />

darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Wir werden schrittweise die<br />

Elternbeitragsfreiheit in den Kindertageseinrichtungen einführen.<br />

U3-Ausbau weiter voranbringen<br />

Wir stehen zum Ausbau der Kita-Plätze für unterdreijährige Kinder und zum<br />

Rechtsanspruch ab 2013. Beim U3-Ausbau werden wir die bereits in der letzten<br />

Legislaturperiode gemeinsam mit den Kommunen und Trägern gestartete<br />

Ausbaudynamik steigern.<br />

Wir erkennen den verfassungsrechtlichen Anspruch der Kommunen auf einen<br />

Lastenausgleich (Konnexität) für die Investitions- und die Betriebskosten zur<br />

Erfüllung des Rechtsanspruchs an und werden die Kommunen bei der Finanzierung<br />

eines bedarfsgerechten Betreuungsangebotes dauerhaft unterstützen. Deshalb<br />

werden wir als eine der ersten Maßnahmen zu Beginn der Legislaturperiode den<br />

Gesetzentwurf für einen Kostenausgleich bei der Finanzierung der U3-Betreuung in<br />

den Landtag einbringen. Die Ausgleichszahlungen werden in den Folgejahren mit der<br />

Zahl neu geschaffener U3-Plätze weiter ansteigen. Wir erwarten im Gegenzug von<br />

den Kommunen, dass diese zusätzlichen Mittel vollständig für die Betreuung der<br />

unterdreijährigen Kinder zu Verfügung gestellt werden.<br />

Wir erwarten aber auch, dass sich der Bund, wie beim Krippengipfel 2007 zugesagt,<br />

an den tatsächlichen Kosten beteiligt. Nur so kann der bedarfsgerechte Ausbau<br />

eines qualitativ guten Betreuungsangebotes dauerhaft gesichert werden. Wir fordern<br />

den Bund auf, die geplanten Mittel für das Betreuungsgeld den Ländern und<br />

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Kommunen zur Schaffung von U3-Plätzen zur Verfügung zu stellen. Unser Ziel<br />

bleibt: Ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot mit guter Qualität.<br />

Wir werden bei öffentlichen und privaten Arbeitgebern darauf hinwirken, sich im<br />

Sinne der Familienfreundlichkeit an der Schaffung von Kita-Plätzen stärker zu<br />

beteiligen. Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist uns ein<br />

zentrales Anliegen. Wir wollen bedarfsgerechte Formen flexibler<br />

Betreuungsangebote erproben.<br />

Inklusion in der Kita<br />

Kein Kind mit Behinderung soll Ausgrenzung erfahren. Vielmehr sollen von Anfang<br />

an Kinder mit und ohne Behinderung zusammen in den Kindergarten gehen. Der<br />

Auftrag der UN Konventionen für die Rechte der Menschen mit Behinderung gilt in<br />

vollem Umfang auch in der frühkindlichen Bildung.<br />

Mit dem ersten KiBiz-Änderungsgesetz haben wir bereits die Inklusion in den<br />

Kindertagesstätten gestärkt. Wir wollen nun für ein bedarfsgerechtes Angebot an<br />

erforderlichen heilpädagogischen Maßnahmen in den Kindertageseinrichtungen<br />

sorgen. Die unterschiedlichen Wege, die die beiden Landschaftsverbände in der<br />

Frage der inklusiven Elementarbildung und Frühförderung eingeschlagen haben,<br />

wollen wir unter Beachtung der unterschiedlichen Erfahrungen harmonisieren, um<br />

einen landesweiten Fördermechanismus zu erreichen. Zur Stärkung des<br />

Inklusionsprozesses wollen wir, dass die bewährte Elternmitwirkung in den<br />

Kindertagesstätten und auf den verschiedenen politischen Ebenen auch auf die<br />

heilpädagogischen Einrichtungen ausgeweitet werden kann.<br />

Die frühkindliche Bildung hat mit ihrem hohen Inklusionsanteil von ca. 80 % eine<br />

Vorreiterrolle für das gesamte Bildungssystem. Gemeinsam mit den<br />

Landschaftsverbänden wollen wir erreichen, dass wir für jedes Kind mit Behinderung<br />

ein wohnortnahes inklusives Betreuungsangebot anbieten können.<br />

Sprachförderung<br />

Gelingende Bildungsbiographien setzen das Beherrschen der deutschen Sprache<br />

voraus. Das Delfin 4 und 5-Verfahren genügt nicht den notwendigen Anforderungen.<br />

Daher werden wir die Sprachdiagnostik und -förderung gemeinsam mit den Trägern<br />

und mit wissenschaftlicher Unterstützung weiterentwickeln und auf eine verlässliche<br />

konzeptionelle Grundlage stellen. Hierzu gehört auch die Überprüfung der<br />

erforderlichen Kosten und Verfahren. Die Mehrsprachigkeit von Kindern ist - bei<br />

vorrangiger Förderung der Deutschkenntnisse - als Kompetenz anzuerkennen und<br />

zu fördern.<br />

Ein neues Gesetz für frühkindliche Bildung<br />

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Wer eine gute individuelle Förderung der Kinder will, braucht eine verlässliche<br />

gesetzliche Grundlage. Um Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kita zu stärken,<br />

brauchen wir eine auskömmliche Finanzierung. Diese werden wir für die<br />

kommunalen sowie die freien gemeinnützigen Einrichtungen und Träger<br />

sicherstellen. In diesem Sinne werden wir das Finanzierungssystem überprüfen und<br />

anpassen.<br />

Den erfolgreichen und dialogorientierten KiBiz-Revisionsprozess werden wir<br />

weiterführen und mit einem neuen Gesetz abschließen. Dabei geht Sorgfalt vor<br />

Geschwindigkeit, da bereits mit dem ersten KiBiz-Änderungsgesetz die<br />

schwerwiegendsten Verwerfungen behoben werden konnten. Ziel ist es, den<br />

Elementarbereich so auszugestalten, dass ein Höchstmaß an individueller Förderung<br />

und Qualität erreicht wird.<br />

Wer Kinder gut und früh fördern will, muss auch die Eltern in ihrer Verantwortung<br />

unterstützen und stärken. Daher halten wir an der Vernetzung von<br />

Kindertagesbetreuung, Familienberatung und Familienbildung grundsätzlich fest. Wir<br />

werden den begonnenen Weg der Neuorientierung von Familienzentren fortsetzen,<br />

qualitativ weiterentwickeln und ihren quantitativen Ausbau in erster Linie dort<br />

vornehmen, wo besondere Unterstützungsbedarfe bestehen.<br />

Elternmitwirkung weiter stärken<br />

Die mit dem ersten KiBiz-Änderungsgesetz eingeführten Elternbeiräte werten wir als<br />

großen Erfolg und wollen deren Rolle in den Einrichtungen, Jugendamtsbezirken,<br />

Landschaftsverbänden und auf Landesebene weiter stärken. Wir werden Eltern- und<br />

Beschäftigtenvertretungen sowie die Landesvertretung der Kindertagespflege stärker<br />

in die Entwicklung landesweiter Regelungen zur Bildung, Erziehung und Betreuung<br />

von Kindern einbeziehen und die Erfahrungen der Praxis berücksichtigen.<br />

Kinderrechte stärken<br />

In der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen sind Kinderrechte bereits<br />

festgelegt. Wir setzen uns weiter dafür ein, dass Kinder- und Jugendrechte auch im<br />

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert werden.<br />

Im Deutschen Bundestag engagiert sich die Kinderkommission regelmäßig und<br />

fraktionsübergreifend für Kinderrechte und erörtert kinderpolitische Themen. Da sich<br />

diese Arbeitsweise bewährt hat, regen wir an, auch im Landtag von Nordrhein-<br />

Westfalen eine solche Kommission einzurichten. Dabei wollen wir ein eigenes<br />

Anrufungsrecht der Kinder verankern.<br />

Schule der Zukunft: Schule als Lern- und Lebensort<br />

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Das nordrhein-westfälische Schulsystem ist den Anforderungen der Zukunft noch<br />

nicht gewachsen. Nach wie vor hängt der Bildungserfolg viel zu sehr vom sozialen<br />

Status der Eltern ab. Dabei werden besonders Kindern mit Zuwanderungsgeschichte<br />

Chancen vorenthalten. Wir wollen ein sozial gerechtes und leistungsförderndes<br />

Schulsystem schaffen, das alle Talente nutzt, Verschiedenheit schätzt, kein Kind<br />

zurücklässt und eine Kultur des Behaltens für die aufgenommenen Schülerinnen und<br />

Schüler stärkt und pflegt.<br />

Wir wollen leistungsstarke und gerechte Schulen, die Kinder ermutigen, ihr<br />

Selbstbewusstsein stärken und eine neue Lernkultur leben. Voneinander und<br />

miteinander lernen – Respekt und Wertschätzung, Beteiligung und Verantwortung –<br />

prägen die neue Schulkultur: Es ist normal, verschieden zu sein! Die Qualität von<br />

Schule wird wesentlich von Schulklima und Lernkultur bestimmt. Das spiegelt sich<br />

auch im Erziehungsauftrag der Schule und schließt die Partizipation von Eltern,<br />

Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften ein.<br />

Der in der letzten Legislaturperiode geschlossene Schulkonsens ist eine wichtige<br />

Grundlage für die Arbeit der Landesregierung. Seitdem sind über 70 Schulen des<br />

gemeinsamen Lernens neu entstanden. Das belegt, wie sehr die Schulen in ihrer<br />

Entwicklung blockiert waren. Diese Blockade hat die Landesregierung aufgelöst.<br />

Unsere Kommunen nutzen nun offensiv ihre neuen Möglichkeiten.<br />

Die Empfehlungen der Bildungskonferenz sind schon jetzt in die Arbeit der<br />

Landesregierung eingeflossen. Wir wollen die Kultur des Dialogs mit den Beteiligten<br />

in der Schulpolitik weiter pflegen. Mit den Mitwirkenden der Bildungskonferenz<br />

werden wir in regelmäßigen Abständen das Erreichte bilanzieren und weitere Schritte<br />

beraten.<br />

Durch rückläufige Schülerzahlen frei werdende Ressourcen werden im System<br />

Schule systematisch für pädagogische Innovationen und Qualitätsverbesserungen<br />

sowie notwendige Weiterentwicklungen genutzt: z.B. für die Verbesserung der<br />

Unterrichtssituation etwa durch kleinere Lerngruppen, die Umsetzung der Inklusion<br />

und des Schulkonsenses.<br />

Wir schaffen Inklusion<br />

Seit 2009 ist die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung<br />

auch für Deutschland verbindlich. Kinder mit Behinderung haben demnach ein Recht<br />

auf inklusive Bildung. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte der Landtag<br />

beschlossen, dass diesem Anspruch landesgesetzlich Rechnung getragen werden<br />

sollte. Die Landesregierung hat schon vor der Schaffung neuer gesetzlicher<br />

Regelungen den Gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung<br />

forciert.<br />

Inklusion ist die zentrale Herausforderung, vor der die Schulen in <strong>NRW</strong> stehen. SPD<br />

und GRÜNE bekennen sich zu dieser Aufgabe. Die Kinder und Jugendlichen, die<br />

Lehrkräfte und die Schulen sollen gemeinsam von der Inklusion profitieren. Inklusion<br />

bedeutet einen Paradigmenwechsel. Der Blick wird auf die Vielfalt und die Potenziale<br />

der Kinder und Jugendlichen gelegt und löst die defizitorientierte Tradition im<br />

deutschen Schulwesen ab. Der Umbau hin zur Inklusion ist aber ein dynamischer<br />

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Prozess und nicht in allen Einzelheiten vorhersehbar. Dies zeigen auch die<br />

Erfahrungen anderer Bundesländer. Gerade deshalb ist es wichtig, dass dieser<br />

Prozess zielgerichtet und sorgsam zugleich angelegt wird. Die Schaffung der<br />

notwendigen Bedingungen und Ressourcenausstattung im Regelschulsystem ist<br />

verantwortbar nur schrittweise möglich. Bei sich ergebenden Fragestellungen im<br />

Prozess wollen wir im Dialog mit den Beteiligten gemeinsam Lösungen suchen. SPD<br />

und Grüne werden auf der Grundlage des Antrags aus der letzten Legislaturperiode<br />

unmittelbar eine parlamentarische Initiative ergreifen, die den für Nordrhein-<br />

Westfalen angelegten Weg beschreibt und vorgibt, um so schnell wie möglich den<br />

Rechtsanspruch auf den Besuch einer allgemeinen Schule zu schaffen.<br />

Die Verwirklichung eines inklusiven Schulwesens setzt voraus, dass sowohl das<br />

Land Nordrhein-Westfalen als auch die Kommunen, Kreise und<br />

Landschaftsverbände als Träger der öffentlichen Schulen und gesellschaftliche<br />

Gruppen im Sinne einer fairen Verantwortungspartnerschaft zusammenwirken.<br />

Wir gestalten Schule im Dialog<br />

Die durch die Bildungskonferenz eingeleitete neue politische Kultur des Dialoges<br />

wollen wir fortsetzen, Empfehlungen der Bildungskonferenz wertschätzen und aktiv<br />

über die Umsetzung der einzelnen Empfehlungsfelder informieren. Prioritäten sind:<br />

• Stärkung der individuellen Förderung aller Kinder und Jugendlichen unabhängig<br />

von sozialer Herkunft, Migrationsgeschichte oder Handicaps;<br />

• Fortbildungsinitiative für Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen einer<br />

•<br />

kompetenzorientierten, systematischen Unterrichtsentwicklung;<br />

Stärkung der Leitungsaufgaben der Schulleitungen;<br />

• eine systematische Schulentwicklung, die in den Regionalen<br />

•<br />

Bildungsnetzwerken verankert ist;<br />

Ausbau des Ganztags verbunden mit Schulentwicklung, Stärkung der<br />

Kooperation mit der Jugendhilfe und Aufbau multiprofessioneller Teams;<br />

• Ausbau der Elternarbeit;<br />

• Verbesserung der Übergänge: Kita-Grundschule, Schule-Beruf,<br />

•<br />

Sprachförderung in allen Schulstufen;<br />

Stärkung der eigenverantwortlichen Schule<br />

Wir werden die Elternmitwirkungsmöglichkeiten auf Landesebene verbessern und die<br />

gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich eine Landeselternvertretung<br />

– analog zur LandesschülerInnenvertretung – bilden kann.<br />

Wir fördern den Ganztag<br />

Ganztagsschulen sind nicht nur eine unerlässliche Voraussetzung, um Familie und<br />

Beruf zu vereinbaren, sondern für eine neue Kultur des Lernens besonders geeignet.<br />

Sie bieten mehr Zeit und Raum, um Kinder und Jugendliche individuell zu fördern,<br />

den Unterricht neu zu rhythmisieren und Raum für Bewegung zu schaffen. Sie<br />

eröffnen neue Möglichkeiten für Bildungs- und Erziehungspartnerschaften von<br />

Schule und Elternhaus und die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen.<br />

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Im Ganztag ist die Einbindung von freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, des<br />

Sports und der Kultur eine zentrale Grundlage und soll auf der Grundlage des<br />

bewährten Trägermodells partnerschaftlich weiterentwickelt werden.<br />

Wir verbessern die Qualität des Lernens<br />

Die Qualität des Lernens steht weiterhin im Zentrum schulischer Arbeit. Wir wollen<br />

Schulen zu pädagogischer Innovation ermutigen. Dabei stehen das erfolgreiche<br />

Lernen der Schülerinnen und Schüler sowie die Unterrichtsentwicklung im Fokus. Zur<br />

gelingenden Schulentwicklung gehört der Blick auf die sozialräumlichen<br />

Gegebenheiten, die Öffnung von Schule, die Vernetzung und Bündelung der<br />

regionalen Kompetenzen und das Nutzen von Multiprofessionalität.<br />

Neue Anforderungen an das Bildungswesen bedingen neue Wege und<br />

Ausrichtungen auch im Unterstützungssystem. Nordrhein-Westfalen braucht daher<br />

ein Landesinstitut für Bildung. Wir werden mit dem Aufbau eines solchen Instituts für<br />

den Bereich Schule beginnen. Eine Kernaufgabe des Instituts bleibt die<br />

systematische Qualitätsentwicklung und Unterstützung der Schulen, u. a. im<br />

Zusammenhang mit der Lernplanentwicklung, Standardsicherung und Fortbildung.<br />

Das steigert die Professionalität.<br />

SPD und GRÜNE werden die Qualitätsanalyse neu ausbalancieren. Sie soll<br />

zielgerichteter werden und den für die Schulen zu leistenden Aufwand reduzieren.<br />

Wir setzen den Schulkonsens um<br />

Der zwischen CDU, SPD und GRÜNEN geschlossene Schulkonsens hat einen<br />

jahrzehntelangen ideologischen Streit beendet und eine neue Phase der<br />

Schulentwicklung in Nordrhein-Westfalen eingeläutet. Das neue Denken stellt die<br />

Kinder in den Mittelpunkt. Außerdem ist es parteiübergreifend gelungen, längeres<br />

gemeinsames Lernen zu stärken. Der Schulkonsens wird von SPD und GRÜNEN<br />

konsequent und Schritt für Schritt umgesetzt. Dazu gehören u.a. die Gründung von<br />

Sekundar- und Gesamtschulen, die Sicherung eines wohnungsnahen und qualitativ<br />

hochwertigen Grundschulangebots sowie die schrittweise Absenkung der<br />

Klassengrößen in den Grundschulen, Realschulen, Gymnasien und bestehenden<br />

Gesamtschulen.<br />

Wir werden für eine weitere Entlastung bei der Schulzeitverkürzung sorgen<br />

Wir werden den begonnenen Weg zur Entschärfung der Schulzeitverkürzung<br />

fortsetzen. Das vom Schulministerium mit den Betroffenen ausgearbeitete Sieben-<br />

Punkte-Programm werden wir umsetzen und weiterentwickeln. Die Lehrpläne der<br />

Sekundarstufe I werden auf weitere Möglichkeiten der Entlastung überprüft.<br />

Wir stärken die Berufskollegs<br />

Das Berufskolleg ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Schulsystems und der<br />

dualen Berufsausbildung – dies gilt umso mehr in Zeiten des wachsenden<br />

Fachkräftebedarfs. Sie bieten darüber hinaus einen eigenen Weg zur Erlangung des<br />

Abiturs. Die Berufskollegs stehen vor einem erheblichen Lehrkräftemangel, der sich<br />

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in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird. Die Landesregierung hat hierzu ein<br />

Maßnahmenpaket erarbeitet, um gegenzusteuern. Dies werden wir konsequent<br />

umsetzen und gegebenenfalls ergänzen. Zur Sicherung des Lehrkräftenachwuchses<br />

für das Berufskolleg hat die Landesregierung eine unabhängige Expertenkommission<br />

berufen, die entsprechende Empfehlungen vorlegen soll. Zur Sicherung einer<br />

ausreichenden Anzahl von Berufskolleg-Lehrkräften wird die Landesregierung die<br />

Kooperation von Universitäten und Fachhochschulen aktiv fördern.<br />

Wir werden Möglichkeiten entwickeln, dass Berufskollegs innovative Formen wie<br />

jahrgangs- und fachklassenübergreifenden Unterricht anwenden können. So können<br />

Berufskollegstandorte auch bei rückläufigen Schülerzahlen insbesondere im<br />

ländlichen Raum gesichert werden.<br />

Wir fördern Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

Der Bildung kommt für die Integration eine zentrale Rolle zu. Alle in der Schule<br />

Tätigen brauchen interkulturelle Kompetenzen. Darauf werden wir in der Aus- und<br />

Fortbildung des Personals verstärkt achten. Die Förderung von Sprache und<br />

Mehrsprachigkeit gewinnt in einem Bildungssystem, in dem der Anteil der Kinder aus<br />

Migrantenfamilien stetig wächst, immer weiter an Bedeutung. Dem wollen wir gerecht<br />

werden.<br />

Wir orientieren uns am Potenzialansatz des Teilhabe- und Integrationsgesetzes im<br />

Sinne eines umfassenden Diversity Managements in der Schule. Wir wertschätzen<br />

die hohe Bereitschaft von Eltern mit Migrationshintergrund, ihren Kindern eine<br />

möglichst gute Bildung und Ausbildung zu ermöglichen. Um dieses Ziel für alle<br />

Kinder und Jugendliche zu erreichen, werden wir daher Bildungspartnerschaften<br />

zwischen Schule und Familie ausbauen. Das Netzwerk der Lehrerinnen und Lehrer<br />

mit Zuwanderungsgeschichte werden wir systematisch einbinden.<br />

Wir werden ein Gesamtkonzept der durchgängigen Sprachbildung entwickeln, das<br />

sich an den Zielen der Europäischen Union orientiert. Dabei sollen im Sinne einer<br />

„Wertschätzung der natürlichen Mehrsprachigkeit“ auch die Familien- und<br />

Herkunftssprachen mehr noch als bisher Anerkennung als Fremdsprachen finden.<br />

Die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts in Nordrhein-Westfalen ist ein<br />

wichtiger Beitrag auf dem Weg zur Gleichberechtigung aller Bürgerinnen und Bürger<br />

unabhängig von ihrer Religion und zur Integration von Kindern mit<br />

Migrationshintergrund.<br />

Wir stärken Demokratie in und mit Schulen<br />

Wir werden ein Gesamtkonzept der politischen Bildung erarbeiten, das<br />

gleichermaßen die schulische und die außerschulische Bildung im Blick hat. Zu<br />

einem solchen Konzept gehören die Auseinandersetzung mit neuen Formen der<br />

Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungsprozessen, die Ermutigung<br />

zum zivilgesellschaftlichen Engagement, die Stärkung von Kinderrechten auch in der<br />

Schule, der Kampf gegen Kinderarmut und Exklusion, die Förderung einer<br />

allgemeinen Erinnerungskultur, Friedenserziehung und der Kampf gegen<br />

Extremismus und Fremdenfeindlichkeit. Die Umsetzung des Konzepts soll sich<br />

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gleichermaßen in Lehrplänen, Fachunterricht, fächerübergreifendem Unterricht,<br />

außerunterrichtlichen und außerschulischen Aktivitäten niederschlagen.<br />

Das Prinzip „Demokratie lernen und leben“ muss in der Schulentwicklung verankert<br />

sein. Mit der Einführung der Drittelparität in der Schulkonferenz haben wir hierfür in<br />

der letzten Legislatur einen Baustein geschaffen. Ein weiterer wichtiger Baustein ist<br />

die Entwicklung einer Beteiligungs- und Feedbackkultur in der Schule.<br />

Auf Bundesebene werden wir uns dafür einsetzen, dass die Bundesregierung ihre<br />

Mittel zum Kampf gegen Rechtsextremismus deutlich erhöht. Die Netzwerke „Schule<br />

ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und „Schule ohne Homophobie“ sollen<br />

ausgeweitet werden.<br />

Wir werden die Profilbildung und Öffnung von Schulen unterstützen<br />

Viele Schulen haben eigene Profile entwickelt und erlangen damit eine besondere<br />

Attraktivität in der Schullandschaft. Wir begrüßen dies und ermuntern andere<br />

Schulen, diesem Beispiel zu folgen. Dies gilt für die Bereiche Europa, Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung, Sport, Eine-Welt und Kultur.<br />

Darüber hinaus werden wir eine landesweite Bildungsstrategie zur Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung erarbeiten und so an die UN-Dekade „Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung 2005 bis 2014“ anschließen.<br />

Im Zusammenhang der Öffnung von Schulen haben sich Partnerschaften von<br />

Schulen mit Unternehmen gebildet. Diese werden besonders beim neuen<br />

Übergangsmanagement von Schule und Beruf sichtbar werden.<br />

Wir stärken die Zusammenarbeit von Schulen, Kommunen und Regionen<br />

Schulen sollen selbst und verantwortlich über ihre Arbeit entscheiden können.<br />

Deshalb halten wir an der eigenverantwortlichen Schule fest, die in ein System von<br />

Beratung und Service eingebettet wird. Wir werden die Selbstevaluation von Schulen<br />

unter Einbeziehung von Eltern, Lehrkräften und Schülerschaft in Balance zur<br />

Qualitätsanalyse stärken. Das Land bleibt weiter dafür verantwortlich,<br />

Bildungsstandards vorzugeben und zu überprüfen.<br />

Wir wollen die derzeitige Verteilung des Sozialindex evaluieren und mit der<br />

Einrichtung von multiprofessionellen Teams an Schulen sinnvoll und kriteriengeleitet<br />

verknüpfen. Dies ist mit einem Controlling zur Wirksamkeit zu verbinden.<br />

Unsere Städte und Gemeinden verstehen sich immer mehr als bildungspolitische<br />

Akteure. Wir wollen die Verantwortungspartnerschaft des Landes mit den Kommunen<br />

stärken. Wir werden prüfen, wie die Arbeit von Schuladministrationen,<br />

Kompetenzteams und Regionalen Bildungsnetzwerken besser miteinander verknüpft<br />

und aufeinander abgestimmt werden kann.<br />

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Mit den Regionalen Bildungsnetzwerken wollen wir die gute Kooperation zwischen<br />

Land, Kommune und Zivilgesellschaft ausbauen und bewährte Praxis systematisch<br />

nutzen.<br />

Wir richten die Lehrerausbildung auf die Zukunft aus<br />

Zu einer zukunftsorientierten Schulentwicklung gehört eine moderne Lehrerbildung<br />

und ein neues Lehrerleitbild. Dazu zählen vorrangig der professionelle Umgang mit<br />

Heterogenität und Diagnosekompetenz sowie Kompetenzen in interkulturellem<br />

Lernen und Geschlechtergerechtigkeit. Auf der Grundlage der 2013 anstehenden<br />

Evaluation des Lehrerausbildungsgesetzes werden wir Anpassungen und<br />

Optimierungen vornehmen. Die Lehrkräfte sind zukünftig stärker Lernbegleiter in<br />

einer Ganztagsschule, die durch multiprofessionelle Teams unterstützt werden. An<br />

diesem veränderten Lehrerleitbild muss sich Lehrerausbildung und –fortbildung<br />

orientieren. Wir werden die Fortbildung stärker systematisieren, damit sich die<br />

bildungspolitischen Schwerpunktsetzungen in ihr konkreter wiederfinden können.<br />

Wir verbessern den Übergang von Schule in den Beruf<br />

Wir werden den im Ausbildungskonsens beschlossenen Weg des Umbaus des<br />

Übergangssystems Schule/Beruf konsequent weitergehen. Wir wollen dafür sorgen,<br />

dass jede und jeder Jugendliche einen "Anschluss an den Abschluss" erhält und so<br />

eine Ausbildungsgarantie ermöglichen. Der Bildungsweg soll ohne Warteschleifen in<br />

eine Ausbildung münden können.<br />

Dazu werden wir strukturelle Veränderungen vornehmen, so dass die Jugendlichen<br />

während der allgemeinbildenden Schulphase<br />

• eine Kompetenzfeststellungsmaßnahme (Potenzialanalyse) durchlaufen,<br />

• konkrete Berufsorientierung in verschiedenen Berufsfeldern oder<br />

Studiengängen erfahren und<br />

• in mehreren Praktika betriebliche Wirklichkeit kennenlernen können.<br />

•<br />

Dabei sollen auch unterrichtsfreie Zeiten durch die Jugendlichen genutzt und die<br />

Entwicklung der Selbstverantwortung der Jugendlichen für ihre Berufsfindung<br />

gestärkt werden.<br />

Die Jugendlichen werden bei Bedarf durch Berufseinstiegsbegleiter unterstützt.<br />

Alle Entwicklungsschritte sollen in einem Ausbildungspass dokumentiert werden. Der<br />

Ausbildungspass ist auch Bestandteil eines schulischen Portfolios.<br />

Wir werden Warteschleifen zwischen Schule und Ausbildung wo immer möglich<br />

abbauen und stattdessen individuell ausgerichtete Maßnahmen der<br />

Einstiegsqualifizierung und Berufsvorbereitung implementieren.<br />

Für Jugendliche, die noch keine dieser Maßnahmen bewältigen können, werden wir<br />

ergänzend Angebote unterbreiten. Deshalb wollen wir Modelle von<br />

Produktionsschulen für Nordrhein-Westfalen prüfen.<br />

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Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels<br />

erwarten wir von der Wirtschaft verbindliche Zusagen zur Bereitstellung von<br />

Praktikumsplätzen für die Berufsorientierung und Berufsvorbereitung sowie von<br />

Ausbildungsplätzen deutlich über dem Niveau der letzten Jahre. Wir werden die<br />

Einführung einer regionalen Umlagefinanzierung prüfen, falls die Zahl der von den<br />

Unternehmen bereitgestellten Praktikums- und Ausbildungsplätze nicht ausreichen<br />

sollte.<br />

Darüber hinaus wollen wir die Angebote der vollzeitschulischen Ausbildung mit<br />

Kammerprüfung in den Berufskollegs durch mehr betriebliche Praktika qualitativ<br />

verbessern und bei Bedarf ausbauen. Wir erwarten, dass die Bundesagentur für<br />

Arbeit auch weiterhin ausreichend außerbetriebliche Ausbildungsplätze bereithält.<br />

Wir ermutigen und unterstützen die Jugendlichen bei dem erforderlichen höheren<br />

Maß an Mobilität.<br />

Auf der Grundlage eines erfolgreichen, neuen Übergangssystems wollen wir durch<br />

unsere vorbeugende Politik auch deutliche Ersparnisse erzielen:<br />

• Dadurch, dass weniger Jugendliche in Warteschleifen sind und dort kürzer<br />

verbleiben, können in den Berufskollegs ca. 500 Lehrerstellen abgebaut<br />

werden, die heute im Berufsorientierungsjahr, im Berufsgrundschuljahr, in der<br />

Berufsfachschule und in Klassen für Schülerinnen und Schüler ohne<br />

Ausbildungsverhältnis eingesetzt werden.<br />

• Durch verbesserte, zielgenauere Berufsorientierung werden etliche<br />

Maßnahmen im Übergangssystem überflüssig, die teilweise durch den Bund<br />

bezahlt, teilweise durch landes-, aber auch kommunale Angebote abgedeckt<br />

werden.<br />

Wir haben mit dem Umbau des Übergangssystems in sieben Referenzkommunen<br />

begonnen und wollen den Prozess begleitend evaluieren, um in der Entwicklung des<br />

Systems ggf. nachsteuern zu können. Im Jahr 2012 werden weitere 20 Kommunen<br />

hinzukommen. 2018 soll das neue Übergangssystem in der Fläche verankert sein.<br />

Das setzt voraus, dass alle Partner ihren Beitrag erbringen.<br />

Wissen schafft Chancen - Hochschulen in <strong>NRW</strong> vor großen Herausforderungen<br />

Die Zukunft Nordrhein-Westfalens liegt in der Bildung. Wir wollen möglichst alle<br />

Bildungspotenziale erschließen und kein Talent zurücklassen. Das wachsende<br />

Interesse an akademischer Bildung ist ein Glücksfall für unser Land. Wirtschaft und<br />

Gesellschaft brauchen akademisch ausgebildete Fachkräfte. Spitzenforschung aus<br />

<strong>NRW</strong> braucht eine breite Basis hervorragend qualifizierter Nachwuchskräfte. Deshalb<br />

müssen die Übergänge von der Schule zur Hochschule sowie zwischen Bachelor<br />

und Master gut gelingen, ebenso die Auswahl junger Nachwuchsforscherinnen und<br />

Nachwuchsforscher und die Übergänge in den Beruf. Erfolge wollen wir nachprüfbar<br />

sicherstellen. Dies ist die Verantwortung aller Akteure.<br />

Erfolgreich studieren in <strong>NRW</strong> – Alle Talente fördern<br />

Noch nie gab es so viele Studierende wie heute. Wir wollen, dass alle Studierwilligen<br />

ein erfolgreiches Studium in Nordrhein-Westfalen absolvieren können. Daher gehen<br />

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wir den Weg der sozialen Öffnung konsequent weiter. Studiengebühren bleiben<br />

abgeschafft. Die ständig steigende Nachfrage von Studienbewerberinnen und<br />

Studienbewerbern, der doppelte Abiturjahrgang 2013 und die Aussetzung der Wehrund<br />

Zivildienstpflicht stellen die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen aktuell vor<br />

bisher nicht gekannten Herausforderungen. Deshalb gilt es, dem berechtigten<br />

Anspruch dieser Studierendengeneration auf ein erfolgreiches Studium in Nordrhein-<br />

Westfalen gerecht zu werden.<br />

Dazu brauchen wir: genügend und ausreichend finanzierte Studienplatzangebote<br />

sowie eine entsprechende Infrastruktur, individuelle, flexibel gestaltete Zu- und<br />

Übergänge und Strukturen an den Hochschulen, die die Vielfalt (Diversität) der<br />

Studierenden berücksichtigen, flexiblere Studienangebote für Teilzeitstudierende,<br />

eine hohe Qualität von Forschung und Lehre an den Hochschulen, sowie eine<br />

Struktur, die den Interessen von autonomen Hochschulen und<br />

verfassungsrechtlichem Bildungsauftrag des Landes gerecht wird.<br />

Kapazitäten bereitstellen und Infrastruktur sichern<br />

Hochschulpakt 2020<br />

Die Abiturientinnen und Abiturienten des Doppeljahrgangs 2013 brauchen in<br />

ausreichender Zahl qualitativ hochwertige Studienplätze. Für alle Studierwilligen und<br />

–fähigen soll es einen Studienplatz geben.<br />

Basis für die bereit gestellten Kapazitäten ist der zwischen Bund und Ländern<br />

geschlossene Hochschulpakt II (2011-2015), dessen Vorausberechnungen sich als<br />

deutlich zu niedrig erwiesen haben. Die begonnenen Verhandlungen mit dem Bund<br />

zur Fortführung und Weiterentwicklung des Hochschulpaktes laufen mit hoher<br />

Priorität weiter. Dieser muss seiner Verantwortung für eine gemeinsame<br />

Finanzierung gerecht werden. Hierfür sind vier Punkte grundlegend:<br />

• Aufhebung des Finanzdeckels des Bundes<br />

• Erhöhung der Vorauszahlungen,<br />

• Einführung einer Masterkomponente,<br />

• Fortsetzung und qualitative Weiterentwicklung des Hochschulpaktes<br />

über 2015 hinaus (Hochschulpakt III).<br />

Wir wollen prüfen, ob im künftigen Finanzierungsmodell der Studienerfolg<br />

berücksichtigt werden kann. Das Land sichert seine Ko-Finanzierung für die<br />

Hochschulpakte zu.<br />

Studentenwerke stärken – Wohnraum schaffen<br />

Die Studentenwerke erfüllen eine zentrale Aufgabe beim Ausbau und der Pflege der<br />

sozialen Infrastruktur. Dies wollen wir weiter stärken. Dabei ist zu prüfen, inwieweit<br />

zusätzlicher Wohnraum mobilisiert werden kann. Im Auftrag des Staates bearbeiten<br />

sie BAföG-Anträge, deren Bearbeitungszeit wollen wir reduzieren. Zugleich ist zu<br />

prüfen, inwieweit eine Novellierung des Studentenwerksgesetzes die<br />

Aufgabenerfüllung der Studentenwerke verbessern und zukunftsfest machen kann.<br />

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Verstetigung des Fachhochschulausbaus – Hochschulbau weiterführen<br />

Die Fachhochschulen des Landes sind in herausragender Weise geeignet, den<br />

Studierenden ein erfolgreiches Studium zu ermöglichen. Ziel ist es daher, mittelfristig<br />

ein Verhältnis von 40 zu 60 bei der Aufteilung der Kapazitäten zwischen<br />

Fachhochschulen und Universitäten zu erreichen. Dies soll in künftige Überlegungen<br />

zur Neugestaltung der Hochschulfinanzierung einbezogen werden.<br />

Um in einem ersten Schritt die steigenden Ausbildungsleistungen der<br />

Fachhochschulen auch nach Auslaufen des Hochschulpakts 2020 zu erhalten, sollen<br />

den Fachhochschulen nach dem Jahr 2020 dauerhaft die Landesmittel zur<br />

Verfügung gestellt werden, die sie derzeit im Rahmen des Hochschulpakts befristet<br />

erhalten.<br />

Die Fächervielfalt an den Fachhochschulen soll weiterentwickelt werden, z. B. durch<br />

eine stärkere Kooperation im Rahmen der Lehramtsausbildung, um insbesondere<br />

den Lehrkräftebedarf an den Berufskollegs zu decken.<br />

Erfolgreiche Wissenschaft und Forschung braucht eine angemessene und moderne<br />

räumliche Umgebung. Es liegt im Interesse des Landes, seine Vermögenswerte in<br />

den Hochschulgebäuden zu erhalten. Gleichzeitig benötigen die Hochschulen<br />

Planungssicherheit. Deshalb wird das laufende Hochschulmodernisierungsprogramm<br />

(2009 bis 2015) ab dem Jahr 2016 durch ein Hochschulbau-<br />

Konsolidierungsprogramm fortgesetzt. Die im laufenden Programm nicht fertig<br />

gestellten Projekte werden zu Ende geführt und die begonnene Sanierung der<br />

Universitäten Bielefeld, Bochum und Dortmund wird weiter betrieben.<br />

Wir wollen, dass die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz auch künftig für den<br />

Hochschulbau zweckgebunden bleiben. Insbesondere gilt es, eine<br />

Nachfolgefinanzierung für die nach 2019 auslaufende Kompensation der ehemaligen<br />

Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau zu finden. Der Sanierungsstau an den <strong>NRW</strong>-<br />

Hochschulen muss weiter abgebaut und eine bessere Energieeffizienz erreicht<br />

werden.<br />

Die Universitätskliniken des Landes sind Orte herausragender Forschung,<br />

hochqualifizierter Ausbildung und medizinischer Spitzenversorgung. Allerdings weist<br />

ihre Bausubstanz einen Investitionsstau auf, der ebenfalls weiter abgebaut werden<br />

muss.<br />

Qualität von Lehre und Forschung an den Hochschulen verbessern – Vielfalt<br />

bei Zu- und Übergängen berücksichtigen<br />

Zum erfolgreichen Studieren in <strong>NRW</strong> gehören ausreichende Infrastrukturen und<br />

Kapazitäten sowie eine herausragende Qualität von Lehre und Forschung an<br />

unseren Hochschulen. Die vielfältigen Zugänge von der Schule, aber auch aus der<br />

Berufstätigkeit heraus in die Hochschule, sowie die veränderte Zusammensetzung<br />

der Studierendenschaft, stellen die Hochschulen vor neue Herausforderungen.<br />

Flexiblere und individuellere Begleitungen sind daher notwendig. Ziel ist es, die<br />

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Abbrecherquote um 20 % zu senken und die Übergangsquote an die Hochschulen<br />

zu erhöhen.<br />

Bologna an den Bedürfnissen der Studierenden ausrichten<br />

Die Umsetzung der Bologna-Reform werden wir weiter verbessern und bestehende<br />

Defizite beheben. Mit dem Online-Beteiligungsverfahren zur<br />

Studierendenzufriedenheit und dem „Memorandum Erfolgreich studieren in <strong>NRW</strong>“<br />

hat das Land gemeinsam mit den Hochschulen überfällige Korrekturen eingeleitet.<br />

Um die Ziele des europäischen Hochschulraums zu verwirklichen und ein besseres<br />

Studieren zu garantieren, werden wir die Hochschulen weiterhin eng bei der<br />

Umsetzung des Memorandums begleiten. Auf diese Weise wollen wir vor allem die<br />

studentische Arbeitsbelastung und Prüfungsdichte reduzieren, die Anerkennung im<br />

Ausland erworbener Studienleistungen verbessern, Betreuungs- und<br />

Beratungsangebote stärken sowie Zugänge zum Master verbreitern. Entsprechende<br />

Korrekturen sollen direkt an den Hochschulen erfolgen. Wo es notwendig ist, werden<br />

wir weitere landesweite Regelungen treffen.<br />

Qualitätssicherung von Lehre und Studium<br />

Seit dem Wintersemester 2011/2012 können die Studierenden in Nordrhein-<br />

Westfalen wieder gebührenfrei studieren. Das Land stellt den Hochschulen jährlich<br />

mindestens 249 Mio. Euro zur Verbesserung der Lehr- und Studienbedingungen zur<br />

Verfügung. Zur Ermittlung dieses Bedarfs wurde das Studiengebührenaufkommen<br />

2009 an den nordrhein-westfälischen Hochschulen zugrunde gelegt.<br />

Zugleich sollen die Hochschulen im Rahmen regelmäßiger Berichte Rechenschaft<br />

über Einsatz und Wirkung dieser Mittel ablegen. Zudem werden die<br />

Qualitätsmanagementsysteme weiter optimiert.<br />

Übergang Schule-Hochschule optimieren<br />

Alle, die studieren wollen und können, sollen dazu die Möglichkeit haben. Die<br />

derzeitige Übergangsquote an die Hochschulen ist zu niedrig, um den<br />

Fachkräftebedarf zu decken.<br />

Die Hochschulen müssen dabei einer immer heterogeneren Gruppe von<br />

Studierenden gerecht werden. Es gilt, insbesondere Jugendliche aus so genannten<br />

bildungsfernen Schichten, aus Familien mit Zuwanderungsgeschichte oder bereits<br />

beruflich Qualifizierte für ein Studium zu gewinnen und zu einem erfolgreichen<br />

Studienabschluss zu führen.<br />

Wir werden geeignete Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele entwickeln.<br />

Bestandteile sollen unter anderem eine modular aufgebaute strukturierte<br />

Studieneingangsphase und ein Diversity-Management an den Hochschulen sein.<br />

Das ist unser Modell für den Ersatz der weggefallenen Studienkollegs. Darüber<br />

hinaus wollen wir die Studienorientierung durch eine vertiefte Verbindung zur Schule<br />

und eine Verknüpfung mit der Berufsorientierung stärken und ausbauen. Das „Neue<br />

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Übergangssystem Schule-Beruf <strong>NRW</strong>“ bietet hierzu Gelegenheit. Wir wollen die<br />

Instrumente zur Studienwahl stärken, indem unter anderem die zdi (Zukunft durch<br />

Innovation) „Schülerlabore“ evaluiert und die Ergebnisse bei der Fortführung<br />

berücksichtigt werden, das Online-Self-Assessment um ein freiwilliges<br />

„Fachspezifisches SelfAssessment“ ergänzen und das Dialogorientierte<br />

Serviceverfahren (DoSV) nutzen.<br />

BAföG weiterentwickeln<br />

Das BAföG ist und bleibt das wichtigste Instrument für die soziale Öffnung der<br />

Hochschulen. Die zunehmende Heterogenität der Studierendenschaft und der<br />

Bologna-Prozess müssen sich in der Ausgestaltung des BAföG stärker<br />

widerspiegeln. Dazu wollen wir auch eine teilweise elternunabhängige<br />

Studienfinanzierung anstreben. Einen entsprechenden Verhandlungsprozess mit<br />

dem Bund und den anderen Bundesländern wollen wir einleiten.<br />

Umsetzung des Landesprogramms für geschlechtergerechte Hochschulen<br />

In den kommenden fünf Jahren wollen wir unsere Hochschulen nachprüfbar<br />

geschlechtergerechter machen. Frauenförderung ist eine Frage der Gerechtigkeit<br />

und der Zukunftsfähigkeit. Wir werden daher das Landesprogramm für<br />

geschlechtergerechte Hochschulen umsetzen. Um das Gleichstellungsziel zu<br />

erreichen, soll in den Fachbereichen eine gesetzlich verankerte Frauenquote nach<br />

dem Kaskadenmodell eingeführt werden.<br />

Hochschulautonomie wahren – Verfassungsauftrag des Landes ernst nehmen<br />

Wir wollen das Hochschulgesetz novellieren. Ziel ist die Stärkung der<br />

gesellschaftlichen Verantwortung und der demokratischen Mitbestimmung sowohl im<br />

Verhältnis zwischen Land und Hochschulen, als auch innerhalb der Hochschulen.<br />

Die Regelungen des geltenden Hochschulgesetzes haben den Hochschulen eine<br />

umfassende Autonomie gesichert. In diesem Modell sind jedoch Fehlentwicklungen<br />

erkennbar, denen mit den gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen nicht begegnet<br />

werden kann. Der verfassungsmäßige Bildungsauftrag soll wieder stärker in die<br />

gemeinschaftliche Verantwortung von Staat und Hochschulen gelegt und ein<br />

transparenterer und verantwortlicher Umgang mit öffentlichen Mitteln abgesichert<br />

werden. Der Staat muss im Sinne einer ausgewogenen Leistungspolitik<br />

gewährleisten, dass bestimmte Fächer und Studienangebote, etwa in der<br />

Lehrerbildung oder im Bereich der Kleinen Fächer, erhalten bleiben. Weiterhin<br />

müssen strukturpolitische Ziele, wie etwa die Stärkung und der quantitative Ausbau<br />

des Fachhochschulbereichs, realisierbar sein.<br />

Beschäftigungsbedingungen in Hochschule und Wissenschaft verbessern<br />

Wir wollen die Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen, nicht-wissenschaftlichen<br />

und studentischen Personals verbessern, z. B. im Umgang mit Befristungen,<br />

tariflichen Eingruppierungen und der Vertretung studentischer Beschäftigter. Gute<br />

Wissenschaft kann nur unter guten Arbeitsbedingungen entstehen. Auch<br />

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Beschäftigte in Forschung und Lehre brauchen, ebenso wie Beschäftigte in<br />

Verwaltung und Technik, eine sichere berufliche Perspektive. Anlässlich der<br />

Novellierung des Hochschulgesetzes prüfen wir deshalb, wie der Grundsatz der<br />

„Guten Arbeit“ in gemeinsamer Verantwortung von Land und Hochschulen gestaltet<br />

und erforderlichenfalls auch durch verpflichtende Rahmenvorgaben sichergestellt<br />

werden kann. Wie für die Beschäftigten an den Hochschulen ein Wechsel von<br />

Hochschule zu Hochschule erleichtert werden kann („gemeinsamer Arbeitsmarkt“),<br />

soll geprüft werden.<br />

In diesem Zusammenhang setzen wir uns, unter anderem im Rahmen einer<br />

Bundesratsinitiative, dafür ein, dass das Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Sinne<br />

der Beschäftigten geändert wird, um die Anzahl der Kurzbefristungen zu reduzieren.<br />

Hochschulgesetz novellieren<br />

Wir wollen den begonnenen Dialogprozess für ein reformiertes Hochschulgesetz<br />

fortsetzen. Bestandteile werden unter anderem sein:<br />

• Mehr demokratische Beteiligung aller Gruppen innerhalb der Hochschulen<br />

durch die deutliche Stärkung der Mitbestimmungsrechte der Studierenden und<br />

des Mittelbaus, unter anderem durch die Einführung einer Viertelparität.<br />

• Die Zuständigkeiten und die Zusammensetzung der Hochschulorgane werden<br />

neu aufeinander abgestimmt. Das gilt insbesondere für die bisherigen<br />

Hochschulräte und die Senate.<br />

• Die Senate werden gestärkt.<br />

• Der Frauenanteil in den Hochschulgremien soll deutlich erhöht werden.<br />

• Der Landtag beschließt auf Vorlage der Landesregierung künftig in<br />

regelmäßigen Abständen einen Landeshochschulentwicklungsplan, in dem die<br />

strategischen Ziele für die gesamte Wissenschaftslandschaft in <strong>NRW</strong><br />

festgelegt werden.<br />

Ziel ist ein langfristig angelegtes Hochschulgesetz, dessen Einführung Rücksicht<br />

nehmen soll auf die besonderen Belastungen während der Eintrittsphase des<br />

doppelten Abiturjahrgangs.<br />

Flexible Studienangebote - Fernuniversität Hagen stärken<br />

Wir wollen die bislang alleine vom Land getragene FU Hagen auf eine gemeinsame<br />

Finanzierungsbasis durch das Land <strong>NRW</strong>, den Bund und weitere Bundesländer<br />

umstellen. Der gestiegenen Nachfrage an der FU Hagen wollen wir weiter Rechnung<br />

tragen.<br />

Kunst- und Musikhochschulen stärken<br />

Die nordrhein-westfälischen Kunst- und Musikhochschulen bilden auf höchstem<br />

internationalem Niveau aus und sind weltweit einzigartig. Dieses Niveau wollen wir<br />

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halten und weiterentwickeln. Von zentraler Bedeutung für die Sicherstellung eines<br />

qualitativ hochwertigen Lehrangebotes sind die Lehrbeauftragten.<br />

Forschen für den Fortschritt – Der Mensch im Mittelpunkt<br />

Klimawandel, demografische Entwicklung, Gesundheit und Ernährungssicherheit,<br />

Ressourcen- und Energieknappheit, Mobilität und gesellschaftliche Integration –<br />

niemals zuvor erforderten große gesellschaftliche Herausforderungen so viel<br />

wissenschaftliche Expertise wie heute. Sie bilden daher auch die Ausrichtung für die<br />

kommenden Forschungsanstrengungen der EU.<br />

Die Wissenschaft muss zentrale Beiträge zu umfassenden technischen und sozialen<br />

Innovationen liefern und dabei ökologische, ökonomische und soziale Folgen<br />

berücksichtigen. Dazu gehört für uns sowohl ethische Verantwortung als auch<br />

sozialwissenschaftliche Begleitforschung.<br />

Daneben ist uns wichtig, dass wir die Zivilgesellschaft bei der Formulierung künftiger<br />

Forschungsziele aktiv beteiligen.<br />

Nordrhein-Westfalen verfügt als bedeutender Industriestandort und starke<br />

Wirtschaftsregion über Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die hervorragend<br />

in der Lage sind, ihren Beitrag hierzu zu leisten. Jetzt kommt es darauf an, deutliche<br />

Akzente in der Forschungs- und Innovationspolitik zu setzen, um diese Stärken zu<br />

mobilisieren.<br />

Rahmenprogramm „Fortschritt <strong>NRW</strong>“<br />

Wir wollen unsere forschungspolitischen Aktivitäten in einem Rahmenprogramm<br />

„Fortschritt <strong>NRW</strong>“ bündeln und dessen Förderaktivitäten und –instrumente neu<br />

ausrichten. Bei begrenzt zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen wollen<br />

wir uns neben wichtigen Akzenten in der Grundlagenforschung auf Forschungsfelder<br />

entlang der großen gesellschaftlichen Herausforderungen konzentrieren.<br />

Eingebettet in die Forschungs- und Strukturförderung der Europäischen Union und<br />

des Bundes soll Fortschritt.<strong>NRW</strong> darauf ausgerichtet sein, die dem Land zur<br />

Verfügung stehenden Instrumente und Mittel der Forschungs- und<br />

Innovationsförderung verstärkt entlang der Nachhaltigkeitsziele, in Übereinstimmung<br />

mit den vier Leitlinien der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, einzusetzen und den<br />

Hochschulen zu helfen, sich an anderen Förderprogrammen zu beteiligen.<br />

Das Programm besteht aus den Kernelementen: Regionale Innovationsnetzwerke,<br />

Fortschrittskollegs, Orte des Fortschritts und Foren des Fortschritts. Ergänzend wird<br />

der Innovationspreis <strong>NRW</strong> fortgeführt, um zu zeigen welche Lösungsbeiträge aus<br />

<strong>NRW</strong> kommen.<br />

Da diese Herausforderungen zu komplex für eine Analyse und Lösung durch oft<br />

technologisch geprägte Einzeldisziplinen sind, kommt der innovativen, interdisziplinär<br />

ausgerichteten Forschung aus dem geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen<br />

Bereich eine unverzichtbare Bedeutung zu. Sie sind deshalb bei allen<br />

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Forschungsfeldern zu integrieren, sollen aber auch mit einem eigenen<br />

Landesprogramm angemessen gestärkt werden, das in einer ersten Stufe in 2012<br />

bereits angelaufen ist und fortgeführt wird.<br />

Neben den Feldern Energie, Klimaschutz, Ressourceneffizienz, nachhaltige Mobilität<br />

sowie Gesundheit und Lebenswissenschaften kommt der Erforschung von<br />

Schlüsseltechnologien eine besondere Rolle zu. Sie sind als Innovationstreiber von<br />

großer Bedeutung für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort <strong>NRW</strong>, u. a. für<br />

Produktionszweige wie Automobil-, Chemie- oder Bauindustrie. Sie leisten – etwa im<br />

Leichtbau – einen wichtigen Beitrag zur Lösung der großen gesellschaftlichen<br />

Herausforderungen. Zu den Schlüsseltechnologien gehören neben den Informationsund<br />

Kommunikationstechnologien der Bereich der Optoelektronik, die Neuen<br />

Materialien sowie die Mikro-, Nano- und Produktionstechnologien.<br />

Eine Schlüsselrolle im Bereich der medizinischen Forschung kommt der<br />

Stammzellenforschung zu. Sie wird auch künftig durch das Land unterstützt. Hier<br />

wird u.a. das etablierte und anerkannte Kompetenznetzwerk Stammzellforschung mit<br />

seiner Geschäftsstelle, den Nachwuchsgruppen und Projekten fortgeführt. Im<br />

Zentrum stehen die Forschung an adulten und reprogrammierbaren Stammzellen<br />

sowie die Begrenzung der Forschung an embryonalen Stammzellen auf die<br />

auslaufende Nutzung der vorhandenen Zelllinien.<br />

Darüber hinaus ist das Institut CARE förderfähig und soll auf den Weg gebracht<br />

werden.<br />

Darüber hinaus soll Ostwestfalen-Lippe zur Modellregion für die praktische<br />

Medizinausbildung werden. Dazu soll ein Kooperationsmodell zwischen der<br />

Universität Bielefeld und der Ruhr-Universität Bochum angestoßen werden.<br />

Voraussetzung ist eine finanzielle Unterstützung dieses Modellvorhabens durch den<br />

Bund.<br />

Forschungsfinanzierung<br />

Forschung braucht finanzielle Planungssicherheit - die ist in <strong>NRW</strong> für die<br />

Hochschulforschung sichergestellt.<br />

Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen<br />

Bei der Ansiedlung neuer außeruniversitärer Forschungsinstitute besteht gemessen<br />

an der Größe und Bedeutung des Landes und der Unterrepräsentanz dieser<br />

Einrichtungen in <strong>NRW</strong> ein klarer Nachholbedarf. De facto subventioniert das Land<br />

Forschungseinrichtungen in anderen Bundesländern inzwischen mit 80 Millionen<br />

Euro jährlich. Ziel muss es sein, diese Umverteilung zu beenden und in der<br />

kommenden Wahlperiode mehr überregionale Forschungseinrichtungen nach <strong>NRW</strong><br />

zu holen.<br />

Darüber hinaus fallen in den nächsten Jahren bei den außeruniversitären<br />

Forschungseinrichtungen Kosten für Sanierung und Neubau an. Hier muss und wird<br />

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das Land seinen Beitrag leisten, um exzellente und wettbewerbsfähige Einrichtungen<br />

in <strong>NRW</strong> zu halten bzw. aufzubauen.<br />

EU Strukturfonds/Horizon 2020<br />

Für die Umsetzung der Strategie Europa 2020 und die Anstrengungen, Europa zu<br />

einer Innovationsunion zu entwickeln, sind Investitionen in Forschung, Entwicklung<br />

und Innovation von zentraler Bedeutung. Dabei wird der EU-Strukturpolitik neben<br />

dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation – Horizon 2020 – eine<br />

entscheidende Rolle beigemessen.<br />

Zwischen den Zielen des Landes und den aus der Strategie der Europäischen<br />

Kommission „Europa 2020" abgeleiteten Zielvorgaben für die EU-Strukturfonds<br />

besteht ein hohes Maß an Übereinstimmung; beide adressieren in besonderem<br />

Maße die großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Das Land wird für eine<br />

Vereinfachung der finanziellen Abwicklung und Kontrolle der Programme Sorge<br />

tragen, damit die administrative Belastung von Unternehmen, Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen gesenkt wird.<br />

Synergien zwischen den Strukturfonds und Horizon 2020 sollen dazu beitragen, die<br />

Ziele des Landes nachhaltiger zu unterstützen als bisher. Hierzu sollen Möglichkeiten<br />

der Kombination von Maßnahmen der EU-Strukturförderung mit denen der Horizont<br />

2020 Förderung – wie sie von der EU im Rahmen der Strukturfondsverordnungen<br />

und der Verordnungen zu „Horizon 2020“ angelegt werden - genutzt werden, bis hin<br />

zur gemeinsamen Förderung in einem Projekt.<br />

Johannes-Rau-Forschungseinrichtungen<br />

Angesichts der großen gesellschaftlichen Herausforderungen und einer Flankierung<br />

des Strukturwandels in Nordrhein-Westfalen soll die Möglichkeit zur Etablierung einer<br />

Förderplattform für die Johannes-Rau-Forschungsinstitute mit entsprechender<br />

Mittelausstattung geschaffen werden.<br />

Bereits in 2011 beschloss der Landtag, dieses Vorhaben im Haushalt abzusichern.<br />

Dies wird in der neuen Wahlperiode umgesetzt.<br />

Instrumente der Forschungsförderung<br />

Die Ausrichtung der Förderaktivitäten und –instrumente durch das Land an den<br />

großen gesellschaftlichen Herausforderungen setzt voraus, dass sich diese<br />

Instrumente an den Zielen von „Fortschritt <strong>NRW</strong>“ ausrichten, falls dies noch nicht<br />

geschehen ist.<br />

Darüber hinaus wollen wir die Hochschulen auch international stärker sichtbar<br />

machen, die Fachhochschulforschung stärken, den Wissens- und<br />

Technologietransfer voranbringen und das Rückkehrerprogramm weiterführen.<br />

Das Programm „Mittelstand.innovativ!“ ist in den letzten zwei Jahren neu<br />

ausgerichtet worden und soll in den nächsten Jahren fortgeführt und evaluiert<br />

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werden. Wir wollen außerdem prüfen, inwieweit wir die Hochschulen auch bei<br />

Ausgründungen und innovativen Start-ups strategisch begleiten können. Darüber<br />

hinaus begleitet das Land den Aufbau landesaffiner Ansiedlungsstrategien, wie z. B.<br />

den „Campus RWTH Aachen“.<br />

Die lernende Gesellschaft: Weiterbildung in <strong>NRW</strong><br />

Nordrhein-Westfalen ist und bleibt das Land der Weiterbildung. Dazu hat das<br />

bundesweit beachtete Weiterbildungsgesetz, zu dem wir uns bekennen, einen<br />

wichtigen Beitrag geleistet. Das Gutachten zur Evaluation der Wirksamkeit der<br />

Weiterbildung durch das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung (DIE) stellt der<br />

Weiterbildung insgesamt ein gutes Zeugnis aus und zeigt zugleich Optimierungsund<br />

Entwicklungsperspektiven auf. Die konstruktive und zielorientierte Arbeit in der<br />

„Weiterbildungskonferenz“ werden wir fortsetzen und unter Einbeziehung der<br />

Arbeitsergebnisse eine behutsame Weiterentwicklung des Weiterbildungssystems in<br />

Nordrhein-Westfalen einleiten.<br />

Die Volkshochschulen sind eine zentrale Säule in der Weiterbildung. Daher<br />

bekennen wir uns zur kommunalen Pflichtaufgabe Volkhochschule. Eine weitere<br />

Säule ist die vielfältige Landschaft der Weiterbildungsträger in öffentlicher<br />

Verantwortung und die Familienbildung, die in ihrer Pluralität unterschiedlichen<br />

Anforderungen gerecht werden. Die Volkshochschulen als kommunale<br />

Weiterbildungszentren und die Einrichtungen in anderer Trägerschaft leisten einen<br />

wertvollen Beitrag zur kommunalen Bildungslandschaft, der für lebensbegleitendes<br />

und ganzheitliches Lernen unverzichtbar ist.<br />

Wir haben Wort gehalten und die seit 2006 vorgenommen Mittelkürzungen<br />

zurückgenommen. Zudem werden wir, soweit es die Förderkriterien der EU zulassen,<br />

Mittel des ESF ergänzend zur Verfügung stellen. Diese Mittel sollen vorranging zur<br />

Finanzierung des Beitrages der Weiterbildung zur Herstellung von Chancengleichheit<br />

und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt verwandt werden. Wir bleiben<br />

verlässliche Partner der Weiterbildung.<br />

Weiterbildung ist eine öffentliche Aufgabe zur Stabilisierung unseres demokratischen<br />

Gemeinwesens, zur Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten und der sozialen<br />

Gerechtigkeit. Daher muss die Weiterbildungsbeteiligung insbesondere für<br />

Bildungsbenachteiligte durch gezielte Angebote zur Alphabetisierung und zur<br />

Grundbildung erhöht werden. Das handlungsleitende Motiv der zweiten Chance<br />

wollen wir noch stärker verankern. Dabei setzen wir neben Volkshochschulen und<br />

anderen Weiterbildungseinrichtungen verstärkt auch auf Weiterbildungskollegs. Das<br />

Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz wollen wir auch für die Bildung von jungen<br />

Menschen nutzen. Deshalb wollen wir die Auszubildenden als Anspruchsberechtigte<br />

in das Gesetz aufnehmen.<br />

Politische Bildung im lebensbegleitenden Lernen ist für die Demokratie und Teilhabe<br />

unverzichtbar. Hier hat die Landeszentrale für politische Bildung eine große<br />

Bedeutung.<br />

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Strukturierte Fort- und Weiterbildung verbessern nicht nur die persönlichen Chancen<br />

auf dem Arbeitsmarkt, sondern erhöhen auch die Teilhabe in einer komplexen<br />

Gesellschaft. Im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik wirkt die Weiterbildung durch die<br />

Unterstützung der Integration junger Menschen und qualifizierter Menschen mit<br />

Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt. Weitere Aufgaben sind die Sicherung der<br />

Anpassungsqualifikation für Beschäftigte, die sich im Arbeitsprozess für zunehmend<br />

globaler werdende Arbeitsmärkte weiterbilden müssen und das Bereitstellen von<br />

berufsbezogenen und zunehmend auch gesundheitsorientierten<br />

Weiterbildungsangeboten für Ältere, die deutlich länger im Arbeitsmarkt verweilen<br />

werden.<br />

Weiterhin werden wir in enger Abstimmung mit allen an lebensbegleitender Bildung<br />

beteiligten Ressorts und der Trägerlandschaft u.a. folgende Themen angehen: die<br />

Weiterentwicklung der Fördersystematik, der Aufbau einer flächendeckenden<br />

Weiterbildungsberatung und die Einbindung der gemeinwohlorientierten<br />

Weiterbildung in die regionalen Bildungsnetzwerke.<br />

Die Wirksamkeit des nach dem Weiterbildungsgesetz finanzierten Angebots und der<br />

zusätzlich zur Verfügung gestellten ESF-Mittel soll mit Hilfe eines schlanken<br />

Berichtswesens dargestellt werden.<br />

III. Wirtschaft, Klimaschutz, Energie<br />

Nachhaltige Wirtschafts- und Strukturpolitik<br />

Wirtschaft in gesellschaftlicher Verantwortung<br />

Für unsere Wirtschaftspolitik gilt das Prinzip der Vorsorge und der ökonomischen,<br />

ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Eine solche Wirtschafts- und<br />

Strukturpolitik sichert einen stabilen Mittelstand und vermeidet damit Monostrukturen,<br />

unterstützt die Unternehmen vorausschauend bei der Gewinnung qualifizierter<br />

Fachkräfte, fördert Innovationen für nachhaltiges Wirtschaften und unterstützt die<br />

Wirtschaft bei der Erschließung neuer, zukunftsfähiger Leitmärkte. In der<br />

kommenden Europäischen Förderperiode ab 2014 werden wir die Möglichkeiten der<br />

EU-Strukturfonds nutzen.<br />

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat gezeigt, wie verantwortungsloses Handeln von<br />

Banken und Finanzinstituten ganze Volkswirtschaften an den Abgrund führen kann.<br />

Die Folgen dieser Krise werden uns weiter beschäftigen. Wir wollen keine<br />

„marktkonforme Demokratie“ sondern eine demokratiekonforme Marktwirtschaft, die<br />

auf sozialer Partnerschaft und Mitbestimmung beruht.<br />

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen wird die Unternehmen in <strong>NRW</strong> dabei<br />

unterstützen, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und ihre gesellschaftliche<br />

Verantwortung wahrzunehmen.<br />

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit, die soziale Gerechtigkeit, die Sicherung und<br />

Schaffung von Arbeitsplätzen und die Umweltverträglichkeit stehen für uns als<br />

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gleichrangige Ziele nebeneinander. Auf diese vier Ziele richten wir unsere<br />

Wirtschaftspolitik des nachhaltigen Wachstums für unser Land aus.<br />

Nachhaltige Industriepolitik<br />

Industrieland <strong>NRW</strong><br />

Nordrhein-Westfalen ist ein starker Wirtschaftsstandort. Unser Land gehört zu den<br />

führenden Industrieregionen der Welt. Industrielle Produktion war und ist eine<br />

Grundlage unseres Wohlstands in <strong>NRW</strong>, dessen Strukturen sich aber auch wandeln<br />

müssen. Von besonderer Bedeutung für diesen industriellen Wandel ist eine<br />

Neuausrichtung, die auf Nachhaltigkeit, auf Klimaschutz sowie auf Ressourcen- und<br />

Energieeffizienz abzielt. Unsere Wirtschaftspolitik ist Motor dieses Fortschrittes. Wir<br />

müssen die traditionellen und innovativen Stärken des Standortes und der<br />

Industrieunternehmen in Nordrhein-Westfalen nutzen, um auch den ökologischen<br />

Fortschritt in <strong>NRW</strong>, Deutschland, Europa und weltweit zu beschleunigen. Mit alledem<br />

wollen wir Arbeitsplätze sichern und schaffen.<br />

Moderne Industrie geht eine enge Verbindung mit produktionsorientierten Dienstleistungen<br />

ein. Ohne Forschung und Entwicklung, Ausbildung, Logistik, Finanzierung<br />

und viele andere Dienstleistungen wäre die Industrie heute nicht mehr existenzfähig.<br />

Nur dieses Zusammenspiel, für das in <strong>NRW</strong> ausgezeichnete Bedingungen<br />

vorherrschen, macht uns auch zukünftig wettbewerbsfähig.<br />

„Allianz moderne Industrie“<br />

Die Landesregierung wird eine nachhaltige Industriepolitik als strategischen Ansatz<br />

der Wirtschaftspolitik zur Leitlinie ihres Regierungshandelns machen. Wir werden in<br />

Zusammenarbeit mit Vertretern aus Wissenschaft, Kammern, Industrie, Mittelstand<br />

und anderen gesellschaftlichen Gruppen wie beispielsweise Gewerkschaften und<br />

Umweltverbänden eine „Allianz moderne Industrie“ ins Leben rufen. Bestandteil<br />

dieser Allianz sollen gemeinsame Verabredungen z. B. zur Innovationsförderung des<br />

Landes, zur Förderung von Akzeptanz von Industrie und Infrastrukturprojekten, zur<br />

Verbesserung der Kreditversorgung, zu einer Stärkung der außenwirtschaftlichen<br />

Aktivitäten und der internationalen Wirtschaftsförderung des Landes sein. Ziel dieser<br />

Allianz ist es, durch gemeinsame Anstrengungen die Kräfte zu bündeln und die<br />

Maßnahmen und Instrumente zu konzentrieren.<br />

Industrie im Wandel<br />

Im Zuge der Globalisierung werden Wertschöpfungsketten weltweit neu strukturiert,<br />

fortwährend überprüft und neu gestaltet. Um industrielle Produktion in <strong>NRW</strong><br />

dauerhaft zu sichern, werden wir gemeinsam mit den Unternehmen, Gewerkschaften<br />

und Verbänden dafür arbeiten, aktiv die Chancen innovativer industrieller Produktion<br />

zu nutzen sowie deren Belastungen für Mensch und Umwelt nachhaltig zu senken.<br />

Wer will, dass die Industrie bleibt, muss auch wollen, dass sie sich umwelt- und<br />

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ressourcenschonend verändert. Die Industrie ist nicht Teil des Problems; sie ist Teil<br />

der Lösung. Weltweit werden aus ökologischen und auch aus ökonomischen<br />

Gründen immer stärker Produkte und Dienstleistungen nachgefragt werden, die dazu<br />

beitragen, Energie vermehrt einzusparen, effizienter einzusetzen und die<br />

Erneuerbaren Energien stärker zu nutzen. Ressourceneffizienz senkt die<br />

Abhängigkeit von Rohstoffimporten, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit fördert und<br />

entlastet Umwelt und Klima.<br />

Die nordrhein-westfälischen Unternehmen werden ihre sehr gute Stellung auf den<br />

nationalen und internationalen Märkten nur mit innovativen Produkten erhalten<br />

können. Nordrhein-Westfalen braucht eine Innovationskultur, die von Wirtschaft,<br />

Wissenschaft und Gesellschaft und getragen ist. Deshalb werden wir eine neue<br />

Innovationsoffensive für <strong>NRW</strong> starten und damit im Umfeld von Wachstumsbranchen<br />

den gezielten Ausbau und die Stärkung landesweiter Netzwerke zwischen<br />

Unternehmen, gesellschaftlichen Gruppen, Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen initiieren.<br />

Auch zukünftig wird <strong>NRW</strong> ein Land mit einem starken industriellen Kern sein.<br />

Gesellschaftlich verantwortliches Handeln von Unternehmen<br />

Wir werden die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen dabei unterstützen, ein<br />

langfristig angelegtes Konzept für Corporate Social Responsibility (CSR) zu<br />

entwickeln und daraus entstehende Chancen für innovative Produkte,<br />

Dienstleistungen und Geschäftsmodelle auszuloten, die zum Wohlergehen der<br />

Gesellschaft und der Umwelt und zur Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze<br />

beitragen.<br />

Mit Leitmärkten die Zukunft erschließen<br />

Wir identifizieren die Leitmärkte der Zukunft und fördern deren Erschließung sowie<br />

die Vernetzung der Partner in der Wertschöpfungskette durch die Unterstützung von<br />

Clustern. Wir konzentrieren uns auf die Leitmärkte, in denen Nordrhein-Westfalen<br />

besondere Stärken und Spezialisierungsvorteile hat oder die eindeutig dem Ziel des<br />

ökologischen Umbaus zuzurechnen sind.<br />

Maschinen- und Anlagenbau / Produktionstechnik<br />

Der Maschinen- und Anlagenbau sowie die Produktionstechnik sind dynamische<br />

Produktionszweige mit einem hohen Innovationsgrad. Als Querschnittsbereiche mit<br />

Technologieführerschaft auf vielen Gebieten integrieren sie neueste Erkenntnisse in<br />

Anlagen und Produkte und leistet ihren Beitrag zur Lösung drängender<br />

Zukunftsthemen wie Umweltschonung und Erhöhung der Energie- und<br />

Ressourceneffizienz.<br />

Neue Werkstoffe<br />

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Die chemische Industrie ist eine Schlüsselbranche für den Standort <strong>NRW</strong> und die<br />

Umwelt. Die Werkstoffe der Chemischen Industrie, der Stahl- der Aluminium- oder<br />

der Kunststoffindustrie sind Innovationstreiber für die Industrie insgesamt und sind<br />

zentrale Materiallieferanten für die wichtigen industriellen Wertschöpfungsketten.<br />

Mobilität und Logistik<br />

Weltweit sind Lösungen gefragt, wie die Mobilität erhalten, zugleich aber auch die<br />

Umwelt entlastet werden kann. Neben der individuellen Mobilität rückt verstärkt die<br />

Logistik in den Mittelpunkt: Globalisierung, Spezialisierung der Produktionsprozesse<br />

und Zersplitterung von Wertschöpfungsketten, veränderte Handelsströme (z.B.<br />

Internethandel) erfordern innovative logistische Dienstleistungen und Produkte.<br />

Informations- und Kommunikationswirtschaft<br />

Die Informations- und Kommunikationstechnologien sind die Schlüsseltechnologien<br />

für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Digitalisierung und Vernetzung<br />

entscheiden über die Zukunftsfähigkeit aller Branchen und Industriezweige.<br />

Energie- und Umweltwirtschaft<br />

Die Gestaltung der Energiewende und die Erreichung der Klimaschutzziele bieten<br />

vielfältige Chancen für die Energie und Umweltwirtschaft und werden damit zu einem<br />

Fortschrittsmotor, zum Beispiel durch Energieeffizienz, erneuerbare Energien,<br />

Rohstoff- und Materialeffizienz.<br />

Medien und Kreativwirtschaft<br />

Die Medien- und Kreativwirtschaft ist in ihrer Vielfalt ein wichtiger Innovationsmotor<br />

für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Kultur in den Metropolen unseres Landes.<br />

Kreativquartiere geben Raum, um neue Anstöße für wirtschaftliche Aktivitäten zu<br />

geben.<br />

Gesundheit<br />

Angesichts der demografischen Entwicklung wird die Nachfrage nach den<br />

Dienstleistungen der Gesundheitswirtschaft und nach ihren medizintechnischen<br />

Produkten und Systemen weiter an Bedeutung gewinnen.<br />

Life Sciences<br />

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„Gutes Leben“ und „gesundes Leben“ schaffen neue Chancen für health care-<br />

Angebote und Innovationen in der Bio- und Medizintechnologie. Zugleich nimmt auch<br />

die Ernährungswirtschaft eine besondere Position in Nordrhein-Westfalen ein.<br />

Mittelstandspolitik<br />

Mittelstand stärken<br />

Den rund 754.000 mittelständischen Unternehmen in <strong>NRW</strong> kommt<br />

wirtschaftspolitisch in unserem Land eine herausragende Rolle zu. Der Mittelstand<br />

stellt mit 99,5% das Gros unserer Unternehmen; 34,0% aller steuerpflichtigen<br />

Umsätze werden in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erwirtschaftet; 79,2%<br />

aller Arbeitsplätze werden durch KMU bereitgestellt; 82,7% aller Auszubildenden in<br />

KMU ausgebildet und bei ihnen arbeiten knapp 80% aller<br />

sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Daher werden wir den Mittelstand<br />

stärken, um für Wachstum, Innovation und Beschäftigung Impulse zu setzen.<br />

Dazu werden wir den in enger Kooperation mit den Spitzenvertretern der nordrheinwestfälischen<br />

Mittelstandsorganisationen erarbeiteten Entwurf für ein<br />

Mittelstandsgesetz schnellst möglich in den Landtag einbringen. Wesentliche<br />

Instrumente des Gesetzentwurfes für eine Stärkung der mittelständischen Wirtschaft<br />

in <strong>NRW</strong> sind ein Clearingverfahren, bei dem alle mittelstandsrelevanten Vorhaben<br />

der Landesregierung frühzeitig auf ihre Folgen für die Unternehmen der<br />

mittelständischen Wirtschaft und der freien Berufe untersucht werden, ein<br />

Mittelstandsbeirat, der die Landesregierung und den Landtag auf wichtige<br />

mittelstandsrelevante Vorgänge und Probleme hinweisen und in diesen<br />

Angelegenheiten beraten soll und eine Beratungsplattform für diversity management,<br />

die die Unternehmen bei der Annahme der Herausforderungen und Chancen einer<br />

vielfältiger werdenden Gesellschaft unterstützt.<br />

Mittelständische Unternehmen werden wir von unnötigen bürokratischen<br />

Hemmnissen entlasten und das Vertrauen zwischen öffentlichen Verwaltungen und<br />

Wirtschaft stärken. Unser Ziel ist, gesetzliche Vorgaben in Art und Umfang so<br />

anzulegen, dass sie unternehmerische Initiativen befördern und nicht behindern und<br />

dabei gleichzeitig den Belangen der Beschäftigten nach Arbeitssicherheit und den<br />

Anforderungen des Verbraucher- und Umweltschutzes Rechnung trägt.<br />

Wir werden mittelständischen Unternehmen über ein spezielles Qualifizierungs- und<br />

Zertifizierungssystem die Möglichkeit geben, sich durch ein anerkanntes Label als<br />

„ressourceneffizienter Betrieb“ am Markt zu positionieren.<br />

Die <strong>NRW</strong>.Bank ist die Förderbank des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Angebote<br />

der Förderbank wollen wir pro-aktiv für die Stärkung des Mittelstandes in allen<br />

Regionen des Landes beispielsweise durch regionale Beratungstage bekannter<br />

machen.<br />

In Zusammenarbeit mit der <strong>NRW</strong>.Bank werden wir Beteiligungskapital für<br />

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mittelständische Unternehmen und technologieorientierte Unternehmensgründungen<br />

in stärkerem Maße zur Verfügung stellen, um die Eigenkapitalbasis von<br />

Unternehmen so zu verbreitern, dass diese ihre Chancen auf wachsenden Märkten<br />

besser nutzen können. Die Entwicklung neuer Finanzierungsmodelle auf<br />

Darlehensbasis zu prüfen, die auch großen mittelständischen Unternehmen die<br />

Möglichkeit eröffnen, zu expandieren und ihre Stellung als Weltmarktführer<br />

auszubauen.<br />

Politik für das Handwerk<br />

Wir werden die im Mai 2011 beschlossene Handwerksinitiative <strong>NRW</strong> u.a. mit den<br />

Elementen Meistergründungsprämie, Gründungsbürgschaften bei der<br />

Bürgschaftsbank („BürgschaftsScheck Handwerk“), Unterstützung des Wachstums<br />

der Handwerksunternehmen durch einen „WachstumsScheck Handwerk“ und den<br />

„InnovationsGutschein Handwerk“, auch in den kommenden Jahren fortführen, aktiv<br />

kommunizieren und im Dialog mit dem Handwerk durch weitere Initiativen ergänzen.<br />

Damit ist die Handwerksinitiative ein wichtiges Signal für Existenzgründer im<br />

Handwerk, aber auch für schon bestehende Unternehmen.<br />

Wir werden uns auf Bundesebene dafür einsetzen, die Novellierung der<br />

Handwerksordnung aus dem Jahr 2004 zu evaluieren.<br />

Fachkräfte sichern<br />

Die Sicherung von Fachkräften ist eine Aufgabe der Unternehmen. Sie ist aber auch<br />

zu einer der zentralen wirtschaftspolitischen Herausforderungen geworden. Noch im<br />

Laufe dieser Legislaturperiode wird in Nordrhein-Westfalen mehr als jeder dritte<br />

Erwerbsfähige älter als 50 Jahre sein. Die Zahl der Erwerbsfähigen im Alter über 50<br />

Jahre wird dann etwa doppelt so groß sein wie die Zahl der 20-bis 29-jährigen.<br />

Unsere Fachkräfteinitiative werden wir fortsetzen und noch stärker auf die regionalen<br />

und sektoralen Herausforderungen ausrichten.<br />

Das duale Ausbildungssystem qualifiziert für die immer höheren Anforderungen in<br />

der betrieblichen Praxis und darüber hinaus auf die zu erwartenden<br />

demographischen Herausforderungen. Wir wollen es zur Erhaltung der Wettbewerbsund<br />

Innovationsfähigkeit erhalten und ausbauen.<br />

Darüber hinaus müssen Hürden und Barrieren im Berufsleben beseitigt werden. Die<br />

Förderung von Frauen stellt einen elementaren Bestandteil der Fachkräftesicherung<br />

dar. Im Sinne einer modernen Familienpolitik müssen auch im Interesse von Müttern,<br />

Vätern und den pflegenden Angehörigen weitere Maßnahmen zur Vereinbarkeit von<br />

Familie und Beruf umgesetzt werden.<br />

Weitere Möglichkeiten landespolitischen Handelns bestehen in der Ausschöpfung<br />

der inländischen Potenziale der Schul-, Berufsausbildungs- und Studienabbrecher,<br />

der Geringqualifizierten, der stärkeren Integration älterer Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer, der Partizipation von Inländern mit Migrationshintergrund, die Bindung<br />

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von Ausländerinnen und Ausländern, die hier ihr Studium oder ihre Berufsausbildung<br />

absolviert haben und die Gewinnung ausländischer Fachkräfte durch vereinfachte<br />

Anerkennung im Ausland erworbener Bildungsabschlüsse.<br />

Das Wissen und das Können der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer<br />

betrieblichen Interessenvertretungen sind wichtige Faktoren für Innovations- und<br />

Wettbewerbsfähigkeit und damit für Beschäftigung. Sie sollen verbindlicher in die<br />

Unternehmensentwicklung einbezogen werden und ihre Rolle für die Sicherung und<br />

Schaffung von guter Arbeit und als Motor von betrieblichen Innovationen gestärkt<br />

wird.<br />

Technologische Schwerpunkte setzen<br />

Elektromobilität<br />

Wir werden die Elektromobilität in <strong>NRW</strong> entlang der Wertschöpfungskette und den<br />

infrastrukturellen Erfordernissen unterstützen und so den Ausbau von<br />

Elektromobilität in Verbindung mit Erneuerbaren Energien zusammen mit den<br />

Kommunen, der Wissenschaft und der Wirtschaft voranbringen.<br />

Wir wollen wichtige Schlüsselvorhaben aus den Schaufensterbewerbungen so<br />

unterstützen und begleiten, dass <strong>NRW</strong> als bundesweiter Vorreiter für E-Mobilität<br />

etabliert wird. Hierbei werden wir gleichermaßen Projekte forcieren, mit denen<br />

industriepolitische Kompetenz und ein ganzheitliches Verständnis von Öffentlichen<br />

Personenverkehr (z.B. Elektrobusse und Akku-Bahnen, elektrisch unterstützte<br />

Nahmobilität mit Pedelecs und Carsharing mit E-Cars) vorangetrieben werden.<br />

Über die bisherigen F & E - Schwerpunkte (Batterie/Elektrische Speicherung,<br />

Fahrzeuge und Antriebe, Infrastruktur und Netze) hinausgehend sollten dabei auch<br />

die wirtschaftlichen und stadtplanerischen Rahmenbedingungen und Fragen der<br />

Gestaltung der zukünftigen Verkehrsträger für den urbanen Raum in den Blick<br />

genommen werden.<br />

Breitband <strong>NRW</strong><br />

Die Informations- und Telekommunikationstechnologien sind Innovationstreiber in<br />

allen Wirtschaftsbereichen. Diese Technologien und ganz besonders ein möglichst<br />

schnelles Breitbandnetz – auch in den ländlichen Regionen unseres Landes – sind<br />

existenziell für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen<br />

Wirtschaft. Darum ist die Breitbandstrategie auf den Ausbau von Glasfasernetzen der<br />

nächsten Generation auszurichten.<br />

Dort, wo in absehbarer Zeit keine Versorgung mit schnellen Glasfaserleitungen<br />

geleistet werden kann, ist zumindest eine Versorgung mit LTE sicherzustellen.<br />

Bereiche, die nicht in den nächsten fünf Jahren durch verbindliche Vereinbarungen<br />

mit Glasfaserleitungen (Outdoor-DSL, Kupfer auf der letzten Meile) erschlossen<br />

werden, sind als „weiße Flecken“ an die Regulierungsbehörde zu melden und die<br />

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Telekommunikationsdienstleister sind im Rahmen der bei der Frequenzvergabe<br />

festgelegten Kriterien zur vorrangigen Versorgung dieser Gebiete zu verpflichten.<br />

In Zusammenarbeit mit der Bundesebene und anderen Bundesländern wollen wir<br />

das Ziel einer Breitbandversorgung von 50 MBit/s für alle Haushalte gewährleisten<br />

und dies bis 2018 erreichen. Wir werden eine Bundesratsinitiative für die<br />

Verankerung einer Breitband-Universaldienstverpflichtung im<br />

Telekommunikationsgesetz ergreifen.<br />

Beim Ausbau der Versorgung für schnellen Netzzugang sind möglichst<br />

wirtschaftliche, energieeffiziente und zukunftsfähige Netzinfrastrukturen durch<br />

Nutzung von Synergien bei Ausbau und Erneuerung in Zusammenarbeit von<br />

Kommunen und Telekommunikationsdienstleister durch eine Koordinierung des<br />

Landes sicherzustellen.<br />

Wir wollen die Realisierungsbedingungen und Kosten unterschiedlicher Szenarien<br />

untersuchen und die Ergebnisse 2013 veröffentlichen.<br />

Tourismusangebote stärken den Wirtschaftsstandort<br />

Mit Wachstumsraten um 5 % in den beiden vergangenen Jahren gehört unser Land<br />

inzwischen zu den entscheidenden Wachstumstreibern beim<br />

Übernachtungstourismus in Deutschland. Wir wollen diese positive Entwicklung in<br />

den nächsten Jahren nachhaltig sichern und ausbauen. Unser Land hat aufgrund<br />

seiner räumlichen, ökonomischen und infrastrukturellen Angebote alle Chancen, den<br />

Ansprüchen an eine moderne Tourismus-Region künftig noch besser zu entsprechen<br />

als viele Wettbewerber. Denn so nah zusammen wie in Nordrhein-Westfalen liegen<br />

die vielfältigen Reize einer hoch verdichteten Stadt- und Kulturszene und die<br />

exzellenten naturnahen Erholungs- und Entschleunigungsmöglichkeiten in kaum<br />

einem anderen Wirtschaftsraum. Mit dem „Masterplan Tourismus“ wollen wir die<br />

Stärken Nordrhein-Westfalens ausbauen und national und international neu<br />

positionieren. Dazu wurden im vergangenen Jahr neue Landesproduktmarken<br />

etabliert, mit denen wir künftig ein ganzheitliches Bild von den touristischen<br />

Attraktionen unseres Landes zeichnen wollen. Wir streben an, die bisherigen<br />

Landesproduktmarken um eine Marke <strong>NRW</strong>.NATUR zu ergänzen und neue<br />

Angebote zum Thema „barrierefreier Tourismus“ zu entwickeln. Außerdem wollen wir<br />

das Hotel- und Gastgewerbe aktiv in die aktuelle Klimaschutzpolitik einbeziehen und<br />

bei zukünftigen Projekten vermehrt den Focus auf die Gestaltung eines nachhaltigen<br />

und sanften Tourismus legen.<br />

EU-Strukturfonds aus einem Guss<br />

Wir wollen eine vorausschauende moderne Wirtschaftspolitik betreiben, die in allen<br />

Regionen unseres Landes die jeweiligen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche<br />

wirtschaftliche Entwicklung verbessert.<br />

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Mit einer ausbalancierten und effizienten Nutzung der uns zur Verfügung stehenden<br />

wirtschaftspolitischen Instrumente, schaffen wir eine den unterschiedlichen<br />

regionalen Ausgangslagen entsprechende passgenaue Förderung der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung.<br />

Sektoral werden wir zum einen landesweit mit entsprechenden Instrumenten die<br />

Akteure unterstützen, die auf den Leitmärkten der Zukunft besondere Kompetenzen<br />

und Entwicklungspotenziale aufweisen. Regional werden wir uns zum anderen in der<br />

Strukturpolitik auch weiterhin auf die Regionen konzentrieren, die dem strukturellen<br />

Wandel in besonderem Maße unterworfen sind.<br />

Im Jahr 2014 beginnt eine neue EU-Strukturfondsperiode. Für die operationellen<br />

Programme des Landes werden wir folgende inhaltlichen Themen und Schwerpunkte<br />

unter Berücksichtigung der festgelegten Leitmärkte setzen:<br />

• Forschung und Innovation (einschließlich Umweltwirtschaft und<br />

•<br />

Gesundheitswirtschaft)<br />

Wettbewerbsfähigkeit von KMU (einschließlich Ressourceneffizienz);<br />

•<br />

Bildungs- und Kompetenzentwicklung, Beschäftigungs- und Fachkräftesicherung<br />

Energieeffizienz und Klimaschutz<br />

• Förderung der sozialen Eingliederung und Bekämpfung der Armut<br />

• Umweltschutz, Nachhaltige Nutzung der Ressourcen, ländlicher Raum<br />

Bei der Umsetzung aller Themenschwerpunkte sind ein vorbeugender und<br />

nachhaltiger Politikansatz sowie das Querschnittsziel Chancengleichheit durch aktive<br />

Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen sowie die Herausforderungen<br />

durch den demografischen Wandel zu berücksichtigen.<br />

Die dabei für Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stehenden Mittel wollen wir<br />

problemlösungsorientiert einsetzen. Dazu werden sich die Ressorts stärker<br />

koordinieren.<br />

Die Ziel-2-Förderung (EFRE, und da wo möglich und sinnvoll auch ESF und ELER)<br />

werden wir auf die zentralen und für <strong>NRW</strong> profilbildenden Leitmärkte konzentrieren.<br />

Wir wollen, dass die Mittel den Mittelstand besser erreichen und zu diesem Zweck<br />

die Bewerbungs-/Förderverfahren vereinfachen.<br />

Um positive Entwicklungen in strukturschwachen Regionen zu unterstützen werden<br />

wir einen Steuerungsmechanismus entwickeln, der die regionalen Disparitäten weiter<br />

vermindert und die regionalen Stärken ausbaut. So werden wir die Belange der<br />

strukturschwachen Regionen zukünftig stärker berücksichtigen.<br />

Die Vergabe der Fördermittel aus den Strukturfonds EFRE, ESF und ELER erfolgt<br />

auf der Grundlage wettbewerblicher Auswahlverfahren oder anderer<br />

kriteriengesteuerter Verfahren. Welche Verfahren konkret bei einem Programm oder<br />

Förderschwerpunkt gewählt werden, orientiert sich insbesondere an den<br />

Grundsätzen Qualität, Transparenz, Mobilisierung, Verwaltungs- und Kostenaufwand<br />

sowie Zielgruppenorientierung. Dabei wollen wir bei der Ziel-2 Förderung – soweit<br />

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dies zweckmäßig und möglich ist – revolvierende Finanzierungsinstrumente (Fonds)<br />

einsetzen. Das EU-Instrument JESSICA-Fonds kann dabei Berücksichtigung finden.<br />

Um diese Ziele zu erreichen, streben wir eine Strukturförderpolitik aus einem Guss<br />

an. Die für <strong>NRW</strong> wichtigen Mittel aus den Strukturfonds (EFRE, ESF und ELER)<br />

sollen ineinandergreifen und bestmöglich verzahnt eingesetzt werden.<br />

Die Landesregierung wird deshalb auf der Ebene der Staatssekretärinnen und<br />

Staatssekretäre entsprechend der EU-Vorgaben einen Monitoringprozess mit dem<br />

Ziel der Koordination zwischen den EU-Strukturfonds einrichten.<br />

Darüber hinaus ist möglichen Bewilligungsengpässen und Verzögerungen beim<br />

Mittelabfluss zeitnah, transparent und unbürokratisch entgegenzuwirken.<br />

Zur Erhöhung der Transparenz sowohl hinsichtlich des Bewilligungsvolumens als<br />

auch des Mittelabflusses wird die Landesregierung auch die Begleitausschüsse<br />

regelmäßig und strukturfondsübergreifend unterrichten. Auf dieser Basis bietet der<br />

inhaltliche Austausch zwischen den Begleitausschüssen die Möglichkeit, einen<br />

breiten Dialog über wichtige Themen zu führen und somit die Förderung "aus einem<br />

Guss" zu befördern.<br />

Die Mittelvergabe aus den Strukturfonds muss unbürokratischer, transparenter und<br />

zielgenauer gestalten werden. Dazu wird die Landesregierung die<br />

Landeshaushaltsordnung (LHO) auf Effektivität und Vereinfachung der Mittelvergabe<br />

(z.B. Pauschalierung von Personal- und Sachkosten, stärkere Nutzung des<br />

Instruments revolvierender Fonds) prüfen. Durch eine veränderte LHO wollen wir<br />

vermeiden, dass landesseitige, über die EU-Auflagen hinausreichende, Vorschriften<br />

die Projektbewilligung und -durchführung erschweren.<br />

Der sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung in den Städten kommt eine<br />

besondere Bedeutung zu. Die Kommunen sollen wieder stärker und zielorientierter<br />

von europäischen Fördermitteln profitieren. Wir werden auch zukünftig dafür Sorge<br />

tragen, dass alle Kommunen, auch jene im Stärkungspakt Stadtfinanzen, in<br />

Haushaltssicherung und unter Nothaushaltsrecht, ihren kommunalen Eigenanteil<br />

darstellen können.<br />

Mehr Effizienz des wirtschaftspolitischen Instrumentariums<br />

Mit Blick auf die haushaltspolitischen Erfordernisse werden wir überprüfen, an<br />

welchen Stellen eine Umstellung der Fördermaßnahmen von Zuschüssen auf<br />

Förderung durch Darlehen möglich ist. Das gilt für weite Teile der<br />

Investitionsförderung, aber auch z.B. für Teile der Forschungs-, Entwicklungs- und<br />

Qualifizierungsförderung.<br />

Alle Maßnahmen und Instrumente bedürfen einer ständigen kritischen Überprüfung.<br />

Deshalb werden wir die Schlagkraft und die Effektivität aller Einrichtungen der<br />

Wirtschaftsförderung erhöhen. Hierzu kann eine Evaluierung durch unabhängige<br />

externe Gutachter beitragen.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Die internationale Wirtschaftsförderung des Landes werden wir stärken, indem wir<br />

Synergien bei der Unterstützung der Erschließung neuer Märkte im Ausland<br />

("Outgoing"), der Ansiedlung ausländischer Investoren und Unternehmen in <strong>NRW</strong><br />

("Incoming"), dem Standortmarketing und den Messeaktivitäten nutzen sowie die<br />

Vernetzung mit der regionalen Wirtschafts- und Innovationsförderung intensivieren.<br />

Dabei wird das internationale Konzept der Landesregierung eine wichtige Grundlage<br />

bilden.<br />

In allen Bereichen wollen wir die Förder- und Bewilligungswege straffen. Dafür<br />

werden wir die inhaltliche und die administrative Bewilligung enger miteinander<br />

verzahnen und Antragsteller bei der Antragstellung aktiv unterstützen.<br />

Wir werden darauf hinwirken, dass Gründungsprozesse beschleunigt werden und<br />

sich das Gründungsklima in <strong>NRW</strong> weiter verbessert.<br />

Gemeinwohlorientierte Wirtschaft stärken<br />

Arbeitsplätze und Produkte entstehen nicht nur für die globalisierten Märkte, sondern<br />

auch vor Ort in unserem Binnenmarkt. Der lokale Markt entscheidet über den Erfolg<br />

des Handwerks, vieler Dienstleistungsunternehmen, der freien Berufe und des<br />

Einzelhandels.<br />

Gemeinwohlorientierte Unternehmen sind ein dynamisch wachsender<br />

Wirtschaftssektor und bereichern die Wirtschaft in unserem Land. Sie sind ein<br />

Beitrag dazu, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken und wirtschaftliche<br />

Selbstverantwortung zu stärken. Sie ermöglichen Innovation und erschließen neue<br />

Betätigungsfelder. Hierzu zählen insbesondere Genossenschaftsmodelle.<br />

Wir wollen hierfür vorhandene Beratungsangebote verstärken und ausbauen,<br />

Bürgschaftsmodelle prüfen, rechtliche Hemmnisse im Bereich der Solidarischen<br />

Ökonomie gezielt abbauen sowie Finanzierungsmöglichkeiten verbessern.<br />

Es müssen einerseits die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Gründung von<br />

Genossenschaften überprüft werden, andererseits sollten auch alle anderen<br />

möglichen Rechtsformen auf ihre Anwendbarkeit für gemeinwirtschaftliches<br />

Engagement hin untersucht und – wenn nötig – stärker als bisher gefördert werden.<br />

In der kommenden Europäischen Förderperiode ab 2014 werden wir auch die<br />

Möglichkeiten der EU-Strukturfonds nutzen, um den Bereich der<br />

Gemeinwohlorientierten und Sozialen Ökonomie zu stärken.<br />

Selbstverwaltungsorgane der Wirtschaft<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Die Selbstverwaltung der Wirtschaft ist ein wichtiges Element des wirtschaftlichen<br />

Lebens. Wir halten an der Selbstverwaltung und Eigenverantwortung der regionalen<br />

Wirtschaft fest und wollen die Kammern bei der Erfüllung ihrer wichtigen Aufgaben<br />

weiter unterstützen, ihre Bedeutung für das Funktionieren des Wirtschaftslebens<br />

herausstellen und dazu beitragen, ihre Akzeptanz zu festigen. Dies verstehen wir<br />

sowohl als Chance wie auch als Verpflichtung für die Selbstverwaltungsorgane der<br />

Wirtschaft, die Strukturen der Kammern effizient, demokratisch, geschlechtergerecht<br />

und transparent zu gestalten. Wir wollen prüfen, wie und mit welchen rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen wir diesen Prozess unterstützen und befördern können. Dazu<br />

werden wir den Dialog mit den Selbstverwaltungsorganen der Wirtschaft suchen.<br />

Sonn- und Feiertagsschutz sichern – Ladenöffnungsgesetz novellieren<br />

Vor allem die Abschaffung des Anlassbezuges im Ladenöffnungsgesetz hat zu einer<br />

Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage in <strong>NRW</strong> und somit zu einer Aushöhlung<br />

des Sonntagsschutzes geführt. Die Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes<br />

werden wir korrigieren. Wir werden dazu insbesondere die Anzahl der zur Öffnung<br />

frei gegebenen Kalendersonntage begrenzen, wie es in einigen Kommunen bereits<br />

erfolgreich praktiziert wird sowie den Anlassbezug für die Sonn- und<br />

Feiertagsöffnung wieder herstellen. Für uns beginnt der Sonntagsschutz am<br />

Sonnabend um 22:00 Uhr. Wir ermöglichen aber weiterhin anlassbezogenes „Late-<br />

Night-Shopping“ für eine begrenzte Anzahl von Samstagen.<br />

Tariftreue- und Vergabegesetz zielgerichtet umsetzen<br />

Mit dem von uns im Landtag verabschiedeten Tariftreue- und Vergabegesetz haben<br />

wir ein Instrument geschaffen, um Lohndumping zu verhindern, fairen Wettbewerb –<br />

international und vor Ort – zu ermöglichen und ökologische, soziale und faire<br />

Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berücksichtigen. Zur Unterstützung<br />

der öffentlichen Auftraggeber wird eine Prüfstelle aufgebaut, die die Einhaltung der<br />

Tariftreue- und Mindestlohnstandards überwachen wird und die Kommunen entlastet.<br />

Außerdem können Auftragnehmer im Rahmen eines Präqualifizierungsverfahrens<br />

nachweisen, dass sie für die öffentliche Auftragsvergabe geeignet sind und werden<br />

somit von der Nachweispflicht für jede Einzelbewerbung befreit. Wir wollen, dass das<br />

Land, die Kommunen und die Wirtschaft das Gesetz gemeinsam mit Leben füllen<br />

und ihren jeweiligen Beitrag dazu leisten, es zielgerichtet und praxisgerecht<br />

umzusetzen.<br />

Deutschland braucht endlich einen Masterplan für die Energiewende<br />

Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat das endgültige Aus der Atomkraft in<br />

Deutschland eingeleitet. Für den Atomausstieg haben wir lange gekämpft. Der<br />

schnellstmögliche Umstieg auf eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien bis<br />

zur Mitte des Jahrhunderts ist politischer Konsens. Der Atomausstieg darf auch nicht<br />

als Vorwand gebraucht werden, um Klimaschutzziele in Frage zu stellen.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Der Transformationsprozess ist eine technologische und infrastrukturelle<br />

Herausforderung, gleichzeitig aber auch die wirtschaftliche und industrielle<br />

Zukunftschance für Deutschland und insbesondere <strong>NRW</strong>. Um die<br />

Herausforderungen zu meistern, Risiken zu begrenzen und die Chancen zu nutzen,<br />

braucht Deutschland einen „Masterplan Energiewende“. Schwarz-gelb ist nicht in der<br />

Lage, die Energiewende zu einem Gemeinschaftsprojekt zu machen.<br />

<strong>NRW</strong> hat ein hohes Interesse an der Gestaltung der Rahmenbedingungen und wirbt<br />

deshalb für einen „Masterplan Energiewende“ auf Bundesebene als<br />

Gemeinschaftswerk. <strong>NRW</strong> hat sich im letzten Jahr massiv in die Energie- und<br />

Klimapolitik auf Bundesebene eingebracht. Die Landesregierung wird sich weiterhin<br />

unter anderem für folgende Maßnahmen im Rahmen der Energiewende auf<br />

Bundesebene einsetzen:<br />

• Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) muss verlässliche<br />

Investitionsanreize für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, insgesamt<br />

mindestens in der bisherigen Geschwindigkeit bieten, die Systemintegration<br />

inkl. dezentraler Speicher unterstützen und Mitnahmeeffekte durch die<br />

•<br />

Marktprämie verhindern. Am Einspeisevorrang halten wir fest.<br />

Das Strommarktdesign muss Investitionen in Speicher, Lastmanagement und<br />

hocheffiziente, flexible Kraftwerke ermöglichen, die die<br />

Erzeugungsschwankungen der Erneuerbaren Energien ausgleichen<br />

können (auch durch virtuelle Kraftwerke, Kapazitätsmärkte).<br />

• Für den weiteren Netzausbau sind Hochspannungs-Gleichstrom-<br />

Übertragungs(HGÜ)der<br />

Verteilnetze zentral.<br />

Trassen (Stromautobahnen) sowie die Optimierung<br />

• Energieeffizienzmaßnahmen und die Einführung eines Energieeffizienzfonds<br />

sind genauso wie die Aufstockung der Mittel für die Gebäudesanierung und<br />

das Erneuerbare-Wärmegesetz auch für Bestandsgebäude unverzichtbar.<br />

• Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) muss deutlich ausgebaut werden (z. B.<br />

durch auskömmliche Vergütungssätze im KWK-Gesetz, Anreize zum<br />

Ausgleich schwankender Energieeinspeisung, Anhebung des<br />

•<br />

Fördervolumens).<br />

Wir werden uns für ein Klimaschutzgesetz auf Bundesebene einsetzen.<br />

• Das EU-Reduktionsziel soll auf 30% bis 2020 mit entsprechender<br />

Verminderung der Caps angehoben werden. Dies gilt unter der<br />

Voraussetzung, dass die Einnahmen in voller Höhe für Klimaschutzprojekte<br />

aufkommensgerecht in den Bundesländern verwendet werden. Ferner ist<br />

zu prüfen, unter welchen Bedingungen die jährliche Reduktion von 1,7 % ab<br />

2020 ebenfalls angehoben werden kann.<br />

• Bei allen Maßnahmen müssen die Auswirkungen auf die<br />

Versorgungssicherheit, die Wettbewerbsfähigkeit und die Energiepreise für die<br />

privaten Verbraucher von Anfang an mit bedacht werden.<br />

<strong>NRW</strong> nutzt seine Chancen bei Klimaschutz und Energiewende<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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<strong>NRW</strong> hat eine besondere Verantwortung für das Gelingen der Energiewende und<br />

das Erreichen der Klimaschutzziele. Wir wollen, dass das Energie- und Industrieland<br />

<strong>NRW</strong> mit zahlreichen energieintensiven Unternehmen, als größter<br />

Kraftwerksstandort und Stromlieferant, und als Innovationsschmiede für Produkte<br />

und Prozesse gestärkt wird. Klimaschutz und Energiewende sind zentrale Themen,<br />

die den notwendigen Umbau des Wirtschaftsstandortes <strong>NRW</strong> prägen werden.<br />

Im Gegensatz zur aktuellen Bundesregierung will <strong>NRW</strong> seine Klima- und<br />

Energiepolitik nicht im Hinterzimmer aushandeln, sondern in einem partizipativen<br />

Prozess unter Einbindung wichtiger gesellschaftlicher Gruppen in Nordrhein-<br />

Westfalen. Wir wollen, dass <strong>NRW</strong> hier dauerhaft eine Vorreiterrolle einnimmt. Wir<br />

werden entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, damit die Unternehmen und<br />

Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen ihre ausgezeichnete Position<br />

sichern und ausbauen können.<br />

Mit dem Klimaschutzplan wird sich <strong>NRW</strong> in einer integrierten Energie- und<br />

Klimaschutzpolitik einen Fahrplan geben und zeigen, wie <strong>NRW</strong> seinen Beitrag zu<br />

den nationalen und internationalen Zielen für Klimaschutz, Energieeffizienz,<br />

Versorgungssicherheit, Preisstabilität und den Ausbau der Erneuerbaren Energien<br />

leisten kann.<br />

Die Energiewende ist als gesamtgesellschaftliche Herausforderung nur mit einem<br />

ausreichenden Angebot an hervorragend qualifizierten Facharbeiterinnen und<br />

Facharbeiter und Ingenieurinnen und Ingenieure erfolgreich zu gestalten.<br />

Auch die öffentlichen Verwaltungen müssen mit qualifiziertem Personal die<br />

Herausforderung der Energiewende angehen. Damit die notwendigen Investitionen<br />

und die Hebung der lokalen Wertschöpfungspotenziale nicht verzögert werden, muss<br />

eine zügige Bearbeitung (z.B. Planfeststellungsverfahren für neue Stromtrassen)<br />

sichergestellt werden. Es wird daher in den kommenden Jahren notwendig sein, auf<br />

allen Ebenen ein zielgerichtetes Projekt- und Prozessmanagement durchzuführen.<br />

Wir werden die erfolgreiche Effizienzagentur <strong>NRW</strong> zu einem flächendeckenden<br />

Angebot in <strong>NRW</strong> ausbauen und die Beratungsprozesse von Effizienzagentur und<br />

Energieagentur optimal miteinander verzahnen.<br />

<strong>NRW</strong> bleibt Standort für energieintensive Industrien<br />

<strong>NRW</strong> soll ein guter Standort für energieintensive Industrien mit den darauf<br />

aufbauenden Wertschöpfungsketten bleiben, die eine entscheidende Voraussetzung<br />

für Innovationen sind. Gleichzeitig haben bedeutende Zulieferer für Erneuerbare<br />

Energien und Klimaschutztechnik ihren Standort in <strong>NRW</strong>.<br />

Wir wollen mit der energieintensiven Industrie die <strong>NRW</strong>-Klimaschutzziele erreichen<br />

und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Wir verbinden Klimaschutz mit<br />

den Standortfaktoren Versorgungs- und Planungssicherheit, faire Energiepreise und<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Sicherstellung der Kapitalbeschaffung für die Unternehmen. Langfristig werden auch<br />

die energieintensiven Unternehmen vollständig zuverlässig mit Erneuerbaren<br />

Energien versorgt. Diesen Weg wollen wir gemeinsam mit den Unternehmen Schritt<br />

für Schritt gehen.<br />

In verschiedenen EU-Ländern werden Strompreise indirekt subventioniert. Im<br />

internationalen Wettbewerb stehende energieintensive Unternehmen in Deutschland<br />

sind deshalb auf wettbewerbsfähige Strompreise angewiesen, damit sie ihre<br />

Produktion und damit CO2-Emissionen nicht ins Ausland verlagern.<br />

Ausnahmen und/oder Kompensationen müssen auf die Bereiche begrenzt werden, in<br />

denen sie für faire Wettbewerbsbedingungen erforderlich sind. Unternehmen, die<br />

dies in Anspruch nehmen wollen, müssen festzulegende Bedingungen, zum Beispiel<br />

zum Energiemanagement, erfüllen. Nur so können die Stromkosten für alle anderen<br />

begrenzt werden. Dies gilt insbesondere für eine Weiterentwicklung des<br />

Emissionshandels, EEG-Umlage, Stromsteuer, Netzentgelt und<br />

Kompensationszahlungen.<br />

Wir wollen erreichen, dass besonders Unternehmen mit hohem regelbaren<br />

Energieverbrauch eine angemessene Vergütung erhalten, wenn sie durch<br />

abschaltbare Lasten zur Systemstabilität und zur Vermeidung von Investitionen in<br />

Netze, Speicher und Kraftwerke beitragen.<br />

Klimaschutz made in <strong>NRW</strong><br />

Mehr als ein Drittel des in Deutschland entstehenden CO2 werden in <strong>NRW</strong> emittiert.<br />

<strong>NRW</strong> als Energieland kommt deshalb bei der Erfüllung der deutschen<br />

Klimaschutzziele eine besondere Verantwortung zu. Zur Erreichung der nationalen<br />

Klimaschutzziele (minus 40 % bis 2020) und (minus 80-95 % bis 2050) muss <strong>NRW</strong><br />

seinen Beitrag leisten. Zur Erreichung seiner Klimaschutzziele ist <strong>NRW</strong> auf eine<br />

engagierte Klimaschutzpolitik des Bundes und eine Fortentwicklung der vorhandenen<br />

Instrumente auf Bundesebene (EEG, KWK-G, MAP, KfW-Programme usw.)<br />

angewiesen.<br />

Der Schutz unseres Klimas und der natürlichen Lebensgrundlagen gehört zu den<br />

größten politischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Klimaschutz ist<br />

eine gewaltige Aufgabe, aber auch eine große Chance. Durch Anstrengungen im<br />

Klimaschutz kann der Industriestandort <strong>NRW</strong> gestärkt werden: Klimaschutz ist<br />

Fortschrittsmotor.<br />

Nordrhein-Westfalen nimmt seine besondere Verantwortung für den Klimaschutz<br />

wahr: Wir begrenzen den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgasemissionen durch<br />

eine wirksame Klimaschutzpolitik. So hat die nordrhein-westfälische Landesregierung<br />

im Oktober 2011 den Entwurf für das erste Klimaschutzgesetz Deutschlands als<br />

zentrales Element für die Neuausrichtung der Klimaschutz- und Energiepolitik in<br />

<strong>NRW</strong> auf den Weg gebracht. Vor dem Hintergrund ausführlicher Diskussionen,<br />

Beratungen und Anhörungen werden wir ein Klimaschutzgesetz in den Landtag neu<br />

einbringen. Der Ausstoß von CO2 soll in <strong>NRW</strong> bis 2020 um mindestens 25 % und bis<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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2050 um mindestens 80 % gegenüber 1990 reduziert werden. Das<br />

Klimaschutzgesetz legt Klimaschutzziele für <strong>NRW</strong> fest und setzt den rechtlichen<br />

Rahmen.<br />

Auf der Basis dieses Gesetzes legt die Landesregierung 2013 einen Klimaschutzplan<br />

vor, der die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen zur Erreichung der<br />

Klimaschutzziele enthält, insbesondere: Zwischenziele zur Treibhausgasreduktion,<br />

Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren Energien, zur Energieeinsparung und zur<br />

Ressourcen- und Energieeffizienz, Potenziale und Beiträge der einzelnen Sektoren,<br />

Strategien und Maßnahmen zur Zielerreichung, Konzept zu einer insgesamt<br />

klimaneutralen Landesverwaltung, Strategien und Maßnahmen, um den<br />

Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen.<br />

Der Klimaschutzplan wird in einem breit angelegten Partizipationsprozess erarbeitet,<br />

bei dem alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen von Beginn an eingebunden<br />

werden. Wir werden insbesondere die Maßnahmen identifizieren und fördern, die<br />

den Energieverbrauch senken, die zum Klimaschutz beitragen und auch den<br />

Bürgerinnen und Bürgern mit geringem Einkommen zu Gute kommen. Die<br />

Landesregierung berichtet dem Landtag jährlich zur Umsetzung des<br />

Klimaschutzplans.<br />

Wir wollen auch Stärkungspakt-Kommunen, Kommunen mit<br />

Haushaltssicherungskonzepten oder in Nothaushaltslage nicht von rentablen<br />

Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen bzw. in die energetische Sanierung ihres<br />

Gebäudebestandes ausschließen.<br />

Fortschrittsmotor Klimaschutz-Expo<br />

Durch unsere Anstrengungen im Klimaschutz soll gleichzeitig der Industriestandort<br />

<strong>NRW</strong> gestärkt werden. Mit einer Ausstellung „Fortschrittsmotor Klimaschutz-Expo"<br />

wollen wir der Weltöffentlichkeit zeigen, dass insbesondere <strong>NRW</strong> bereits heute viele<br />

richtungweisende Projekte vorweisen kann und wie wir in <strong>NRW</strong> die ökologische<br />

industrielle Revolution in Angriff nehmen. Wir wollen deshalb zeigen, dass die<br />

Herausforderung des Klimawandels in allen Branchen und Regionen als Antrieb für<br />

neue wirtschaftliche Dynamik genutzt werden kann. Wir werden demonstrieren, dass<br />

die Leitmärkte der Zukunft eine ausgeprägte ökologische Dimension aufweisen und<br />

Klimaschutz so zum Job-Motor wird.<br />

Die Klimaschutz-Expo soll als Dekaden Projekt angelegt werden. Die Entwicklung<br />

und Umsetzung erfordert eine langfristige Ausrichtung. Die auf diesem Weg in<br />

Nordrhein-Westfalen bereits initiierten Vorhaben und Projekte wollen wir in<br />

regelmäßigen Abständen an einem für das Land zentralen Messestandort im<br />

Ruhrgebiet praxisnah und prozessorientiert präsentieren. Dabei wird verdeutlicht,<br />

welche Fortschritte auf den Feldern Klimaschutz, innovative Technologien und<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Stadtumbau durch gemeinsames Handeln von Wirtschaft, Städten und Land zum<br />

Nutzen der Menschen erreicht werden.<br />

Klimaschutz in der Landesplanung verankern<br />

Die Verbindung von Klimaschutz und Raumordnung wird im Klimaschutzgesetz,<br />

durch eine Änderung im Landesplanungsgesetz und im Landesentwicklungsplan<br />

(LEP) sichergestellt.<br />

Unabhängig von Festlegungen im LEP wollen wir folgendes umsetzen:<br />

• Administrative Hindernisse gegenüber Standorten zur Nutzung Erneuerbarer<br />

Energien sind mit den Zielen der Landesplanung nicht vereinbar.<br />

• Regionale und örtliche Energieversorgungskonzepte, die den Klimaschutzzielen<br />

dienen, sollen entwickelt werden.<br />

• Fördermittel des Landes sind so zu verwenden, dass geförderte Maßnahmen der<br />

Erreichung von Klimaschutzzielen nicht entgegenstehen.<br />

Schnellstmöglicher Umstieg auf Erneuerbare Energien<br />

Derzeit werden in <strong>NRW</strong> jährlich ca. 12.500 GWh Strom aus Erneuerbaren Energien<br />

erzeugt. Dies entspricht knapp 10% des Stromverbrauchs in <strong>NRW</strong>. Die<br />

Stromerzeugung Nordrhein-Westfalens ist auf einen stetig steigenden Anteil<br />

Erneuerbarer Energien umzustellen. Wir halten am Einspeise-Vorrang für<br />

Erneuerbare Energien fest.<br />

Die Landesregierung setzt sich zum Ziel, 2025 mehr als 30% des Stroms in <strong>NRW</strong><br />

aus Erneuerbaren Energien zu gewinnen. Dafür wird die Landesregierung ihre<br />

ambitionierte Politik für Erneuerbare Energien weiter stärken, und sich vermehrt für<br />

eine bessere Systemintegration einsetzen.<br />

Wir wollen <strong>NRW</strong> als Standort für Erneuerbare Energien weiter profilieren. <strong>NRW</strong> hat<br />

hier als Technologiestandort ein großes Potenzial, das noch besser ausgeschöpft<br />

werden muss. So kann <strong>NRW</strong> vermehrt als Standort des Maschinen- und<br />

Anlagenbaus sowie mit Betrieb und Service Arbeitsplätze sichern und neu schaffen.<br />

Um die Förderstruktur in <strong>NRW</strong> wie progres.nrw zu stärken, muss das<br />

Marktanreizprogramm des Bundes für erneuerbare Energien im Wärmemarkt (MAP)<br />

gesichert und über den Energie- und Klimafonds des Bundes aufgestockt werden.<br />

Zur Nutzung der wirtschaftlichen Potenziale der Erneuerbaren Energien werden wir<br />

ressortübergreifend Handlungsstrategien identifizieren und umsetzen. Dabei<br />

berücksichtigen wir Energie und Umwelt, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung<br />

sowie Bildung und Qualifizierung.<br />

Windenergie<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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<strong>NRW</strong> ist ein hervorragender Windenergiestandort. Die Verhinderungspolitik von<br />

schwarz-gelb zwischen 2005 und 2010 haben wir überwunden. Die Windenergie ist<br />

die tragende Säule der Erneuerbaren Energien. Ohne einen deutlichen Ausbau der<br />

Windenergie werden wir die Klimaschutzziele in <strong>NRW</strong> nicht erreichen. Deshalb<br />

wollen wir den Anteil der Windenergie in <strong>NRW</strong> an der Stromversorgung auf<br />

mindestens 15 % bis 2020, auch durch Repowering, ausbauen.<br />

Mit einem neuen Windenergieerlass und dem Leitfaden „Windenergie im Wald“<br />

haben wir bereits als rot-grüne Minderheitsregierung den Ausbau der Windenergie<br />

ermöglicht, indem wir u.a. restriktive Regelungen beseitigt haben. Die Kommunen<br />

sollen bei der Ausweisung neuer Wind-Konzentrationszonen oder bei der Aufhebung<br />

von Höhenbeschränkungen die notwendige Rechtssicherheit bekommen. Wir werden<br />

uns im Bundesrat erneut für eine Änderung des § 249 BauGB einsetzen. Bei<br />

möglichen Interessenkonflikten zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern,<br />

Kommunen, Naturschutz und Windenergie streben wir Lösungen im größtmöglichen<br />

Konsens an. Neben dem Beratungsangeboten wollen wir die Akzeptanz des<br />

Ausbaus der Windenergie auch durch eine bessere kommunale Wertschöpfung und<br />

Bürgerwindparks sichern.<br />

Geeignete landeseigene Flächen werden mit dem Ziel identifiziert, auch diese<br />

Flächen zeitnah für die Windenergie zu nutzen.<br />

Photovoltaik<br />

<strong>NRW</strong> hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Standort der<br />

Photovoltaikbranche entwickelt. Momentan sind in <strong>NRW</strong> fast 150.000 Photovoltaik-<br />

Anlagen installiert die jährlich etwa 2,2 TWh Strom erzeugen. Das entspricht knapp 2<br />

% des Gesamtstromverbrauchs Nordrhein-Westfalens. Zehntausende Bürgerinnen<br />

und Bürger sind bereits zu Solarstromproduzenten geworden. Diese Entwicklung<br />

wollen wir fortsetzen.<br />

Die Landesregierung wird sich weiter dafür einsetzen, dass <strong>NRW</strong> Photovoltaik-<br />

Standort bleibt und nicht auf Bundesebene geschädigt wird. Die unberechenbare<br />

Politik der Bundesregierung zur Photovoltaik-Vergütung ist ein Angriff insbesondere<br />

gegen die Solarwirtschaft, den Mittelstand und das Handwerk. Jetzt gilt es,<br />

Planungssicherheit für die Unternehmen und Privathaushalte zu schaffen. Wir<br />

werden gesetzliche Restriktionen, die dem Ausbau entgegenstehen, wie etwa das<br />

Denkmalschutzgesetz, auf die Möglichkeit von Erleichterungen hin überprüfen.<br />

Wasserkraft<br />

Wir wollen vorhandene Standorte mit Wasserkraftanlagen erhalten, sie energetisch<br />

und ökologisch optimieren sowie neue Wasserkraftanlagen errichten, soweit dies mit<br />

den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie vereinbar ist. In einem ersten Schritt wird<br />

in jedem Regierungsbezirk modellhaft mindestens eine neue Referenz-<br />

Wasserkraftanlage mit modernster Technologie errichtet.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Geothermie<br />

Die geothermischen Potenziale wollen wir weiterhin heben und wissenschaftlich<br />

begleiten.<br />

Energieeinsparung<br />

Jede Kilowattstunde, die nicht gebraucht wird, schont die Ressourcen, entlastet die<br />

Umwelt und verursacht keine Kosten. In Deutschland soll der Stromverbrauch um 11<br />

% bis 2020 sinken. Wir werden die Unternehmen weiterhin durch die<br />

EnergieAgentur.<strong>NRW</strong> dabei unterstützen, ihren Energiebedarf zu minimieren und<br />

Energiemanagementsysteme einzuführen.<br />

Die Landesregierung wird zusammen mit den Kommunen, den Energieversorgern<br />

und der <strong>NRW</strong>.Bank ein Konzept für einen revolvierenden Energieeffizienzfonds und<br />

andere Finanzierungsinstrumente erarbeiten, der Investitionen in Energiespar- und<br />

Energieeffizienzprojekte in Gewerbe und Industrie in <strong>NRW</strong> ermöglicht.<br />

Mittelständische Unternehmen und Kommunen verfügen oftmals nicht über<br />

ausreichende Mittel, um notwendige Investitionen in Effizienztechniken zu<br />

finanzieren. Gemeinsam mit kommunalen Energieversorgern, Handwerkskammern,<br />

der Kreditwirtschaft und der Energieagentur wollen wir praxisgerechte<br />

Contractingmodelle entwickeln.<br />

Effizienz-Potenziale im Gebäudebestand<br />

Die Sanierungsquote von derzeit rund ein Prozent wollen wir signifikant steigern und<br />

dafür die die Förderprogramme des Bundes mit den Programmen in Nordrhein-<br />

Westfalen verzahnen. Bestehende Beratungsangebote und Fördermöglichkeiten zum<br />

Energiesparen in privaten Haushalten führen wir weiter. Wir wollen erreichen, dass<br />

KfW-Programme auch für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude genutzt<br />

werden können. Im Rahmen unseres KWK- und Gebäudesanierungsprogramms<br />

wollen wir einen Großteil der rund 450.000 elektrischen Nachtspeicherheizungen in<br />

<strong>NRW</strong> bis 2020 ersetzen.<br />

Ein konsequentes Energiemonitoring ist die Grundlage für die kontinuierliche<br />

Senkung des Energieverbrauchs in den Landesbauten. Im Rahmen der Vermietung<br />

des BLB wird auf das Warmmietenmodell umgestellt. Neubauten des Landes werden<br />

nur noch als energiesparende Bauten ambitioniert unterhalb der jeweils gültigen<br />

EnEV errichtet.<br />

Darüber hinaus wollen wir die Öffnung von EU-Strukturfonds für Maßnahmen der<br />

energetischen Sanierung des Gebäudebestands ermöglichen.<br />

Nach „50 Solarsiedlungen in <strong>NRW</strong>“ und dem weiter laufenden Programm „100<br />

Klimaschutz-Siedlungen <strong>NRW</strong>“ wollen wir ein Projekt „100 Öffentliche Klima<br />

Gebäude“ starten.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Regionale Innovationsnetzwerke von Wissenschaft und Wirtschaft, die die<br />

technologischen und ökonomischen Barrieren zur Erhöhung der Energieeffizienz<br />

überwinden helfen (zum Beispiel neue Geschäftsmodelle für<br />

Energieeffizienzmaßnahmen im Geschosswohnungsbau, Optimierung des<br />

Technikeinsatzes in der Gebäudetechnik, Sanierung im historischen<br />

Gebäudebestand) werden wir weiter unterstützen.<br />

Erneuerbares-Wärme-Gesetz (EWärmeG <strong>NRW</strong>)<br />

Bundesweit gilt das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das die verpflichtende Nutzung<br />

Erneuerbarer Wärme, zum Beispiel in Form von solarthermischen Anlagen,<br />

Biomasseheizungen und Wärmepumpen für Neubauten, vorschreibt. Das Gesetz<br />

eröffnet den Ländern ausdrücklich die Möglichkeit, weitergehende Regelungen für<br />

den Gebäudebestand zu schaffen. Dort liegt das große ungenutzte Potenzial für die<br />

Erneuerbare Wärme und es besteht entsprechender Handlungsbedarf.<br />

Wir wollen die Erfahrungen aus Baden-Württemberg mit dem dortigen EWärmeG<br />

auswerten, um dann auf dieser Basis eine gesetzliche Regelung für <strong>NRW</strong><br />

einzuführen. Dies kann einen Beitrag liefern, um eine Million Solardächer zu<br />

ermöglichen.<br />

Einsparung und Vermeidung von Energiearmut<br />

Wir wollen die Energiewende sozial gestalten. Hohe Energiepreise treffen vor allem<br />

Menschen mit geringem Einkommen. Eine Grundversorgung mit Energie, die zum<br />

Leben und zur sozialen Teilhabe unerlässlich ist, muss sichergestellt werden. Die<br />

geltenden Tarife der Stromanbieter sind weder ökologisch noch sozial. Einerseits<br />

können sich immer mehr Menschen selbst einen Mindestverbrauch nicht mehr<br />

leisten. Andererseits wird hoher Energieverbrauch vielfach noch durch die<br />

Tarifgestaltung belohnt. Deshalb wollen wir eine Tarifgestaltung erreichen, die einen<br />

geringen Energieverbrauch begünstigt (zum Beispiel kostenneutrale Einführung<br />

linearer Stromtarife durch die Abschaffung von Grundgebühren/-preisen).<br />

Insbesondere bei Erwerbstätigen mit geringem Einkommen, aber auch bei<br />

Bezieherinnen und Beziehern von Leistungen nach dem SGB-II kommt es immer<br />

wieder zu Stromsperren. Wir werden im Dialog mit den Energieversorgern und<br />

Verbraucherverbänden Lösungen erarbeiten, um Stromsperren zu vermeiden und<br />

Energiearmut wirksam zu reduzieren. Zusammen mit der Verbraucherzentrale und<br />

den Wohlfahrtsverbänden starten wir hierzu Modellprojekte mit aufsuchender<br />

Energieberatung, um langfristig ein landesweites Angebot zu erreichen. Darüber<br />

hinaus wollen wir mit neuen Finanzierungsmodellen Möglichkeiten schaffen, dass<br />

auch Menschen mit geringem Einkommen Energie sparende Geräte kaufen können.<br />

Wir wollen prüfen, ob zum Beispiel über Contracting-Modelle ein Beitrag zum<br />

Austausch ineffizienter Elektrogeräte geleistet werden kann.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Kraft-Wärme-Kopplung<br />

Der deutliche Ausbau der dezentralen, effizienten und klimafreundlichen KWK ist<br />

einer der wesentlichen Beiträge zur Erreichung der Energie- und Klimaschutzziele.<br />

Kraft-Wärme-Kopplung in ihrer Vielseitigkeit, von Micro-KWK über dezentrale<br />

Blockheizkraftwerke bis hin zur Nutzung von Nah- und Fernwärme, ist der<br />

kostengünstigste, einfachste und umweltgerechteste Weg, mittelfristig Wärme aus<br />

Erneuerbaren Energien in urbane Versorgungsstrukturen zu integrieren. Die<br />

Landesregierung verfolgt deshalb ein Impuls-Programm Kraft-Wärme-Kopplung mit<br />

insgesamt 250 Millionen Euro, auch über die laufende Förderperiode hinaus.<br />

Deshalb wollen wir auch in der Förderperiode 2014 - 2020 mit den EU-<br />

Strukturfondsmitteln einen Schwerpunkt setzen, um bestehende<br />

Investitionshemmnisse beim Ausbau der KWK aufzulösen. Zur Förderung dieser<br />

KWK-Projekte sowie zur Förderung von anderen, sich aus der Energiewende<br />

ergebenden Infrastrukturprojekten, soll unter dem Dach der <strong>NRW</strong>-Bank ein<br />

revolvierendes Finanzierungsinstrument (Energie-Infrastrukturfonds) eingerichtet<br />

werden.<br />

Neben der Vernetzung und Verdichtung der örtlichen Nah- und Fernwärmenetze soll<br />

als ein Leitprojekt die Fernwärmeschienen Niederrhein und Ruhr im Dialog mit den<br />

Kommunen verbunden werden. Darüber hinaus wollen wir kommunale KWK-<br />

Modellprojekte anstoßen.<br />

Investitionen von Stadtwerken und Versorgungsunternehmen in KWK-Anlagen sind<br />

ein wichtiger Beitrag zur Förderung von lokaler Ökonomie, Klimaschutz sowie<br />

Wettbewerb und Versorgungssicherheit in der Erzeugung. Obwohl <strong>NRW</strong> mit seiner<br />

Bevölkerungs- und Industriedichte hervorragende Voraussetzungen bietet, wie das<br />

Beispiel Lemgo mit einem KWK-Anteil von über 70 % zeigt, beträgt die KWK-Quote<br />

hierzulande derzeit nur etwa zehn %. Die Bundesregierung plant, bis 2020<br />

deutschlandweit 25 % des Stroms durch KWK zu erzeugen.<br />

<strong>NRW</strong> wird dies durch eine Landesquote von mehr als 25 % flankieren. Um dieses<br />

ambitionierte Ziel zu erreichen, ist ein tiefgreifender technologischer und struktureller<br />

Wandel im Strom- und Wärmemarkt notwendig. Doch das vorhandene<br />

Instrumentarium des Bundes zur Förderung der KWK reicht bei weitem nicht aus, um<br />

dieses Ziel zu erreichen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die vielfältige<br />

Diskriminierung der KWK auf Europa- und Bundesebene beseitigt wird.<br />

Mit der inzwischen vorliegenden KWK-Potenzialstudie wurden modellhaft die<br />

wirtschaftlichen KWK-Potenziale in Nordrhein-Westfalen ermittelt. Damit liegt jetzt<br />

eine Methodik zur Erfassung der Wärmepotenziale vor, die auf andere Städte und<br />

Regionen übertragbar ist. Gemeinsam mit der Machbarkeitsstudie für die Vernetzung<br />

der Fernwärmeschiene Rhein/Ruhr sind wichtige Grundlagen geschaffen.<br />

Wettbewerb, Netze und Speicher für die Energiewende<br />

Im Strom- und Gasmarkt fehlt es nach wie vor an Wettbewerb und fairen<br />

Marktstrukturen. Auch deshalb unterstützen wir die Initiativen vieler Kommunen in<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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<strong>NRW</strong> (zum Beispiel Beratung, Hilfestellung bei Rechtsfragen,<br />

Refinanzierungsmöglichkeiten), ihre Strom- und Gasnetze nach Ablauf der<br />

Konzessionsverträge zu rekommunalisieren. Um die Übertragung der Netze zu<br />

erleichtern und rechtssicher zu gestalten, werden wir uns weiter für eine Änderung<br />

der entsprechenden Regelung im Energiewirtschaftsgesetz einsetzen.<br />

Wir unterstützen die regionale Umsetzung der Energiewende, in dem zum Beispiel<br />

Regionalpläne um einen sachlichen Teilabschnitt „Energie/Klimaschutz“ ergänzt<br />

werden. Wir werden Kommunen und Kreise bei ihren energiewirtschaftlichen<br />

Aktivitäten unterstützen oder lokale und regionale Pilotvorhaben für<br />

Energiemanagement, Erneuerbare Energien und Klimaschutz umsetzen.<br />

Für die Integration der Erneuerbaren Energien sind Anreize für Investitionen in den<br />

Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, von Speicherkapazitäten und von Übertragungsund<br />

Verteilnetzen erforderlich.<br />

Neben der notwendigen Genehmigung neuer Übertragungstrassen ist die<br />

Optimierung der bestehenden Stromtrassen und die Entwicklung und Erprobung<br />

neuer Übertragungstechniken unser Ziel. Oftmals können bestehende<br />

Leitungstrassen durch Zubeseilung, neue Leitungsmaterialien,<br />

Temperaturmonitoring, punktuelle Verstärkung etc., eine beinahe doppelt so hohe<br />

Übertragungsleistung erreichen. Um mehr Akzeptanz zu erreichen, muss darüber<br />

hinaus der Netzausbau so anwohnerfreundlich wie möglich gestalten werden. Dabei<br />

kommt der Teil- und Vollverkabelung eine besondere Bedeutung zu. Eine<br />

Novellierung des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) muss weitere Erdkabel-<br />

Pilotstrecken auch in <strong>NRW</strong> ermöglichen. Wir setzen uns für frühzeitige<br />

Dialogprozesse beim Netzausbau ein und wollen diese durch mehr Transparenz und<br />

ein umfassendes Online-Informationsangebot unterstützen.<br />

Ein weiteres Ziel ist es, <strong>NRW</strong> zu einer Modellregion für intelligente Netze („Smart<br />

Grids“) mit moderner Netzsteuerung einschließlich der Entwicklung und des Ausbau<br />

von Speicherkapazitäten zu machen.<br />

Wir werden uns für eine deutsche Netzgesellschaft auf der Übertragungsnetzebene<br />

mit bestimmendem Einfluss der öffentlichen Hand einsetzen, um die Effizienz des<br />

Netzbetriebes zu verbessern.<br />

Die Landesregierung unterstützt den Ausbau der Pumpspeicherkapazitäten in<br />

Nordrhein-Westfalen, wie zum Beispiel die Projekte in der Eifel und im<br />

Weserbergland. Auch vorhandene Talsperren, die Entwicklung und Realisierung von<br />

Speicherkraftwerken in stillgelegten Bergwerken und Unterflurkraftwerke bieten<br />

bisher ungenutzte Speicherpotenziale. Hierzu wollen wir in Zusammenarbeit mit der<br />

<strong>NRW</strong>.Bank geeignete Finanzierungsinstrumente zur Absicherung von<br />

Planungskosten entwickeln.<br />

Atomausstieg<br />

Atomkraft ist aus vielen Gründen eine unverantwortliche Form der<br />

Energieerzeugung. Deshalb ist <strong>NRW</strong> schon vor vielen Jahren aus der Nutzung der<br />

Atomkraft ausgestiegen. Wir haben uns vehement gegen die von der<br />

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Bundesregierung betriebene Laufzeitverlängerung gewehrt. Die atomare Katastrophe<br />

von Fukushima hat diese ablehnende Position auf tragische Weise bestätigt und im<br />

Sommer 2011 zur Kehrtwende der schwarz-gelben Bundesregierung geführt.<br />

Zum Atomausstieg gehört jedoch auch ein vollständiger und endgültiger Ausstieg<br />

aus der gesamten nuklearen Brennstoffkette. Darum werden wir darauf drängen,<br />

dass die Bundesregierung den von <strong>NRW</strong> initiierten Bundesratsbeschluss vom Juni<br />

2011 zur Stilllegung aller Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs umsetzt. Wir wollen<br />

die Urananreicherung in Gronau rechtssicher beenden. Zudem werden wir die<br />

Bundesregierung dazu auffordern, sich für einen europaweiten Atomausstieg<br />

einzusetzen. Wir wollen Initiativen unterstützen, die Konditionierungsanlage GNS in<br />

Duisburg außerhalb dicht besiedelter Gebiete zu verlegen. Zudem lehnen wir<br />

sinnlose und gefährliche Atomtransporte quer durch <strong>NRW</strong> ab. Wir wollen, dass die<br />

Castoren, vor allem die in Jülich lagernden, nur noch einmal transportiert werden –<br />

nämlich zu einem Endlager, wenn hierfür ein Standort gefunden ist. Wir werden<br />

zudem Evakuierungs- und Notfallpläne in <strong>NRW</strong> gründlich überprüfen und eine<br />

Bundesratsinitiative starten, um Standards der Strahlenschutzvorsorge zu<br />

verbessern.<br />

Das Land <strong>NRW</strong> wird keinerlei Atomforschung mehr finanzieren, mit Ausnahme der<br />

Forschung für Sicherheit, Endlagerung und Rückbau. Dies gilt insbesondere für<br />

jedwede Finanzierung von Forschung für neue Kugelhaufenreaktoren und andere<br />

Reaktortechnik sowie für Transmutation. Die Errichtung entsprechender<br />

Forschungsanlagen und -reaktoren in <strong>NRW</strong> bleibt ausgeschlossen.<br />

Der Rückbau der Atomruinen AVR Jülich und THTR Hamm-Uentrop wird noch<br />

Jahrzehnte dauern und insgesamt Milliarden Euro kosten. Insbesondere im Hinblick<br />

auf die ungeklärte Finanzierung des Rückbaus des THTR werden wir die früheren<br />

Betreiber bzw. Rechtsnachfolger und Eigentümer in die finanzielle Verantwortung<br />

nehmen. Die Arbeit der im Forschungszentrum Jülich eingerichteten Kommission zur<br />

Aufarbeitung der Geschichte des AVR im Hinblick auf technische Probleme und<br />

Störfälle werden wir begleiten.<br />

Die Landesregierung wird sich weiterhin auf Bundesebene für eine ernsthaft<br />

ergebnisoffene Endlagersuche einsetzen.<br />

Zukunftsperspektive für die Steinkohleregion sichern<br />

Im Jahr 2018 endet die subventionierte Steinkohlenförderung in Nordrhein-<br />

Westfalen. Wir haben diesen schwierigen Prozess ohne strukturelle Brüche und<br />

betriebsbedingte Kündigungen geschafft. Der Steinkohlenbergbau erhält über die<br />

bereits zugesagten Mittel hinaus keine weiteren Mittel aus dem Landeshaushalt. Wir<br />

werden die Möglichkeiten des Landes nutzen, um zur Schaffung von<br />

Ersatzarbeitsplätzen beizutragen und die von einem Auslaufbergbau betroffenen<br />

Regionen besonders begleiten. Die Option für private Investoren zur Gewinnung von<br />

Kokskohle für die nordrhein-westfälische Stahlindustrie ist zu sichern. Landesmittel<br />

werden hierfür nicht zur Verfügung gestellt.<br />

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Über Arbeit und Aktivitäten der RAG-Stiftung, insbesondere über die Verwendung<br />

der Finanzmittel der Stiftung, ist größtmögliche Transparenz herzustellen. Für uns<br />

hat die Stiftung drei wichtige Aufgaben: Erstens muss die Finanzierung der<br />

Ewigkeitslasten langfristig gesichert werden. Zweitens müssen bei der strategischen<br />

Ausrichtung der Evonik industrielle Kernkompetenzen am Standort <strong>NRW</strong> erhalten<br />

bleiben und weiter entwickelt werden. Drittens müssen die Evonik-<br />

Wohnungsbestände auch zukünftig so bewirtschaftet werden, dass die Interessen<br />

der Mieterinnen und Mieter langfristig gesichert werden.<br />

Wir wollen die bei der RAG vorhandenen industriellen Kompetenzen erhalten und<br />

dabei auch die Möglichkeiten des bisherigen Bergbaus für den Ausbau der<br />

Erneuerbaren Energien und Speichertechnologien untertage und auf Halden nutzen.<br />

Wir wollen, dass die erfolgreiche Bergbauzulieferindustrie den weltweit wachsenden<br />

Markt auch weiterhin von Nordrhein-Westfalen aus beliefert.<br />

Die gewerblich-technische und kaufmännische Ausbildung in vielen Berufen über<br />

den Bergbau hinaus ist an den verbliebenen Standorten des Steinkohlebergbaus ein<br />

wichtiger Faktor für die Bildung des Fachkräftenachwuchses. Deshalb wollen wir<br />

gemeinsam mit den Kommunen und der Wirtschaft nach Möglichkeiten suchen, die<br />

Ausbildung zu sichern und weiter zu entwickeln.<br />

Die rückläufige Tätigkeit des Bergbaus wirft neben der laufenden<br />

Bergschadensabwicklung eine Reihe von Problemen auf. Wir werden dafür sorgen,<br />

dass die Rechte der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und<br />

Kommunen auf eine transparente und angemessene Beteiligung an diesem Prozess<br />

gesichert werden.<br />

Neue Kraftwerke für <strong>NRW</strong><br />

<strong>NRW</strong> ist das Land mit der größten Stromproduktion Deutschlands. Wir wollen, dass<br />

das so auch in Zukunft bleibt. Mit der Abschaltung aller Atomkraftwerke ist klar, dass<br />

bis zur vollständigen Deckung des Strombedarfs durch die Erneuerbaren Energien<br />

noch fossile Kraftwerke benötigt werden. <strong>NRW</strong> kommt eine Schlüsselrolle zu, um in<br />

Deutschland die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, nicht von Stromimporten<br />

abhängig zu werden und die Klimaschutzziele auch tatsächlich zu erreichen.<br />

Am Einspeisevorrang für Erneuerbaren Energien halten wir fest. Der Strommarkt<br />

entwickelt sich dahin, dass fossile Grundlast zunehmend weniger nachgefragt wird.<br />

Deshalb plant die Energiewirtschaft derzeit aus wirtschaftlichen Gründen keine<br />

neuen Steinkohlekraftwerke.<br />

Parallel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien brauchen wir neben Speichern und<br />

Lastmanagement vor allem hochflexible und -effiziente fossile Kraftwerke. Besonders<br />

dann, wenn diese Anlagen in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden können, sind<br />

sie ein wichtiger Beitrag für Klimaschutz und Ressourcenschonung. Gaskraftwerken<br />

kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Investitionen in diesem Bereich sind<br />

eine große Chance für den Kraftwerks- und Industriestandort <strong>NRW</strong>. Allerdings<br />

warten die Unternehmen immer noch auf klare Rahmenbedingungen seitens der<br />

Bundesregierung. Wir setzen uns deshalb auf Bundesebene für eine entsprechende<br />

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Ausgestaltung von Regelungen für Erzeugung von Kapazitäten, verbesserte<br />

Rahmenbedingungen für Kraft-Wärme-Kopplung und die Einführung von<br />

Mindestwirkungsgraden (für alte und neue Kraftwerke) im<br />

Bundesimmissionsschutzgesetz ein. Dies schafft die notwendigen<br />

Investitionsbedingungen für den Bau neuer Kraftwerke.<br />

Das im Bau befindliche Gas- und Dampf-Kraftwerk (GuD-Kraftwerk) in Hürth und die<br />

geplanten Gaskraftwerke in Köln, Leverkusen, Düsseldorf, Krefeld und Bocholt sind<br />

wichtig für eine flexible, ressourcenschonende und klimafreundliche Strom- und<br />

Wärmeversorgung, Versorgungssicherheit, Planungssicherheit und internationale<br />

Wettbewerbsfähigkeit. Sie ersetzen alte, ineffiziente und klimaschädliche Kraftwerke,<br />

die heute noch mit Kohle betrieben werden.<br />

Die Landesregierung wird darüber hinaus den Bau der notwendigen Infrastruktur, vor<br />

allem durch Verknüpfung und Verdichtung von Nah- und Fernwärmnetzen oder den<br />

Bau von Wärmespeichern, fördern. Kohlekraftwerke werden noch für eine längere<br />

Zeit einen Beitrag zur Strom- und Wärmeversorgung leisten. Ihre Emissionen<br />

müssen aber zur Einhaltung der nationalen Klimaschutzziele kontinuierlich reduziert<br />

werden.<br />

In Duisburg, Hamm und Grevenbroich sind derzeit fünf neue Kohlekraftwerke mit<br />

4.500 MW Leistung im Bau oder bereits im Probebetrieb, die in den nächsten Jahren<br />

ohnehin ans Netz gehen. Die Projekte in Datteln und Lünen sind derzeit durch<br />

Gerichtsentscheidungen gestoppt.<br />

Vor dem Hintergrund des Atomausstieges, des zunehmenden Anteiles erneuerbarer<br />

Energien, der ambitionierten Klimaschutzziele der Landesregierung ist der zukünftige<br />

Beitrag der fossilen Energieträger zur Stromerzeugung und zur<br />

Versorgungssicherheit in Nordrhein-Westfalen zu diskutieren und zu bewerten.<br />

Im Rahmen der Erstellung des Klimaschutzplans wollen wir entlang der verabredeten<br />

Klimaziele und Klimaszenarien eine Orientierungs- und Planungsperspektive für<br />

Investitionen in zukünftige Kraftwerke und Energieinfrastruktur abschätzen.<br />

Wir wollen eine „Plattform Kraftwerke“ einrichten, um im Dialog mit den Unternehmen<br />

einen „wirtschaftlichen und versorgungstechnischen Konsens“ mit Perspektive in<br />

<strong>NRW</strong> zu erreichen. In diesem Dialog wollen wir entwickeln, welche Investitionen auf<br />

welcher Grundlage von den Beteiligten in neue Speicher, Backup-Kraftwerke,<br />

Anlagen der Energieerzeugung, der Energieeffizienz und der Energieeinsparung<br />

geleistet werden können.<br />

Hierbei erwarten wir Aussagen<br />

• zur Rolle der nordrhein-westfälischen fossilen Kraftwerke zur<br />

•<br />

Versorgungssicherheit der Stromversorgung vor dem Hintergrund des<br />

gewollten Ausbaus der erneuerbaren Energien in <strong>NRW</strong> und Deutschland,<br />

zur zukünftigen Leistungsabsicherung durch Braunkohle, Steinkohle, Erdgas<br />

und Erneuerbaren Energien in ihrer zeitlichen Kompatibilität und im Abgleich<br />

zu dem Energiekonzept des Bundes und zu den Klimaschutzzielen auf<br />

Bundes- und Landesebene, zu den regionalwirtschaftlichen Effekten durch<br />

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veränderte Erzeugungsstrukturen sowie zur Notwendigkeit der<br />

Netzergänzung, der Netzstabilisierung und der Netzkompatibilität.<br />

Auf Basis einer solchen Gesamtbewertung können dann Aussagen zur zukünftigen<br />

Rolle der einzelnen fossilen Energieträger getroffen werden. Ebenso können die<br />

Maßnahmen identifiziert werden, die <strong>NRW</strong> im Rahmen der Energiewende selbst<br />

umsetzen kann und die ein Masterplan auf Bundesebene leisten müsste<br />

(Netzausbau und -anschluss, Kapazitätsmarktmodelle, Erneuerbare Energien).<br />

Kohlekraftwerke Datteln und Lünen<br />

Die von der Regierung Rüttgers zu verantwortenden Verfahren für Kohlekraftwerke in<br />

Datteln und Lünen sind durch Gerichtsentscheidungen gestoppt worden. In beiden<br />

Verfahren streben die Vorhabenträger weiterhin eine rechtssichere Planung und<br />

Genehmigung für ihre nahezu fertig gestellten Projekte an. Beide Projekte stoßen<br />

weiterhin auf Widerstand; Rechtsmittel sind eingelegt.<br />

Der Rat der Stadt Datteln hat im März 2012 den Entwurf einer vorläufigen<br />

Kraftwerkskonfiguration für das Bauleitplanverfahren gebilligt und das Verfahren<br />

eingeleitet. Der RVR führt zurzeit ein neues Regionalplanänderungsverfahren durch.<br />

Es ist davon auszugehen, dass beide Verfahren erneuten gerichtlichen Klärungen<br />

zugeführt werden.<br />

Dabei gilt: Die Landesregierung selbst baut keine neuen Kraftwerke und reißt auch<br />

keine begonnenen Projekte ab. Sie wird deshalb den Vertrauensschutz dahingehend<br />

gewährleisten, dass Projekte nicht in laufenden Verfahren durch Landesrecht<br />

schlechter gestellt werden als zum Zeitpunkt der Antragstellung. Die<br />

Landesregierung wird aber auch den Vertrauensschutz für Anliegerinnen und<br />

Anlieger nicht verschlechtern und schon deshalb Landesrecht zu Gunsten<br />

begonnener Projekte nicht verbiegen.<br />

Sofern der RVR eine Regionalplandarstellung des Kraftwerksstandorts Datteln<br />

beschließt, ist durch die Landesregierung eine Rechtsprüfung durchzuführen. Das<br />

Ergebnis einer solchen Prüfung kann nicht vorweg genommen werden.<br />

Nachhaltige Perspektiven für das Rheinische Revier<br />

Aus der Braunkohle stammt mit über 40 % der bisher größte Beitrag zur<br />

Stromproduktion in <strong>NRW</strong>. Gleichzeitig ist die Braunkohle für fast 85 Millionen Tonnen<br />

CO2 und damit ein Drittel aller CO2-Emissionen des Landes <strong>NRW</strong> verantwortlich.<br />

Diese Emissionen sind in den letzten Jahren nicht gesunken. Will <strong>NRW</strong> seine<br />

Klimaschutzziele erreichen, wird auch die Braunkohleverstromung in Zukunft ihren<br />

Reduktionsbeitrag leisten müssen.<br />

Gemeinsam mit dem Bergbau treibenden, Energie erzeugenden Unternehmen RWE<br />

Power wollen wir einen "Aktionsplan Rheinisches Revier" entwickeln, der in seiner<br />

Umsetzung folgenden Leitzielen folgen soll:<br />

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• Effizienzsteigerungen müssen – wie im Rahmenbetriebsplan Garzweiler II<br />

verbindlich festgelegt – dazu führen, Ressourcen zu schonen und die absoluten<br />

jährlichen CO2-Emissionen im rheinischen Revier kontinuierlich zu senken.<br />

Deshalb ist verbindlich zu vereinbaren, dass die Kohleförderung entsprechend<br />

der Effizienzgewinne schrittweise gesenkt wird. Auch deshalb sind neue<br />

Tagebaue nicht notwendig.<br />

• Dem Revier droht Stillstand, sofern für die nächsten Jahrzehnte die<br />

Braunkohleförderung unverändert bliebe und diese Kohle überwiegend in Uralt-<br />

Blöcken verstromt würde. Weder die Klimaschutzziele wären zu erreichen, noch<br />

würde es eine gute Zukunft für die Menschen und ihre Arbeitsplätze im Revier<br />

geben. Deshalb müssen Effizienzsteigerungen im Kraftwerkspark bzw. Stilllegung<br />

von Altanlagen besonders in der Braunkohle mit den Klimaschutzzielen auf<br />

Bundes- und Landesebene sowie den im Klimaschutzplan festgelegten<br />

Maßnahmen in Einklang gebracht werden. Die Braunkohlegewinnung und -<br />

verstromung muss einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, der ihren jährlichen<br />

Emissionen entspricht.<br />

• Wir werden gegenüber dem Energieerzeuger die gemeinsam vereinbarte<br />

Abschaltung von Altanlagen durchsetzen.<br />

• Mit BoA 1- 3 wurden ca. 30 % der Kraftwerkskapazität erneuert. Nun muss<br />

zeitnah eine klare Perspektive für die Folgenutzung an den Standorten<br />

Weisweiler und Frimmersdorf aufgezeigt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen,<br />

dass bis Ende 2012 am Standort Frimmersdorf alle 150-MW-Blöcke ohnehin<br />

abzuschalten sind. Auch die danach verbleibenden zwei 300-MW-Blöcke aus den<br />

Jahren 1966 und 1971 mit einem Wirkungsgrad von ca. 30 % dürfen eine<br />

Folgenutzung des gesamten Standortes nicht länger behindern. Nicht mehr<br />

benötigte Anlagen sind spätestens zwei Jahre nach ihrer Stilllegung<br />

•<br />

zurückzubauen und die frei werdenden Flächen einer Nachfolgenutzung<br />

zuzuführen. Die Regionalplanung ist einzubeziehen.<br />

Die Immissionssituation für die Anwohnerinnen und Anwohner soll insgesamt<br />

verbessert werden.<br />

• Auch im Rheinischen Revier wird der Anteil der Erneuerbaren Energien an der<br />

Stromerzeugung zügig und kontinuierlich gesteigert.<br />

• Die vorhandenen Potenziale für die umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung<br />

sind so weit wie möglich auszuschöpfen.<br />

Bergschäden und Restseen<br />

Potenziell Bergschadensbetroffene sollen zukünftig eine vergleichbare<br />

Rechtsstellung in der Braun- und Steinkohle erhalten. Das Land Nordrhein-Westfalen<br />

wird über eine Bundesratsinitiative eine Novellierung des Bundesberggesetzes<br />

beantragen, um damit die Umkehr der Beweislast für Bergschäden im rheinischen<br />

Braunkohlerevier zu erreichen.<br />

Im gesamten Einwirkungsbereich sind von den Behörden kontrollierte Messungen<br />

sowie eine kontinuierliche Führung des Risswerkes erforderlich. Wie in der<br />

Steinkohle sollen auch in der Braunkohle sämtliche bergschadensrelevanten<br />

Informationen, die beim Bergbauunternehmen oder den Behörden vorliegen – wie<br />

z.B. exakte Lage von Störungslinien, Ausmaß von Senkungen, Risswerke – öffentlich<br />

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zugänglich gemacht werden. Dafür sind bundes- und landesrechtlich die<br />

Voraussetzungen zu schaffen (u. a. Markscheider-Bergverordnung).<br />

Das Problem des Grundwasserwiederanstiegs nach Beendigung der Kohleförderung<br />

und die damit verbundenen Risiken für Bergschäden sollen untersucht und mögliche<br />

Konsequenzen daraus für die Bauleitplanung mit den Kommunen im Rheinischen<br />

Revier gezogen werden.<br />

Für die Restseen bedarf es umfassender Risikoanalysen und darauf aufbauender<br />

Nachweise der Langzeitstabilität der Böschungen. Ein Langzeit-Monitoring der<br />

Stabilität der bebauten Böschungen muss während der Befüllung und des Betriebs<br />

durchgeführt werden. Wir werden hierfür die notwendigen gesetzlichen und<br />

vertraglichen Änderungen auf Landesebene durchführen und auf Bundesebene<br />

initiieren.<br />

Innovationsregion Rheinisches Revier<br />

Das von uns auf den Weg gebrachte Landesprogramm „Innovationsregion<br />

Rheinisches Revier“ (IRR) werden wir gemeinsam mit den Akteuren in der Region<br />

weiterentwickeln, um bereits heute auf die Strukturveränderungen durch das<br />

perspektivische Auslaufen der Braunkohleförderung zu reagieren. Die IRR umfasst<br />

das Braunkohlenrevier einschließlich seiner unmittelbaren Nachbarschaft und soll<br />

nicht im Gegensatz oder gar in Konkurrenz zu den bisherigen Regionalen<br />

Arbeitsstrukturen stehen, sondern diese ergänzen und Synergien schaffen.<br />

Wir wollen das Rheinische Revier auf Basis der gegebenen wirtschaftlichen und<br />

infrastrukturellen Stärken zu einer Modellregion entwickeln, in der in beispielhafter<br />

Weise die Energiewende durch eine moderne und nachhaltige Industrie- und<br />

Strukturpolitik voran gebracht wird.<br />

In diesem Sinne müssen jetzt unbedingt die Prioritäten für Entwicklungspfade und<br />

daraus resultierende Modellprojekte festgelegt werden. Entsprechende<br />

Entwicklungspotenziale sehen wir hier in den Bereichen Solarwirtschaft, Strom-<br />

Speichertechnologien, E-Mobilität, Bioökonomie, klimaneutrales Wohnen und<br />

Logistik, aber auch in der Fachkräftesicherung oder dem Rück- und Umbau alter<br />

Industrieflächen zu neuen Innovationsräumen inklusive der Anpassung der hierfür<br />

notwendigen Infrastruktur.<br />

Von zentraler Bedeutung sind hierfür die Forschungs- und<br />

Wissenschaftseinrichtungen der Region sowie das Engagement des Unternehmens<br />

RWE Power, welches sich auch im Interesse der dort beschäftigten<br />

Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer spürbarer und nachhaltiger als bisher in das<br />

Landesprogramm IRR einbringen muss, um so seiner Verantwortung für die Region<br />

gerecht zu werden.<br />

Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (CCS)<br />

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Ein nationales CCS-Gesetz ist bisher nicht zustande gekommen. Die CCS-<br />

Technologie ist für <strong>NRW</strong> in den kommenden Jahren nicht von praktischer Relevanz<br />

zur Reduktion der CO2-Emissionen aus der Energiewirtschaft. <strong>NRW</strong> verfügt nicht<br />

über eigene geologische Speichermöglichkeiten; die Pipeline- und Speicherfragen<br />

sind nicht gelöst. CCS ist keine Begründung, den notwendigen und überfälligen<br />

Strukturwandel hin zu Erneuerbaren Energien und Effizienztechnologien<br />

aufzuschieben.<br />

Dennoch macht es Sinn, die CCS-Technologie zu erforschen und zu erproben, auch<br />

um eine Option zur Beseitigung von prozessbedingten Emissionen aus Stahl-,<br />

Zement-, Chemieindustrie usw. zu erhalten, die in Deutschland etwa acht % der CO2-<br />

Emissionen ausmachen. Im Hinblick auf eine CO2-freie Wirtschaft in der Mitte des<br />

Jahrhunderts (nationales Klimaschutzziel minus 80-95 % bis 2050, <strong>NRW</strong>-Ziel<br />

mindestens minus 80 % bis 2050) gibt es für diese Emissionen bisher keine<br />

Vermeidungsperspektive.<br />

Deshalb sehen wir eine Perspektive für <strong>NRW</strong> darin, die Abscheidung von CO2 und<br />

seine anschließende Wiederverwertung in Verbindung mit CO2-intensiven<br />

industriellen Produktionsprozessen weiter zu entwickeln. <strong>NRW</strong> bietet mit seinen<br />

Forschungseinrichtungen, seiner vielfältigen Industrie, seinem Know-how und seiner<br />

breit aufgestellten chemischen Industrie hierfür europaweit die besten<br />

Voraussetzungen.<br />

Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten<br />

Eine Erdgasgewinnung in <strong>NRW</strong> erfolgt bislang nicht. Einige Unternehmen haben in<br />

den letzten Jahren mit der Datenrecherche und mit Erkundungsmaßnahmen<br />

begonnen, die auf Erdgas in so genannten unkonventionellen Lagerstätten gerichtet<br />

sind. Unkonventionelles Erdgas mit giftigen Chemikalien zu suchen und zu<br />

gewinnen, halten wir für nicht verantwortbar. Wasser ist unser Lebensmittel Nummer<br />

1. Deshalb dürfen Trink- und Grundwasser nicht gefährdet werden.<br />

Wir wollen keine Genehmigungen für Erdgas-Probebohrungen und -<br />

frackingmaßnahmen zulassen, bis die nötigen Datengrundlagen zur Bewertung<br />

vorhanden sind und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine nachteilige Veränderung der<br />

Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist (Besorgnisgrundsatz nach<br />

Wasserhaushaltsgesetz).<br />

Die rot-grüne Landesregierung hat in einem Bundesratsantrag 2011 deutlich<br />

gemacht, dass angesichts der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen der<br />

Fracking-Technologie diese Vorhaben einer obligatorischen Pflicht zur Durchführung<br />

einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterworfen werden müssen. Zukünftig sollen<br />

nicht nur oberflächliche Umweltauswirkungen, sondern auch untertägige<br />

Auswirkungen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang ist eine<br />

transparente öffentliche Beteiligung unerlässlich.<br />

Außerdem möchten wir die Transparenz und die öffentliche Beteiligung<br />

verbessern. Zudem soll die Beweislastumkehr im Bundesberggesetz auch für<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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unkonventionelles Erdgas gelten. Dafür werden wir uns im Bundesrat einsetzen.<br />

In diesem Sinne soll das Bergrecht novelliert werden.<br />

Planerische Vorsorge durch einen neuen Landesentwicklungsplan<br />

Der derzeit gültige Landesentwicklungsplan (LEP) wurde 1995 aufgestellt unter<br />

wesentlich anderen Rahmenbedingungen zum Beispiel beim demografischen<br />

Wandel der Bevölkerung und den Anforderungen des Klimawandels. Um ein<br />

einheitliches und zukunftsfestes Planungsrecht für <strong>NRW</strong> zu schaffen, werden das<br />

alte LEPro (Landesentwicklungsprogramm) und der LEP (Landesentwicklungsplan)<br />

inhaltlich zusammengefasst und als Verordnung verabschiedet. Die<br />

Beteiligungsmöglichkeiten werden wir bereits bei der Erarbeitung über die<br />

gesetzlichen Vorgaben hinaus verbessern, um frühzeitig Akzeptanz zu schaffen.<br />

Die Landesregierung hat in der letzten Legislaturperiode bereits einen Entwurf neuer<br />

landesplanerischer Regelungen zum großflächigen Einzelhandel in Form eines<br />

sachlichen Teilplans auf den Weg gebracht. Mit den neuen Regelungen sollen die<br />

Innenstädte, Stadt- und Ortsteilzentren weiter gestärkt werden.<br />

Darüber hinaus werden die aufgrund der Auflösung des Landtages unterbrochenen<br />

Arbeiten am Entwurf des Gesamt-LEP mit dem Ziel fortgesetzt, diesen zeitnah ins<br />

Verfahren zu geben.<br />

Neue Chancen auf Konversionsflächen<br />

Der in <strong>NRW</strong> bis 2020 geplante Rückzug der Bundeswehr und der Britischen Armee<br />

stellt die Kommunen vor neue Herausforderungen, bietet aber auch neue Chancen<br />

für den Naturschutz, den Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie die gewerbliche<br />

Nutzung auf geeigneten Teilflächen. Die sehr großen Flächen erfordern eine<br />

frühzeitige überörtliche landesplanerische Abstimmung der verschiedenen<br />

Nutzungsansprüche und die Entwicklung von Konzepten in regionalen<br />

Kooperationen. Wir wollen durch eine Änderung des Gesetzes über die<br />

Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erreichen, dass bei der Folgenutzung von<br />

Flächen nicht nur die finanziellen Interessen des Bundes, sondern auch<br />

strukturpolitische Ziele der Länder, Regionen und Kommunen sowie die Chancen für<br />

den Naturschutz stärker berücksichtigt werden als bisher.<br />

IV. Umwelt, Landwirtschaft, Verbraucherschutz<br />

Ökologischer Aufbruch in <strong>NRW</strong> - Besser leben in Stadt und Land<br />

Ein neuer ökologischer Aufbruch in <strong>NRW</strong> ist notwendig. Bei der Bekämpfung der<br />

großen Umweltprobleme haben wir erste Schritte gemacht, stehen aber weiter vor<br />

großen Herausforderungen. Lärm, Feinstaub und andere Umweltgifte machen krank.<br />

Der Klimawandel führt zu neuen Belastungen. Der Flächenverbrauch geht<br />

unvermindert weiter. Das Überleben zahlreicher Tier- und Pflanzenarten ist bedroht.<br />

Eine intensiv betriebene Landwirtschaft belastet vielerorts die Wasserqualität.<br />

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Wir verpflichten uns, Mensch und Umwelt in <strong>NRW</strong> nachhaltig zu schützen. Die<br />

Menschen erwarten zu Recht einen handlungsfähigen Staat, der sie wirksam vor<br />

gesundheitlichen Umweltgefahren schützt, die natürlichen Lebensgrundlagen<br />

bewahrt und aktiv die notwendigen Zukunftsweichen stellt. Wir stehen konsequent<br />

dafür ein, Profitstreben durch Raubbau und Verschwendung nicht weiter zuzulassen,<br />

sondern durch nachhaltiges Wirtschaften dauerhaft unsere Lebensgrundlagen zu<br />

erhalten. Unser Leitprinzip heißt dabei Nachhaltigkeit. Darin verbinden wir<br />

ökologische Verantwortung und ökonomische Vernunft eng mit sozialer<br />

Gerechtigkeit. Dies bedeutet ambitionierte Umweltstandards, eine Ökologisierung der<br />

Landwirtschaft, eine naturnahe und zukunftsorientierte Waldwirtschaft, einen starken<br />

Verbraucherschutz sowie eine neue Umweltwirtschaftsstrategie für <strong>NRW</strong>.<br />

Wir wollen <strong>NRW</strong> zum Vorreiter der ökologisch-industriellen Revolution machen. Mit<br />

unserem Konzept des konsequenten ökologischen Umbaus der Industriegesellschaft<br />

wollen wir Ökonomie und Ökologie im 21. Jahrhundert zu wechselseitigem Nutzen<br />

entwickeln und damit den Schutz unserer Umwelt, nachhaltiges Wirtschaften und<br />

neue Arbeitsplätze ermöglichen. Wir setzen dabei vor allem auf den Ideenreichtum<br />

und die Innovationskraft der Menschen und der Wirtschaft in <strong>NRW</strong>.<br />

Damit durch die Auswirkungen des demographischen Wandels die Infrastruktur-<br />

Kosten z. B. der Abfall- und Abwasserentsorgung nicht nur auf weniger Bevölkerung<br />

verteilt werden müssen, wollen wir rechtzeitig in Kooperation mit den Kommunen für<br />

eine landesweite Koordinierung zur langfristigen Planung und Sicherung der<br />

Entsorgungsinfrastruktur sorgen. Ziel ist, dass auch künftig die Leistungen der<br />

Daseinsvorsorge wie Abfall- und Abwasserentsorgung erbracht werden können unter<br />

der Maßgabe der Preis- und Gebührenstabilität, einer langfristigen<br />

Entsorgungssicherheit und eines hohen Umweltschutzniveaus.<br />

<strong>NRW</strong>: Land der Nachhaltigkeit und der anspruchsvollen Umweltziele<br />

Um einen neuen ökologischen Aufbruch in <strong>NRW</strong> zu erreichen, ist es notwendig,<br />

ambitionierte Umweltstandards zu setzen und konkrete Umwelt- und<br />

Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen.<br />

Den gravierenden Auswirkungen des Klimawandels werden wir im Rahmen des,<br />

auch im künftigen Klimaschutzgesetz <strong>NRW</strong> verankerten Prozesses, mit einer<br />

konsequenten ressortübergreifenden <strong>NRW</strong>-Klimafolgenstrategie begegnen.<br />

Die Beteiligungs- und Umweltinformationsrechte von Bürgerinnen und Bürgern,<br />

Verbänden und Initiativen sollen gestärkt werden. Dazu werden das<br />

Umweltinformationsgesetz (UIG), das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

(UVP-Gesetz) und das Landschaftsgesetz novelliert und die aktive<br />

Umweltberichterstattung ausgebaut.<br />

Auch außerhalb der formalisierten Verfahren des öffentlichen Planungsrechts wollen<br />

wir Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger<br />

verbessern. Dabei werden wir uns auch für die digitale Verfügbarkeit einsetzen.<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Wir werden die neuen Impulse der „Konferenz Rio 20 plus“ aufgreifen und in den<br />

Agenda-21-Prozess in <strong>NRW</strong> (Nachhaltigkeitsstrategie <strong>NRW</strong>) mit aufnehmen, so auch<br />

die vielen lokalen Agenda-Prozesse neu beleben und die Erfahrungen im Rahmen<br />

eines Nachhaltigkeitsberichtes auswerten. Die Arbeit der Stiftung „Umwelt und<br />

Entwicklung“ bleibt finanziell abgesichert.<br />

Im Rahmen der Anforderungen, die sich aus der „UN-Dekade der Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung 2005 – 2014“ und ihrer Halbzeitbilanz ergeben, wird das<br />

Thema „Bildung für Nachhaltigkeit“ und insbesondere Umweltbildung im Rahmen<br />

einer landesweiten Bildungsstrategie für nachhaltige Entwicklung systematisch in<br />

allen schulischen und außerschulischen Bildungsbereichen implementiert und breit<br />

verankert werden.<br />

Wir wollen bessere gesetzliche Regelungen für Umwelt und Lebensqualität. Dies<br />

betrifft insbesondere das Wasser,- Abfall-, Landschafts- und Immissionsschutzrecht.<br />

Wir werden ein nachhaltiges Beschaffungswesen für das Land verbindlich einführen,<br />

einen Nachhaltigkeitscheck für alle Landesprogramme verankern sowie eine<br />

Ökoauditierung der gesamten Landesverwaltung durchführen. Bei der weiteren<br />

Umsetzung wollen wir durch entsprechende Hinweise auf die bei öffentlichen<br />

Bauvorhaben zu verwendenden Baustoffe/Materialien die Raumlufthygiene unter<br />

Umwelt- und Gesundheitsaspekten verbessern.<br />

Der fortschreitende Umwelt- und Flächenverbrauch sowie die Umweltschädigung<br />

muss im Sinne der Nachhaltigkeit auf ein vertretbares Minimum reduziert werden.<br />

Deshalb sollte das bestehende Instrumentarium an Abgaben mit ökologischen<br />

Lenkungswirkungen hinsichtlich notwendiger Erweiterungen und zusätzliche<br />

Abgaben geprüft und bewertet werden.<br />

Die Zahl der Plätze, die im Rahmen des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ)<br />

vergeben werden, sollen verdoppelt (Ausgangsbasis 2010) werden sowie die<br />

Rahmenbedingungen für die Träger verbessert werden.<br />

CO-Pipeline<br />

Wir wollen einen nachhaltig ausgerichteten Industrie- und Chemiestandort <strong>NRW</strong>. Die<br />

chemische Industrie ist eine Schlüsselbranche für den Standort <strong>NRW</strong> und die<br />

Umwelt. Als Materiallieferant unterstützt sie Innovationen und Ressourceneffizienz in<br />

allen Wertschöpfungsketten.<br />

Mit Blick auf die umstrittene CO-Pipeline für den Transport von hochgiftigem<br />

Kohlenmonoxid von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen halten wir fest:<br />

Bei der CO-Pipeline dürfen Sorgen und Ängste der Menschen weiterhin nicht<br />

ignoriert werden. Auch die Arbeitsplatzsicherung an den Standorten hat für uns eine<br />

große Bedeutung. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in seinem Beschluss<br />

2007 Sicherheitsmängel deutlich gemacht und darüber hinaus Abwägungsdefizite<br />

des Gesetzes bei der Gemeinwohlorientierung festgestellt. Damit ist die<br />

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Verfassungsmäßigkeit des Rohrleitungsgesetzes in Frage gestellt<br />

(Gemeinwohlorientierung der Enteignung). Es wurde mit einer Vielzahl von<br />

Planungs- und Ausführungsfehlern sowie mit einer defizitären<br />

Kommunikationsstrategie dazu beigetragen, dass vorhandene Zweifel an einem<br />

sicheren Betrieb der CO-Pipeline stetig verstärkt worden sind. Im Mai 2011 hat das<br />

Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Urteil festgestellt, dass es keine Zweifel an<br />

der Verfassungsmäßigkeit des Rohrleitungsgesetzes hat. Zugleich hat es aber noch<br />

Mängel an der Planfeststellung aufgezeigt. Die weitere Entscheidung des<br />

Oberverwaltungsgerichts Münster bleibt abzuwarten.<br />

Die Landesregierung wird das Rohrleitungsgesetz abschließend evaluieren. In<br />

diesem Zusammenhang wollen wir den Versuch unternehmen, in Vermittlung<br />

zwischen Unternehmen und Betroffenen einen Dialogprozess und eine<br />

umfassende Problemlösung auszuloten. Dabei soll auch ein Ausbau der<br />

Produktion von Kohlenmonoxid am Standort Uerdingen geprüft werden.<br />

Umweltwirtschaftsstrategie<br />

Ökologie und Klimaschutz sind Leitidee unserer Regierungs- und Standortpolitik. Wir<br />

setzen auf Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Ressourcen- und Energieeffizienz sowie<br />

ambitionierte Umweltstandards.<br />

Wir führen deshalb die Arbeit einer Umweltwirtschaftsstrategie <strong>NRW</strong> fort, in der z. B.<br />

die Ressourcenwirtschaft, die Abfallwirtschaft, die Wasserwirtschaft, die Forst- und<br />

Landwirtschaft und die Erneuerbare-Energien-Wirtschaft systematisch vernetzt und<br />

unterstützt wird und starten ein umfassendes, ressortübergreifendes<br />

Umweltwirtschaftsprogramm. Wir unterstützen die Entwicklung ökologischer<br />

Leitmärkte, zum Beispiel für Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Rohstoff- und<br />

Materialeffizienz. Die EU-Fördermittel für <strong>NRW</strong> werden wir stärker am ökologischen<br />

und sozialen Umbau der Industriegesellschaft orientieren. Wir werden einen<br />

Umweltwirtschaftsbericht <strong>NRW</strong> veröffentlichen.<br />

Ressourcen- und Materialeffizienz sind ein zentraler Markt der Zukunft. Dazu wollen<br />

wir den Aufbau eines Kompetenznetzwerkes in <strong>NRW</strong> mit den Schwerpunkten<br />

„Cluster Umwelttechnologie“, Ressourcen-Contracting, Ressourceneffizienzfonds,<br />

Innovationsprogramm Ressourceneffizienz, Ressourceneffizienzkampagne sowie<br />

einer virtuellen Ressourcenuniversität in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft<br />

fortsetzen.<br />

Die erfolgreiche Effizienzagentur <strong>NRW</strong> soll weiter als flächendeckendes Angebot<br />

ausgebaut werden. Der "Dialog Wirtschaft und Umwelt" soll im Rahmen der<br />

Nachhaltigkeitsstrategie konzentriert weiter geführt werden und als tatsächlicher<br />

Dialog zwischen Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden, Wirtschaft und<br />

Gewerkschaften fortgeführt werden.<br />

Abfallwirtschaft: Auf dem Weg zur umfassenden Ressourcenwirtschaft<br />

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Wir verfolgen das Ziel einer ökologischen Abfallwirtschaft, fördern Abfallvermeidung<br />

in allen Bereichen, stärken eine konsequente Kreislaufwirtschaft und stellen hohe<br />

ökologische Standards sicher. Die Verantwortung für die Abfallentsorgung ist Teil der<br />

Daseinsvorsorge und Aufgabe der Kommunen. Dies gilt insbesondere für die<br />

Einführung einer Wertstofftonne.<br />

Wir werden einen neuen ökologischen Abfallwirtschaftsplan Nordrhein-Westfalen<br />

erstellen. Für diesen gilt: Umsetzung der neuen EU- Abfallrahmenrichtlinie, restriktive<br />

Bedarfsprüfung, Abfallvermeidung und Wiederverwertung, „regionale<br />

Entsorgungsautarkie“, die Unterstützung von Kooperationen, die Festsetzung des<br />

Prinzips der Nähe bis hin zur verbindlichen Zuweisung des Abfalls zu<br />

Entsorgungsanlagen.<br />

Mit dem neuen Abfallwirtschaftsplan werden wir insbesondere die Entwicklung<br />

regionaler Kooperationen aktiv fördern. Dazu gehört auch die landesweite<br />

Koordinierung einer langfristigen Anpassung der Kapazitäten bei den<br />

Abfallbehandlungsanlagen und Deponien.<br />

Die Anstrengungen, Bioabfälle getrennt zu erfassen, werden verstärkt. Dabei sollen<br />

Systeme zum Einsatz kommen, die flächendeckend die jeweils beste Erfassung von<br />

Bioabfällen gewährleisten. Zudem muss die Organisationshoheit der öffentlichrechtlichen<br />

Entsorgungsträger bei der Art und Weise der Erfassung der Bioabfälle<br />

sowie die bundesrechtlich vorgesehene Möglichkeit der Eigenkompostierung<br />

beachtet werden. Die Biogasnutzung soll als Mindeststandard bei der<br />

Biomüllverwertung festgeschrieben werden.<br />

Es darf kein Ökodumping bei der Müllmitverbrennung (Ersatzbrennstoff - EBS)<br />

geben. Wir streben eine ambitionierte Anpassung der 17. Bundes-Immissionsschutz-<br />

Verordnung (17. BImSchV) an, um aus Sicht des Umwelt- und Gesundheitsschutzes<br />

die Schadstoffbelastung durch gefährliche Stoffe soweit zu reduzieren, wie dies nach<br />

einem anspruchsvollen Stand der Technik möglich ist. Insbesondere wollen wir<br />

Ausnahmetatbestände für Mitverbrennungsanlagen streichen und Grenzwerte auch<br />

im Hinblick auf neue Schadstoffe ambitioniert anpassen. Außerdem müssen die<br />

Behörden in die Lage versetzt werden, die Stoffströme bei der Beseitigung und der<br />

Verwertung von Abfällen konkret nachvollziehen zu können.<br />

Im Rahmen der Ausgestaltung der anstehenden Veränderungen der<br />

Wertstofferfassung werden wir uns für wirksame Maßnahmen zur Stärkung der<br />

Mehrwegsysteme einsetzen, um insbesondere die mittelständisch geprägte<br />

Getränkewirtschaft in <strong>NRW</strong> zu unterstützen. Dazu gehören klare und verbindliche<br />

vorgeschriebene Kennzeichnungspflichten für Einweg und Mehrweg sowie neue ökologische<br />

und finanzielle Lenkungsinstrumente.<br />

Im anlaufenden Prozess des Gesetzgebungsverfahrens hin zu einem<br />

Wertstoffgesetz wollen wir eine klar ausgeprägte kommunale Organisationshoheit für<br />

die Wertstoffsammlung.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

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Darüber hinaus ist zu prüfen, ob Regelungen im Wertstoffgesetz die<br />

Verpackungsverordnung ablösen können. In diesem Zusammenhang wollen wir uns<br />

für eine zentrale Stelle auf Bundesebene einsetzen, die die dualen Systeme ersetzt.<br />

Durch „urban mining“ (Stadt als Rohstoffmine) werden wir „vergrabene<br />

Rohstoffschätze“ nutzbar machen. Wir werden Initiativen für Rückbaukonzepte, die<br />

sich insbesondere bei Stadterneuerungsmaßnahmen und bei der Rekultivierung alter<br />

Boden- und Bauschuttdeponien ergeben, intensiv begleiten.<br />

Wertvolles Naturerbe <strong>NRW</strong> schützen<br />

Auch in <strong>NRW</strong> stehen etwa 50 % der Tier und Pflanzenarten auf der Roten Liste.<br />

Hauptursachen für den Verlust unserer natürlichen Lebensgrundlagen in <strong>NRW</strong> sind<br />

der massive Flächenverbrauch, eine intensive Landwirtschaft, der naturferne Ausbau<br />

von Gewässern und eine oft nicht naturnahe und standortgerechte Bewirtschaftung<br />

der Wälder. Zum Schutz der Natur gilt es, die biologische Vielfalt konsequent zu<br />

schützen, gewachsene Kulturlandschaften zu erhalten sowie der Entwicklung von<br />

Wildnis Räume zu lassen.<br />

Im Rahmen einer Novelle des Landschaftsgesetzes hin zu einem <strong>NRW</strong>-<br />

Naturschutzgesetz wollen wir das neue Bundesnaturschutzrecht unter Nutzung<br />

landesrechtlicher Handlungsspielräume für einen starken Naturschutz umsetzen.<br />

Regelungen, die in den vergangenen Jahren zu Lasten der Natur<br />

(Verschlechterungen z.B. bei der Eingriffsregelung, den Mitwirkungs- und<br />

Klagerechten, den Landschaftsbeiräten und beim Biotopschutz) getroffen wurden.<br />

Weiterhin wollen wir zum Beispiel den Grünlandschutz und den Biotopverbund als<br />

wichtige Elemente zur Wahrung der Biodiversität stärken. In das zu novellierende<br />

Landschaftsgesetz werden wir Regelungen zu Biosphärenregionen,<br />

Naturmonumenten sowie ein Vorkaufsrecht für Naturschutzverbände und -Stiftungen<br />

bei Veräußerung von Schutzgebietsflächen landesrechtlich verankern.<br />

Gegen das fortschreitende Artensterben wird eine <strong>NRW</strong>-Biodiversitätsstrategie auf<br />

Basis der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt entwickelt, mit konkreten<br />

Handlungs- und Zeitplänen sowie transparenten Indikatoren für eine erfolgreiche<br />

Umsetzung. Wir verfolgen ein landesweites Biotopverbundsystem auf mindestens 15<br />

% der Landesfläche<br />

Nationalpark<br />

Wir werden die Einrichtung des Nationalparks Senne-Egge/Teutoburger Wald gemäß<br />

einstimmigem Landtagsbeschluss vom April 2005 (Drs.13/6219) vorantreiben. Die<br />

Einrichtung des Nationalparks Senne wird unter Federführung des Landes<br />

vorangebracht. Das Land will zudem mit seinen Möglichkeiten zur Errichtung eines<br />

Nationalparks Teutoburger Wald beitragen und die regionale Initiative begleiten.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Darüber hinaus verfolgen wir das Ziel, weitere Nationalparks gemäß IUCN-Kriterien<br />

(International Union for Conservation of Nature) zu erkunden und zu ermöglichen.<br />

Der Nationalpark Eifel soll weiter entwickelt werden.<br />

Der Internationale Platz Vogelsang soll als NS Dokumentationszentrum, als<br />

Nationalparkzentrum und regionales Zentrum für Kultur und Tourismus ausgebaut<br />

werden. Das Land strebt mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als<br />

Eigentümerin ein einvernehmliches Vorgehen an, um eine sinnvolle und umfassende<br />

Nachfolge-Nutzung der Grundstücke im Rahmen einer 3. Leitentscheidung<br />

sicherzustellen.<br />

Für Arten, für die <strong>NRW</strong> eine besondere Verantwortung trägt oder deren Aussterben<br />

befürchtet werden muss, werden spezielle Artenschutzprogramme aufgelegt. Der<br />

gute Erhaltungszustand der NATURA 2000-Gebiete und die anspruchsvolle<br />

Einstufung von Erhaltungszuständen entsprechend den Zielen der Flora-Fauna-<br />

Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) sind abzusichern. Für die NATURA 2000-Gebiete<br />

sind bis Ende 2012 qualifizierte Managementpläne für alle Flächen des<br />

Europäischen Schutzgebietssystems zu erstellen. Neben dem ersten Wildnis-Gebiet<br />

im Siebengebirge werden wir das aus der Nationalen Strategie zur biologischen<br />

Vielfalt resultierende Wildnisgebietskonzept <strong>NRW</strong> fortsetzen. So ist es bereits<br />

gelungen, ein nordrhein-westfälisches Netz von Wildnisflächen auf den Weg zu<br />

bringen. Dieser Weg muss jetzt konkretisiert und die Flächen in den Prozessschutz<br />

entlassen werden.<br />

Wir wollen in <strong>NRW</strong> eine "Stiftung für das Naturerbe" einrichten, um der Verpflichtung<br />

der öffentlichen Hand und des öffentlichen Eigentums zum Schutz der Natur<br />

nachzukommen und gleichzeitig neuen Raum für bürgerschaftliches Engagement zu<br />

eröffnen. Das Naturerbe <strong>NRW</strong> umfasst neben den NATURA 2000-Gebieten national<br />

und landesweit ausgewiesene Schutzgebiete, wertvolle Naturgebiete sowie die<br />

landeseigenen Waldflächen. Ziel ist es, diese Naturerbe-Flächen einschließlich der<br />

Betreuungsverantwortung der Stiftung zu übertragen. Für die Ausgestaltung werden<br />

wir einen Diskussionsprozess mit allen Beteiligten initiieren.<br />

Wir wollen den ehrenamtlichen Naturschutz stärken und seine Mitwirkungsrechte auf<br />

Basis der Aarhus-Konvention umsetzen. Dazu gehören auch eine Stärkung der<br />

Naturschutzstrukturen (u. a. Biologische Stationen, Landesbüro) und eine<br />

verbesserte Umweltbildung.<br />

Für <strong>NRW</strong> wollen wir im Dialog mit den Naturschutzverbänden ein<br />

Naturschutzfördergesetz prüfen.<br />

Das Netz der Biologischen Stationen, die bedingt durch ihre örtliche Lage<br />

unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen, wird dauerhaft sichergestellt. Die<br />

Biologischen Stationen werden als Antragsteller bei allen für ihre Aufgaben<br />

relevanten Förderprogrammen des Landes zugelassen und in ihrem Bestreben, EU-<br />

Mittel ins Land <strong>NRW</strong> zu holen, aktiv unterstützt. Die Tätigkeiten der Biologischen<br />

Stationen - auch im Rahmen der Landesfinanzierung - sind weiterhin steuerrechtlich<br />

als gemeinnützig anzuerkennen und dem ideellen Bereich zuzuordnen.<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Wir wollen das Kleingartenwesen fördern, die Ergebnisse der Kleingartenstudie<br />

umsetzen und neue Zukunftsperspektiven entwickeln. Dazu prüfen wir ein Konzept<br />

für einen „Sozialfonds Kleingartenkredite“, der Familien mit geringem Einkommen die<br />

Finanzierung eines Kleingartens ermöglichen soll.<br />

<strong>NRW</strong> lebenswert halten - Natürliche Ressourcen schützen<br />

Ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft<br />

Sauberes und gesundes Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und für<br />

jeden Menschen unverzichtbar. Wir verfolgen ein Konzept der nachhaltigen und<br />

ökologischen Wasserwirtschaft. Flüsse, Bäche und ihre Auen sollen wieder zu<br />

zentralen Lebensadern werden. Wir treten für einen vorsorgenden ökologischen<br />

Hochwasserschutz ein und wollen diesen verbindlich und langfristig absichern. <strong>NRW</strong><br />

verfügt über zahlreiche Wasservorkommen und eine anerkannte Wasserwirtschaft.<br />

Bei der Bekämpfung der Gewässerbelastung muss an der Schadstoffquelle<br />

angesetzt werden. Die Landesregierung wird das Programm Reine Ruhr zu einem<br />

„Masterplan Wasser <strong>NRW</strong>“ weiterentwickeln, der ein umfassendes Programm zur<br />

Reduzierung der Einleitung gefährlicher Stoffe, eine Verbesserung der<br />

Gewässerqualität und des Lebensraums Fließgewässer, eine nachhaltige<br />

Weiterentwicklung der Ver- und Entsorgung, der Wasserforschung und der<br />

Förderung der Chancen der Wasserwirtschaft enthält.<br />

Wir unterstützen die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie und wollen diese zum<br />

nachhaltigen Gewässer- und Grundwasserschutz konsequent umsetzen. Dies<br />

erfordert eine Überarbeitung der bisherigen Planungen - in Kooperation mit allen<br />

Akteuren - und eine sichere Finanzierung. Der Bezug zu den Einnahmen aus dem<br />

Wasserentnahmeentgelt ist beizubehalten, so dass die entsprechenden Maßnahmen<br />

zweckgebunden und prioritär für die Finanzierung der Wasserrahmenrichtlinie<br />

verwendet werden.<br />

Mit einer Novelle des Landeswassergesetzes wollen wir das neue bundesweite<br />

Wasserrecht umsetzen und dabei landesrechtliche Handlungsspielräume zur<br />

Verbesserung nutzen. Wasser ist Teil der Daseinsvorsorge und gehört in öffentliche<br />

Verantwortung.<br />

Die Wasserverbände erbringen mit regional- und strukturwirtschaftlichen Beiträgen<br />

wie dem neuen Emschertal wichtige Leistungen für unser Land.<br />

Bei der Novellierung des Landeswassergesetzes (inkl. Verbandsgesetze) wollen wir<br />

im Bereich der Abwasserentsorgung und Wasserversorgung die Möglichkeiten<br />

interkommunaler Kooperationen z.B. durch eine interkommunale Anstalt des<br />

öffentlichen Rechts erleichtern und Kooperationen zwischen Kommunen und<br />

Wasserwirtschaftsverbänden (Übertragung der Kanalnetze) verbessern.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Stabile Abwassergebühren sind sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für<br />

die Wirtschaft wichtig. Deshalb werden wir kostengünstige und effiziente Verfahren<br />

der Abwasserreinigung unterstützen.<br />

Wir nehmen uns der Problematik der steigenden Grundwasserstände in den vom<br />

Steinkohlebergbau betroffenen Regionen an, um wirksam Maßnahmen zu entwickeln<br />

und zügig umzusetzen. So wird den berechtigten Sorgen der Bürgerinnen und<br />

Bürger in den betroffenen Regionen vor zunehmenden Kellervernässungen<br />

Rechnung getragen. Die Finanzierung dieser Maßnahmen ist verursachergerecht<br />

von den früheren und jetzigen Bergbautreibenden sowie den Kommunen<br />

sicherzustellen. Um langwierige Einzelfallentscheidungen zu vermeiden, soll ein<br />

rechtlich begründeter und nachvollziehbarer Verteilungsschlüssel und<br />

Berechnungsmodus entwickelt werden, der zur Rechtssicherheit und Akzeptanz für<br />

die Planung, Durchführung und Finanzierung der notwendigen Maßnahmen sowohl<br />

bei den Bürgerinnen und Bürgern als auch bei den Beteiligten beiträgt.<br />

Die Einleitungen der Salzabwässer von Kali und Salz AG in Werra und Weser<br />

verstoßen gegen die Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Wir<br />

unterstützen deshalb die Empfehlung des Runden Tischs "Gewässerschutz<br />

Werra/Weser und Kaliproduktion" zum Bau einer Pipeline zur Nordsee.<br />

Funktionsprüfung von Abwasserkanälen<br />

Bei der Regelung der Funktionsprüfung von Abwasserkanälen werden wir eine dem<br />

Gewässerschutz verpflichtete Vorsorgepolitik gemäß dem Wasserhaushaltsgesetz<br />

des Bundes fortsetzen. Neben dem Gewässerschutz geht es um landespolitische<br />

Verlässlichkeit gegenüber Kommunen, Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern<br />

und Handwerkerinnen und Handwerkern.<br />

Die Prüfung von privaten und öffentlichen Kanälen soll möglichst gleichzeitig<br />

vollzogen werden. Hierbei muss es zu einem fairen Ausgleich zwischen den<br />

Interessen aller Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern und dem<br />

Gewässerschutz kommen. Die Fristen werden entsprechend angepasst. Dabei<br />

werden wir beispielsweise kürzere Fristen für Wasserschutzgebiete vorsehen und<br />

prüfen, ob längere Fristen (20-30 Jahre) in Siedlungsgebieten mit überwiegend Einund<br />

Zweifamilienhäusern festgelegt werden können.<br />

Wir werden bei der Funktionsprüfung zeitnah eine bürgerfreundliche und soziale<br />

Lösung erarbeiten, die insbesondere soziale Härten und Ungerechtigkeiten bei der<br />

Umsetzung von evtl. Sanierungen vermeiden wird. Für diesen Fall werden wir die<br />

Fördermöglichkeiten des Landes klarer regeln. Parallel werden wir gegenüber der<br />

Bundesregierung auch darauf drängen, dass diese eine bundeseinheitliche Regelung<br />

- eine Verordnung zum Wasserhaushaltsgesetz (WHG) - schnellstmöglich auf den<br />

Weg bringt.<br />

Boden- und Flächenschutz verbessern<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Der Boden stellt eine unvermehrbare und unverzichtbare Lebensgrundlage dar. Sein<br />

Schutz hat mit Blick auf die Ressourcenknappheit, den Erhalt der regional typischen<br />

biologischen Vielfalt und der zukünftigen landwirtschaftlichen Produktion eine<br />

wachsende Bedeutung. Wir setzen uns für eine EU-Bodenrahmen-Richtlinie ein. Der<br />

weiterhin zu große Boden- und Flächenverlust (z. B. durch Zersiedelung, Kiesabbau<br />

und großflächigen Unterglasanbau) muss verringert werden, auch damit<br />

insbesondere wertvolle landwirtschaftliche Flächen nicht weiter verloren gehen.<br />

Wir unterstützen das Ziel der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, den<br />

Flächenverbrauch bis zum Jahr 2020 bundesweit auf 30 Hektar pro Tag zu senken,<br />

d.h. für <strong>NRW</strong> den Flächenverbrauch mindestens auf fünf Hektar pro Tag zu senken.<br />

Dazu erstellen wir für <strong>NRW</strong> ein entsprechendes Programm zur Reduzierung des<br />

Flächenverbrauchs.<br />

Flächenverbrauchs.<br />

Längerfristig verfolgen wir das Ziel des Netto-Null-<br />

Wir wollen die "Allianz für die Fläche" fortführen und ein Zertifizierungssystem für<br />

flächensparende Kommunen einrichten.<br />

Zur Erreichung einer praxisnahen und umsetzungsorientierten Breitenwirkung<br />

werden wir den erfolgreich aufgebauten Flächenpool <strong>NRW</strong> ab dem Jahr 2012 in den<br />

Regelbetrieb als Gemeinschaftsaufgabe von Stadtentwicklung und Flächenschutz<br />

überführen.<br />

Wir wollen den Freiraumschutz erhöhen, wirksame rechtliche und finanzielle<br />

Steuerungsinstrumente zum Flächenschutz entwickeln sowie entsprechende<br />

Maßnahmen in dem zu novellierenden Landesentwicklungsplan festlegen.<br />

Instrumente der Landes- und Regionalplanung werden wir weiterentwickeln sowie<br />

dem Flächenrecycling Vorrang geben.<br />

Neben Informationsmaßnahmen und rechtlichen Steuerungsinstrumenten werden wir<br />

z.B. im Kommunalen Finanzausgleich ein Anreizsystem für die Kommunen schaffen,<br />

das einen sparsamen Umgang mit Fläche belohnt. Geltende Instrumente und<br />

Maßnahmen, die den Flächenverbrauch belohnen, werden wir abschaffen. Wir<br />

werden die von den Kommunen erbrachten Leistungen zum Naturschutz oder zur<br />

Flächenschonung fördern und belohnen.<br />

Eine Ausweitung der Altlastenerkundung und -sanierung ist notwendig. Wir wollen<br />

gemeinsam mit der Wirtschaft im Verbund mit dem Altlastensanierungs- und<br />

Altlastenaufbereitungsverband <strong>NRW</strong> (AAV) zu einer langfristigen<br />

aufgabenadäquaten Finanzierung kommen. Der Altlastensanierungs- und<br />

Altlastenaufbereitungsverband <strong>NRW</strong> (AAV) soll als Partnerschaftsmodell zwischen<br />

Land, Kommunen und Wirtschaft fortgeführt und zu einem Kompetenzzentrum<br />

Umwelt weiterentwickeln werden. Das AAV-Gesetz wird entsprechend angepasst<br />

und eine Grundfinanzierung durch Land und Kommunen, sowie ein deutliches Signal<br />

zur Mitfinanzierung durch die Wirtschaft beinhalten. Die Finanzierung der<br />

Altlastensanierung und –aufbereitung aus Mitteln des Wasserentnahmeentgelts war<br />

hier ein wichtiger Schritt.<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Ressource Kies nachhaltig nutzen<br />

Rohstoffförderung führt in einem dicht besiedelten Land wie Nordrhein-Westfalen<br />

zwangsläufig zu Konflikten um die Nutzung des knappen Raumes. Die Diskussionen<br />

im Regionalrat Düsseldorf zum Kiesabbau zeigen, dass mit fortschreitender<br />

Flächeninanspruchnahme die Akzeptanz für die Rohstoffgewinnung schwindet. Wir<br />

greifen weiterhin die Initiativen des „Niederrhein-Appells“ auf.<br />

Es gilt, Fehlentwicklungen zu stoppen, das Prinzip der Nachhaltigkeit und eine<br />

restriktive Gebietsprüfung landesplanerisch umzusetzen. Darüber hinaus wollen wir<br />

eine Kiesabgabe in <strong>NRW</strong> einführen, bundesweit das ´Schlupfloch´ im Bergrecht<br />

schließen, Recyclingpotenziale ausschöpfen und sicherstellen, dass vorhandene<br />

Kiesabgrabungen naturgemäß rekultiviert werden.<br />

Grundrecht „Gesund Leben“ - Umweltpolitik als Gesundheits- und Sozialpolitik<br />

Für den Schutz der Menschen und der Umwelt vor Umweltgiften, Luftschadstoffen,<br />

Lärm und Elektrosmog muss der Staat seine Schutzfunktion wahrnehmen. Dies<br />

wollen wir insbesondere mit einer umfassenden integrierten Gesamtkonzeption<br />

„Umwelt und Gesundheit“ erreichen. Kinder haben dabei einen besonderen<br />

Schutzanspruch und das Recht, in einer intakten und nicht gesundheitsgefährdenden<br />

Umwelt aufzuwachsen und sollen zentraler Maßstab der Betrachtung werden. Wir<br />

werden das Thema Umweltgerechtigkeit aufgreifen und die Zusammenhänge<br />

zwischen Umweltbelastungen und sozialer Benachteiligung systematisch<br />

aufarbeiten.<br />

Wir werden einen landesweiten „Masterplan Umwelt und Gesundheit <strong>NRW</strong>“<br />

erarbeiten, der ein Handlungskonzept für die verschiedenen Aktivitäten auf Landesund<br />

kommunaler Ebene darstellt. Dabei werden ambitionierte Ziele formuliert sowie<br />

ganzheitliche und integrierte Konzepte und Maßnahmen aufgestellt. Wir wollen die<br />

Gesundheitskonferenzen um das Themenfeld Umweltgesundheit erweitern. Dazu<br />

gehört auch die Einbeziehung der Daten und Auswertungen des Krebsregisters. Wir<br />

wollen, dass auch Kommunen „Aktionsprogramme Umwelt und Gesundheit“<br />

aufstellen.<br />

Natur in den Städten wird für die Menschen als Erholungsquelle immer wichtiger.<br />

Öffentliche Grünräume können Umweltbelastungen wie Lärm oder Staub reduzieren<br />

und die Gesundheit der Bevölkerung fördern. So schaffen wir mehr Lebensqualität<br />

vor allem für Menschen mit niedrigem Einkommen. Dazu gehören vor dem<br />

Hintergrund des Klimawandels mehr Grüngürtel, naturnahe Gewässer, Stadtbäume,<br />

Gärten und Parkanlagen sowie Dach- und Fassadenbegrünung. In diesem<br />

Zusammenhang leisten wir einen Beitrag zum Programm „Grüne Stadt“, welches<br />

insbesondere sozial benachteiligte Stadtteile zügig verbessert. Wir begrüßen die<br />

Bewerbungsabsichten der Metropole Ruhr zur „Grünen Hauptstadt Europas 2015“.<br />

Zur wirksamen Bekämpfung von Feinstaub (auch mit Blick auf zukünftige EU-<br />

Regelungen), Stickoxiden und Lärm verfolgen wir großräumige integrierte Konzepte<br />

sowie eine Strategie der nachhaltigen Mobilität hin zu mehr Bus, Bahn und Fahrrad.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Dazu gehört auch die Reduzierung der Feinstaubbelastung durch den<br />

Schiffsverkehr.<br />

Trotz intensiver Anstrengungen der Luftreinhalteplanung sind in unseren<br />

Ballungsräumen die gesundheitsbezogenen Grenzwerte für Stickstoffdioxid noch<br />

weitgehend deutlich überschritten. Daher werden wir mit einer umfassenden NOX-<br />

Minderungsstrategie alle relevanten Emissionsquellen in verschiedenen Bereichen<br />

auf den Weg bringen.<br />

Angesichts der großen Risiken von Schwermetallen (wie z.B. Cadmium, Arsen<br />

Nickel, und Quecksilber) für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sind<br />

wirksame Maßnahmen zu deutlichen Reduzierung des Eintrags in die Umwelt<br />

notwendig. Nach der Wasserrahmenrichtlinie ist eine schrittweise Verringerung und<br />

Beendigung des Quecksilbereintrags in Gewässer zu erreichen. Es wird daher für die<br />

Medien Wasser, Boden und Luft der Handlungsbedarf bei Schwermetallen ermittelt<br />

und entsprechende Maßnahmen festgelegt und umgesetzt.<br />

Wir werden mit einer umfassenden Lärmminderungsstrategie und einem<br />

Aktionsbündnis „<strong>NRW</strong> wird leiser“ die Reduzierung des Umgebungslärms<br />

vorantreiben.<br />

Lärm macht krank und ist insbesondere in den Städten und Ballungsräumen eines<br />

der größten Umweltprobleme. Die EU-Umgebungslärmrichtlinie soll konsequent und<br />

einheitlich umgesetzt, die Lärmminderungsplanung bei Anpassung der<br />

Lärmgrenzwerte unter Gesundheitsaspekten ausgeweitet sowie die Finanzierung<br />

konkreter Maßnahmen verbessert werden. Bezogen auf die <strong>NRW</strong>-Flughäfen<br />

unterstützt das Land die zuständigen Kommunen aktiv bei der Erstellung von<br />

Lärmaktionsplänen gemäß EU-Umgebungslärmrichtlinie und bei der Umsetzung<br />

entsprechender Maßnahmen.<br />

Das Land wird verstärkt straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen gegen Verkehrslärm<br />

ergreifen sowie gegenüber dem Bund eine deutliche Mittelerhöhung zur<br />

Lärmsanierung von Bundesfernstraßen und Schienenwegen einfordern. Der<br />

Landesbetrieb Straßen hat bei eigenen Projekten künftig verstärkt<br />

Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen.<br />

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Starke ländliche Räume – naturnahe Landwirtschaft<br />

Ländliche Räume stärken<br />

Die ländlichen Räume in <strong>NRW</strong> sind wirtschaftsstark und lebenswert. Sie sind<br />

wichtige Standorte vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen und bieten<br />

wertvolle Freizeitangebote und Naherholungsgebiete. Dies ist ein wichtiger<br />

Standortfaktor und macht <strong>NRW</strong> in Verbindung mit den Ballungsräumen attraktiv. Die<br />

Menschen, die im ländlichen Raum leben und arbeiten, haben einen Anspruch auf<br />

Zugang zu Bildung, Beschäftigung, sozialen Dienstleistungen und eine gute<br />

Infrastruktur. Es gilt für uns dabei der Grundsatz: Öffentliches Geld für öffentliche<br />

Güter.<br />

Die EU-Politik für den ländlichen Raum und EU-Agrarpolitik und stehen vor einem<br />

großen Umbruch. Der zukünftige Rahmen für die Finanzierungsphase 2014 - 2020<br />

wird gegenwärtig auf EU-Ebene diskutiert. Wir begrüßen die Pläne der EU-<br />

Kommission, die Politik des ländlichen Raums an den Kriterien der „Europa 2020“-<br />

Strategie auszurichten. Wir wollen deshalb die Strukturpolitik stärker mit der<br />

Agrarförderung verzahnen. Durch eine zielgerichtete Förderung wollen wir<br />

vorhandene Potenziale aktivieren, um eine wirtschaftliche Dynamik im ländlichen<br />

Raum in Gang zu setzen.<br />

Parallel dazu wollen wir auf Bundes- und EU-Ebene erreichen, dass die Zahlungen<br />

an die Landwirtschaft degressiv ausgerichtet sowie verbindlich mit sozialen<br />

Leistungen der Landwirtschaft und Leistungen im Bereich des Klima-, Umwelt-,<br />

Natur- und Tierschutzes gekoppelt werden.<br />

Wir wollen Beschäftigung und Wertschöpfung in den ländlichen Räumen halten.<br />

Dafür wollen wir verstärkt in die Ausbildung und Qualifikation der Menschen<br />

investieren. Wir setzen uns für eine integrierte Politik zur Entwicklung der ländlichen<br />

Räume ein. Mit ihr wollen wir die verschiedenen Politikbereiche besser auf die<br />

speziellen Bedürfnisse der Menschen im ländlichen Raum abstimmen.<br />

Wir fordern gerechte Löhne für gute Arbeit. Dafür ist auch und gerade ein<br />

gesetzlicher Mindestlohn in der Ernährungs- und Agrarwirtschaft sowie im Gartenbau<br />

und der Forstwirtschaft unabdingbar.<br />

Wir werden neue Förderkonzeptionen entwickeln, durch die mit Hilfe von<br />

Diversifizierung neue Erwerbsmöglichkeiten geschaffen, regionale<br />

Wertschöpfungsketten gestärkt, die Nahversorgung gesichert, Allianzen zwischen<br />

Stadt und Land unterstützt und neue Entwicklungschancen geboten werden. Hierzu<br />

gehören die Erneuerbaren Energien und der Tourismus ebenso wie die Förderung<br />

des traditionellen Ernährungshandwerks und dessen regionaltypische Produkte.<br />

Durch einen effizienteren Wissens- und Technologietransfer kann die<br />

Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Betriebe in ländlichen Räumen<br />

verbessert werden. Eine gut ausgebaute Kommunikationsinfrastruktur ist hierfür ein<br />

wesentlicher Standortfaktor. Die Unternehmen und Menschen brauchen schnelle,<br />

leistungsfähige und kostengünstige Informationstechniken. Die Breitbandtechnologie<br />

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muss deshalb auch für den ländlichen Raum zur Verfügung gestellt werden. Wir<br />

werden daher das von der letzten Landesregierung initiierte Konzept zur<br />

Breitbandförderung in den ländlichen Regionen fortsetzen.<br />

Programme wie LEADER und „Regionen Aktiv“ haben gezeigt, dass ländliche<br />

Regionen von den Ideen, der Tatkraft von Bürgerschaft und Wirtschaft profitieren.<br />

Eine erfolgreiche Entwicklung hängt nicht zuletzt auch vom Engagement der<br />

Menschen vor Ort ab. Die Bürgerinnen und Bürger sollen in den Regionen<br />

selbstbestimmt mitentscheiden, welche Entwicklungspfade sie für ihre Region<br />

beschreiten wollen. Dazu bedarf es eines effizienten Regionalmanagements. In<br />

diesem Zusammenhang werden wir mit einer „Regionalagentur Ländlicher Raum“,<br />

die sich an alle Akteure im ländlichen Raum richten wird den Ideenaustausch, die<br />

Fortbildung und Beratung für die Angelegenheiten des ländlichen Raums fördern und<br />

intensivieren sowie die Kooperation der Leader-Regionen und der Naturparke<br />

stärken.<br />

Wir wollen eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes mit starken grünen<br />

Regionen und einer Landwirtschaft, die zum Erhalt und zur Entwicklung lebenswerter<br />

ländlicher Räume beiträgt. Um dies zu gewährleisten benötigt das Land eine<br />

Verwaltungsstruktur, die sich mit allen Belangen der Entwicklung des ländlichen<br />

Raumes befasst. Deshalb werden wir die zersplitterte Struktur der Agrarverwaltung<br />

mit ihren unterschiedlichen Landesbehörden wie Landwirtschaftskammer als<br />

Landesbeauftragter, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV)<br />

und Bezirksregierungen überprüfen. Dabei stehen weiterhin die Ziele Handlungsund<br />

Kosteneffizienz im Mittelpunkt. Wir werden außerdem die vorhandenen<br />

Strukturen mit den Zielen überprüfen, die hoheitlichen Aufgaben von der<br />

Selbstverwaltung zu trennen und die zukünftige Umsetzung des Programms<br />

„Ländlicher Raum“ optimal zu gewährleisten.<br />

Landwirtschaft – naturnah und artgerecht<br />

Die Landwirtschaft in <strong>NRW</strong> hat eine große wirtschaftliche, ökologische und soziale<br />

Bedeutung. Der hohe Konkurrenzdruck und die bisherige EU-Agrarpolitik, der Boom<br />

agroindustrieller Tierhaltung, der Verlust von Tier- und Pflanzenarten sowie<br />

zunehmende Monokulturen bestimmen die Diskussion über die Zukunft der<br />

Landwirtschaft. Wir wollen eine nachhaltige, bäuerliche und gentechnikfreie<br />

Landwirtschaft, die zum Erhalt und zur Entwicklung lebenswerter ländlicher Räume<br />

beiträgt.<br />

Die Landwirtschaft braucht Produktionsformen und Tierhaltungsformen, die unsere<br />

Ressourcen nachhaltig nutzen und die ländlichen Räume nicht belasten. Wir wollen<br />

die Wettbewerbsfähigkeit einer Landwirtschaft fördern, deren Stärke in Qualität und<br />

Nachhaltigkeit besteht. Unser Ziel ist eine tier-, umwelt- und klimagerechte<br />

Modernisierung der Landwirtschaft. Statt einer Politik des Wachsens oder Weichens<br />

werden wir gezielt über die Agrarförderung mit der nächsten EU-Förderperiode ab<br />

2014 die kleineren und mittleren Betriebe in den Mittelpunkt der Landesförderung<br />

stellen. Zusätzlich wollen wir uns auch in einer gesonderten Strategie mit den<br />

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Nebenerwerbsbetrieben so beschäftigen, dass eine Fortführung auch in der<br />

nächsten Generation ermöglicht wird.<br />

Wir wollen mit einer Umstellungsoffensive und einer stärkeren Orientierung in der<br />

Ausbildung den Ökolandbau ambitioniert ausbauen und den Bioboom für <strong>NRW</strong><br />

nutzen. Wir werden Initiativen ergreifen, um unsere Landwirtschaft dabei zu<br />

unterstützen, die heimische Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln zu decken. In diese<br />

Strategie wird die gesamte Wertschöpfungskette vom „Stall bis zur Ladentheke“<br />

einbezogen.<br />

Im Sinne der Stärkung der Regionalvermarktung und zur Unterstützung der<br />

artgerechten Tierhaltung werden wir ein „100-Kantinen-Programm“ auflegen mit dem<br />

Ziel, in den nächsten fünf Jahren 100 Kantinen auf eine möglichst hohe Versorgung<br />

mit regionalen und artgerechten Produkten umzustellen.<br />

Angesichts der schwachen Marktstellung der Landwirte werden wir<br />

Erzeugergemeinschaften und Bündelungsinitiativen sowie Einrichtungen für mehr<br />

Markttransparenz (Monitoringstelle Milch) unterstützen, um so die Position der<br />

Erzeuger am Markt deutlich zu stärken und dadurch einen Beitrag für faire<br />

Marktbedingungen für Milch zu leisten.<br />

Die Förderung tier- und artgerechter Haltungsformen wollen wir deutlich verstärken.<br />

Eine Politik, die zu mehr Großmastanlagen führt, lehnen wir ab. Um die<br />

Fehlentwicklungen einzudämmen, werden wir hierzu die Instrumente der<br />

Regionalplanung und des Bau- und Immissionsschutzrechtes nutzen und<br />

verbessern. Den Kommunen müssen planungsrechtliche Möglichkeiten zur<br />

Steuerung von Intensivtierhaltungsanlagen an die Hand gegeben werden.<br />

Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass durch eine Absenkung der Tierplatzzahlen in<br />

der 4. BImSchV alle großen Anlagen den Vorsorgeanforderungen des<br />

Immissionsschutzrechts unterliegen und eine stärkere Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

stattfindet. Im Außenbereich privilegiert sollen zukünftig nur noch Ställe sein, die<br />

keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen. In bereits besonders<br />

tierdichten Regionen ab 1,5 Großvieheinheiten/ha wollen wir die Genehmigung neuer<br />

Ställe an weitere Bedingungen (eigene Futtergrundlage, ortsnahe Gülleverwertung<br />

etc.) knüpfen.<br />

Die Emissionen von Tierhaltungsanlagen können eine relevante<br />

Gesundheitsgefährdung darstellen. Wir werden dafür eintreten, die Anforderungen<br />

an den Stand der Technik und die Forschung hinsichtlich von Bioaerosolen insoweit<br />

zu verstärken.<br />

Zur Verminderung von Resistenzen setzen wir uns für eine drastische Verminderung<br />

des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung ein und werden entsprechende<br />

Bundesratsinitiativen starten.<br />

Die biologische Vielfalt und Landwirtschaft dürfen sich nicht ausschließen. Dies<br />

wollen wir mit Maßnahmen und Programmen begleiten. Wie andere Bereiche ist<br />

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auch die Landwirtschaft vor die Herausforderung gestellt, ihren Beitrag zum<br />

Klimaschutz zu leisten.<br />

Die Biomassestrategie wollen wir realistisch, ausgewogen, nachhaltig und als<br />

integralen Bestandteil der Förderung der Erneuerbaren Energien weiterentwickeln.<br />

Dazu bedarf es als Grundlage einer regionalspezifischen Potenzialanalyse unter<br />

Nachhaltigkeitskriterien.<br />

Wir werden im Verbund mit der Landwirtschaft alle Möglichkeiten ausschöpfen, <strong>NRW</strong><br />

gentechnikfrei zu halten. Im Bundesrat wird sich die Landesregierung dafür<br />

einsetzen, dass es keine weiteren Lockerungen am derzeitigen Gentechnikgesetz<br />

geben wird und die Verursacher von entsprechenden Kontaminationen zur<br />

Übernahme der Kosten herangezogen werden. Wir wollen, dass auch zukünftig kein<br />

Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und keine Freisetzungsversuche in<br />

<strong>NRW</strong> stattfinden. Wir setzen uns dafür ein, dass jede Verunreinigung von Saatgut,<br />

Futter- und Lebensmitteln durch gentechnisch veränderte Organismen vermieden<br />

wird (Nulltoleranz-Prinzip). Wir halten an dem Prinzip fest, auf landeseigenen<br />

Flächen ein Gentechnikverbot auszusprechen. Damit Verbraucherinnen und<br />

Verbraucher die klare Wahl haben, werden wir uns auch weiterhin für eine eindeutige<br />

Kennzeichnung einsetzen.<br />

Für den Gartenbau sind innovative Perspektiven zu stärken und weiter auszubauen<br />

sowie die Energieeffizienz zu unterstützen.<br />

Die Agrarforschung, die Lehre und die landwirtschaftliche Ausbildung müssen stärker<br />

als bisher an den Anforderungen einer nachhaltigen Landwirtschaft ausgerichtet<br />

werden.<br />

Aufgrund des zunehmenden Bienensterbens werden wir die Imkerinnen und Imker in<br />

Nordrhein-Westfalen in ihrer Qualifikation unterstützen und uns für die Förderung<br />

einer artgerechten Bienenhaltung einsetzen.<br />

Nachhaltige Waldwirtschaft vorantreiben<br />

Wir wollen unsere Wälder durch nachhaltige und naturnahe Waldbewirtschaftung<br />

schützen und sichern. Wald ist nicht nur als Produktionsstätte für den<br />

nachwachsenden Rohstoff Holz und als natürliche Lebensgemeinschaft für Tier- und<br />

Pflanzenarten unverzichtbar. Ein gesunder Wald wird auch zum Schutz des Bodens<br />

und des Wassers, als Klima-, Immissions-, Lärm- und Sichtschutz, aber vor allem als<br />

Erholungsraum und Lernort für Menschen dringend gebraucht.<br />

Wir wollen den Umbau und Aufbau von naturnahen Wäldern voranbringen, die den<br />

Folgen von Klimawandel, Schädlingsbefall und anderen Belastungen widerstehen<br />

können. Wir wollen das Landesforstgesetz zu einem Landeswaldgesetz<br />

weiterentwickeln, welches stärker an den Kriterien einer nachhaltigen Waldwirtschaft<br />

ausgerichtet ist.<br />

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Mit einer Waldstrategie 2050 wird ein Fachkonzept erarbeitet, das als Grundlage und<br />

zum Maßstab für neue Initiativen der Wald- und Holzwirtschaft dienen soll. Wir<br />

wollen mehr Wald in <strong>NRW</strong>. Die Förderung des Kleinprivatwaldes wird an<br />

Nachhaltigkeits- und Klimaschutzkriterien ausgerichtet und deshalb im bisherigen<br />

System fortgeführt. Die langjährige Praxis der Beratung Betreuung und Förderung<br />

schafft die Voraussetzung zur Sicherung der Waldfunktionen auch im Klimawandel<br />

und der Erwirtschaftung von Holzerträgen ohne eigene ökonomische Interessen.<br />

Um den Schutz vorhandener Waldflächen vor einer weiteren Ausdehnung des<br />

Anbaus von Weihnachtsbäumen sicherzustellen, werden wir umgehend eine<br />

Änderung des Landesforstgesetzes vornehmen<br />

Der öffentliche Wald hat eine besondere Gemeinwohlorientierung. Wir lehnen einen<br />

weiteren Verkauf des Staatswaldes, wie in der Eifel geschehen, ab. Im Gegenteil:<br />

Wir wollen mehr landeseigenen Wald. Investitionen in naturnahen Dauerwald sind<br />

auch in ökonomischer Hinsicht vorteilhaft. Wir prüfen deshalb Investitions- und<br />

Beteiligungsmöglichkeiten Dritter, um die Waldverluste aus den Jahren 2005 – 2010<br />

zu kompensieren und insbesondere auch das bürgerschaftliche Engagement zu<br />

stärken. Für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes wollen wir eine gut<br />

aufgestellte Einheitsforstverwaltung flächendeckend erhalten, damit die Aufgaben<br />

hier gebündelt und konzentriert für die gesamte Landesverwaltung wahrgenommen<br />

werden.<br />

Beratung und Betreuung der Waldbäuerinnen und -bauern sind wichtige Instrumente.<br />

Hier wollen wir für Kontinuität sorgen.<br />

Der gesamte Staatswald wird nach den Kriterien des Forest Stewardship Council<br />

(FSC) laufend weiter zertifiziert.<br />

Zur Nutzung brach liegender Potenziale ist die Holzmobilisierung voranzutreiben<br />

(auch durch Gründung und Förderung von Waldgenossenschaften und gezielte<br />

Flurbereinigungen) und die Holzvermarktung zu fördern. Im Rahmen der Umsetzung<br />

einer integrierten Umweltwirtschaftsstrategie kommt dem Cluster Wald und Holz eine<br />

Vorbildfunktion zu. Wir beabsichtigen, die Clusterstudie Wald und Holz weiter<br />

fortzuschreiben. Kleine und mittlere Betriebe der holzverarbeitenden Industrie wollen<br />

wir erhalten, um so Beschäftigung und Ausbildung auch in diesem Bereich zu<br />

stärken. Dabei ist auch das Cluster Wald und Holz mit einer Klimaschutzleistung von<br />

ca. 10 % der CO2- Emissionen in <strong>NRW</strong> ein bedeutender Baustein (180 000<br />

Beschäftigte). Wir wollen eine Steigerung der Holzverwendung aus heimischen<br />

Wäldern bei Neubau und im Bestand (Gebäudesanierung) erreichen, z.B. durch eine<br />

Novelle der Landesbauordnung<br />

Natur- und tierschutzgerechte Jagd<br />

Bestandteil einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und der Nutzung des<br />

Offenlandes ist auch eine zeitgemäße Form der Jagd. Hier wollen wir einen<br />

Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit einleiten und das Jagdrecht an<br />

ökologischen Prinzipien und dem Tierschutz ausrichten (Ökologisches Jagdgesetz).<br />

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Oberstes Ziel der Jagd muss der Schutz des Waldes vor zu hohen Wildbeständen<br />

sein. In Schutzgebieten darf nur gejagt werden, wenn der Schutzzweck dies<br />

erfordert.<br />

In der letzten Legislaturperiode hat das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt,<br />

Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz dazu bereits einen interdisziplinären<br />

Arbeitskreis „Jagd und Naturschutz“ eingerichtet, um mit allen beteiligenden<br />

Akteuren die Erfahrungen aus den anderen Bundesländern auszuwerten und einen<br />

möglichst breiten Konsens zu erreichen. Dieser konstruktive und fachlich orientierte<br />

Dialog soll mit allen Betroffenen und Beteiligten fortgesetzt werden. Wir erwarten<br />

dabei von den entsprechenden Jagdverbänden, dass sie sich fair und konstruktiv in<br />

den Dialog einbringen.<br />

Das Jagd- und Fischereirecht muss nach ökologischen und Tierschutzkriterien<br />

ausgerichtet werden. Praktiken, die mit dem Tierschutz unvereinbar sind, wollen wir<br />

künftig untersagen.<br />

Wir wollen ein Fischerei- und Jagdrecht, das den Schutz aller Arten umfasst. Ein<br />

wichtiger Schritt ist hierzu, die Verordnungen der Länder (z.B. bei Brut- und<br />

Rastvögeln, Kormoranen) besser aufeinander abzustimmen und zu einem<br />

einheitlichen fachlich abgestimmten und zielgerichteten Management zu kommen.<br />

Die bisherige Jagdsteuer läuft Ende 2012 aus. Den Kommunen soll die Möglichkeit<br />

gegeben werden, bei Wunsch weiterhin die Jagdsteuer zu erheben.<br />

Verbraucherinnen und Verbraucher mächtig machen - Verbraucherschutz<br />

stärken<br />

Wir wollen den Verbraucherschutz in <strong>NRW</strong> stärken. Ein funktionierender Wettbewerb<br />

setzt starke Verbraucherrechte und die Gleichgewichtigkeit zwischen Anbieterinnen<br />

und Anbietern auf der einen und Nachfragerinnen und Nachfragern auf der anderen<br />

Seite voraus. Starke Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen zusätzlich starke<br />

und unabhängige Verbraucherschutzstrukturen. Bei vielen Aufgaben der<br />

Verbraucherpolitik ergeben sich Schnittpunkte mit den Bereichen Soziales, Jugend,<br />

Migration, Bildung, Energie, Gesundheit, neue Medien und Familie. Es gilt deshalb<br />

die Verbraucherpolitik zu stärken und zwischen den Ressorts weiter zu vernetzen.<br />

Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen unabhängige Informationen, Beratung<br />

und Bildung, um in globalen und liberalisierten Märkten mündige und selbstbewusste<br />

Entscheidungen treffen zu können. Dazu sind starke Verbraucherinstitutionen als<br />

"Anwälte" der Verbraucherinnen und Verbrauchen unabdingbar. Die mit der<br />

Verbraucherschutzzentrale bis 2015 getroffenen Vereinbarung werden wir langfristig<br />

fortschreiben und dadurch finanzielle Planungssicherheit sowie einen<br />

flächendeckenden Ausbau des Beratungsstellennetzes gewährleisten. Wir werden<br />

zugleich die „Verbraucherschutzstiftung in <strong>NRW</strong>“ stärken, um weitere wichtige<br />

Vorhaben im Verbraucherschutz für die Menschen in unserem Land voranzubringen.<br />

Wir werden dort die Beratung intensivieren, wo Menschen keine Möglichkeit haben<br />

oder ihnen das Wissen fehlt, Informationen zu gewinnen und sachgerecht zu<br />

bewerten. Deshalb sollen die Beratungs- und Unterstützungsangebote der<br />

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Verbraucherzentralen so ausgebaut werden, dass eine gleichberechtigte Teilhabe<br />

aller Bürgerinnen und Bürger vor Ort gesichert ist.<br />

Im Bereich des Finanzmarktes wollen wir umfassende Transparenz über Produkte,<br />

Risiken und Provisionen für die Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen. Durch<br />

Initiativen auf Bundesebene wollen wir eine Stärkung der Finanzmarktaufsicht<br />

voranbringen, um einen besseren Schutz der Kundinnen und Kunden vor unseriösen<br />

Angeboten und fehlerhafter Beratung zu erreichen. Dazu gehört die Aufnahme des<br />

Verbraucherschutzes als Aufgabe der Bundesanstalt für<br />

Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die Einrichtung eines Finanzmarktwächters<br />

sowie der Ausbau der Kontrollinstrumente („mystery shopping“, Verbot des Angebots<br />

eigener oder besonders risikoreicher und komplexer Finanzprodukte etc.). Auch die<br />

unabhängigen Anlageberater sowie die Preisaufsicht über Finanzprodukte sollen<br />

zukünftig der Aufsicht der BaFin unterstehen.<br />

Drückermethoden am Bankenschalter wollen wir bekämpfen. Gleichzeitig hat sich bei<br />

Verbraucherinnen und Verbrauchern ein erheblicher Bedarf an unabhängiger<br />

Beratung und Information über Finanzprodukte offenbart, dem wir mit der<br />

Verbraucherzentrale <strong>NRW</strong> entsprechen wollen. Viele Haushalte befinden sich in<br />

einer prekären Finanzsituation. Wir haben deshalb die Landesförderung der<br />

gemeinnützigen Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung bereits erhöht und<br />

werden mit den Mitteln aus dem Sparkassenfonds auch weiter für eine<br />

auskömmliche Finanzierung sorgen. Analog zum Sparkassenfonds wollen wir auch<br />

die Banken an der Finanzierung der gemeinnützigen Schuldner- und<br />

Verbraucherinsolvenzberatung und von Bildungsangeboten zur<br />

Verbraucherfinanzbildung beteiligen.<br />

Wir werden uns auch dafür einsetzen, dass Geschäfte mit der Armut etwa durch<br />

unseriöse Schuldnerberater und überhöhte Inkassokosten wirksam verhindert<br />

werden und dass es eine gesetzliche Regelung für ein Girokonto auf Guthabenbasis<br />

für alle gibt.<br />

Die Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre hat die Weichen im<br />

Gesundheitswesen in Richtung mehr Wettbewerb und Wahlfreiheit gestellt.<br />

Patientinnen und Patienten müssen Entscheidungen über Individuelle<br />

Gesundheitsleistungen (IGeL), die Wahl ihrer Krankenkasse und<br />

verschreibungsfreier Medikamente treffen und sich immer stärker an den Kosten<br />

beteiligen. Neben dem Einsatz für bessere Verbraucherrechte im Gesundheitsmarkt<br />

werden wir es der Verbraucherzentrale <strong>NRW</strong> ermöglichen, unabhängige<br />

Informationen bereitzustellen, eine Rechtsberatung im Pflegemarkt voranzutreiben<br />

sowie Rechtsverstößen von Gesundheitsdienstleistern entgegenzutreten.<br />

Unser Ziel ist es, nachhaltiges Konsumverhalten bei Verbraucherinnen und<br />

Verbrauchern zu verankern und die Voraussetzungen für einen nachhaltigen<br />

Lebensstil zu schaffen. Daher unterstützt das Land insbesondere Maßnahmen zur<br />

Wertschätzung von Lebensmitteln und zur Reduzierung der CO2-Emissionen.<br />

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Zur Verbesserung der Transparenz werden wir alle zwei Jahre einen<br />

Verbraucherschutzbericht vorlegen. Das Verbraucherinformationsgesetz wollen wir<br />

entsprechend der vom <strong>NRW</strong> Verbraucherschutzministerium im letzten Jahr in den<br />

Bundesrat eingebrachten Anträge fortentwickeln und insbesondere auf<br />

verbrauchernahe Dienstleistungen (Finanzmarktprodukte, Mobilität,<br />

Energiedienstleistungen etc.) ausweiten.<br />

Wir werden für Transparenz bei den amtlichen Kontrollergebnissen im Gastronomieund<br />

Lebensmittelbereich (Hygienebarometer) sorgen. Sollte es nicht zeitnah zu einer<br />

Lösung auf Bundesebene kommen, werden wir den Beschluss der<br />

Verbraucherschutzministerkonferenz aus dem Jahr 2011 soweit wie rechtlich möglich<br />

auf Landesebene umsetzen. Noch in diesem Jahr wollen wir in ausgewählten<br />

Kommunen mit einem internetbasierten Modellprojekt beginnen.<br />

Verstöße gegen Vorschriften zum Gesundheits- und Täuschungsschutz,<br />

Hygienemängel, Grenzwertüberschreitungen bei Lebensmitteln im Sinne des § 40<br />

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) werden wie auf einer<br />

landeseinheitlichen Homepage veröffentlichen, um eine möglichst umfassende<br />

Transparenz zu gewährleisten. Die Überwachung des Internethandels und der<br />

EnergiekennzeichnungsVO wollen wir intensivieren und im Kompetenzteam des<br />

Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen<br />

(LANUV) bündeln.<br />

Wir wollen die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet stärken.<br />

Wir setzen uns für verbindliche Maßnahmen zum Schutz vor Abo-Fallen,<br />

Massenabmahnungen und betrügerischen Angeboten im Netz ein.<br />

Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich möglichst rasch und einfach einen<br />

Überblick über die Qualität und Eigenschaften von Produkten und Dienstleistungen<br />

verschaffen können. Wir werden deshalb insbesondere Bundesratsinitiativen für<br />

einheitliche und verbindliche Kriterien für die Kennzeichnung von<br />

Ökostromangeboten, zur Novellierung der PKW-Energieverbrauchskennzeichnungs-<br />

Verordnung (CO2-Ausstoß gemessen an der Fahrzeugstandfläche bzw. Anzahl der<br />

Sitzplätze) sowie für einheitliche Standards und Kriterien für Energiepreisportale<br />

einbringen. Darüber hinaus werden wir Initiativen zur Kennzeichnung von Produkten<br />

und Lebensmitteln bezüglich ihrer Klimarelevanz sowie zur Erarbeitung und<br />

Einführung eines Regionalzeichens mit anspruchsvollen qualitativen Standards<br />

(ohne Gentechnik etc.) starten. Auch bei zusammengesetzten Lebensmitteln muss<br />

zukünftig die Haltungsform, mit denen die zur Herstellung verwandten Eier produziert<br />

worden sind, klar erkennbar sein.<br />

An oberster Stelle müssen gesunde und sichere Lebensmittel und Produkte (z.B.<br />

kein Gift in Kinderspielzeug) stehen. Neben umfassender Transparenz ist eine<br />

konsequente und qualifizierte Lebensmittelkontrolle der beste Schutz vor<br />

Lebensmittelskandalen.<br />

Die Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung wollen wir weiter<br />

verbessern. Neben einer weiteren Erhöhung der Zahl der Lebensmittelkontrolleure<br />

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und insbesondere des wissenschaftlichen Personals werden wir das beim LANUV<br />

eingerichtete Kompetenzteam erweitern und ausbauen. Den Empfehlungen des<br />

Bundesrechnungshofes folgend wollen wir die Tierarzneimittelüberwachung und die<br />

Kontrolle großer Lebensmittelunternehmen auf staatliche Ebene überführen. Dazu<br />

wollen wir Gespräche mit der kommunalen Familie aufnehmen und auf Bundesebene<br />

ein solches Vorgehen möglichst konsensual verabreden.<br />

Um eine angemessene Überwachung im Verbraucherschutz zu gewährleisten und<br />

Kommunen und Land zu entlasten, sollen Kontrollen zukünftig weitgehend über<br />

kostendeckende Gebühren finanziert werden.<br />

Wir wollen, dass die Verpflegung in Kitas und Schulen in einer hohen<br />

gesundheitlichen und ökologischen Qualität angeboten wird. Deshalb werden wir uns<br />

dafür einsetzen, die Rahmenbedingungen insgesamt zu verbessern und die<br />

Vernetzungsstellen Schulverpflegung, die seit 5 Jahren Schulen und Trägern mit Rat<br />

und Tat zur Seite stehen, weiterhin finanziell fördern und erwarten von der<br />

Bundesregierung, dass sie sich ebenfalls weiter an den Kosten beteiligt. Das EU-<br />

Schulobstprogramm <strong>NRW</strong> werden wir fortführen und bedarfsgerecht ausweiten.<br />

Wir setzen uns dafür ein, dass Ernährungs- und Verbraucherbildung im Rahmen der<br />

UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung auch in der Schule verstärkt wird.<br />

Dort sollen elementare Kenntnisse in Ernährung, Medienkompetenz und Finanzen<br />

vermittelt werden.<br />

Wir setzen uns weiterhin für die Umsetzung des von <strong>NRW</strong> initiierten<br />

Bundesratsbeschlusses zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor<br />

illegaler Telefonwerbung sowie die Einführung der sog. Buttonlösung bei<br />

Vertragsabschlüssen im Internet ein.<br />

Mit dem Kompetenzzentrum Verbraucherforschung <strong>NRW</strong> wird die Landesregierung<br />

die Verbraucherforschung weiterhin unterstützen, um eine Wissensbasis als<br />

Grundlage für effizientes und nachhaltiges verbraucher- und wirtschaftspolitisches<br />

Handeln zu schaffen. Dabei soll auch die Kommunikation zwischen<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern angeregt, die Verbraucherforschung<br />

vernetzt und ihre Ergebnisse für eine zielgenaue Verbraucherpolitik genutzt werden.<br />

Energiepreise bekommen eine immer stärkere soziale Dimension. Insbesondere bei<br />

Erwerbstätigen mit geringem Einkommen, aber auch bei Bezieherinnen und<br />

Beziehern von Leistungen nach dem SGB-II kommt es immer wieder zu<br />

Stromsperren. Wir werden im Dialog mit den Energieversorgern und<br />

Verbraucherverbänden Lösungen erarbeiten, um Stromsperren zu vermeiden und<br />

Energiearmut wirksam zu reduzieren. Wir wollen eine Tarifgestaltung erreichen, die<br />

einen geringen Energieverbrauch begünstigt (z. B. kostenneutrale Einführung<br />

linearer Stromtarife durch die Abschaffung von Grundgebühren/-preisen). Zusammen<br />

mit der Verbraucherzentrale und den Wohlfahrtsverbänden starten wir Modellprojekte<br />

gegen Energiearmut und Stromsperren. Nach deren Evaluierung wollen wir ein<br />

landesweites Angebot schaffen.<br />

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Mehr Tierschutz in <strong>NRW</strong><br />

Tiere sind Lebewesen und als solche zu respektieren. Das Staatsziel Tierschutz<br />

muss konsequent umgesetzt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass Tiere artgerecht<br />

leben können und ihnen Schmerz und Leid erspart bleiben. Deswegen brauchen<br />

Tiere mehr Rechte. Eine artgerechte und qualfreie Nutztierhaltung ist für uns der<br />

oberste Maßstab in der Landwirtschaft. Aus diesem Grund wollen wir die Förderung<br />

tiergerechter Zucht- und Haltungsformen deutlich verstärken. Darüber hinaus<br />

müssen die Transportzeiten für Nutztiere auf den Prüfstand. Ebenso werden wir die<br />

Arbeitsmethoden und -bedingungen auf Schlachthöfen untersuchen, um sie auch im<br />

Sinne des Tierschutzes zu verbessern.<br />

Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Dauer von Tiertransporten erheblich<br />

verkürzt wird, mit dem Ziel, dass kein Transporttag für Tiere acht Stunden<br />

überschreitet.<br />

Das in der letzten Legislaturperiode aufgrund der Auflösung des Landtages nicht<br />

mehr verabschiedete Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände werden wir<br />

unverzüglich wieder in den Landtag einbringen und beschließen.<br />

<strong>NRW</strong> setzt sich auf EU-Ebene für eine Absenkung der Tierversuche ein. Dafür<br />

werden wir deutliche Anreize schaffen. Um die Tierversuchszahlen wirksam in <strong>NRW</strong><br />

zu senken, werden wir die alternativen Forschungsmethoden stärker unterstützen.<br />

Für die bereits bestehenden Alternativmethoden zur Tierversuchsforschung werden<br />

wir uns auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass diese konsequent angewandt<br />

werden.<br />

Wir verfolgen das Ziel, einen Lehrstuhl für Tierschutz als Stiftungsprofessur<br />

einzurichten, der sich unter anderem verstärkt mit Alternativmethoden zu<br />

Tierversuchen befassen soll. Darüber hinaus wollen wir mehr Transparenz und<br />

Ansprechbarkeit für die Bevölkerung.<br />

Wir setzen ins für eine umfassende Novelle des Tierschutzgesetzes auf<br />

Bundesebene ein, die insbesondere eine wesentliche Verbesserung der<br />

Haltungsbedingungen für Nutztiere, ein Verbot von Börsen mit exotischen Tieren und<br />

ein bundesrechtliches Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine umfassen soll.<br />

Die Haltung und Dressur von Wildtieren muss zu Gunsten eines zeitgemäßen<br />

Tierschutzes neu geregelt werden.<br />

Im Sinne des Tier- und Artenschutzes, aber auch zum Schutz von Anwohnerinnen<br />

und Anwohnern, wollen wir die Haltung von exotischen Tieren durch Privatpersonen<br />

auch landesrechtlich streng reglementieren.<br />

Tierheimen wollen wir mit einem Förderprogramm bei der Sanierung weiter helfen.<br />

V. Bauen, Wohnen, Verkehr<br />

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In <strong>NRW</strong> starke und lebenswerte Städte und Regionen schaffen<br />

Städte gewinnen für alle Bevölkerungsgruppen als Lebensraum, Wohnstandort und<br />

Arbeitsort wieder an Bedeutung. Heute leben etwa 80% aller Menschen in Nordrhein-<br />

Westfalen in Städten. Unsere Städte sind Wissenszentren und Quellen für<br />

Wachstum und Innovation, kulturelle und kreative Aktivitäten, nachhaltige<br />

Entwicklung und die Entwicklung von Arbeitsplätzen. In ihnen konzentrieren sich<br />

historische, kulturelle, soziale und bauliche Vielfalt und deren Zusammenwirken<br />

sowie wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten. Gleichzeitig stehen sie vor großen<br />

Herausforderungen: Die Bevölkerung wird älter und vielfältiger. Die soziale Spaltung<br />

wächst, die Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen nimmt zu, in einigen<br />

Gebieten fehlt preisgünstiger und geeigneter Wohnraum. In anderen Gebieten steht<br />

Wohnraum leer, weil mit dem demografischen Wandel schon allgemeine<br />

Schrumpfungsprozesse eingesetzt haben. Wir wollen unsere Städte bei der<br />

Bewältigung dieser Herausforderungen unterstützen und helfen ihnen bei ihrer<br />

Weiterentwicklung.<br />

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Stadtentwicklungspolitik als gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe<br />

Die Entwicklung von Stadt- und Ortsteilen ist eine ganzheitliche Aufgabe. Darum<br />

wollen wir das Handeln aller am Prozess der Stadtentwicklung und<br />

Wohnungsbauförderung beteiligten Personen und Institutionen verbindlicher<br />

abstimmen und öffentliche und private Investitionen besser koordinieren.<br />

Wir werden unser Wissen und unsere finanziellen Mittel bündeln, damit die<br />

Wirksamkeit der knappen öffentlichen Mittel verbessern und ein neues<br />

Verantwortungsbewusstsein für eine integrierte Stadtentwicklungspolitik schaffen.<br />

Dies soll dazu dienen, sich verschlechternde Quartiersituationen frühzeitig zu<br />

erkennen und ihnen zu begegnen - bevor diejenigen, die es sich leisten können, das<br />

Quartier verlassen und so überforderte Nachbarschaften entstehen. Die<br />

Bemühungen der verschiedenen Fachministerien, die im Bereich Stadtentwicklung<br />

tätig sind oder auf die Stadtentwicklung Einfluss nehmen, wollen wir besser<br />

aufeinander abstimmen und verknüpfen.<br />

Mit einer sozial orientierten, alters- und behindertengerechten, klimaangepassten,<br />

integrierten und integrativen Stadtentwicklungspolitik und Wohnungsbauförderung<br />

wollen wir die Standortqualitäten der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen<br />

erhalten und stärken sowie die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe aller<br />

sichern. Hierzu dienen beispielsweise die Verbesserung von Aufenthaltsqualitäten in<br />

öffentlichen Räumen, der Wohnfunktionen, der Nahversorgung, der vernetzten und<br />

städtebaulich integrierten Mobilitätsangebote, sichere und barrierefreie Fuß- und<br />

Radwege, sowie mehr Wohnort nahes Grün.<br />

Eine vorsorgende, stadtteilorientierte, soziale Stadtentwicklungspolitik stärkt den<br />

sozialen Zusammenhalt, wirkt der sozialen Ausgrenzung entgegen und schafft<br />

Sicherheit. Dies gelingt, wenn die städtebauliche Qualität stimmt, gutes Wohnen<br />

sicher ist und die sozialstrukturelle Vielfalt vorhanden ist.<br />

Die Natur in den Städten ist den Menschen als Erholungsquelle wichtig. Öffentliche<br />

Grünräume können Umweltbelastungen wie Lärm oder Staub reduzieren und Orte<br />

der Begegnung für Jung und Alt sowie des kulturellen und sportlichen Austausches<br />

sein. Sie schaffen mehr Lebensqualität für alle. Vor dem Hintergrund des<br />

Klimawandels streben wir im Sinne eines Leitbildes „Grüne Stadt“ als Teil einer<br />

nachhaltigen Stadtentwicklung mehr wohnortnahes Grün, Grüngürtel, Stadtbäume,<br />

Parkanlagen sowie Dach- und Fassadenbegrünung an.<br />

Diese vorsorgende Politik für die Menschen in unseren Städten erspart auf Dauer<br />

erhebliche soziale und ökologische Folgekosten. Eine wohn- oder<br />

stadtquartierbezogene Abwärtsspirale zu bremsen oder umzukehren, erfordert im<br />

Vergleich dazu ein Vielfaches der Kosten.<br />

Das Markenzeichen unserer nachhaltigen Politik ist das offene Gespräch mit allen<br />

Beteiligten. Unsere Stadtentwicklungs- und Wohnpolitik bindet die Bürgerinnen und<br />

Bürger aktiv in die Gestaltung ihres unmittelbaren Lebensumfeldes ein. Damit wollen<br />

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wir Betroffene zu Beteiligten machen und zugleich größere Akzeptanz sowie mehr<br />

Planungs- und Investitionssicherheit erreichen.<br />

Hierzu gehört auch, dass wir die Initiative StadtBauKultur fortsetzen, die Baukultur<br />

durch Wettbewerbe fördern und die Fortentwicklung des Stadttourismus<br />

unterstützen.<br />

Stadtentwicklung in Nordrhein Westfalen braucht Unterstützung vom Bund und<br />

der Europäischen Union<br />

Stadtentwicklungspolitik ist für uns eine gesamtgesellschaftliche<br />

Querschnittsaufgabe aller politischen Ebenen. Deshalb werden wir gegenüber der<br />

Bundesregierung auch weiterhin auf die Ausstattung der Städtebaufördermittel in<br />

bisheriger Höhe dringen. Das gilt insbesondere für die Förderprogramme<br />

„Stadtumbau West“ und „Soziale Stadt“. Grundsätzlich werden wir uns dafür<br />

einsetzen, dass die Bundesmittel für die Stadtentwicklung insgesamt auf hohem<br />

Niveau verstetigt werden.<br />

Das Programm „Soziale Stadt“ wollen wir mit den anderen beteiligten Ressorts im<br />

Rahmen eines integrierten Rahmenkonzeptes verbindlich verknüpfen. Das<br />

federführende Stadtentwicklungsministerium wird hierzu ein mit allen Fachressorts<br />

abgestimmtes Konzept vorlegen.<br />

Darüber hinaus fordern wir für das Land zusätzliche Mittel im Rahmen des<br />

Bundesprogramms „Stadtumbau-West“ für die Bewältigung der Konversion der<br />

ehemaligen militärisch genutzten Flächen in den durch Truppenabzug betroffenen<br />

Gemeinden. Der Bund ist auch gefordert, den Kommunen<br />

Konversionsliegenschaften zu einem angemessenen Preis zu überlassen und damit<br />

die Entwicklung von Nachfolgenutzungen zu unterstützen.<br />

Zudem werden wir prüfen, inwieweit Mittel des Europäischen Fonds für regionale<br />

Entwicklung (EFRE) stärker als bisher für die Stadtentwicklungspolitik in Nordrhein-<br />

Westfalen eingesetzt werden können. Unsere vorsorgende Politik darf nicht durch<br />

Entscheidungen auf europäischer Ebene behindert werden. Hierfür werden wir uns<br />

mit Nachdruck einsetzen.<br />

Eine nachhaltige Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik braucht integrierte,<br />

stadtteilorientierte Handlungsansätze, um die komplexen sozialen, ökologischen und<br />

wirtschaftlichen Probleme mit möglichst guten Ergebnissen zu lösen. Deshalb wollen<br />

wir eine stadtteilorientierte Neuausrichtung der Stadtentwicklungs- und Wohnpolitik,<br />

indem wir vorhandene Förderansätze der sozialen Wohnraumförderung und der<br />

Stadtentwicklung enger miteinander verzahnen und mit stadt- und wohnrelevanten<br />

Förderprogrammen anderer Fachressorts unter Koordination des<br />

Städtebauministeriums konzentrieren.<br />

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Wir wollen die Städte bei der Entwicklung integrierter Konzepte beraten und werden<br />

eine Förderstrategie erarbeiten, mit der wir den Kommunen bei der Umsetzung<br />

dieser Konzepte helfen können.<br />

Zukunftsthema Wohnen<br />

Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Für viele Menschen in <strong>NRW</strong> ist Wohnen jedoch zu<br />

einem Problem geworden. Obwohl viele Haushalte Anspruch auf eine öffentlich<br />

geförderte Wohnung hätten, sind nur noch weniger als 9 % der Wohnungen in<br />

Nordrhein-Westfalen preisgebunden; Preisbindungen fallen weg und Altbestände<br />

müssen zum Teil abgerissen werden. Dies führt zu Versorgungsengpässen und<br />

Verdrängungsprozessen, insbesondere in den Wachstumsregionen und<br />

Universitätsstädten unseres Landes.<br />

Gleichzeitig gibt es in vielen Städten Stadtquartiere mit massiven Leerständen und<br />

vernachlässigten Wohnungsbeständen, denen der Verfall droht. Demgegenüber<br />

müssen in manchen ländlichen Gebieten Eigentümerinnen und Eigentümer mit<br />

einem massiven Wertverlust ihrer Immobilien rechnen, weil die Nachfrage aufgrund<br />

des demografischen Wandels wegbricht.<br />

Für uns ist Wohnen ein Zukunftsthema. Wir wollen ein nachfragegerechtes, breit<br />

gefächertes Wohnungsangebot in allen Preissegmenten und ein attraktives<br />

Wohnumfeld in sozial stabilen Quartieren schaffen. Das sind für uns wichtige<br />

Faktoren für ein gutes Leben der Menschen in all ihren Lebenslagen und die positive<br />

Entwicklung der Städte und Gemeinden. So schaffen wir Lebensqualität und<br />

vermeiden spätere Sozialkosten. Deshalb wollen wir integrierte (stadtentwicklungs-)<br />

Ansätze auf den Weg bringen, die auch die soziale und technische Infrastruktur,<br />

funktionierende Nahversorgung und Chancen für die Anbindung an das<br />

gesellschaftliche Leben für alle Bürgerinnen und Bürger in den Blick nehmen. Mit<br />

unserer sozialen Wohnraumpolitik wollen wir die Versorgung der Menschen,<br />

insbesondere mit geringeren Einkommen, mit bezahlbarem, verbrauchsarmen und<br />

möglichst barrierefrei erreichbarem Wohnraum deutlich verbessern.<br />

Zum Zukunftsthema Wohnen gehören selbstverständlich auch ein wirksamer<br />

Mieterschutz und ein wirksames Instrumentarium für die kommunale<br />

Wohnungswirtschaft, um auf vernachlässigte Wohnungsbestände und<br />

verantwortungslose Wohnungsunternehmen einwirken zu können. In enger<br />

Abstimmung mit den Kommunen in <strong>NRW</strong> wollen wir diese Ziele verwirklichen.<br />

Verantwortlich wirtschaftende, bestandshaltende Wohnungsunternehmen sind dabei<br />

unsere Partner.<br />

Neuorientierung der sozialen Wohnraumförderung fortsetzen<br />

Finanzierungsgrundlage der Wohnraumförderung ist das Wohnungsbauvermögen<br />

des Landes, das die wohnungspolitische Handlungsfähigkeit des Landes sicherstellt<br />

und für den sozialen Wohnungsbau und die Aufwertung und Stabilisierung von<br />

Wohnquartieren verwendet wird. Dieses Vermögen werden wir erhalten.<br />

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Mit der bisherigen Wohnungsbauförderung hat das Land in den vergangenen<br />

Jahrzehnten erfolgreich den sozialen Wohnungsbau in allen Landesteilen gefördert.<br />

Das geschieht auf einem immer noch sehr hohen Niveau. Die zunehmende<br />

Ausdifferenzierung der Wohnungsmärkte in den einzelnen schrumpfenden und<br />

wachsenden Städten und Regionen des Landes macht jedoch eine höhere<br />

Flexibilisierung des Mitteleinsatzes notwendig, um auf die regional unterschiedlichen<br />

Anforderungen reagieren zu können. Zudem bedarf es verstärkt integrierter<br />

Förderansätze, um den veränderten Anforderungen gerecht zu werden.<br />

Das Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum (WFNG) formuliert als Ziel<br />

der sozialen Wohnraumförderung u.a. auch die Stärkung und den Erhalt der<br />

städtebaulichen Funktion von Wohnquartieren. Die städtebauliche Funktion von<br />

Quartieren lebt aber ganz wesentlich auch vom Vorhandensein sozialer, kultureller<br />

und integrativer Einrichtungen, die ein Quartier attraktiv und lebenswert machen.<br />

Gegenüber dem Bund werden wir darauf dringen, dass die entsprechenden<br />

Entflechtungsmittel auch nach 2013 erhalten bleiben und bis zum Jahr 2019 in<br />

unverminderter Höhe zur Verfügung gestellt sowie für die soziale<br />

Wohnraumförderung verwandt werden.<br />

Die soziale Wohnraumförderung wollen wir nach regionalen Bedarfsgesichtspunkten<br />

steuern. Neubau, insbesondere in den Wachstumsregionen des Landes,<br />

energetische Sanierung sowie Ersatzneubau für nicht mehr zeitgemäße und<br />

abgängige Mietwohnungen bleiben die Kernaufgaben der sozialen<br />

Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus muss Soziale<br />

Wohnraumförderung zukünftig zu einem Instrument der Quartiersentwicklung<br />

weiterentwickelt werden und dabei so ausgestaltet sein, dass die Bereitstellung<br />

familien-, generationen- und altengerechten Wohnraums im Bestand forciert wird.<br />

Eine Förderung soll grundsätzlich auf der Basis kommunaler Handlungskonzepte<br />

erfolgen, die auch institutionelle und private Wohnungseigentümer bzw.<br />

Bestandshalter in diese Handlungskonzepte einbeziehen sollten.<br />

Wir wollen Fördermöglichkeiten und Finanzierungswege für schwierige<br />

Wohnquartiere in den Städten entwickeln, insbesondere für stadtteilprägende<br />

Problemimmobilien und so die Attraktivität des Wohn- und Wirtschaftsstandortes<br />

<strong>NRW</strong> erhöhen. Wir wollen für teilrentierliche Maßnahmen unter Nutzung von EU-<br />

Fördermitteln Stadtteilentwicklungsfonds erproben.<br />

Wir wollen Wohnungsbau-, Städtebauförderung und Mobilität für die Menschen in<br />

unserem Land stärker miteinander verknüpfen. Die Förderung wollen wir stärker von<br />

geeigneten querschnittsorientierten Förderkonzepten abhängig machen. Die<br />

Entwicklung von regionalen Entwicklungskonzepten wollen wir unterstützen.<br />

In diesem Zusammenhang bleibt die Eigentumsförderung für uns ein Bestandteil der<br />

sozialen Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen. Wir werden sie auf die<br />

zeitgemäßen Erfordernisse des demographischen Wandels ausrichten.<br />

Eigentumsförderung soll vor allem im Bestand und zur Wiederbelebung städtischer<br />

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Wohnquartiere betrieben werden, um eine positive Lenkungswirkung im Sinne<br />

unserer Stadtentwicklungspolitik zu erzielen. Hierbei streben wir bei bestehenden<br />

Immobilien eine enge Verzahnung mit Förderangeboten zur energetischen<br />

Sanierung an. Im Zentrum dieser Förderung sollen Familien mit Kindern stehen.<br />

Angesichts historisch niedriger Kapitalmarktzinsen ist eine breitere<br />

Eigentumsförderung weder erforderlich noch ökonomisch oder finanzwirtschaftlich zu<br />

vertreten.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

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Energetische Erneuerung intensivieren<br />

Die energetische Gebäudesanierung ist weiterhin eine Herkulesaufgabe. Ein Drittel<br />

des bundesdeutschen CO2-Ausstoßes wird direkt oder indirekt durch den<br />

Gebäudebereich verursacht. Der Schlüssel zur Erfüllung von Klimaschutzzielen im<br />

Wohnungsbau liegt im vorhandenen Gebäudebestand. Zudem belasten die<br />

steigenden Energiekosten Mieterinnen und Mieter als „zweite Miete“ immer stärker.<br />

Wir werden die Anstrengungen zur energetischen Sanierung des Bestands daher<br />

intensivieren. Wir wollen mit der Wohnungswirtschaft in einen Dialog eintreten, um<br />

möglichst schnell Maßnahmen zum Klimaschutz und zum demographischen Wandel<br />

zu vereinbaren und mehr Sanierungs- und Neubaumaßnahmen auf den Weg zu<br />

bringen, die für die Menschen, die Wohnungsunternehmen und das Klima vorteilhaft<br />

sind. Beim Neubau werden wir in Abstimmung mit der Wohnungswirtschaft die<br />

Förderrichtlinien schrittweise bis 2020 auf das von der EU vorgegebene Ziel des<br />

Niedrigstenergiegebäude ausrichten. Damit soll auch der Wohnungssektor in<br />

Nordrhein-Westfalen einen angemessenen Beitrag zum Klimaschutz leisten.<br />

Das Land kann eine finanziell unzureichend ausgestattete und nicht verlässliche<br />

Klimaschutzpolitik des Bundes insbesondere im Gebäudebereich nicht<br />

kompensieren. Wir werden uns deshalb weiterhin für sozial gerechte und von Bund<br />

und Ländern gerecht finanzierte steuerliche Förderung für energetische<br />

Gebäudesanierungsmaßnahmen einsetzen. Zusätzlich fordern wir eine<br />

Direktförderung durch den Bund. Gegenüber der Bundesregierung werden wir darauf<br />

dringen, dass auskömmliche Mittel über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zur<br />

Verfügung gestellt und auf hohem Niveau verstetigt werden. Wir treten dafür ein,<br />

dass die Bundesregierung ihre Verantwortung angemessen wahrnimmt, die ihr bei<br />

dieser wichtigen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zukommt und die sie durch ihre<br />

Zielvorgaben für den Klimaschutz selbst festgeschrieben hat.<br />

Darüber hinaus werden wir auf eine Öffnung des Europäischen Fonds für Regionale<br />

Entwicklung (EFRE) für Maßnahmen der energetischen Sanierung des<br />

Gebäudebestands drängen. Die Möglichkeiten von EFRE, Kreditanstalt für<br />

Wiederaufbau (KfW) und sozialer Wohnraumförderung wollen wir besser miteinander<br />

verzahnen.<br />

Mieterschutz verbessern<br />

Den Mieterschutz wollen wir weiter verbessern. Dazu haben wir das<br />

Zweckentfremdungsverbot und die Kündigungssperrfristen bei<br />

Eigenbedarfskündigung des Eigentümers wieder eingeführt. Die Wirkungen der<br />

neuen Kündigungssperrfristen wollen wir gewissenhaft prüfen. Unser Ziel ist, dass<br />

deutlich mehr Mieterinnen und Mieter in den angespannten Wohnungsmärkten<br />

unseres Landes einen erhöhten Kündigungsschutz im Fall von<br />

Eigenbedarfskündigungen erhalten. Deshalb streben wir wenn möglich, sowohl eine<br />

als auch eine quantitative Ausweitung der Gebietskulissen an.<br />

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Für Erhaltungssatzungsgebiete werden wir in Abstimmung mit den kommunalen<br />

Spitzenverbänden prüfen, in wie weit bei Umwandlungen von Miet- in<br />

Eigentumswohnungen ein kommunaler Genehmigungsvorbehalt eingeführt werden<br />

kann.<br />

Auch die Mieterinnen und Mieter in vernachlässigten Wohnungsbeständen -<br />

sogenannten „Heuschreckenbeständen“ - brauchen mehr konkrete gesetzliche Hilfe.<br />

Hier haben wir mit der Neufassung des Wohnraumförder- und Nutzungsgesetzes<br />

(WFNG) erste Schritte unternommen. Das wollen wir fortsetzen.<br />

Veränderungen des Mietrechts auf Bundesebene, die zulasten der Mieterinnen und<br />

Mieter gehen, lehnen wir ab.<br />

Kommunen stärken im Umgang mit neuen Finanzinvestoren auf den<br />

Wohnungsmärkten<br />

Die Ergebnisse der Enquete-Kommission "Wohnungswirtschaftlicher Wandel und<br />

Finanzinvestoren" wollen wir aufarbeiten, sichern, veröffentlichen und politische<br />

Konsequenzen ziehen. Aus den bisherigen Ergebnissen zeichnet sich ab, dass wir<br />

die Instrumente der kommunalen Wohnungsaufsicht schärfen und die Rechte der<br />

betroffenen Mieterinnen und Mieter stärken wollen.<br />

Wir zielen darauf ab, die Möglichkeiten des Eingriffs bei Problemimmobilien und des<br />

Zugriffs auf die verantwortlichen Wohneigentümerinnen und -eigentümer zu<br />

erweitern und die Rechtsinstrumente unter anderem im Baugesetzbuch (BauGB),<br />

innerhalb des Mietrechts (BGB), des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), des<br />

Sozialgesetzbuches (SGB II), der Landesbauordnung (LBO) <strong>NRW</strong> und des<br />

Wohnraumförderungsgesetz <strong>NRW</strong> (WFNG <strong>NRW</strong>) zu schärfen.<br />

Wir wollen eine Ergänzung der Rechtsgrundlagen um kombinierte Instandsetzungsund<br />

Vermietungsanordnungen, die Aufnahme des ordentlichen Kaufmanns im Sinne<br />

des Handelsrechts sowie gegebenenfalls weitere Instrumente prüfen. Dazu gehört<br />

auch die Stärkung der kommunalen Wohnungswirtschaft im Rahmen von Zwangsversteigerungsverfahren,<br />

indem die Kosten von erfolgten Ersatzvornahmen als<br />

„öffentliche Last“ erstrangig zu behandeln sind. In diesem Themenfeld kommt der<br />

<strong>NRW</strong>.Bank eine besondere Verantwortung zu.<br />

Wir wollen die Kommunen bei der Aufwertung schwieriger Wohnquartiere und beim<br />

Umgang mit verwahrlosten Immobilien unterstützen. Dazu werden wir die<br />

Voraussetzungen dafür schaffen, dass auf der Basis von kommunalpolitischen<br />

Handlungs- bzw. Stadtteilentwicklungskonzepten querschnittsorientierte, integrierte<br />

und zielgenaue Fördermöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden können. Die<br />

Erstellung entsprechender Konzepte werden wir unterstützen, um damit im Rahmen<br />

von Kooperationen mit wohnungswirtschaftlichen Investoren die<br />

Wohnraumversorgung von Zielgruppen, die Stabilisierung des Wohnquartiers, die<br />

Aufwertung des Wohnumfeldes und eine ausgewogene Bewohnerstruktur<br />

sicherzustellen.<br />

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Beim Umgang mit verwahrlosten Immobilien werden wir grundlegend prüfen,<br />

inwieweit speziell bei Zwangsversteigerungsverfahren Ankaufdarlehen für deren<br />

Erwerb bereitgestellt werden können. Hierzu gehört für uns auch, die Kommunen bei<br />

einer darauf ausgerichteten Wohnungsmarktbeobachtung zu unterstützen. Zudem<br />

wollen wir auf eine Änderung der EU–Beitreibungsrichtlinie dringen, um den<br />

Kommunen die Beitreibung von Forderungen auch über Ländergrenzen hinweg zu<br />

ermöglichen.<br />

Wir werden uns landesweit für qualifizierte Mietspiegel einsetzen, damit die<br />

Mietsituation und der Rechtsschutz für Transferleistungsbezieherinnen- und -<br />

bezieher verbessert werden können. Vermieterinnen und Vermietern, die in ihre<br />

Wohnungen nicht investieren und diese verwahrlosen lassen, sollen nicht von<br />

garantierten Mieteinnahmen und kaum hinterfragten Nebenkostenabrechnungen<br />

profitieren können („Geschäftsmodell Hartz IV“). Wir werden prüfen, inwieweit mit<br />

kombinierten Instandsetzungs- und Untervermietungsanordnungen das<br />

Instrumentarium der kommunalen Wohnungswirtschaft weiter gestärkt werden kann.<br />

Bestandshalter unterstützen<br />

Verantwortungsbewusste Bestandshalter – auch von kleinen Wohnungsbeständen –<br />

die ein unverzichtbarer und stabilisierender Faktor für die Wohnungsmärkte in<br />

Nordrhein-Westfalen sind, wollen wir in ihrer Eigenverantwortlichkeit stärken. Wir<br />

werden in diesem Zusammenhang die Bildung von Immobilien- und<br />

Standortgemeinschaften des Wohnens gesetzlich ermöglichen und die<br />

Kooperationsstrukturen ausbauen.<br />

Kommunale Wohnungsunternehmen sind für die kommunale Wohnungs- und<br />

Stadtentwicklungspolitik unverzichtbar. Wir werden diese Unternehmen nach Kräften<br />

bei ihrer wichtigen Aufgabe unterstützen. Das gilt zugleich für die<br />

Wohnungsgenossenschaften. Auch sie leisten einen wichtigen Beitrag zur<br />

Stabilisierung einer sozial orientierten Wohnungsmarktes. Deswegen werden wir<br />

auch weiterhin die Gründung neuer Wohnungsgenossenschaften und Baugruppen<br />

positiv begleiten und uns für die Verbesserung ihrer Rahmenbedingungen einsetzen.<br />

Ökologische und zukunftsfähige Flächenpolitik<br />

Zu einer sozialen und zukunftsfähigen Wohn- und Städtebaupolitik gehört für uns<br />

auch der verantwortliche Umgang mit den vorhandenen Flächen. Wir wollen unsere<br />

Innenstädte durch landesplanerische Hilfen attraktiver machen und „Zentren<br />

schädliches Bauen auf der grünen Wiese" verhindern. Künftige Siedlungsentwicklung<br />

werden wir verstärkt unter der Beachtung der sozialen, ökologischen und finanziellen<br />

Konsequenzen bei der Schaffung und dem Betrieb der notwendigen Infrastrukturen<br />

betrachten.<br />

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Es kommt uns im Sinne einer effektiven, ökologischen und zukunftsgewandten<br />

Flächenpolitik darauf an, allen Kommunen anzubieten, deren nicht- oder ungenutzte<br />

Altstandorte anzugehen und die Eigentümer in eine städtebauliche und<br />

regionalplanerische Lösungsstrategie einzubeziehen. Das schließt auch<br />

Konversionsflächen im Besitz des Bundes ein. Wir wissen aber, dass es in den<br />

Wachstumsregionen weiter notwendig ist, Flächen für gewerbliche Nutzung und für<br />

den Wohnungsbau zu entwickeln.<br />

Hierzu werden wir den erfolgreich gestarteten und effizienten FlächenPool.<strong>NRW</strong> aus<br />

der Pilotphase in den Regelbetrieb überführen und zum zentralen Instrument des<br />

Flächenmanagements in <strong>NRW</strong> machen. Wir werden dafür eine auskömmliche<br />

Finanzierung sicherstellen sowie den Grundstücksfond <strong>NRW</strong> und die<br />

Bahnflächenentwicklungsgesellschaft <strong>NRW</strong> einbeziehen.<br />

Bau- und Liegenschaftsbetrieb<br />

Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb <strong>NRW</strong> (BLB) hat bei der Wahrnehmung seiner<br />

Aufgaben die baupolitischen Ziele des Landes zu beachten. Nordrhein-Westfalen ist<br />

als größtes Land neben dem Bund der wichtigste öffentliche Bauherr in Deutschland.<br />

Daher hat das <strong>NRW</strong> eine besondere Verantwortung und Vorbildrolle für die gebaute<br />

Umwelt. Landespolitische Zielsetzungen und Schwerpunkte sollten sich gerade in<br />

der Verwaltung und Gestaltung der Landesliegenschaften widerspiegeln. Darüber<br />

hinaus ist es erforderlich die Organisation des BLB zu optimieren.<br />

Novellierung der Landesbauordnung<br />

Wir werden die Landesbauordnung zur Verbesserung der Beachtung von<br />

Kinderbelangen und Rücksichtnahme auf die vorhandene Natur fortentwickeln. Die<br />

Vereinfachung von Antragsverfahren werden wir prüfen und Anpassungen beim<br />

Brandschutz vornehmen.<br />

Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention besitzt für uns die bedarfsgerechte<br />

Ausgestaltung der Wohn- und Stadtentwicklungspolitik insgesamt sowie der<br />

Wohnquartiere und der Sozialräume im Einzelnen große Bedeutung. In einer Novelle<br />

der Landesbauordnung wollen wir dies aufgreifen, um allen Menschen eine möglichst<br />

gleichberechtigte soziale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.<br />

Insbesondere die Regelungen zur Barrierefreiheit in § 55 und die Unterstützung der<br />

kommunalen Akteurinnen und Akteure bei der Verbesserung der Zugänglichkeit von<br />

Gebäuden und Sozialräumen sind uns wichtig. Wir wollen diese Entwicklung in<br />

Abstimmung mit den Kommunen vorantreiben.<br />

Rauchwarnmelder retten Leben. Wir wollen deshalb noch in diesem Jahr den Einbau<br />

von Rauchwarnmeldern in Wohnungen in der Landesbauordnung gesetzlich<br />

verpflichtend machen. Richten soll sich diese Verpflichtung an die Mieterinnen und<br />

Mieter bzw. die selbst nutzenden Eigentümerinnen und Eigentümer. Unverzichtbar ist<br />

daneben eine intensive Öffentlichkeitsarbeit für Rauchwarnmelder. Hier setzen wir<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

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neben dem bewährten Beitrag des Landes auch künftig auf das kreative<br />

Engagement der Feuerwehren, Kommunen, Kammern, Verbände und Unternehmen.<br />

Archäologischer Denkmalschutz<br />

Neue Rechtsprechung und notwendige Anpassungen an internationale Normen<br />

machen eine Gesetzesänderung für den Bereich der Bodendenkmalpflege<br />

unabdingbar. Materiell müssen folgende drei Güter neu festgelegt werden: Das<br />

Veranlasserprinzip, ein Schatzregal und ein deklaratorisches Eintragungsverfahren<br />

für Bodendenkmäler.<br />

Zukunftsfähige Mobilität für alle in <strong>NRW</strong><br />

<strong>NRW</strong> ist als das bevölkerungsreichste Land und als die Transitdrehscheibe zwischen<br />

Nord und Süd sowie West und Ost elementar auf gute Verkehrsinfrastruktur<br />

angewiesen. Es besitzt eine umfangreiche und ausdifferenzierte Infrastruktur bei<br />

Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, Schienenstrecken, Binnenwasserstraßen,<br />

Häfen und Flughäfen und damit die Voraussetzung für die Mobilität von Menschen<br />

und deren Teilhabe an der Gesellschaft.<br />

Diese Mobilität sichert zudem die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres<br />

Wirtschaftsstandortes mit seinen Arbeitsplätzen für die Menschen in Nordrhein-<br />

Westfalen.<br />

Um den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden, ist jedoch eine konsensuale<br />

Fortentwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen notwendig. Hierzu<br />

werden wir mit neuen Informations- und Angebotsformen die Beteiligung der<br />

Bürgerinnen und Bürger verbessern. Die Fortentwicklung eines zukunftsfähigen und<br />

nachhaltigen Güterverkehrs werden wir durch eine Mobilitätsinitiative fördern und mit<br />

der Einsetzung eines wissenschaftlichen Beirats für Intermodalität fachlich begleiten.<br />

Mit „kombinierten Verkehr“ wollen wir die Leistungsfähigkeit unserer<br />

Verkehrsinfrastruktur stärken und die Umweltbelastungen senken. Unseren Weg der<br />

Veränderung des Modal-Splits zu Gunsten der Verkehrsträger Schiene und<br />

Binnenwasserstraße setzen wir fort und stärken ihn mit einem Logistikkonzept für<br />

Nordrhein-Westfalen.<br />

Für diese Investitionen muss der Bund die notwendigen Mittel bereitstellen und darf<br />

<strong>NRW</strong> insbesondere beim Schienenwegeausbau nicht weiter benachteiligen. Der<br />

Bund darf sich hier seiner Verantwortung für Nordrhein-Westfalen nicht entziehen<br />

und muss stärker in die Verkehrsinfrastruktur Nordrhein-Westfalens investieren.<br />

Auch die Erhaltung des Landesstraßennetzes ist eine wichtige Aufgabe, deren<br />

Finanzierung wir auf bedarfsgerechtem Niveau sichern wollen.<br />

Gute Busse und Bahnen für alle<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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<strong>NRW</strong> ist unter der Regierungsverantwortung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen<br />

bis 2005 im bundesweiten Vergleich zum Bahnland Nummer 1 geworden. An die<br />

erfolgreiche Zielsetzung der Vorrangpolitik für Busse und Bahnen in <strong>NRW</strong> in den<br />

letzten zwei Jahren knüpfen wir an. Hierzu hat die bisherige Landesregierung unter<br />

der Mitwirkung der Zweckverbände des Landes, der Fahrgastverbände, des Verband<br />

Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sowie der kommunalen Spitzenverbände<br />

eine Zukunftskommission für den ÖPNV in <strong>NRW</strong> eingerichtet, die bis Mitte 2013 die<br />

Voraussetzungen für eine sachgerechte Finanzierung des ÖPNV im Land ermitteln<br />

und darlegen soll. Ihre Ergebnisse wollen wir nutzen, um die Grundlagen für die<br />

anstehenden Gespräche mit dem Bund über die Folgevereinbarungen zum<br />

Regionalisierungsmittelgesetz und zu den Entflechtungsmitteln zu legen. Für uns<br />

steht fest, dass die heutige Höhe der Regionalisierungsmittel nach den Kürzungen im<br />

Jahr 2006 nicht ausreicht und korrigiert werden muss – auch unter dem<br />

Gesichtspunkt der horizontalen Verteilung zwischen den Ländern, die <strong>NRW</strong> als<br />

größtes stark benachteiligt. Auch für die anstehende Diskussion um die Höhe der<br />

Entflechtungsmittel nach 2014 ist angesichts der immensen<br />

Sanierungsaufwendungen allein bei U-Bahnen und kommunalen Brücken klar, dass<br />

es nicht zu den angekündigten Kürzungen kommen darf. Deswegen hat sich auch<br />

die bisherige Landesregierung wie die anderer Länder freiwillig zur Zweckbindung<br />

dieser Mittel im Verkehrsbereich verpflichtet und führt sie ab 2014 nicht dem<br />

allgemeinen Haushalt zu.<br />

Wir nehmen die Verantwortung des Landes für den Schienengebundenen<br />

Personennahverkehr (SPNV) ernst und werden deshalb prüfen, welche Maßnahmen<br />

notwendig sind, um den SPNV in <strong>NRW</strong> effektiver im Sinne seiner Nutzerinnen und<br />

Nutzer zu gestalten. Der von uns eingesetzte Beirat für den SPNV unter Beteiligung<br />

der Zweckverbände des Landes sowie der Fahrgastverbände hat bereits in einer<br />

ersten Stufe 32 Maßnahmen identifiziert, die innerhalb der nächsten fünf Jahre<br />

umgesetzt werden. Wir wollen, dass er seine Arbeit fortsetzt und auch den<br />

zuständigen politischen Gremien des Landtages regelmäßig berichtet.<br />

Wir werden die Rechte der Fahrgäste weiter stärken, ihre Anliegen und Eingaben in<br />

der Mobilitätsplanung berücksichtigen und die Arbeit der Schlichtungsstellen<br />

unterstützen.<br />

Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Belange von <strong>NRW</strong> auf EU-Ebene<br />

gewahrt werden – das gilt insbesondere auch für den Personennah- und<br />

Regionalverkehr auf der Schiene und für den Verkehr auf den Güter-<br />

Vorrangkorridoren.<br />

Wir unterstützen die Zielsetzung des EU-Weißbuches Verkehr nach einer CO2freien<br />

Stadtlogistik im Jahr 2030. Zudem wollen wir detailliert prüfen, wie die<br />

Fördermittel der EU für den grenzübergreifenden Verkehr („Connecting Europe“) für<br />

<strong>NRW</strong> eingesetzt werden können.<br />

Die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes insgesamt muss deutlich gesteigert und<br />

der Nah- und Fernverkehr sowie der Güterverkehr mit gezielten Investitionen<br />

wirksam gestärkt werden. Dazu erwarten wir von Bund und Bahn die zügige Planung<br />

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und Umsetzung der großen Projekte in <strong>NRW</strong>. Für das dritte Gleis der Betuwe-Linie<br />

und einen guten Lärmschutz muss der Bund eine tragfähige<br />

Finanzierungsvereinbarung vorgelegen.<br />

Unser Ziel ist die Realisierung des Rhein-Ruhr-Express, weil damit eine erhebliche<br />

und dringend notwendige Verbesserung der verkehrlichen Infrastruktur im größten<br />

bundesdeutschen Ballungsraum an Rhein und Ruhr verbunden ist. Das Vorgehen<br />

der aktuellen Landesregierung, auch einzelne Abschnitte mit einem eigenen<br />

Verkehrswert voranzubringen, hat sich bewährt. Es gibt nun erstmalig eine<br />

Finanzierungszusage des Bundes für die ersten Planfeststellungsabschnitte<br />

zwischen Köln und Düsseldorf. Wir werden für <strong>NRW</strong> bei Bahn und Bund darauf<br />

drängen, dass diese Zusagen eingehalten werden und der RRX in allen Abschnitten<br />

zügig geplant und durch die Bereitstellung der notwendigen Mittel unmittelbar nach<br />

der Herstellung der baurechtlichen Voraussetzungen gebaut werden kann.<br />

Die weiteren Planungsabschnitte des RRX müssen nun vorangetrieben und das<br />

dritte Gleis zwischen Aachen und Düren muss Bestandteil des<br />

Bundesverkehrswegeplanes werden. Für den Eisernen Rhein muss der Bund vor<br />

dem Hintergrund des Landtagsbeschlusses gemeinsam mit dem Land eine<br />

umweltverträgliche und lärmarme Lösung in Anlehnung an die A52-Trasse finden.<br />

<strong>NRW</strong> nimmt eine einseitige Festlegung des Bundes auf die Historische Trasse nicht<br />

hin. Wir werden uns dafür einsetzen, dass dieser Prozess durch Gutachten des<br />

Landes konstruktiv unterstützt wird, um eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu<br />

finden.<br />

Die bundesweiten Störungen durch Engpassstellen der Bahnknotenpunkte in <strong>NRW</strong><br />

sind aus Landessicht mit Vorrang zu beheben. Dazu gehören insbesondere der<br />

Knoten Köln mit Ausbau des Bahnhofes Köln-Deutz und einem weiteren Gleis im<br />

Kölner Hauptbahnhof, der Knoten Dortmund mit dem Ausbau des dortigen<br />

Hauptbahnhofs und der Knoten Hamm, aber auch der Ausbau der Ruhrtalstrecke<br />

und die Verbindung Venlo-Kaldenkirchen. Die Finanzierung des zweigleisigen<br />

Ausbaus der Strecke Münster-Lünen, für die das Land freiwillig umfangreiche<br />

planerische Vorarbeiten finanziert hat, muss durch Bund und Bahn so sichergestellt<br />

werden, dass bis zum Jahr 2018 mit dem Bau begonnen werden kann.<br />

Die Beseitigung von Eingleisigkeit und die Elektrifizierung von Strecken muss mit<br />

hoher Priorität vorangetrieben werden. Bei der DB AG werden wir uns dafür<br />

einsetzen, dass die rund 900 unbeschrankten Bahnübergänge in <strong>NRW</strong> sukzessive<br />

mit Schranken ausgestattet werden.<br />

Durch die Unterstützung des Landes können weit mehr als die Hälfte der<br />

einkommensschwächsten Bürgerinnen und Bürger heute schon ein Mobilitäts- oder<br />

Sozialticket beziehen, in vielen weiteren Städten und Kreisen steht es kurz vor der<br />

Einführung. Die Unterstützung des Landes werden wir auf dem bisherigen Niveau<br />

fortführen und qualitativ weiter entwickeln. Gleichzeitig drängen wir darauf, dass der<br />

ordnungspolitisch zuständige Bund für die Mobilitätsaufwendungen der SGB II-<br />

Bezieherinnen und Bezieher eine angemessene Ausgestaltung in den monatlichen<br />

Zuwendungen schafft, die die Förderung des Landes als Sachleistung ablöst.<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Die vom Landtag beschlossene Abschaffung der Ungleichbehandlung im<br />

Schülerverkehr zu Lasten der Teilnehmer des 2. Bildungsweges (Schokoticket)<br />

wollen wir umsetzen.<br />

Neue Finanzierungsgrundsätze für den ÖPNV<br />

Im Hinblick auf die Finanzierungsgrundlagen für Busse und Bahnen werden sich<br />

kurz- und mittelfristig entscheidende Weichenstellungen ergeben. Für die Zukunft<br />

eines guten Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stellen der Erhalt und<br />

Ausbau der Infrastruktur sowie der demografische Wandel mit seinen Folgen<br />

insbesondere im ländlichen Raum große Herausforderungen dar, die ohne eine<br />

bedarfsgerechte Finanzierung mit Regionalisierungs- und Entflechtungsmittel nicht<br />

zu bewältigen sind. Hinzu kommt, dass die Deutsche Bahn die Trassen- und<br />

Stationspreise in den letzten Jahren so drastisch erhöht hat, dass diese<br />

Kostensteigerungen kaum noch aufzufangen sind. Hierzu werden wir gegenüber<br />

dem Bund die Rücknahme der Kürzungen der Regionalisierungsmittel sowie<br />

zumindest eine Dynamisierung in Höhe von 2,5 Prozent einfordern. Wir wollen<br />

landesseitig unter Berücksichtigung der Kostensteigerungen bei Energie-, Personal-,<br />

Trassen- und Stationspreisen eine tragfähige finanzielle Mindestausstattung<br />

sicherstellen.<br />

Mit einem neuen ÖPNV-Gesetz werden wir die Finanzierung des ÖPNV in <strong>NRW</strong><br />

transparenter und effizienter aufstellen. Das schließt die bedarfsgerechte Verteilung<br />

der Regionalisierungsmittel und die Verbesserung der Steuerungsmöglichkeiten des<br />

Landes ein. Außerdem werden wir darauf achten, dass der Übergang zwischen den<br />

einzelnen Verbundräumen mit einem Ticket möglich ist und die Ausschreibungen<br />

verbundraumübergreifender Linien insbesondere in Vorbereitung auf den RRX<br />

wirtschaftlich und einheitlich gestaltet wird.<br />

Hierbei sollen auch Vorschläge zur Beseitigung der unübersichtlichen Tarifvielfalt im<br />

ÖPNV und für die Weiterentwicklung zu einem echten, landesweiten Verbundtarif<br />

sowie zur Verbesserung der Fahrgastrechte entwickelt werden.<br />

Darüber hinaus wollen wir die barrierefreie und -arme Umgestaltung der Bus- und<br />

Straßenbahnhaltestellen erreichen und klimafreundliche Elektromobilität bei Bussen<br />

und Bahnen durch Innovationen in diesem Bereich fördern.<br />

Das Personenbeförderungsgesetz muss rechtssicher an die neue EU-Verordnung für<br />

den ÖPNV angepasst werden. Das Land wird sich im Bundesrat für eine<br />

europarechtskonforme und kommunalfreundliche Anpassung des Gesetzes<br />

einsetzen. Wir erwarten vom Bund einen Gesetzesvorschlag, der den kommunalen<br />

Gestaltungsanspruch im ÖPNV mit der unternehmerischen Initiative zur Erbringung<br />

der Verkehrsleistung verbindet.<br />

Für zukunftsfähigen und nachhaltigen Güterverkehr<br />

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Angesichts der Wachstumsprognosen für den Gütertransport auf der Straße droht<br />

unser Land im Dauerstau zu ersticken. Insbesondere der Hinterlandverkehr durch die<br />

Überseehäfen Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen stellt eine besondere<br />

Herausforderung dar. Die Anwohnerinnen und Anwohner entlang unserer<br />

Autobahnen und der Güterkorridore auf der Schiene sind vor diesem Hintergrund<br />

besonderen Belastungen beim Lärm und bei Luftschadstoffen ausgesetzt. Beim Bau<br />

der Betuwe-Linie werden wir darauf achten, dass der Bund und die DB AG ihre<br />

Ankündigung wahr machen und ein Pilotprojekt für den Einsatz innovativer<br />

Lärmschutztechnik umsetzen. Hierzu werden wir die Initiative für eine vertragliche<br />

Zusage und Finanzierung ergreifen und auf eine Erhöhung der Lärmschutzmittel der<br />

DB und den verstärkten Einsatz lärmarmer Bremsen und Güterwaggons dringen. Wir<br />

werden bei unserer Zusage bleiben, die Kommunen von ihrem Anteil der Kosten für<br />

die Beseitigung von schienengleichen Bahnübergängen beim Bau des dritten Gleises<br />

auf der Betuwe-Strecke zwischen Emmerich und Oberhausen freizustellen.<br />

Bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans setzen wir uns für eine<br />

weitere Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene ein. Das Schienennetz<br />

soll lärmarm ausgebaut werden, damit mehr Container auf der Schiene statt auf der<br />

Straße transportiert werden können.<br />

Wir wollen die LKW-Maut weiter entwickeln und in einem ersten Schritt die Erhebung<br />

auf LKW ab 7,5t ausweiten. Die Kostenberechnung für die LKW-Maut muss<br />

umgehend an die heutigen Erkenntnisse der immensen Erhaltungsaufwendungen im<br />

Bereich der Autobahnen und ihrer Brücken angepasst werden, für deren Verschleiß<br />

die LKW-Belastung die Hauptursache ist. Mittelfristig auch die externen Kosten in die<br />

Berechnung der LKW-Mautsätze einfließen, weil nur so die großen<br />

Herausforderungen beim Ausbau der Schieneninfrastruktur finanzierbar sein werden.<br />

Wir werden außerdem Initiativen der Kommunen unterstützen, den<br />

Mautausweichverkehr durch Einbeziehung betroffener Straßen in die Mauterhebung<br />

oder durch den Erlass von straßenverkehrsrechtlichen Fahrbeschränkungen<br />

zurückzudrängen. Die bundesseitigen Pläne zur Ausweitung der LKW-Maut auf<br />

nachgeordneten Straßen werden wir unterstützen. Den bundesweiten Modellversuch<br />

mit Riesen-LKW lehnen wir weiter ab.<br />

Wir werden eine Binnenschifffahrtsinitiative starten. Im Güterverkehrskonzept des<br />

Landes werden wir aufzeigen, wie die Binnenschifffahrt gestärkt und eine stärkere<br />

Verlagerung von Gütertransporten auf Binnenschiffe gelingen kann, damit die zu<br />

erwartenden Containerverkehrszuwächse nach dem Bau der „Maasflaakte II“ in<br />

Rotterdam leistungsfähig und möglichst umweltverträglich bewältigt werden.<br />

Maßnahmen wie die Vertiefung der Fahrrinne des Rheins bis nach Köln, der Ausbau<br />

des Kanalnetzes für moderne Motorschiffe mit einer mehrlagigen Containerbeladung,<br />

die Optimierung der Zulassung, Verkehrssteuerung und Abgaben sowie ein<br />

abgestimmtes Ausbaukonzept für die Binnenhäfen in <strong>NRW</strong> stehen für uns im<br />

Vordergrund. Dazu gehört für uns auch deren Anbindung an das übergeordnete<br />

Straßen- und Schienennetz.<br />

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Voraussetzung für eine leistungsfähige Binnenschifffahrt in <strong>NRW</strong> ist für uns der<br />

Verbleib der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes in unserem<br />

Land, mit einer Zuständigkeit auch für den Rhein, die der Bedeutung des<br />

Binnenschifffahrtslandes <strong>NRW</strong> entspricht. Eine weitere Privatisierung von<br />

hoheitlichen Aufgaben, insbesondere von Sicherheitsmaßnahmen an externe<br />

Dienstleister im Wege der Fremdvergabe lehnen wir ab.<br />

Insgesamt werden wir uns gegenüber dem Bund und der EU dafür einsetzen, dass<br />

verstärkt die transeuropäischen Netze vom Zentrum in die Peripherie geplant,<br />

realisiert und prioritär finanziert werden. Die Auflösung der Engpässe rund um die<br />

Produktionszentren Europas und der Häfen muss gerade für verantwortungsvolle<br />

Klima- und Verkehrspolitik Vorrang haben.<br />

Nichtmotorisierte Nahmobilität ist Zukunftsaufgabe für Land und Städte<br />

Verkehr ist heute schon vernetzt und wird es in Zukunft immer mehr sein müssen.<br />

Deshalb wollen wir ein Mobilitätsmanagement genauso wie Verleihsysteme für<br />

Fahrräder und PKW fördern. Das Straßen- Wegegesetz des Landes werden wir mit<br />

Blick auf Radschnellwege und die Förderung von Car-Sharing-Plätzen<br />

modernisieren.<br />

Unsere Kommunen wollen wir bei der schwierigen Aufgabe der Instandhaltung der<br />

Infrastruktur für den öffentlichen Verkehr nach Kräften unterstützen. Sie leisten einen<br />

wichtigen Beitrag für die Aufrechterhaltung des Öffentlichen Verkehrs. Im Hinblick auf<br />

die auslaufende Zweckbindung für die GVFG-Mittel<br />

(Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) des Bundes ab dem Jahr 2013 sowie für<br />

die Entflechtungsmittel werden wir sicherstellen, dass diese zweckgebunden für<br />

kommunale Investitionen wie bisher bestehen bleiben.<br />

<strong>NRW</strong> ist das Fahrradland Nummer eins. Diese Position und das Radwegenetz wollen<br />

wir ausbauen. Wir werden den Aktionsplan Nahmobilität umsetzen und eine<br />

nahmobilitätsorientierte Förderrichtlinie „Stadtverkehr“ entwickeln. Dazu wollen wir<br />

auch die Infrastruktur an touristischen Radrouten mit EU-Fördermitteln aus der<br />

nächsten Ziel-2-Dekade ausbauen.<br />

Wir werden die Zukunftspotenziale des Radverkehrs durch die Elektromobilität für die<br />

Regionen in unserem Land erschließen und den Bau von Radschnellwegen wie<br />

beispielsweise den Radschnellweg Ruhr unterstützen und uns dafür einsetzen, dass<br />

der Bund die Investitionsförderung übernimmt. Das Programm "Radstationen" soll<br />

gerade vor dem Hintergrund der wachsenden E-Mobilität an den Schnittstellen zum<br />

Öffentlichen Nah- und Fernverkehr ausgebaut werden.<br />

Nordrhein-Westfalen braucht sichere Fuß- und Radwege, damit auch jedes Kind<br />

sicher zu Schule gehen kann. Wir wollen alle Primarschulen davon überzeugen, an<br />

der Aktion „Zu Fuß zur Schule“ teilzunehmen. Verkehr muss sicher sein – auch zu<br />

Fuß und mit dem Rad. Die „Vision Zero – Null Verkehrstote“ bleibt für uns<br />

handlungsorientiertes Leitbild.<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Elektromobilität als Chance begreifen<br />

Wir werden die Elektromobilität in <strong>NRW</strong> entlang der Wertschöpfungskette und den<br />

infrastrukturellen Erfordernissen unterstützen und so den Ausbau von<br />

Elektromobilität in Verbindung mit sauberen Erneuerbaren Energien zusammen mit<br />

den Kommunen, der Wissenschaft und der Wirtschaft voranbringen.<br />

Wir wollen wichtige Schlüsselvorhaben aus den Schaufensterbewerbungen so<br />

unterstützen und begleiten, dass <strong>NRW</strong> als bundesweiter Vorreiter für E-Mobilität<br />

etabliert wird. Hierbei werden wir gleichermaßen Projekte forcieren, mit denen<br />

industriepolitische Kompetenz, Öffentlicher Verkehr mit Elektrobussen und Akku-<br />

Bahnen, elektrisch unterstützte Nahmobilität mit Pedelecs und Carsharing mit E-Cars<br />

vorangetrieben werden. Wir werden dazu wichtige Schlüsselvorhaben vorliegender<br />

Konzepte zeitnah umsetzen, um bisher Erreichtes konsequent auszubauen und<br />

weitere zentrale Elemente der Elektromobilität in <strong>NRW</strong> zu verankern.<br />

Straßeninfrastruktur: Vorrang für Investitionen in den Erhalt<br />

An die Verkehrsinfrastruktur und -organisation werden aufgrund der Bedeutung<br />

<strong>NRW</strong>s als Transitland, der intensiven wirtschaftlichen Außenverflechtung und des<br />

Verkehrs in den Ballungsräumen hohe Anforderungen gestellt. Die ausgeprägte<br />

Siedlungsdichte und die knappen Freiräume führen jedoch auch zu besonderen<br />

Problemen und Belastungen der Bevölkerung und der Umwelt durch den Verkehr.<br />

Unser Land verfügt mit den Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen über eines der<br />

dichtesten Straßennetze. Dieses Netz, insbesondere auch die zur Sanierung<br />

anstehenden Brücken, in einem guten Zustand zu erhalten, hat für uns Priorität. In<br />

diesem Zusammenhang werden wir auch dafür Sorge tragen, dass die regionale<br />

mittelständische Bauwirtschaft von Maßnahmen im Landesstraßenerhalt profitiert.<br />

Trotz der im Wesentlichen gut ausgebauten Straßeninfrastruktur in <strong>NRW</strong> und der<br />

Begrenztheit des Systems Straße wollen wir Engpässe beseitigen. Dazu werden wir<br />

besonders die Verkehrsströme an den Autobahnkreuzen entflechten und hoch<br />

belastete und netzwichtige Autobahnabschnitte um eine Fahrtrichtungsspur und<br />

guten Lärmschutz ergänzen.<br />

Die Planungen von Projekten im Bereich der Bundesfernstraßen sind auf solche zu<br />

konzentrieren, die eine Realisierungschance in den nächsten Jahren bieten.<br />

Gleichzeitig werden wir weiterhin darauf achten, keine Bundesgelder ungenutzt<br />

zurückgeben zu müssen und werden die dafür notwendigen Planungen vorantreiben.<br />

Die von der aktuellen Bundesregierung geplante PKW-Maut bestraft die<br />

Pendlerinnen und Pendler unabhängig davon, wie verbrauchsarm ihr Fahrzeug ist.<br />

Sie wird deshalb von uns abgelehnt. Stattdessen sollte die LKW-Maut ergänzt<br />

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werden, sodass auch für Landes- und Kommunalstraßen die immensen Kosten für<br />

den Verschleiß aus dem Schwerlastverkehr verursachergerecht entgolten werden.<br />

Darüber hinaus werden wir gegenüber dem Bund die intensive Prüfung alternativer<br />

Finanzierungsgrundlagen für die Verkehrsinfrastruktur anregen.<br />

Um Bauarbeiten zeitnah sicher zu ermöglichen und zugleich unvermeidbare<br />

Verkehrsbeeinträchtigungen zu minimieren, wollen wir die strategische<br />

Baustellenplanung des Landesbetriebes und das Baustellencontrolling in Nordrhein-<br />

Westfalen, bedarfsgerecht fortentwickeln. Insbesondere für die in den nächsten<br />

Jahren anstehenden großen Brückensanierungen bedarf es einer frühzeitigen<br />

Abstimmung mit allen Beteiligten und einer engen Kontrolle in den Abläufen. Bei der<br />

strategischen Baustellenplanung wird die Verkehrszentrale eine wichtige Rolle<br />

spielen. Für den Aufbau der neuen Verkehrszentrale des Landes haben wir die<br />

Grundlagen gelegt, damit alle Aktivitäten des Landes beim Landesbetrieb<br />

Straßen.<strong>NRW</strong> gebündelt werden können. Auf diese Weise werden wir auch<br />

Baustellenmanagement und Verkehrssteuerung besser miteinander verzahnen und<br />

zusammen mit dem Landesbetrieb mehr dauerhafte und temporäre Nutzungen von<br />

Seitenstreifen möglich machen.<br />

Unter Berücksichtigung und Anerkennung der erbrachten erheblichen Vorleistungen<br />

des Landesbetriebs Straßen.<strong>NRW</strong> wollen wir seine Struktur hinsichtlich einer<br />

effektiveren und den Zukunftsaufgaben adäquaten Steuerung verbessern. Wir<br />

werden auch prüfen, wie wir für die politischen Gremien die Transparenz erhöhen<br />

können.<br />

Vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Mittel wollen wir dem Erhalt der<br />

Landesstraßen weiter Vorrang vor dem Neubau einräumen. Die Landesstraßen<br />

unterliegen wegen der über viele Jahre zu geringen Aufwendungen für den Erhalt<br />

einem massiven Instandhaltungsstau, der einen immensen Finanzierungsbedarf<br />

nach sich zieht. Gleichzeitig wird auch zukünftig noch Neubau von Landesstraßen<br />

zur Beseitigung von Engpässen, Lückenschlüssen und Ortsdurchfahrten notwendig<br />

sein.<br />

Wir konzentrieren uns bei der Finanzierung der Projekte des<br />

Landesstraßenbedarfsplans auf die innerhalb der gebildeten Prioritätenliste<br />

festgelegten Projekte, weil damit die Neubaumittel für die nächsten Jahre<br />

ausgeschöpft sein werden.<br />

Unsere Kommunen wollen wir bei der schwierigen Aufgabe der Instandhaltung der<br />

kommunalen Straßen nach Kräften unterstützen. Sie unterhalten rund 77% unseres<br />

Straßennetzes. Dazu werden wir uns für den Erhalt der bundesseitigen<br />

Entflechtungsmittel in derzeitiger Höhe auch nach 2013 einsetzen und hierzu<br />

landesseitig bei der gesetzlichen Zweckbindung bleiben.<br />

Straßenlärm wirksam bekämpfen<br />

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Mit der Mobilität und dem Straßenverkehr sind hohe Lärmbelastungen verbunden.<br />

Die Landesregierung hat in den letzten beiden Jahren an vielen Stellen damit<br />

begonnen, besonders laute Straßenbeläge im Rahmen anstehender Sanierungen<br />

durch lärmmindernde Beläge zu ersetzen. Gleichzeitig haben wir Modellversuche mit<br />

neuen lärmmindernden Belägen auf den Weg gebracht und werden diese, wo immer<br />

möglich, in Zukunft auch auf Brücken einsetzen.<br />

Wir werden die Ergebnisse des Modellversuchs mit<br />

Geschwindigkeitsbeschränkungen im Bereich der Bezirksregierung Arnsberg in<br />

Hinblick auf die Auswirkungen auf Sicherheit, Verkehrsflüssigkeit, Lärm und<br />

Abgasemissionen ergebnisoffen auswerten.<br />

Luftverkehr: Zukunft gestalten und Interessensausgleich herstellen<br />

Neben gut ausgebauten Straßen-, Schienen- und Wasserstraßennetzen kommt in<br />

Zeiten zunehmender Globalisierung dem Luftverkehr eine hohe Bedeutung zu. In<br />

einem bevölkerungsreichen Land wie <strong>NRW</strong> verursacht dies Konflikte zwischen den<br />

berechtigten Forderungen nach Lärm- und Umweltschutz sowie den Interessen der<br />

Wirtschaft und der Fluggäste. Gleichzeitig gibt es eine große Konkurrenz der<br />

Flughäfen in <strong>NRW</strong> untereinander, zusätzlich auch die zu Flughäfen in benachbarten<br />

Bundesländern und im Ausland. Neben eigenen Initiativen setzen wir uns deshalb<br />

nicht nur für nationale, sondern auch für umfassende europaweite<br />

wettbewerbsneutrale Regelungen ein.<br />

Dem stetigen Wachstum im Luftverkehr und den Anforderungen, die Klimawandel<br />

und Lärmschutz an den Luftverkehr stellen, muss durch intelligente, klima- und<br />

anwohnerfreundliche sowie wirtschaftliche Lösungen begegnet werden.<br />

Die Bundesregierung muss ihrer Verantwortung für den Flugverkehr gerecht werden<br />

und ein nationales Luftverkehrskonzept vorlegen, das die Bedürfnisse des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen berücksichtigt und auf dessen Basis ein Luftverkehrskonzept für<br />

<strong>NRW</strong> aufbauen kann.<br />

Klima- und Lärmschutz, langfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit und<br />

Planungssicherheit sind die Ziele, die wir in einem solchen Nationalen<br />

Luftverkehrskonzept umgesetzt sehen wollen, mit dem die Bundesregierung die<br />

ruinösen Konkurrenzen zwischen den Flughafenstandorten eindämmen soll. Im<br />

Rahmen eines solchen Nationalen Flughafenkonzeptes wollen wir unter Beteiligung<br />

der Anliegerinnen und Anlieger, der Beschäftigten und Betreiber sowie der Airlines<br />

für <strong>NRW</strong> ein Luftverkehrskonzept 2020 erarbeiten und Klarheit für alle Betroffenen<br />

herstellen.<br />

Für den Flughafen Köln/Bonn hat die Landesregierung aus SPD und Grünen<br />

festgestellt, dass der nächtliche Frachtflug bis 2030 rechtlich gesichert ist.<br />

Gleichzeitig hat sie das Passagiernachtflugverbot auf den Weg gebracht und<br />

erwartet von der Bundesregierung die Umsetzung. Wir haben des Weiteren in einer<br />

Prüfung für den Flughafen Düsseldorf festgestellt, dass eine Rücknahme der in der<br />

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Betriebsgenehmigung festgeschriebenen Eckwerte nicht mehr möglich ist. Neben<br />

diesen aktualisierenden Feststellungen bleibt es zu den einzelnen Flughäfen bei den<br />

Zielsetzungen des <strong>Koalitionsvertrag</strong>es von 2010.<br />

VI. Arbeit, Soziales, Integration, Inklusion<br />

<strong>NRW</strong> setzt auf gute Arbeit und faire Löhne<br />

Arbeit ist ein zentraler Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe. Deshalb wollen wir<br />

dazu beitragen, dass alle Frauen und Männer ein existenzsicherndes Einkommen<br />

durch Erwerbsarbeit erzielen können. Wir wollen das Prinzip 'Gute Arbeit'<br />

durchsetzen. Unser Ziel ist und bleibt die Vollbeschäftigung.<br />

Wir werden den im Ausbildungskonsens beschlossenen Weg des Umbaus des<br />

Übergangssystems Schule/Beruf konsequent weiter gehen und auf diesem Wege bis<br />

2018 sicherstellen, dass kein junger Mensch einen "Abschluss ohne Anschluss"<br />

macht. Auf dem weiteren Weg wollen wir eine Ausbildungsgarantie für<br />

ausbildungsfähige und ausbildungswillige Jugendliche erreichen, die wir mittelfristig<br />

zu einer Ausbildungsplatzgarantie ausbauen möchten. Hier werden wir die<br />

Unternehmen und Kammern in die Pflicht nehmen. Das geschieht in ihrem eigenen<br />

Interesse. Denn künftig werden sie ansonsten ihren Fachkräftebedarf nicht mehr<br />

decken können.<br />

Den jungen Erwachsenen ohne Ausbildung wollen wir durch geeignete<br />

Unterstützungsmaßnahmen des Landes eine Ausbildungs- und Berufsperspektive<br />

eröffnen.<br />

Das Land und seine landeseigenen Betriebe müssen bei der Ausbildung ihrer<br />

Vorbildfunktion gerecht werden. Dies betrifft sowohl die eigenen<br />

Ausbildungsmöglichkeiten wie auch die grundsätzliche Möglichkeit für alle<br />

Kommunen in Nordrhein-Westfalen, selbst auszubilden. Dies gilt auch für<br />

Kommunen in Haushaltsnotlagen.<br />

Wir wollen die politischen Rahmensetzungen, die prekäre Arbeitsverhältnisse und<br />

den Niedriglohnsektor befördert haben, verändern. Sie waren ein politischer Irrweg<br />

wie die konkreten Erfahrungen zeigen. Die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt muss<br />

gerecht, existenzsichernd, fair und so gestaltet sein, dass sie den heutigen<br />

Anforderungen im wirtschaftlichen Wettbewerb gerecht wird und den Aufstieg<br />

möglich macht.<br />

Deswegen setzen wir uns für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von<br />

mindestens 8,50 € ein, für dessen Ausgestaltung und kontinuierliche Anpassung eine<br />

unabhängige Kommission zuständig ist. Davon würden allein in Nordrhein-Westfalen<br />

eine Millionen Menschen profitieren. Wir würden auf diese Weise effektiv die<br />

Altersarmut bekämpfen. Die öffentlichen Kassen in Nordrhein-Westfalen würden<br />

zudem um gut eine Milliarde entlastet, weil keine staatlichen Transferleistungen mehr<br />

nötig wären, um die Existenz der Menschen zu sichern.<br />

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Wir wollen neuen Regeln gegen den Missbrauch in der Leih- und Zeitarbeit. Dabei<br />

muss wie überall gleicher Lohn für gleiche Arbeit ohne Tarifvorbehalt gelten. Wir<br />

werden zudem weitere Initiativen unternehmen, damit reguläre Arbeitsverhältnisse<br />

nicht durch Leiharbeitsverhältnisse ersetzt werden.<br />

Wir werden uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass befristete<br />

Beschäftigungsverhältnisse, Werkverträge und Praktika stärker als bisher<br />

reglementiert werden. So sollte, außer bei Existenzgründungen, die sachgrundlose<br />

Befristung abgeschafft werden, um den berechtigten Interessen der<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerecht zu werden. Minijobs dürfen einen<br />

Umfang von 12 Stunden in der Woche nicht überschreiten.<br />

Wir wollen den gravierenden Benachteiligungen von Frauen am Arbeitsmarkt<br />

entgegen treten und setzen uns insbesondere für gleichen Lohn für gleiche und<br />

gleichwertige Arbeit ein. Es sind weitere Regelungen mit konkreten Verfahren und<br />

Sanktionen notwendig, um Entgeltdiskriminierung von Frauen zu beenden.<br />

Der öffentliche Dienst muss mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb wollen wir die<br />

Eignung des Instruments "eg-check-Verfahren“ (Entgeltgleichheits-Check) zur<br />

Ermittlung von Entgeltdiskriminierung im öffentlichen Dienst prüfen.<br />

Gemeinsam mit Betriebsparteien, Gewerkschaften, Verbänden und<br />

Einzelpersönlichkeiten werden wir eine Landesinitiative "Faire Arbeit - fairer<br />

Wettbewerb" starten, die zunächst folgende Kernelemente umfasst: Verbesserung<br />

der Arbeitsbedingungen geringfügig Beschäftigter, faire Gestaltung von Leih- und<br />

Zeitarbeit, Sicherung auskömmlicher Löhne. Wir werden uns für den<br />

Arbeitnehmerdatenschutz einsetzen.<br />

Wir wollen die regionalen Arbeitsmarktstrukturen revitalisieren. Die Kenntnisse und<br />

Erfahrungen lokaler arbeitsmarktpolitischer Akteurinnen und Akteure einzubeziehen<br />

ist ebenso grundlegend wie die Instrumente der Arbeits- und Ausbildungspolitik mit<br />

regionalen Entwicklungsstrategien abzustimmen. Dies gewährleistet eine effiziente<br />

Umsetzung und konsistente Weiterentwicklung der Landesarbeits- und<br />

Ausbildungspolitik.<br />

Die erfolgreich gestartete Fachkräfteinitiative in den 16 Regionen unseres Landes ist<br />

ein gutes Beispiel für die Revitalisierung regionalisierter Arbeitsmarktpolitik. Wir<br />

werden sie bis zum Ende der Legislaturperiode fortsetzen. Dabei setzen wir<br />

insbesondere auf das große vorhandene Potenzial in den Betrieben und den<br />

Menschen, die in den Beruf streben. Ausgehend von konkreten Bedarfen in den<br />

Branchen, Betrieben und Regionen, die in regional erarbeiteten Handlungskonzepten<br />

beschrieben sind, werden wir alle tragfähigen Vorhaben zur Entwicklung und<br />

Sicherung qualifizierter Fachkräfte unterstützen.<br />

Beschäftigungsfähigkeit kann nur durch gesunde, humane Arbeitsbedingungen<br />

gesichert werden. Darauf werden wir den Gesundheits- und Arbeitsschutz in <strong>NRW</strong><br />

stärker konzentrieren.<br />

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Gemeinsam mit Sozialpartnern und Sozialversicherungen werden wir das Programm<br />

"Arbeit gestalten - <strong>NRW</strong>" auflegen und umsetzen, dass sich schwerpunktmäßig mit<br />

der Gestaltung von betrieblichen Handlungsfeldern auf folgenden Gebieten befasst:<br />

alternde Belegschaften, gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen, Umgang mit<br />

Vielfalt und Unterschiedlichkeit in den Belegschaften.<br />

Dies gilt insbesondere für psychische Erkrankungen, die zu hohen Ausfallzeiten<br />

führen und der häufigste Grund für Frühverrentungen sind. Wir wollen daher in<br />

Kooperation mit interessierten Unternehmen oder Unternehmensverbänden eine auf<br />

Selbsthilfegruppen gestützte Präventionsoffensive starten. Dabei gilt es einerseits zu<br />

untersuchen, was die Beschäftigten am Arbeitsplatz belastet, um Konzepte zu<br />

entwickeln wie menschlicher und intelligenter gearbeitet werden kann und<br />

andererseits innerbetriebliche Beratungs- und Krisenhilfe aufzubauen.<br />

Die bestehende Deckelung des Rehabilitations-Budgets nach § 220 Abs. 1 SGB VI<br />

seit 1997 ist aufzuheben und dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Der<br />

Rechtsanspruch nach dem SGB IX auf Leistungen zur Teilhabe der Versicherten<br />

muss zwingend erfüllt werden. Der Grundsatz „Reha vor Rente“, die Tendenzen zur<br />

Verdichtung der Arbeit, zunehmende belastende Arbeitsbedingungen, bedingt ein<br />

höheres Budget für Rehabilitation, um frühzeitig drohende Leistungsminderung,<br />

Erkrankung, Behinderung und Erwerbsminderung zu verhindern.<br />

Wir werden den einheitlichen Arbeitsschutz wiederherstellen. Der einheitliche<br />

Arbeitsschutz umfasst dabei das Aufgabenspektrum des technischen und<br />

betrieblichen Arbeitsschutzes, denn beides kann nicht unabhängig voneinander<br />

gedacht werden. Daher muss er auch in der Organisation in der Verwaltung deutlich<br />

zu erkennen und abzugrenzen sein. Die Zahl der Stellen für das Fachpersonal muss<br />

auskömmlich sein und vom zuständigen Fachressort fachlich verwaltet werden.<br />

Wir wollen den Zugang zum Arbeitsmarkt für besonders benachteiligte<br />

Personengruppen erheblich verbessern. Insbesondere haben wir dabei Menschen<br />

mit Migrationsgeschichte, Alleinerziehende sowie Berufsrückkehrerinnen und -<br />

rückkehrer, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung sowie junge Menschen<br />

ohne Schulabschluss im Blick. Zu ihrer Unterstützung werden wir die<br />

Arbeitsmarktaktivitäten der Grundsicherungsträger mit Landesfördermitteln ergänzen<br />

und Mittel aus dem europäischen Sozialfonds (ESF-Mittel) einsetzen.<br />

Chancengleichheit, Armutsbekämpfung, Nachhaltigkeit und Erhöhung der<br />

Frauenerwerbstätigkeit müssen Zielperspektiven auch in der künftigen Förderperiode<br />

des ESF sein.<br />

Die Ausrichtung des Europäischen Sozialfonds (ESF) sollte so ausgestaltet werden,<br />

dass sichergestellt wird, dass eine sozialraumorientierte und vernetzte<br />

Arbeitsmarktpolitik weiter entwickelt, ausgebaut und mit den integrierten<br />

Entwicklungskonzepten der Kommunen auf Quartiersebene koordiniert werden kann.<br />

Aus- und Weiterbildung sind zudem verstärkt in den Mittelpunkt zu stellen, um<br />

Langzeitarbeitslosigkeit frühzeitig und nachhaltig zu verhindern und auch eine<br />

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nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt zu begleiten. Dies geschieht unter<br />

Einbindung der regionalen Arbeitsmarktakteure.<br />

Für Menschen mit mehreren Vermittlungshemmnissen, die mittelfristig keine Chance<br />

zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt haben und die früher durch die<br />

Jobperspektive unterstützt wurden, wollen wir dauerhafte Beschäftigung in einem<br />

öffentlich geschaffenen Sektor ermöglichen. Deshalb setzen wir auf Bundesebene<br />

auf den Ausbau der bisherigen Möglichkeiten sozialversicherungspflichtiger<br />

Beschäftigung, statt auf Begrenzung. Wir brauchen ein breites Spektrum von<br />

dauerhafter Beschäftigungsförderung. Dabei werden wir auch die Erfahrungen aus<br />

den Modellen der Sozialen Wirtschaftsbetriebe, der Dienstleistungspools und der<br />

Integrationsunternehmen berücksichtigen.<br />

Durch die Intensivierung und Ausweitung der öffentlich geförderten Beschäftigung<br />

werden wir in Modellprojekten praktisch nachweisen, dass „Arbeit statt<br />

Arbeitslosigkeit“ sowohl erfolgreich machbar als auch finanzierbar ist, wenn passive<br />

Transferleistungen in aktive und individuell angepasste Förderwege umgewandelt<br />

werden. Arbeitgeber im privat-gewerblichen Bereich, Sozialbetriebe, die freie<br />

Wohlfahrtspflege, Integrationsunternehmen, Kommunale Spitzenverbände und<br />

Behörden, Verbände, Gewerkschaften und Kammern sind Partner bei der Integration<br />

von Menschen durch öffentlich-geförderte Arbeit. Es erfolgt keine Beschränkung auf<br />

gemeinnützige und zusätzliche Beschäftigungsfelder. Dieses Konzept eines Sozialen<br />

Arbeitsmarktes werden wir auf Bundesebene vorantreiben. Wir werden uns dafür<br />

einsetzen, dass der Bund entsprechende Mittel bereitstellt und Wege für eine<br />

ausreichende und nachhaltige Finanzierung eröffnet.<br />

Maßstab für uns sind die individuellen Möglichkeiten, aber auch die Fähigkeiten,<br />

Neigungen und Lebenslagen der Betroffenen. Wir wollen Defizite ausgleichen sowie<br />

Chancen und Perspektive schaffen.<br />

Wir wollen die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung verbessern und<br />

dazu beitragen, dass die Anforderungen der UN-Behindertenrechts-konvention und<br />

hierbei das Recht auf selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsleben verwirklicht wird.<br />

Wir werden darauf hinwirken, dass die berufliche Teilhabe von Frauen mit<br />

Behinderung in Beruf und Ausbildung deutlich verbessert und die Angebote zur<br />

beruflichen Teilhabe und Rehabilitation weiter auf die Bedarfe von Frauen mit<br />

Behinderung ausgerichtet wird.<br />

Die Integrationsunternehmen möchten wir gemeinsam mit den<br />

Landschaftsverbänden weiter ausbauen. Die Schaffung von alternativen, inklusiven<br />

Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung außerhalb von 'Werkstätten für<br />

behinderte Menschen (WfbM) mit dem Ziel der sozialversicherungspflichtigen,<br />

tariflich entlohnten und dauerhaften Beschäftigung wollen wir unterstützen. Wir<br />

werden uns dafür einsetzen, dass zur Schaffung von Alternativen zur WfbM ein<br />

leistungsträgerübergreifendes Budget für Arbeit zur Förderung<br />

sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ermöglicht wird, an dem<br />

sich die Landschaftsverbände mit Mitteln der Eingliederungshilfe (alternativ zur<br />

Finanzierung eines WfbM-Platzes) und der Ausgleichsabgabe und/oder die<br />

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Arbeitsagenturen und Jobcenter auf der Basis ihres jeweiligen gesetzlichen<br />

Auftrages beteiligen, damit die erforderliche Unterstützung für Arbeitnehmer und<br />

Arbeitnehmerin, Arbeitgeber und die Arbeitgeberin sowie ein angemessener<br />

Nachteilsausgleich finanziert werden kann. Wir werden uns dafür einsetzen, dass<br />

das Land den Dialog zwischen den beteiligten Leistungsträgern mit dem Ziel der<br />

Konsensbildung initiiert. Auf Bundesebene werden wir uns für entsprechende<br />

gesetzliche Veränderungen einsetzen.<br />

Wir wollen die Schaffung von zusätzlichen Außenarbeitsplätzen für WfbM-<br />

Beschäftigte fördern, um auf diesem Wege dem Menschen mit Behinderung den<br />

Schritt weg von der WfbM hin zu einer regulären Beschäftigung auf dem allgemeinen<br />

Arbeitsmarkt zu erleichtern und gleichzeitig Arbeitgeber, insbesondere öffentliche, zu<br />

ermutigen, Menschen mit Behinderung einzustellen. Wir erwarten, dass die beiden<br />

Landschaftsverbände als zuständige Leistungsträger Menschen mit Behinderung<br />

auch bei anderen, alternativen Anbietern eine Beschäftigung ermöglichen, wenn sie<br />

die gleiche Unterstützung und Förderung anbieten wie eine WfbM. Wir werden uns<br />

auf Bundesebene dafür einsetzen, dass das Sozialgesetzbuch dahingehend<br />

geändert wird, damit diese alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten den gleichen<br />

Renten- und Krankenversicherungsschutz bieten wie eine Tätigkeit in einer WfbM.<br />

Soziale Bürgerrechte sichern<br />

Um die sozialen Bürgerrechte von erwerbslosen Menschen zu stärken, wollen wir die<br />

trägerunabhängige qualitätsgesicherte Erwerbslosenberatung und die<br />

Arbeitslosenzentren weiter fördern. Zusätzlich werden wir uns für unabhängige<br />

Ombudsstellen in den Grundsicherungsstellen einsetzen und das Widerspruchsrecht<br />

der Betroffenen stärken.<br />

Die Arbeitsmarktpolitik des Bundes schränkt Förderung ein und weitet Sanktionen<br />

aus. Wir fordern den Bund zu einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel in der<br />

Arbeitsmarktpolitik auf. Ohne diese sind unsere landespolitischen Ziele nicht<br />

umfassend umsetzbar. Die Arbeitslosenversicherung muss das vorrangige<br />

Sicherungssystem bei Erwerbslosigkeit sein, die Grundsicherung das nachrangige.<br />

Auch dafür bedarf es eines Politikwechsels auf der Bundesebene.<br />

Armut vermeiden und bekämpfen<br />

Armut muss über alle Lebenslagen hinweg entgegengewirkt werden. Wir werden in<br />

<strong>NRW</strong> die Armutsprävention ausbauen und die Entwicklung von Präventionsketten<br />

unterstützen, mit denen die unterschiedlichen Zielgruppen erreicht, Hilfen<br />

insbesondere im Lebens- und Sozialraum der Menschen angeboten und die<br />

unterschiedlichen altersbedingten Lebenslagen berücksichtigt werden.<br />

Die SGB II- und SGB XII- Regelsätze müssen so ausgestaltet werden, dass sie dem<br />

sozialstaatlichen Gebot der Deckung des sozio-kulturellen Existenzminimums für ein<br />

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menschenwürdiges Leben Rechnung tragen. Deshalb werden wir auf Bundesebene<br />

bedarfsdeckende und armutsbekämpfende Regelsätze einfordern.<br />

Wir wollen, dass durch eine frühzeitige, vorbeugende Unterstützung das<br />

Wohlergehen und die Lebensperspektiven von Kindern und Jugendlichen stabilisiert<br />

und wo nötig verbessert werden. Deshalb unterstützen und fördern wir den<br />

präventiven Ansatz, bei dem Handlungsstrategien und Lösungsansätze möglichst<br />

entlang der Biografie von Kindern und Jugendlichen - von der Geburt an bis zum<br />

erfolgreichen Berufseinstieg - entwickelt werden.<br />

Wir wollen den Runden Tisch „Hilfe für Kinder in Not“ unter der Federführung der<br />

obersten Landesjugendbehörde als Plattform für den Austausch der zuständigen<br />

Sozialakteurinnen und Sozialakteure sowie von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren<br />

weiterentwickeln.<br />

Das von der Bundesregierung durchgesetzte Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder<br />

und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen ist gescheitert, weil es bei<br />

diesen Familien nicht ankommt. Dies weiterzuentwickeln und unbürokratischer zu<br />

gestalten, ist Aufgabe der Sozialpolitik. Ziel muss eine qualitativ hochwertige und<br />

damit auch nachhaltig wirkende Infrastruktur sein, die Bildung und Teilhabe von<br />

benachteiligten Kindern und Jugendlichen befördert.<br />

Wir wollen mit dem Härtefallfonds „Alle Kinder essen mit“ auch weiterhin diejenigen<br />

Kinder und Jugendlichen in Kinderbetreuung und Schulen finanziell unterstützen, die<br />

an einer gemeinsamen Mittagsverpflegung teilnehmen wollen, aber trotz<br />

bestehender Bedürftigkeit keine Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket<br />

erhalten.<br />

Unser Ziel ist es auch weiterhin, dass der Bund über eine Reform des<br />

Asylbewerberleistungsgesetzes noch mehr finanzielle Verantwortung für die<br />

betroffenen Kinder übernimmt.<br />

Kinderarmut lässt sich am besten durch ein existenzsicherndes und auskömmliches<br />

Einkommen der Eltern verhindern. Deswegen fordern wie die Einführung von<br />

Mindeststandards auf dem Arbeitsmarkt. Dazu gehören auch Entscheidungen, wie<br />

z.B. einen flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR, die Eindämmung<br />

von Leih- und Zeitarbeit, die Durchsetzung des Prinzips gleicher Lohn für gleiche<br />

Arbeit oder ein sozialer Arbeitsmarkt für arbeitsmarktferne Menschen.<br />

Es gehört aber auch dazu, dass die Kürzungen der Eingliederungsmittel für<br />

Langzeitarbeitslose wieder zurückgenommen werden, um die Chancen für eine<br />

Arbeitsmarktintegration zu erhöhen; zudem sind die Regelbedarfe nach dem SGB II<br />

richtig zu bemessen. Sie müssen existenzsichernd sein und gleichberechtigte soziale<br />

Teilhabe ermöglichen. Dass das Bundesverfassungsgericht erneut ein Urteil zu den<br />

Regelsätzen fällen muss, bestätigt uns in dieser Auffassung.<br />

Auf Bundesebene werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass Frauen und<br />

Männer, die sich in Bezug von Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern SGB II,<br />

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SGB XII und AsylbLG befinden, einen kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln<br />

erhalten.<br />

Um Altersarmut zu vermeiden, wollen wir junge Menschen in Ausbildung und gute<br />

Arbeit bringen. Wir werden uns auf der Bundesebene dafür einsetzen, dass<br />

wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Altersarmut ergriffen werden.<br />

Wir wollen das Aktionsprogramm „Obdachlosigkeit verhindern“ fortführen und<br />

gendersensibel ausgestalten. Präventive Ansätze sollen verstärkt, neue Angebote<br />

entwickelt sowie der Austausch zwischen den Trägern gefördert werden.<br />

Die Armuts- und Reichtumsberichterstattung werden wir fortführen.<br />

Armutsbekämpfung ist eine Querschnittsaufgabe aller Ressorts. Wir wollen auch in<br />

Zukunft eine kontinuierliche Sozialberichterstattung im Lande fortsetzen und einen<br />

strategischen Sozialplanungsprozess auf kommunaler Ebene weiterentwickeln und<br />

fördern. Eine präventiv ausgerichtete Sozialpolitik benötigt eine belastbare Datenund<br />

Informationsbasis, um gesellschaftliche Problem- und Lebenslagen frühzeitig<br />

identifizieren zu können. Eine strategisch ausgerichtete kommunale Sozialplanung<br />

kann sozialräumlichen Polarisierungs- und Segregationsprozessen entgegenwirken<br />

und die soziale Lage der Bevölkerung verbessern sowie längerfristig die finanziellen<br />

Gestaltungsmöglichkeiten von Kommunen und Kreisen verbessern. Wir werden<br />

deshalb ein dialogorientiertes Netzwerk zur "Strategischen Sozialplanung" aufbauen.<br />

Die Bekämpfung von Armut und die Förderung der sozialen Eingliederung müssen<br />

stärker noch als bisher in den Fokus des Europäischen Sozialfonds gestellt werden.<br />

Mit der EUROPA 2020 Strategie ist die Armutsbekämpfung zu einem der<br />

Schwerpunkte geworden und wurde auch in den Europäischen Sozialfonds (ESF) als<br />

eigenständiges Ziel aufgenommen. Das eröffnet neue und integrierte Strategien für<br />

den ESF-Einsatz. Diese werden wir auch für <strong>NRW</strong> nutzen.<br />

Integration in <strong>NRW</strong> erfolgreich gestalten<br />

Nordrhein-Westfalen ist wie kein anderes Land von Einwanderung geprägt. Wir<br />

begreifen das als Stärke unseres Landes und wollen – möglichst im Konsens mit den<br />

anderen demokratischen Parteien – die Integrationspolitik der vergangenen<br />

Jahrzehnte weiterentwickeln. Eine aktive Integrationspolitik ist unverzichtbar für die<br />

Zukunftsfähigkeit unseres Landes.<br />

Deshalb wollen wir sie zu einer modernen Einwanderungspolitik weiterentwickeln<br />

und dazu all unsere Aktivitäten und Kräfte in den Bereichen Integrationspolitik,<br />

Einwanderungspolitik, gesellschaftliche Prävention von Rassismus und<br />

Fremdenfeindlichkeit bündeln.<br />

Erfolgreiche Integration setzt voraus, dass Einwanderinnen und Einwanderer<br />

Chancen zur Teilhabe in der Gesellschaft erhalten und nutzen. Wir wollen, dass die<br />

Eingewanderten und ihre Kinder so früh und so umfassend wie möglich ihre<br />

Kompetenzen und Potenziale in Bildung, Ausbildung und Beruf entfalten können.<br />

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Darüber hinaus werden wir im Land Nordrhein-Westfalen und auf der Bundesebene<br />

aktiv darauf hinwirken, dass die rechtliche und politische Teilhabe von<br />

Einwanderinnen und Einwanderern verbessert wird. Dazu gehören die<br />

Modernisierung des Wahl- und des Staatsangehörigkeitsrechts. In diesem Sinne<br />

werden wir uns für das Kommunalwahlrecht auch für Nicht-EU-Bürgerinnen und<br />

Bürger sowie für die erweiterte Hinnahme von Mehrstaatigkeit einsetzen. Außerdem<br />

wollen wir erreichen, dass junge Menschen nicht mehr gezwungen werden, sich für<br />

eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden, wenn sie volljährig werden (Abschaffung<br />

des Optionszwangs).<br />

Aktiver Einsatz für Integration hat in Nordrhein-Westfalen eine lange und gute<br />

Tradition. Bürgergruppen, Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften<br />

und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben in einer großen Zahl von Initiativen und<br />

Projekten dazu beigetragen, dass Integration in unserem Land weitestgehend<br />

gelingt. In den letzten Jahren haben verstärkt auch Migrantenselbstorganisationen<br />

dazu beigetragen. Nicht zuletzt hat die im fraktionsübergreifenden Konsens<br />

entstandene Integrationsoffensive Nordrhein-Westfalen dazu geführt, dass sich in<br />

Nordrhein-Westfalen eine vielfältige und leistungsfähige Integrationspraxis entwickelt<br />

hat.<br />

Deutschland hat es lange versäumt, die Integration von Eingewanderten<br />

systematisch zu unterstützen. Deshalb haben wir ein Gesetz zur Förderung der<br />

gesellschaftlichen Teilhabe und Integration in Nordrhein-Westfalen verabschiedet,<br />

das nun mit Leben gefüllt werden muss:<br />

Wir werden leistungsfähige Integrationsstrukturen in unserem Lande schaffen. Dabei<br />

sind die kommunale Ebene und die Selbstorganisationen der Menschen mit<br />

Migrationshintergrund wichtig, weil sie am nächsten an den Menschen sind.<br />

Deswegen werden wir ein flächendeckendes Netz von kommunalen<br />

Integrationszentren und Integrationsagenturen knüpfen, vor allem auch mit Blick auf<br />

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, und die Handlungsmöglichkeiten<br />

der Migranten-Selbstorganisationen stärken.<br />

Die im Gesetz vorgenommene Stärkung des Landesintegrationsrates wollen wir<br />

durch eine Ausweitung der Rechte der kommunalen Integrationsräte bzw. –<br />

ausschüsse in der Gemeindeordnung konsequent ergänzen.<br />

Wir wollen im Rahmen einer Staatsangehörigkeitskampagne aktiv um die Menschen<br />

werben, die die Voraussetzungen für die Einbürgerung erfüllen.<br />

Darüber hinaus werden wir die landesrechtlichen Möglichkeiten voll ausschöpfen, um<br />

mehr Einbürgerungen, insbesondere für die ersten Generationen der<br />

Einwanderinnen und Einwanderer, zu ermöglichen. Auf der Bundesebene werden wir<br />

uns für Erleichterungen bei der Einbürgerung einsetzen, indem wir uns z.B. dafür<br />

aussprechen, die Fristen verkürzen, das Niveau der Sprachtests abzusenken (bzw.<br />

ab dem 54. Lebensjahr ganz auf Sprachtests zu verzichten) sowie<br />

Einbürgerungstests abzuschaffen und durch ein Seminar zur Staatsbürgerkunde zu<br />

ersetzen.<br />

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Der Fachkräftemangel in der Wirtschaft sollte neben allen anderen Maßnahmen auch<br />

durch mehr Neuzuwanderung bekämpft werden. Auch der Familiennachzug<br />

besonders von Ehegatten muss wieder erleichtert werden,<br />

Wir werden den öffentlichen Dienst weiter für Menschen mit Migrationshintergrund<br />

öffnen, ihren Anteil an der Gesamtbeschäftigtenzahl erhöhen und anonymisierte<br />

Bewerbungsverfahren, die frei von Diskriminierung sind, durchführen. Damit wollen<br />

wir auch Vorbild für private Unternehmen werden.<br />

Über den Weg der Zielvereinbarung mit den Jobcentern wollen wir das Ziel der<br />

nachhaltigen und existenzsichernden Integration von Menschen mit<br />

Migrationshintergrund verbindlich festschreiben. Dazu gehört auch, dass<br />

Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in Kombination mit sprachlicher<br />

Qualifizierung mit Berufsbezug angeboten werden.<br />

Außerdem werden wir das Gesetz zur Anerkennung von im Ausland erworbenen<br />

Abschlüssen zeitnah umsetzen. Das dazugehörige Landesgesetz für landesrechtlich<br />

geregelte Berufe werden wir ebenfalls schnellstmöglich verabschieden. Dabei wollen<br />

wir innovativere Verfahren zur Kompetenzfeststellung gegenüber dem Bundesgesetz<br />

erproben. und eine entsprechende Beratungsstruktur für Fragestellungen zur<br />

Anerkennung ausbauen. Wir erwarten vom Bund die Einhaltung seiner Zusagen zur<br />

Finanzierung von Anpassungsqualifikationen. Dies gilt nicht nur für<br />

Transferleistungsbezieherinnen und -bezieher, sondern auch für diejenigen, die weit<br />

unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten müssen und die aus der Familienphase in den<br />

Arbeitsmarkt streben. Eine landesweite Kampagne für Vielfalt und gegen<br />

Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt soll diese Maßnahmen unterstützen<br />

Wir wollen gemeinsam mit dem Zentrum für Türkeistudien und Integration mögliche<br />

rechtliche und strukturelle Diskriminierung auf Landesebene identifizieren und darauf<br />

aufbauend Maßnahmen einleiten.<br />

Ein besonderes Augenmerk ist auf die Armuts-Zuwanderung von Menschen aus<br />

Südosteuropa zu richten. Die Kommunen, die Ziel dieser Zuwanderung sind,<br />

bedürfen besonderer Unterstützung. Integrationsmaßnahmen müssen von<br />

Bemühungen vor allem der gesundheitsdienstlichen Versorgung dieser Menschen<br />

begleitet werden.<br />

<strong>NRW</strong> schützt Menschen vor Verfolgung und in Not<br />

Die bestehende Altfallregelung für langjährig geduldete und integrierte Flüchtlinge<br />

konnte das Problem der so genannten Kettenduldungen nicht nachhaltig lösen.<br />

Daher wird sich <strong>NRW</strong> im Bundesrat und in der Innenministerkonferenz weiterhin für<br />

eine wirksame gesetzliche Bleiberechtsregelung ohne Stichtag und mit abgesenkten<br />

Anforderungen an die Lebensunterhaltsicherung einsetzen. Das Fehlverhalten<br />

einzelner Familienmitglieder darf aufenthaltsrechtlich nicht der übrigen Familie<br />

angelastet lastet werden. Für Alte, Kranke und Traumatisierte muss eine an<br />

humanitären Kriterien ausgerichtete Regelung geschaffen werden. Wir wollen<br />

darüber hinaus – unterbesonderer Berücksichtigung integrationspolitischer und<br />

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humanitärer Gesichtspunkte - die landesrechtlichen Spielräume nutzen, damit die<br />

Betroffenen von der bestehenden Rechtslage profitieren können.<br />

§ 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz ist im Sinne der Betroffenen und im Einklang mit der<br />

Rechtsprechung anzuwenden.<br />

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die Vorbehaltserklärung zur UN -<br />

Kinderrechtskonvention zurückgenommen und das Zusatzprotokoll<br />

unterzeichnet hat. Damit wird dem besonderen Schutz minderjähriger Flüchtlinge<br />

Rechnung getragen. Dies wollen wir bei der Unterbringung und Betreuung<br />

unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in <strong>NRW</strong> weiterhin umsetzen.<br />

Die unabhängige Arbeit des Flüchtlingsrates <strong>NRW</strong>, der die ehrenamtliche Arbeit für<br />

Flüchtlinge in unserem Land vernetzt und unterstützt, wollen wir weiter fördern.<br />

Auch eine qualitativ und quantitativ soziale Beratung und Betreuung werden wir<br />

bedarfsgerecht fördern.<br />

Wir wollen, dass humanitäre Hilfe für "Menschen ohne Papiere" nicht kriminalisiert<br />

wird. Daher setzen wir uns auf Bundesebene für eine entsprechende Änderung des<br />

Aufenthaltsgesetzes ein.<br />

<strong>NRW</strong> wird sich auf Bundesebene für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes<br />

unter Wahrung der Kostenneutralität für Kommunen und Land einsetzen.<br />

Auf Landesebene werden wir alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, damit<br />

Asylbewerberinnen und –bewerber nach Beendigung der Verpflichtung, in einer<br />

Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, die ihnen zustehenden Leistungen grundsätzlich in<br />

Geldleistung erhalten und so eine einheitliche Anwendung des Gesetzes in <strong>NRW</strong><br />

erfolgt.<br />

Abschiebehaft kann in einem Rechtsstaat nur Ultima Ratio sein und soll soweit als<br />

möglich vermieden werden. Das Land ist zuständig für den Vollzug und wir wollen,<br />

dass die Haftbedingungen so human wie möglich ausgestaltet werden. Für<br />

Minderjährige müssen die Vorgaben der EU-Rückführungsrichtlinie und der UN -<br />

Kinderrechtskonvention Beachtung finden, das heißt es müssen altersgerechte<br />

Freizeitbeschäftigungen und Erholungsmöglichkeiten gewährleistet und der Zugang<br />

zu Bildung ermöglicht werden. Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie<br />

möglich in Einrichtungen untergebracht sein, die personell und materiell ihre<br />

altersgemäßen Bedürfnisse berücksichtigen. Im Bundesrat wird sich <strong>NRW</strong> für eine<br />

Abschaffung des Flughafenverfahrens nach § 18a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG)<br />

und bis dahin für eine Aussetzung dieser Praxis in Düsseldorf einsetzen.<br />

<strong>NRW</strong> begrüßt die bundesweite dauerhafte Aufnahme von jährlich mindestens 300<br />

Flüchtlingen im Rahmen des Resettlementverfahrens des UNHCR. Dies ist uns<br />

jedoch nicht weitreichend genug, denn die Flüchtlinge konnten bisher nur mit hohen<br />

bürokratischen Hürden aufgenommen werden. Deshalb setzen wir uns für eine<br />

humanitäre zügige Verständigung zwischen Bund und Ländern ein. Mit Blick auf die<br />

Zukunft muss eine europäische Gesamtkonzeption für die Lösung der humanitären<br />

Frage der Flüchtlingspolitik gefunden werden. Wir erneuern unsere Forderung an<br />

den Bund, weitere iranische Flüchtlinge aus der Türkei aufzunehmen.<br />

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Für die Angehörigen von Minderheiten im Kosovo sind die wirtschaftliche und soziale<br />

Lage sowie deren Integrationschancen immer noch schwierig. Vor diesem<br />

Hintergrund wollen wir geplanten Rückführungsmaßnahmen der Ausländerbehörden<br />

unter dem Aspekt des Schutzes von Familien und alleinreisenden Frauen<br />

überprüfen. Ziel ist es, besondere Härten im Rahmen der landesrechtlichen<br />

Spielräume zu verhindern. Mit einer Fachveranstaltung der Koalitionsfraktionen<br />

wollen wir uns ein umfassendes Bild von der Situation vor Ort verschaffen.<br />

Rückführungen im Winter werden wir an den Ergebnissen der Fachveranstaltung<br />

ausrichten.<br />

Auf dem Weg zu einem inklusiven <strong>NRW</strong><br />

Inklusion bedeutet Wertschätzung von Vielfalt. Es ist normal, verschieden zu sein.<br />

Eine inklusive Gesellschaft sieht alle Menschen als individuell, besonders und<br />

gleichberechtigt an, unabhängig von Herkunft, Alter, Weltanschauung oder<br />

Behinderung.<br />

Inklusionspolitik für Menschen die behindert werden, ist eine gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe von hoher Bedeutung, die alle Lebensbereiche und Lebensphasen mit<br />

umfasst.<br />

Zentraler Ausgangspunkt und Maßstab für unsere Politik ist dabei die<br />

Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Wir richten unsere Politik<br />

deswegen auch auf alle Menschen aus, die von der UN-<br />

Behindertenrechtskonvention erfasst sind. Also alle Menschen, die langfristige<br />

körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben und damit in<br />

Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und<br />

gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in all seinen Facetten<br />

gehindert werden. Dazu gehören auch alle alten und kranken Menschen, die erst im<br />

oder durch das Alter mir Einschränkungen leben müssen.<br />

Inklusion bedeutet für uns, gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe von<br />

Menschen mit Behinderung durchzusetzen: Menschen, die behindert werden,<br />

müssen Rechte und Ansprüche auf Hilfsmittel haben; die Gesellschaft muss den<br />

Bedürfnissen aller Menschen gerecht werden, ohne dass es noch besonderer<br />

Anpassungen bedarf. Dazu muss sich unsere Gesellschaft erst zu einer<br />

„barrierefreien Gesellschaft“ wandeln, denn sie ist noch immer in zu vielen Bereichen<br />

in erster Linie auf die Bedürfnisse von Menschen ohne Behinderung zugeschnitten.<br />

Das Fachwissen der Expertinnen und Experten in eigener Sache ist für die<br />

Aufstellung und Gestaltung unseres Aktionsplans und unserer Maßnahmen<br />

unverzichtbar. Die Umsetzung unseres Aktionsplans muss dem Grundsatz der<br />

Behindertenrechtskonvention folgen: „Nichts über uns ohne uns!<br />

Barrierefreiheit umfasst nicht nur bauliche Maßnahmen, sondern auch den vollen<br />

Zugang zur sozialen und wirtschaftlichen Umwelt, also gleichberechtigte Teilhabe an<br />

Bildung, Arbeit, Kultur, Sport, Zugang zu Medien und Kommunikationswegen und<br />

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vieles mehr. Sie bedeutet aber auch Barrierefreiheit im Denken von allen beteiligten<br />

Akteuren und Gesellschaftsgruppen.<br />

Die großen Aufgaben und Herausforderungen einer inklusiven Gesellschaft wollen<br />

wir umgehend mit unserem Aktionsplan „Eine Gesellschaft für alle – <strong>NRW</strong> inklusiv“<br />

angehen.<br />

Eine inklusive Gesellschaft - Bewusstseinsbildung und Beteiligung von<br />

Menschen mit Behinderung<br />

Wir wollen eine neue Kultur inklusiven Denkens und Handelns zur Stärkung des<br />

gesellschaftlichen Bewusstseins und eines disability mainstreamings aufbauen. Dazu<br />

beteiligen wir alle Akteure, insbesondere die kommunale Familie, die Organisationen<br />

und Verbände der Menschen mit Behinderung, d.h. auch der älteren und alten<br />

Menschen, und alle Ressorts der Landesregierung unter Federführung des für<br />

Inklusion zuständigen Ministeriums an der Umsetzung, Überprüfung und<br />

Weiterentwicklung des Aktionsplans in einem Inklusionsbeirat. Begleitende Gremien<br />

sollen, wenn möglich, bezogen auf alle Interessengruppen jeweils<br />

geschlechterparitätisch besetzt werden.<br />

Wir werden Aus- und Weiterbildungsangebote zur Stärkung des inklusiven<br />

Bewusstseins bei den Beschäftigten innerhalb und außerhalb der Landesregierung<br />

fördern. Wir wollen den Grundsatz verwirklichen, Sondereinrichtungen für Menschen,<br />

die behindert werden, weitestgehend zu vermeiden bzw. bestehende umzuwandeln<br />

mit dem Ziel, mehr Möglichkeiten zur gleichberechtigten Teilhabe in allen<br />

gesellschaftlichen Institutionen zu eröffnen.<br />

Wir wollen in einem inklusiven Gemeinwesen Menschen mit Behinderung keinen<br />

Lebensweg vorgeben, sondern Selbstbestimmung und individuelle<br />

Wahlmöglichkeiten eröffnen. Dazu gehört auch einer gendersensible Assistenz. Wir<br />

werden alle landesrechtlichen Regelungen dahingehend prüfen, ob sie dem Ziel der<br />

Inklusion nicht entgegenstehen.<br />

Das Ziel der Inklusion, gleichberechtigte Teilhabe und Selbstbestimmung, ist gerade<br />

in unserer Politik für ältere Menschen ein integraler Bestandteil. Wir werden ihm vor<br />

allem bei der Reform des Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) und des<br />

Landespflegegesetzes (LPfLG) noch stärker als bisher Geltung verschaffen.<br />

Und wir werden die Bundesregierung bei der Entwicklung von Initiativen und<br />

Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf Bundesebene<br />

konstruktiv kritisch begleiten.<br />

Rechte von Menschen mit Behinderung stärken<br />

Damit Menschen mit Behinderung ihre Rechte wahrnehmen können, wollen wir dafür<br />

sorgen, dass sie Beratung in Anspruch nehmen können. Hierzu sollen u.a. die<br />

„Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben“ als Anlaufstellen für Menschen mit<br />

Behinderung weiter ausgebaut werden.<br />

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Ferner soll in Zusammenarbeit mit den beiden Landschaftsverbänden sowie der<br />

Freien Wohlfahrtspflege eine möglichst landesweit einheitliche anbieterübergreifende<br />

und leistungsträgerunabhängige Beratungsstruktur entwickelt und mit den<br />

Quartiersstrukturen vernetzt werden. Darüber hinaus wollen wir die<br />

Inanspruchnahme des leistungsträgerübergreifenden persönlichen Budgets gemäß<br />

§ 17 SGB IX stärken.<br />

Für die Umsetzung der UN-Konvention hat die Weiterentwicklung der<br />

Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung eine zentrale Schlüsselfunktion.<br />

Die beiden Landschaftsverbände haben hierzu beachtenswert Schritte eingeleitet<br />

und gemeinsam mit den Verbänden der Wohlfahrtspflege bundesweit wegweisende<br />

Vereinbarungen geschlossen. Mit einer landesgesetzlichen Regelung wollen wir<br />

sicherstellen, dass die Landschaftsverbände gemeinsam mit dem Land, den<br />

Kommunen, den Verbänden der Menschen mit Behinderung und den Verbänden der<br />

Freien Wohlfahrtspflege einheitliche Vorgehensweisen entwickeln, die eine<br />

gemeinsam getragene zielgerichtete Politik zugunsten der Weiterentwicklung der<br />

Inklusion und Gewährleistung gleichberechtigter Teilhabe behinderter Menschen<br />

sicherstellt.<br />

Die Kooperation der Landschaftsverbände, der Kommunen und der Träger von<br />

Diensten und Einrichtungen der Behindertenhilfe werden wir hierzu verbessern.<br />

Alle zuständigen Leistungsträger sind gefordert, ihre Leistungen in diesem Sinne<br />

weiterzuentwickeln und zu vernetzen. Für uns gilt dabei der Grundsatz: Ungeklärte<br />

Zuständigkeiten der Sozialleistungsträger dürfen nicht zu Lasten der Betroffenen<br />

gehen. Hierzu gehört auch eine deutliche Qualitätsverbesserung der Instrumente des<br />

SGB IX. Wir werden hierzu auf Bundesebene aktiv.<br />

Außerdem fordern wir vom Bund das Recht für Menschen mit Behinderung ein, alle<br />

Leistungen der Sozialgesetzbücher gleichberechtigt in Anspruch nehmen zu können.<br />

Wir setzen uns für die Einführung eines eigenständigen Bundesleistungsrechtes für<br />

Menschen mit Behinderung ein, das den Behinderungsbegriff der UN-<br />

Behindertenrechtskonvention zugrunde legt. Hierzu werden wir die Initiative im<br />

Bundesrat ergreifen, Damit soll u.a. auch die Eingliederungshilfe als ausschließlich<br />

kommunal finanzierte „Fürsorgeleistung“ abgelöst werden.<br />

Früh und konsequent fördern: Eine erfolgreiche Inklusionskette schaffen<br />

Frühe Förderung verbessert die Lebensqualität, vergrößert die individuellen Chancen<br />

im Inklusionsprozess und verringert in den meisten Fällen öffentliche Kosten für<br />

spätere Unterstützungsleistungen. "Kein Kind zurückzulassen", das gilt deshalb vor<br />

allem auch für Kinder mit Behinderung im Vorschulalter und Kinder, die von<br />

Behinderung bedroht sind. Wir haben in der letzten Legislaturperiode die langjährige<br />

Forderung nach Evaluation der vorhandenen Frühförderstellen in den Kommunen<br />

eingeleitet. Diese Ergebnisse sind Grundlage weiteren Handelns.<br />

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Dabei werden wir die Kooperation aller zuständigen Rehabilitationsträger<br />

Leistungsanbieter mit dem Ziel befördern:<br />

• einheitliche Standards zur Dauer und zu den Inhalten von Diagnostik und<br />

Fördereinheiten in der "Komplexleistung Frühförderung" festzulegen,<br />

• Anforderungen an die Qualifikation der Fachkräfte und an das<br />

•<br />

Leistungsentgelt zu definieren und<br />

eine Schiedsstellenlösung als verbindlichen Konfliktlösungsmechanismus<br />

einzurichten.<br />

Vor allem für betroffene Eltern wird damit die Sicherheit einer landesweit einheitliche<br />

Unterstützungs- und Förderstruktur geschaffen.<br />

Inklusion in der Kita<br />

Kein Kind mit Behinderung soll Ausgrenzung erfahren müssen. Vielmehr sollen von<br />

Anfang an Kinder mit und ohne Behinderung zusammen in den Kindergarten gehen.<br />

Der Auftrag der UN- Behindertenrechtskonvention gilt in vollem Umfang auch in der<br />

frühkindlichen Bildung.<br />

Wir wollen mit den weiteren Stufen der Revision ein bedarfsgerechtes Angebot an<br />

erforderlichen heilpädagogischen Maßnahmen in den Kindertageseinrichtungen<br />

sorgen.<br />

Inklusive Schulen<br />

Wir wollen so schnell wie möglich den Rechtsanspruch auf den Besuch einer<br />

allgemeinen Schule umsetzen. Inklusion ist eine Aufgabe, die sich für alle Schulen<br />

und Schulformen stellt. Wir wollen, dass Schülerinnen und Schüler mit und ohne<br />

Behinderung gemeinsam lernen. Die Schulen werden wir durch Fortbildung und<br />

zusätzliches Personal unterstützen. Der Prozess wird schrittweise zielgerichtet und<br />

verlässlich gestaltet.<br />

Der inklusive Arbeitsmarkt<br />

Menschen mit Behinderung haben vielfältiges Potenzial. Arbeit ist eine der<br />

wichtigsten Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben, für gesellschaftliche<br />

Teilhabe und die Verhinderung von Altersarmut. Arbeit bedeutet unmittelbar<br />

Einkommen und damit die existenzielle Grundlage für die Verwirklichung von<br />

Lebensplanungen und gesellschaftlicher Anerkennung, für die Sicherung von<br />

Lebensstandards und Handlungsspielräumen.<br />

"Menschen mit Behinderung haben das gleiche Recht auf Arbeit und die Möglichkeit,<br />

in einem offenen, integrativen und zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld den<br />

Lebensunterhalt zu verdienen". <strong>NRW</strong> bekennt sich zu diesem Programmsatz der UN-<br />

Konvention. In <strong>NRW</strong> sind in der Vergangenheit große Erfolge erzielt worden. Dieser<br />

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Weg wird fortgesetzt. Gemeinsam mit den beiden Landschaftsverbänden wird ein<br />

<strong>NRW</strong>-Budget für Arbeit entwickelt, um wesentlich mehr behinderten Menschen der<br />

Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu ebnen.<br />

Deswegen werden wir die Integrationsunternehmen weiter ausbauen, in denen 25 –<br />

50 % der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Menschen mit einer Behinderung<br />

sind. Darüber hinaus werden wir das Leistungsangebot der Werkstätten für<br />

Menschen mit Behinderung noch stärker auf die Anforderungen des allgemeinen<br />

Arbeitsmarktes ausrichten und Beschäftigungsalternativen für Mitarbeiter der<br />

Werkstätten für Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt<br />

fördern.<br />

Selbstbestimmtes Wohnen<br />

Menschenwürde ist in jeder Lebensphase zu wahren. Wir werden dafür eintreten,<br />

dass alle Menschen mit Behinderung sowie mit Unterstützungs- und Pflegebedarf<br />

selbstbestimmt leben können. Wir wollen deshalb bessere Rahmenbedingungen für<br />

ein selbstbestimmtes Wohnen schaffen.<br />

Der Kostenvorbehalt im SGB XII ist mit den Vorgaben der UN-BRK nicht vereinbar<br />

und muss bei der notwendigen Reform des SGB XII auf Bundesebene bzw. mit<br />

Einführung eines eigenständigen Bundesleistungsrechts aufgehoben werden.<br />

Die Landschaftsverbände sollen auch in Zukunft für alle stationären wie ambulanten<br />

Leistungen der Eingliederungshilfe im Bereich Wohnen zuständig bleiben. Dies<br />

werden wir in einem Ausführungsgesetz regeln. Dabei ist in Kooperation mit den<br />

kommunalen Spitzenverbänden eine Zuständigkeitsregelung zu finden, die „Hilfen<br />

aus einer Hand“ auch für die komplementären Unterstützungsformen im Sozialraum<br />

berücksichtigt. Personenzentrierung und Umbau der Versorgungsangebote weg von<br />

Wohnheimen hin zu selbstbestimmten Wohnformen mit der Möglichkeit der<br />

ambulanten Unterstützung sollen in <strong>NRW</strong> im Mittelpunkt der Weiterentwicklung der<br />

Leistungen der Eingliederungshilfen zum Wohnen stehen. Dabei wollen wir auch,<br />

dass das unterstützte selbständige Wohnen auch für Menschen mit intensivem und<br />

vielfältigem Unterstützungsbedarf weiterentwickelt und ausgebaut wird.<br />

Menschen mit Behinderung sollen selbst bestimmen können, wo sie wohnen und mit<br />

wem sie wohnen. Deswegen werden wir durch die Bereitstellung von Mitteln der<br />

sozialen Wohnraumförderung kontinuierlich das Angebot, der für Menschen mit<br />

Behinderung geeignet und bezahlbar ist, erweitern und verbessern. Das Programm<br />

der <strong>NRW</strong>.Bank zum Abbau von Barrieren werden wir fortsetzen.<br />

Zudem ist ein auskömmliches Angebot von haushaltsnahen Dienstleistungen<br />

erforderlich. Deshalb wollen wir landespolitisch die Rahmenbedingungen für<br />

Dienstleistungspools auf der kommunalen Ebene mit sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten schaffen, damit ortsnah ein bedarfsgerechtes und für die Haushalte<br />

erschwingliches Dienstleistungsangebot entstehen kann. Darüber hinaus wollen wir<br />

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eine Bundesratsinitiative zur steuerlichen Gleichstellung von haushaltsnahen<br />

Dienstleistungen mit ambulanten Pflegedienstleistungen ergreifen.<br />

VII. Familie, Jugend, Generationen, Sport<br />

Familien in <strong>NRW</strong><br />

„Familie“ im 21. Jahrhundert hat sich gewandelt und versteht sich heute als der Ort,<br />

wo Menschen unterschiedlicher Generationen füreinander Verantwortung<br />

übernehmen. Ihr Engagement ist unverzichtbar für ein gelingendes Aufwachsen von<br />

Kindern und Jugendlichen. Den sich verändernden Lebensrealitäten der Familien<br />

und den vielfältigen Herausforderungen, vor denen sie stehen, werden wir Rechnung<br />

tragen. Die Stärkung der Familien ist uns ein wichtiges Anliegen. Daher werden wir<br />

Initiativen zur Weiterentwicklung familienpolitischer Ansätze auf Landesebene<br />

ergreifen.<br />

Wir erkennen das Bedürfnis von Familien an, die verschiedenen Lebensbereiche in<br />

Einklang bringen zu wollen. Wir werden deshalb die Rahmenbedingungen für die<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, partnerschaftliche Familienmodelle<br />

unterstützen, eine aktive Vaterschaft stärken und für mehr Zeitsouveränität von<br />

Familien eintreten. Wir tun dieses gemeinsam mit Kommunen, Verbänden der<br />

Wirtschaft sowie Sozial- und Familienverbänden und sichern dabei die Beteiligung<br />

von Eltern, Kindern und Jugendlichen.<br />

Wir werden einen „Familienbericht Nordrhein-Westfalen“ erstellen. Neben der<br />

Erhebung von Daten und Fakten wollen wir daraus vor allem auch<br />

Handlungsoptionen für eine moderne Familienpolitik entwickeln.<br />

Uns geht es darum, dass die Anliegen von Familien bei wirtschaftlichen und<br />

politischen Vorhaben regelmäßig berücksichtigt werden. Das gilt für die Sozial- und<br />

Gesellschaftspolitik ebenso wie in der Wohnungsbaupolitik, in der Verkehrspolitik<br />

und besonders im Bildungsbereich. Wir wollen, dass die Belange von Familien hier<br />

von Beginn an berücksichtigt werden. Oberste Priorität hat für uns auch hier der<br />

Leitsatz: „Wir wollen kein Kind zurücklassen.“<br />

Für eine Umsteuerung familienpolitischer Leistungen<br />

Wir setzen uns für eine zukunftsorientierte Umsteuerung familienpolitischer<br />

Leistungen ein. Es ist nicht hinnehmbar, dass von der Bundesebene nahezu 200<br />

Mrd. Euro jährlich in die Familien fließen und dennoch viele Familien arm sind. Wir<br />

werden uns dafür einsetzen, dass die vorhandenen Leistungen zu einem gerechten<br />

Familienleistungssystem neu gestaltet und ausgebaut werden. Es soll vor allem drei<br />

Ziele erfüllen: Materielle Absicherung und Teilhabe von Kindern und Familien,<br />

bezahlbare haushaltsnahe Dienstleistungen für Familien und die Förderung des<br />

partnerschaftlichen Familienmodells. Auch das geplante Betreuungsgeld erfüllt diese<br />

Forderung nicht, da es am Bedarf der Familien nach verlässlicher Kinderbetreuung<br />

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vorbeigeht. Es ist bildungspolitisch kontraproduktiv, da es einen Anreiz setzt, um<br />

Kindern eine wichtige Förderung vorzuenthalten. Dies ist mit einer konsequenten<br />

Präventionsstrategie unvereinbar. Außerdem ist das Betreuungsgeld sozial<br />

ungerecht, da es Eltern, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind und sich<br />

dadurch in einer wirtschaftlich besonders schwierigen Lage befinden, nach dem<br />

Willen der Bundesregierung nicht zu Gute kommen soll. Das Betreuungsgeld<br />

verfestigt damit die Armut in vielen jungen Familien. Daher lehnen wir es ab und<br />

werden als Land alle Möglichkeiten nutzen, um es wieder abzuschaffen.<br />

Wir setzen uns auch dafür ein, dass das Elterngeld nicht mehr wie bisher auf das<br />

Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Es ist nicht hinnehmbar, dass gerade die<br />

Familien bei dieser Leistung leer ausgehen, die sich unter besonders schwierigen<br />

Bedingungen für ein Kind entscheiden.<br />

Den Wunsch von immer mehr Familien nach einem partnerschaftlichen<br />

Familienmodell nehmen wir ernst. Die notwendigen Rahmenbedingungen, um diesen<br />

Wunsch auch umzusetzen, müssen wir schrittweise schaffen. Es muss sichergestellt<br />

werden, dass Eltern, die sich Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit während der<br />

Elternzeit partnerschaftlich teilen, indem sie beide Teilzeit arbeiten, beim Elterngeld<br />

nicht benachteiligt werden.<br />

Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

Wir setzen uns für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Das ist der<br />

Wunsch der meisten Familien und es entspricht auch dem wachsenden<br />

Fachkräftebedarf in der Wirtschaft. Wir wollen eng mit Arbeitgebern,<br />

Gewerkschaften, Betriebsräten, Verbänden und anderen Akteuren<br />

zusammenarbeiten, um gute Ansätze für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu<br />

verbreitern. Dazu werden wir die bestehende Aktionsplattform „Familie@Beruf“<br />

weiterentwickeln.<br />

Die Bundesregierung stellt in ihrem 8. Familienbericht, der sich dem Thema „Zeit“<br />

widmet, fest, dass das Arbeitsrecht eine strukturelle „Blindheit“ gegenüber Familien<br />

hat. Wir wollen, dass dieser richtigen Erkenntnis auch Taten folgen und werden<br />

deshalb in einer Bundesratsinitiative Vorschläge für familienfreundliche<br />

Arbeitszeitregelungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und im Teilzeit- und<br />

Befristungsgesetz unterbreiten. Dabei geht es uns darum, dass Eltern mehr Einfluss<br />

auf die Ausgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen haben, wie Arbeitszeit und<br />

Arbeitsort. Ebenso wollen wir erreichen, dass Teilzeitstellen nicht zur Sackgasse<br />

werden. So werden wir uns dafür einsetzen, dass Teilzeitmodelle an Lebensphasen<br />

orientiert werden und es ein Rückkehrrecht auf Vollzeit gibt.<br />

Stärkung der Erziehungskompetenz vortreiben<br />

Bildung und Erziehung von Kindern erfordert erhebliche Anstrengungen. Wir wollen<br />

daher die Unterstützung für Familien bei der Bewältigung dieser Aufgaben weiter<br />

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ausbauen und den Zugang zu Information und Beratung erleichtern. Dazu gehört es,<br />

Angebote in Stadtteile zu bringen und dort anzusiedeln, wo Familien ihren<br />

Lebensmittelpunkt haben. Deshalb wollen wir die Familienbildung und<br />

Familienberatung in den Familienzentren stärken und verlässlich fördern.<br />

Wir wollen Eltern in ihrer Verantwortung für die Entwicklung ihrer Kinder spürbar<br />

unterstützen. Deshalb wollen wir das gebührenfreie Angebot der Familienbildung<br />

„Elternstart <strong>NRW</strong>“, das 2012 für Mütter und Väter von Kindern bis zu einem Jahr<br />

eingeführt wurde, fortführen.<br />

Neujustierung in der Schwangerschaftsberatung<br />

Wir werden die Förderung der Schwangerenberatung neu justieren und die<br />

gesetzliche Förderung des Landes sachgerechter als bisher verteilen. Deshalb<br />

streben wir eine Novellierung des Ausführungsgesetzes zum<br />

Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) an, nach der die Verteilung der Förderung<br />

auch an der Nachfrage der Beratungs- und Präventionsangebote der<br />

Beratungsstellen ausgerichtet wird. Dabei sollen die Aufgaben nach den §§ 2 und 5<br />

SchKG einbezogen werden. Damit wollen wir die bisherige Regelung, die eine<br />

schematische gleichhohe Förderung alter Trägergruppen vorsieht, ablösen.<br />

Jugendpolitik: Ein eigenständiges Politikfeld<br />

Wir wollen den Weg fortsetzen, Jugendpolitik zu einem eigenständigen Politikfeld der<br />

Landespolitik zu machen. Durch gezielte Förderung wollen wir erreichen, dass alle<br />

Kinder und Jugendlichen im Land ihre individuellen Möglichkeiten und Begabungen<br />

entfalten können. Wichtig ist uns dabei, dass Kinder und Jugendliche sich selbst<br />

stärker in die Ausgestaltung der Angebote der Jugendarbeit einbringen können.<br />

Hierfür stärken wir gemeinsam mit den Einrichtungen und Organisationen der<br />

Jugendarbeit Beteiligungsmöglichkeiten. Dabei soll mit Blick auf die Jugendarbeit<br />

insgesamt sichergestellt werden, dass möglichst alle Jugendliche unabhängig von<br />

Geschlecht, sexueller Identität oder Orientierung, ethnischer Herkunft,<br />

Beeinträchtigungen und Behinderung Zugang zu Angeboten erhalten. Gerade<br />

benachteiligte Jugendliche wollen wir besser fördern.<br />

Kinder- und Jugendarbeit ist ein Feld zur Selbstentfaltung und Persönlichkeitsbildung<br />

junger Menschen. Es handelt sich um einen Bildungsbereich, der in vielfältiger Weise<br />

nonformale und informelle Bildungsprozesse ermöglicht. Dies wollen wir stärken und<br />

zugleich eine noch bessere Verknüpfung mit dem Lern- und Lebensort Schule<br />

sicherstellen. Daher muss die Kooperation von Jugendhilfe und Schule unter<br />

Beachtung des eigenständigen Charakters von Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit<br />

weiter verbessert werden. Der Entwicklung kommunaler Bildungslandschaften<br />

kommt dabei eine besondere Rolle zu.<br />

Darüber hinaus ist es von großer Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche auch<br />

unter den Bedingungen eines Ausbaus der Ganztagsschulen weiterhin über die<br />

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notwendige Zeit für Engagement und selbstbestimmte Freizeit verfügen. Hierüber<br />

werden wir einen breiten gesellschaftlichen Dialog anregen.<br />

Das zentrale Instrument unserer Jugendpolitik in <strong>NRW</strong> ist der von uns aufgestockte<br />

Kinder- und Jugendförderplan, den wir im bisherigen Fördervolumen fortschreiben<br />

werden. Die darin enthaltenen Schwerpunktsetzungen auf Bildung, Prävention, die<br />

Bekämpfung sozialer Benachteiligung sowie Integration und Inklusion werden wir<br />

beibehalten. Jahresübergreifende Förderungen sind zu erleichtern. Wir wollen auch<br />

die geschlechtersensible Jugendarbeit fortsetzen und weiter stärken. Die<br />

Jugendeinrichtungen von und für Jugendliche mit LSBTTI-Identität werden wir gezielt<br />

und verlässlich ergänzend fördern.<br />

Um insgesamt Bildung und gesellschaftliche Teilhabe von benachteiligten jungen<br />

Menschen zu verbessern, werden wir darauf hinwirken, dass die Angebote der<br />

Jugendsozialarbeit noch besser mit den Angeboten anderer Hilfesysteme und den<br />

Schulen zusammenwirken. Besonders die Gruppe junger Volljähriger aus<br />

benachteiligten Milieus wollen wir aufgrund der bestehenden<br />

Schnittstellenproblematik stärker in den Blickpunkt nehmen.<br />

Jugendarbeit lebt vom ehrenamtlichen Engagement, das wir weiter fördern und<br />

unterstützen wollen. Bei der Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes ist darauf<br />

zu achten, dass dieses Engagement in der Jugendarbeit nicht beeinträchtigt wird.<br />

Eine Kultur des Hinsehens und freiwillige Selbstverpflichtungen in der Jugendarbeit<br />

und im Sport leisten einen wichtigen Beitrag zum Kinder- und Jugendschutz.<br />

Freiwilligendienste eröffnen jungen Menschen die Chance persönlicher und<br />

beruflicher Orientierung. Sie ermöglichen neue Lernerfahrungen und vermitteln<br />

wichtige fachliche, soziale und interkulturelle Fähigkeiten. Daher werden wir das<br />

Freiwillige Soziale Jahr sowie andere Freiwilligendienste unterstützen und das<br />

Freiwillige Ökologische Jahr ausbauen.<br />

Das Kinder- und Jugendförderungsgesetz fordert die Einbeziehung von Kindern und<br />

Jugendlichen in politische Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen. Eine<br />

Servicestelle Jugendbeteiligung kann helfen, Initiativen zu unterstützen, die das Ziel<br />

der Ausweitung und Verbesserung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf<br />

kommunaler Ebene haben. Darüber hinaus werden wir die Wirksamkeit der<br />

vorhandenen Beteiligungsmodelle prüfen.<br />

Die Rechte von Kindern und Jugendlichen wollen wir stärken. Das kann durch eine<br />

Ausweitung von Teilhabemöglichkeiten erreicht werden. Ansätze wie z.B., die<br />

Einrichtung eines unabhängigen Beschwerdemanagement in der Kinder- und<br />

Jugendhilfe (Ombudsstellen) können ein wichtiger Beitrag dazu sein. Hier werden wir<br />

Unterstützungsmöglichkeiten prüfen.<br />

Wer junge Menschen für Politik und wichtige Zukunftsfragen interessieren und ihnen<br />

Verantwortung übertragen will, muss sie daran beteiligen. Junge Menschen ab 16<br />

Jahren sollen bei den Landtagswahlen mitwählen können. Denn wer reif genug für<br />

die Kommunalwahlen ist, ist es auch für die Landtagswahlen.<br />

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Zivilgesellschaftliches und Bürgerschaftliches Engagement in Nordrhein-<br />

Westfalen stärken<br />

Hunderttausende Menschen aller Altersklassen engagieren sich in <strong>NRW</strong><br />

ehrenamtlich. Sie bilden ein starkes Fundament für viele Bereiche der Sozial-,<br />

Jugend- und Familienarbeit, im Sport, in der Kultur und in unseren Vereinen. Diese<br />

Begeisterung und dieses gesellschaftliche Verantwortungsbewusstsein wollen wir<br />

erhalten und nach Möglichkeit weiter ausbauen. Denn eine lebendige<br />

Zivilgesellschaft stärkt die Demokratie und den solidarischen Zusammenhalt unserer<br />

Gesellschaft.<br />

Gesellschaftliches Engagement zeigt sich in vielen Formen: vom klassischen<br />

Ehrenamt, langfristig und in festen organisatorischen Strukturen, bis hin zu<br />

projektgebundenen oder losen Organisationsformen, von der Nachbarschaftshilfe<br />

über Selbst- und Fremdhilfe, dem Einsatz in gemeinnützigen Organisationen,<br />

Bürgerinitiativen und politischer Partizipation. Auch Unternehmen sind hier gefordert,<br />

zivilgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und beispielsweise ihren<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Raum für Engagement zu geben.<br />

Dieses unterschiedliche und vielfältige Engagement lässt sich weder verordnen noch<br />

gezielt steuern. Aber es kann und sollte durch den Staat gefördert und unterstützt<br />

werden.<br />

Die bestehenden und sehr erfolgreichen Instrumente wie der Engagementnachweis<br />

<strong>NRW</strong>, die Unfall- und Haftpflichtversicherung für Ehrenamtliche in <strong>NRW</strong>, das<br />

Informationsportal „engagiert-in-nrw“ und die Ehrenamtskarte <strong>NRW</strong> werden wir<br />

fortführen.<br />

Ein besonderes Anliegen sind uns Aktivitäten zur Stärkung des Engagements von<br />

jungen Menschen. Ihr Engagement ist seit einigen Jahren rückläufig, diesem Trend<br />

wollen wir entgegen wirken. Möglichkeiten hierzu bestehen z.B. in Verbänden, im<br />

Freiwilligen Sozialen Jahr und im Freiwilligen Ökologischen Jahr. Auch das Soziale<br />

Jahr in der Kultur gehört dazu. Mit dem Bundesfreiwilligendienst ist eine zusätzliche<br />

Möglichkeit für junge und ältere Menschen entstanden, generationenübergreifend<br />

freiwilliges Engagement wahrzunehmen. Für uns dienen solche Jahre der Bildung,<br />

fördern die persönliche Weiterentwicklung und die Bereitschaft zur Übernahme<br />

gesellschaftlicher Verantwortung. Sie dürfen nicht als Instrument des Arbeitsmarktes<br />

missbraucht werden.<br />

Die Bereitschaft gerade älterer Menschen, sich für die Gesellschaft zu engagieren,<br />

ist unverzichtbar, um lebendige und zukunftsfähige Quartiere zu gestalten. Aufgabe<br />

des Landes wird es sein, die Kommunen bei der Förderung bürgerschaftlichen<br />

Engagements durch landesweit wirksame Strukturen der Koordination und<br />

Qualifikation zu unterstützen.<br />

Die Leistungen der engagierten Bürgerinnen und Bürger für das Wohl unserer<br />

Gesellschaft verdienen Wertschätzung. Wir setzen uns weiterhin für eine Kultur der<br />

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öffentlichen Anerkennung ein und wollen unter anderem durch Veranstaltungen auf<br />

die Bedeutung zivilgesellschaftlichen und bürgerschaftlichen Engagements<br />

aufmerksam machen. Wir werden zur Verleihung eines Engagementpreises <strong>NRW</strong><br />

ein Konzept der Landesregierung erstellen, das die Vielfalt des Engagements<br />

berücksichtigt.<br />

Im Rahmen der Engagementkampagne möchten wir mit gutem Bespiel vorangehen<br />

und uns im Sinne des Corporate Volunteering regelmäßig in gemeinnützigen<br />

Einrichtungen engagieren. Ein entsprechendes Corporate Volunteering-Konzept für<br />

die Landesregierung wird erarbeitet.<br />

Politische Bildung stärken<br />

Die Bedeutung der politischen Bildung wächst in Zeiten zunehmender Globalisierung<br />

und damit einhergehenden Unsicherheiten in der Beurteilung politischer<br />

Entwicklungen. Toleranz und ein solidarisches Miteinander sind die Basis unserer<br />

Demokratie. Deshalb bleibt es eine stetige Herausforderung, den Bürgerinnen und<br />

Bürgern die Chancen und die Errungenschaften der Demokratie aktiv zu vermitteln<br />

und sie zu einem zivilgesellschaftlichen Engagement zu ermuntern.<br />

Daher werden wir die Entwicklung weiterer demokratischer Strukturen in Jugendund<br />

Bildungseinrichtungen unterstützen. Wir wollen eine Identifizierung mit<br />

demokratischen Werten erreichen und so die Voraussetzungen für eine eigene<br />

Urteilsfähigkeit schaffen. Eine pluralistische Gesellschaft kann nur ohne<br />

Ausgrenzung funktionieren. Deshalb setzen wir auch weiterhin auf eine starke<br />

Landeszentrale für politische Bildung und auf eine starke politische<br />

Bildungslandschaft.<br />

Rechtsextremismus bekämpfen<br />

Wir stehen für ein weltoffenes, pluralistisches und demokratisches Nordrhein-<br />

Westfalen. Die Aufdeckung der menschenverachtenden NSU-Morde hat unsere<br />

demokratische Gesellschaft erschüttert. Auch in <strong>NRW</strong> wurden und werden<br />

Menschen Opfer rechter Gewalt. Deshalb werden wir die rechtsextreme Szene und<br />

die dahinter liegenden menschenfeindlichen Einstellungen wie Rassismus,<br />

Antisemitismus,<br />

bekämpfen.<br />

Islamfeindlichkeit, Sexismus und Homophobie entschieden<br />

Wir geben dem Rechtsextremismus keine Chance. Gerade im präventiven Bereich<br />

haben wir bereits viel gegen Rechtsextremismus unternommen. Das wollen wir<br />

verstärken und ein integriertes Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und<br />

Rassismus entwickeln. An der Erstellung des Konzepts wollen wir viele beteiligen<br />

und es so möglichst breit aufstellen. Zivilgesellschaftliche Initiativen sind das<br />

Herzstück im Kampf gegen Rechtsextremismus. Deshalb wollen wir diejenigen<br />

unterstützen, die sich aktiv gegen Rechtsextremismus und Rassismus einsetzen. Die<br />

unterschiedlichen Aktivitäten der Landesregierung werden wir durch eine nachhaltige<br />

Strategie besser aufeinander abstimmen.<br />

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Wichtig sind uns auch die Opfer von rechtsextremer Gewalt und<br />

Einschüchterungsversuchen. Die bereits bestehenden Opferberatungsstellen,<br />

mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus und die bei der Landeszentrale<br />

für politische Bildung eingerichtete Koordinierungsstelle wollen wir daher stärken. Da<br />

Frauen und Mädchen verstärkt als Aktivistinnen in der rechtsextremen Szene<br />

auftreten, müssen alle Maßnahmen auch unter der Genderperspektive betrachtet<br />

werden.<br />

Wir fordern den Bund auf, sich weiterhin am Kampf gegen Rechtsextremismus zu<br />

beteiligen und erfolgreiche Programme fortzuführen. Die Extremismusklausel der<br />

Bundesregierung lehnen wir ab, da sie unverhältnismäßig ist und Misstrauen fördert.<br />

Wir bewegen <strong>NRW</strong><br />

Sport bietet als wichtiger Teil unserer Alltagskultur den Menschen die Möglichkeit,<br />

ethnische, kulturelle und soziale Grenzen und Unterschiede zu überwinden. Darüber<br />

hinaus leistet er einen unersetzlichen Beitrag zur Gesundheitsprävention. Der<br />

Vereins-, Breiten- und Leistungssport sowie die Jugendarbeit im Sport bedürfen<br />

deshalb einer gezielten Förderung, um Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen das<br />

Verständnis für eine gesunde Lebensführung und die Werte des Fairplay zu<br />

vermitteln. Sport fördert darüber hinaus bürgerschaftliches, ehrenamtliches<br />

Engagement.<br />

Das wichtigste Ziel unserer Sportpolitik besteht darin, allen Menschen Zugang zum<br />

Sport zu ermöglichen. Diese Aufgabe hat angesichts des demographischen Wandels<br />

noch an Bedeutung gewonnen. Besonders wichtige Zielgruppen sind auch<br />

Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderung, ältere Menschen<br />

und Frauen.<br />

Wir wollen die Vereine und Verbände im Inklusions-Prozess unterstützen. Dazu<br />

gehört vor allem die Aus, Fort- und Weiterbildung von Trainerinnen und Trainern,<br />

Betreuerinnen und Betreuern, Übungsleiterinnen und Übungsleitern sowie<br />

Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern. Vor allem gilt es, die<br />

Behindertensportverbände und -vereine und ihre Expertise in diesen Prozess<br />

einzubinden. Alle Sportverbände werden darin unterstützt, sich stärker als bisher<br />

auch für gemeinsamen Sport von Menschen mit und ohne Behinderung zu öffnen –<br />

dazu gehören auch barrierefreie Sportstätten. Zu diesem Zweck werden wir die<br />

Förderung beim Bau und der Sanierung von Sportstätten mit überregionaler<br />

Bedeutung an eine barrierefreie Gestaltung knüpfen.<br />

Sporträume und Sportstätten sollen auch für Frauen, Menschen mit<br />

Migrationsgeschichte und ältere Menschen entsprechend ihrer Bedürfnisse gestaltet<br />

werden. Wir sehen diese Aufgabe als Teil einer integrierten Stadtplanung und wollen<br />

die Kommunen verstärkt bei der Erstellung von Sportstättenentwicklungsplanungen<br />

unterstützen. Dabei müssen immer auch die ökologischen Auswirkungen und das<br />

ökologische Potenzial von Neubauten und Sanierungen Beachtung finden. Wir<br />

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wollen insbesondere auch die neuen Entwicklungen im Sport stärker begleiten und<br />

innovative Modelle innerhalb und außerhalb traditioneller Vereinsstrukturen<br />

unterstützen. Die Sportpauschale wollen wir erhalten und sicherstellen, dass sie<br />

entsprechend der Zweckbestimmung ausschließlich für Sportzwecke eingesetzt wird.<br />

Wir wollen den organisierten Sport darin unterstützen, für Menschen jeder<br />

Altersgruppe Angebote zu machen, dafür die entsprechenden Sportanlagen<br />

vorzuhalten und Übungsleiterinnen und Übungsleiter zu qualifizieren. Die<br />

Übungsleiterpauschale für die Sportvereine soll erhalten bleiben. Das Ehrenamt im<br />

Sport wird von uns in jeder Beziehung gefördert, Programme zur Gewinnung und<br />

Qualifizierung von ehrenamtlichen Menschen des Landessportbundes sind daher im<br />

Sinne einer Anerkennungskultur weiter zu fördern.<br />

Jede Diskriminierung im Sport, jede Gewalt und sexuelle Übergriffe werden von uns<br />

konsequent bekämpft. Präventive Maßnahmen im Sport, insbesondere in der<br />

Ausbildung der Übungsleiterinnen und Übungsleiter, werden von uns unterstützt. Zu<br />

diesem Zweck gilt es, das notwendige Wissen bereitzustellen und den Kontakt zu<br />

bestehenden Strukturen bzw. Einrichtungen (auch außerhalb des Sports) zu<br />

vermitteln.<br />

Das gemeinsame Breitensportprogramm der Landesregierung und des<br />

Landessportbundes „Sport für Alle“ wollen wir in den nächsten Jahren umsetzen.<br />

Spezielle Landesprogramme und Projekte werden fortgeführt. Insbesondere werden<br />

kommunale Aktivitäten unterstützt, die allen Kindern und Jugendlichen ein Angebot<br />

zu Bewegung und Sport unterbreiten, das ihren Möglichkeiten gerecht wird.<br />

Nordrhein-Westfalen versteht sich als Sportland Nummer 1. Dazu gehört<br />

unabdingbar die Förderung des Leistungssports und seines Nachwuchses. Die mit<br />

dem Landessportbund, den Olympiastützpunkten und der Sportstiftung vereinbarten<br />

Programme und Konzepte werden wir Schritt für Schritt umsetzen. Besonders wollen<br />

wir die Duale Karriere unterstützen, damit leistungssportliche Spitzenergebnisse und<br />

die Qualifizierung in der Schule, in der Hochschule, in der Berufsausbildung und im<br />

Beruf möglich sind. Dazu werden wir das „Verbundsystem Schule und<br />

Leistungssport“ verbessern und das Ziel der 18 <strong>NRW</strong>-Sportschulen in dieser<br />

Legislaturperiode realisieren. Diese Schulen sollen ihre Zusammenarbeit mit<br />

Grundschulen ausbauen.<br />

Das Land wird in Zusammenarbeit mit den Sportverbänden weiterhin<br />

Sportgroßveranstaltungen in Nordrhein-Westfalen ermöglichen. Bei diesen gilt es<br />

jedoch immer auch, ökologische Kriterien zu beachten und einen Ausgleich zwischen<br />

Sport und Umweltschutz zu schaffen. <strong>NRW</strong> kann hier international eine<br />

Vorbildfunktion einnehmen.<br />

Wir verstehen Sportpolitik als Querschnittsaufgabe, die nur in enger Kooperation mit<br />

anderen Politikbereichen weiterentwickelt werden kann. So ist insbesondere die<br />

bewegungsfreudige Schule unser Ziel. Dazu benötigen wir gut ausgebildete<br />

Lehrerinnen und Lehrer, damit der Sportunterricht im vorgesehenen Umfang von drei<br />

Wochenstunden durch qualifiziertes Personal erteilt werden kann. Wir wollen,<br />

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ausgehend von dem Projekt „Tägliche Sportstunde an Grundschulen“ ein neues<br />

Konzept erarbeiten. Ziel sind mehr tägliche Bewegungszeiten in den Schulen und<br />

eine bessere Rhythmisierung von Lern- und Entspannungszeiten im Schulalltag. Der<br />

Schwimmunterricht muss einen höheren Stellenwert bekommen.<br />

Die Maßnahmen zur Sicherstellung der Sportangebote im Ganztag werden<br />

fortgeführt. Hierbei sind die Sportvereine und ihre Verbände unsere verlässlichen<br />

und bewährten Partner. Ähnliche Anstrengungen werden in Bezug auf die Förderung<br />

von Bewegungskindergärten und der Verbindung von Sportvereinen mit<br />

Kindertagesstätten unternommen. Das Programm „1000 x 1000 – Sport im Ganztag“<br />

wollen wir fortführen.<br />

Wir stehen für einen sauberen Sport und bekämpfen entschieden jede Form des<br />

Dopings. Neue Doping-Methoden müssen frühzeitig erkannt und entsprechende<br />

Nachweisverfahren entwickelt werden. Wir treten für einen humanen Leistungssport<br />

ein, bei dem Respekt, Toleranz und Unversehrtheit im Vordergrund stehen. Kinder<br />

und Jugendliche müssen so früh wie möglich über die Gefahren des Dopings<br />

informiert und über die ethischen Grundlagen des Sports aufgeklärt werden. Wir<br />

wollen in Nordrhein-Westfalen die Einrichtung einer Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft<br />

zum Thema „Doping“ prüfen.<br />

Ein wichtiger Partner für die Sportpolitik des Landes ist und bleibt die Deutsche<br />

Sporthochschule in Köln. Wir wollen die ganzheitliche Forschung und Lehre zu allen<br />

Bereichen des Sports weiter fördern und stärken.<br />

Den eingeschlagenen Weg für „Mehr Sicherheit bei Fußballspielen“ wollen wir<br />

konsequent fortsetzen. Wir werden Gewalt im Kontext von Fußballspielen nicht<br />

tolerieren und werden Gewalttäter und Gewalttäterinnen konsequent strafrechtlich<br />

verfolgen. Die Stärkung der Prävention, wie sie durch die Fanprojekte in <strong>NRW</strong><br />

geleistet wird, ist uns ein wichtiges Anliegen. Darüber hinaus wollen wir den Dialog<br />

zwischen Politik, Vereinen und Verbänden sowie der Polizei und den Fans fördern.<br />

Wir sind der Ansicht, dass eine Strategie, die allein auf Repression setzt, dem<br />

Problem nicht gerecht wird.<br />

Pakt für den Sport<br />

In <strong>NRW</strong> gibt es 20.000 Sportvereine, die vom Landessportbund mit seinen<br />

Fachverbänden und Stadt- und Kreissportbünden vertreten werden. Der organisierte<br />

Sport benötigt weiterhin unsere Unterstützung. Deshalb wollen wir den in der letzten<br />

Legislaturperiode zwischen der Landesregierung und dem Landesportbund<br />

abgeschlossenen „Pakt für den Sport“ fortsetzen. Wir streben eine vertragliche<br />

Regelung für die gesamte Legislaturperiode an, in der dem Landesportbund<br />

Planungssicherheit gegeben werden kann. Dabei sollen Verabredungen zur<br />

Sportförderung in den Kommunen, insbesondere hinsichtlich der Sportvereine sowie<br />

der Unterstützung von Sport- und Bewegungsangeboten im Ganztag und im<br />

Primarbereich getroffen werden. Ein Schwerpunkt soll die Förderung von Sport und<br />

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Bewegung in Kindertagesstätten und die Zusammenarbeit mit örtlichen<br />

Sportvereinen werden.<br />

VIII. Gesundheit, Pflege, Emanzipation<br />

Gesundheitsversorgung sozial ausrichten<br />

Unser Ziel ist eine flächendeckende, bedarfsgerechte und ohne Hürden zugängliche<br />

gesundheitliche und medizinische Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger in<br />

<strong>NRW</strong> – unabhängig von sozialem Status, Alter, Herkunft oder Geschlecht. Unsere<br />

Gesellschaft muss sich in Zukunft auch daran messen lassen, wie es gelingt,<br />

gesundheitsfördernde Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen zu realisieren.<br />

Hierzu muss Prävention gleichberechtigt neben Kuration, Pflege und Rehabilitation<br />

einen Beitrag dazu leisten, soziale und geschlechtsspezifische Ungleichheiten zu<br />

verringern und Lebenschancen zu erhöhen. Sie muss die Menschen in ihren<br />

Lebenswelten erreichen und Zugangsbarrieren abbauen. Die finanziellen und<br />

strukturellen Rahmenbedingungen werden auf Bundesebene gesetzt. Wir werden<br />

unseren Einfluss geltend machen, um einkommensunabhängige<br />

Gesundheitsprämien zu verhindern.<br />

Wir wollen keine Zwei-Klassen-Medizin und werden daher darauf hinwirken, dass die<br />

solidarische Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Richtung einer<br />

Bürgerversicherung weiterentwickelt wird. Außerdem fordern wir die Abschaffung der<br />

Praxisgebühr, die keinerlei steuernde Wirkung entfaltet hat.<br />

Eine nutzer- und patientenorientierte Gesundheitspolitik bildet die Grundlage für eine<br />

qualitativ hochwertige Versorgung und gleichzeitig für eine leistungsstarke<br />

Gesundheitswirtschaft. Angesichts der demografischen Entwicklung wird die<br />

Nachfrage nach den Dienstleistungen der Gesundheitswirtschaft sowie nach ihren<br />

medizinischen Produkten und Systemen weiter wachsen. Sie ist daher ein<br />

anerkanntes Kompetenzfeld und treibender Faktor für Beschäftigungswachstum und<br />

Innovation. Der übergroße Teil umfasst dabei Arbeitsplätze in der medizinischen und<br />

pflegerischen Versorgung. Die Landesregierung wird die an der gesundheitlichen<br />

Versorgung beteiligten Institutionen in <strong>NRW</strong> dabei unterstützen, dass die<br />

Arbeitsbedingungen für die in der medizinischen Versorgung beschäftigten<br />

Menschen verbessert werden. Dabei werden wir die Leistungserbringer in ihrem<br />

Bemühen um attraktivere und familienverträglichere Arbeitsbedingungen<br />

unterstützen. Um die Kräfte in den Regionen zu bündeln, ist ein neues<br />

Zusammenspiel der Ärztinnen und Ärzte, Pflegenden, Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftler und Unternehmen vor Ort notwendig. Notwendig bleibt auch eine<br />

geschlechter- und herkunftsdifferenzierte Gesundheitsberichterstattung. Wir laden<br />

alle relevanten Akteurinnen und Akteure im Gesundheitswesen dazu ein, für die<br />

Umsetzung dieser Ziele gemeinsam mit uns Verantwortung zu übernehmen.<br />

Die Weiterentwicklung des Gesundheitscampus <strong>NRW</strong> mit dem Ziel einer neuen<br />

Balance zwischen regionaler und landesweiter Vernetzung und lokaler Konzentration<br />

wird fortgesetzt. Leitidee ist, dass die medizinischen und pflegerischen<br />

Herausforderungen unserer alternden Gesellschaft nur in einer partnerschaftlichen<br />

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Anstrengung von Versorgung, Wirtschaft und Wissenschaft über die Grenzen der<br />

einzelnen Versorgungssektoren hinweg und gemeinsam mit den Patientinnen und<br />

Patienten bewältigt werden können. Der Gesundheitsstandort <strong>NRW</strong> muss sich<br />

stärker als bisher gemeinsam nach außen präsentieren, dies zu fördern ist ebenfalls<br />

Kern der Arbeit des Landeszentrums Gesundheit im Campus.<br />

Die Ansiedlung von Einrichtungen und Instituten auf dem Gesundheitscampus<br />

werden wir zügig vorantreiben und so die Verzahnung von Wissenschaft, Forschung,<br />

Lehre und Wirtschaftsförderung im Gesundheitsbereich stärken.<br />

Die anwendungs- und forschungsorientierten Wettbewerbe um innovative Ideen in<br />

der Gesundheitswirtschaft werden evaluiert und im Rahmen einer abgestimmten<br />

Strategie für den Leitmarkt Gesundheit ggf. erneut aufgelegt.<br />

Wir wollen die Rechte der Patientinnen und Patienten durch ein transparentes,<br />

unabhängiges Beratungsangebot weiter stärken. Eine unabhängige, nicht durch<br />

wirtschaftliche Interessen gelenkte Beratung ist für Patientinnen und Patienten in<br />

schwierigen Situationen wichtig. Mit der Einsetzung der Patientinnen- und<br />

Patientenbeauftragten haben wir eine Struktur geschaffen, die in diesem<br />

Handlungsfeld einen wichtigen Beitrag leistet.<br />

Die Krankenhäuser in <strong>NRW</strong> müssen auch in Zukunft hohe Behandlungsqualität mit<br />

Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen können. Dabei gilt es, die wohnortnahe<br />

Grundversorgung ebenso zu sichern wie Krankenhäuser der Maximalversorgung und<br />

spezialisierte Zentren. Dabei muss den besonderen Bedarfen älterer Menschen und<br />

Menschen mit Behinderung und eingeschränktem Bewegungsradius entsprochen<br />

werden.<br />

Krankenhäuser dürfen nicht dem freien Spiel des Marktes überlassen werden. Es<br />

gibt in diesem Bereich der Gesundheitsversorgung kein funktionierendes<br />

Marktgeschehen, weil die Patientinnen und Patienten in vielen Fällen nicht über die<br />

Kundensouveränität verfügen, sich ein Krankenhaus ihrer Wahl auszusuchen. Die<br />

Krankenhausplanung in <strong>NRW</strong> muss deshalb unter Berücksichtigung der Morbidität<br />

und des demographischen Faktors eine flächendeckende Versorgung für<br />

Bürgerinnen und Bürger gewährleisten. Sie muss dabei ein gesichertes und<br />

internationalen Standards entsprechendes Qualitätsniveau gewährleisten. Die<br />

pauschale Förderung wird auch zukünftig durch einen "Sonderfonds Krankenhäuser"<br />

ergänzt.<br />

So ist offensichtlich, dass durch vermeidbare Versorgungs- und vor allem<br />

Hygienemängel Patientinnen und Patienten zu Schaden kommen und die<br />

Krankenkassen mit zusätzlichen unnötigen Behandlungskosten belastet werden, weil<br />

Verantwortliche immer wieder Pflege- und Behandlungsfehler verharmlosen. Die<br />

Reduzierung des Pflegepersonals verschärft das Problem. Insbesondere die<br />

Verbreitung des MRSA-Keims gibt immer stärker Anlass zur Sorge. Wir wollen daher<br />

den bereits begonnenen Hygieneaktionsplan fortführen und ihn zusammen mit den<br />

Akteurinnen und Akteuren der Selbstverwaltung und der<br />

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Landesgesundheitskonferenz <strong>NRW</strong> zum Wohle der Patientinnen und Patienten<br />

zeitnah umsetzen.<br />

Trotz umfassender und moderner Hygieneempfehlungen und Richtlinien des Robert-<br />

Koch-Instituts scheitert die Umsetzung an fehlendem Hygienefachpersonal in den<br />

Krankenhäusern. Die Bundesregierung darf sich nicht allein auf die Diskussion<br />

zusätzlicher Richtlinien und Register beschränken. Sie muss endlich dafür sorgen,<br />

dass die Krankenhäuser in ihrer Aufgabenwahrnehmung gestärkt werden. Die<br />

Landesregierung wird darüber hinaus prüfen, ob Maßnahmen auf Landesebene<br />

unterstützend ergriffen werden können.<br />

Die medizinische und gesundheitliche Versorgung in ländlichen und<br />

strukturschwachen Regionen sowie in sozial benachteiligten Stadtteilen wollen wir<br />

sichern und verbessern sowie die ambulante und wohnortnahe Versorgung stärken.<br />

Dazu gehört auch, dass wir gemeinsam mit den Akteurinnen und Akteuren im<br />

Gesundheitswesen Quartierskonzepte für die sozialraumorientierte Versorgung,<br />

Prävention und Gesundheitsförderung befördern und auf eine Weiterentwicklung<br />

integrierter Versorgungsangebote hinwirken. Wir wollen dabei insbesondere dem<br />

sich abzeichnenden Ärztemangel entgegenwirken. Hierzu sind auch neue Angebotsund<br />

Kooperationsformen (z.B. verstärkte Nutzung der Telemedizin) zu entwickeln<br />

und umzusetzen.<br />

Die Weiterentwicklung der örtlichen Gesundheitshilfe insbesondere auf<br />

Quartiersebene sowie die Entwicklung von aufsuchenden und nachsorgenden<br />

Gesundheitshilfen für Benachteiligte muss sich auch in einer entsprechenden<br />

Weiterentwicklung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG)<br />

<strong>NRW</strong> niederschlagen. Hierbei sind Zugangsbarrieren zum Hilfesystem abzubauen<br />

oder zielgruppenspezifische Angebote zu entwickeln. Die Präventions- und<br />

Gesundheitsförderungspraxis muss sich zunehmend mit dem Anspruch<br />

auseinandersetzen, geschlechtergerechte Konzepte zu entwickeln, um somit auch<br />

eine geschlechtersensible Versorgung im Sinne des Gender Mainstreaming<br />

verbindlich umsetzen zu können.<br />

Ziel wird es sein, neue sektorenübergreifende Versorgungsformen zu fördern, die<br />

dabei helfen, Gesundheitsversorgung als ein regionales Netz entlang der<br />

Patientenbedürfnisse umzusetzen. Eine ganzheitliche, alle Aspekte von Gesundheit<br />

einbeziehende Sichtweise ist notwendig. Auf Bundesebene werden wir uns dafür<br />

einsetzen, dass die Betriebskostenfinanzierung an die Bedarfe der Krankenhäuser<br />

angepasst wird.<br />

Zudem wollen wir gemeinsam mit anderen Akteurinnen und Akteuren darauf<br />

hinwirken, dass insbesondere die gesundheitliche Versorgung von Kindern und<br />

Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien verbessert und hierzu ein<br />

Handlungskonzept aufgelegt wird.<br />

Wir wollen die Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Behinderung in unserem<br />

Gesundheitswesen deutlich verbessern und die Entwicklung hin zu einem inklusiven<br />

und barrierefreien Gesundheitssystem unterstützen. Dies ist auch in der Aus- und<br />

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Weiterbildung in den Pflege- und Gesundheitsberufen angemessen zu<br />

berücksichtigen.<br />

Die noch oft vorhandenen Barrieren für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bei<br />

der Inanspruchnahme gesundheitlicher Leistungen wollen wir abbauen helfen und<br />

darauf hinwirken, dass vor Ort für Menschen, die als Flüchtlinge kommen, ein<br />

Zugang zur gesundheitlichen Versorgung geschaffen wird. Für Menschen ohne<br />

Papiere werden wir modellhafte Maßnahmen vor Ort unterstützen, um eine<br />

Grundversorgung zu ermöglichen.<br />

Wir wollen gemeinsam mit anderen Akteurinnen und Akteuren die psychosoziale<br />

Versorgung geschlechtergerecht ausrichten und sie den verschiedenen Bedürfnissen<br />

– etwa von Kindern und Jugendlichen, Migrantinnen und Migranten, Menschen mit<br />

Behinderung und der älteren Bevölkerung – weiter anpassen. Allen betroffenen<br />

Kindern, Jugendlichen und deren Familien muss der Zugang zu bedarfsgerechten,<br />

zielgerichteten und vernetzten Hilfen ermöglicht werden. Dabei ist dafür Sorge zu<br />

tragen, dass die Angebote vor Ort besser mit Schule, Familien- und Jugendhilfe<br />

koordiniert und abgestimmt werden. Den Ursachen der zunehmenden psychischen<br />

Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen wollen wir dabei entgegenwirken. Mit<br />

der Landesinitiative „Erhalt und Verbesserung der psychischen Gesundheit von<br />

Kindern und Jugendlichen“ ist hierzu ein erster Schritt getan.<br />

Unser Ziel ist der flächendeckende Ausbau und die Sicherung<br />

gemeindepsychiatrischer Versorgungsstrukturen und damit die Sicherstellung einer<br />

wohnortnahen Grundversorgung, die an den Bedürfnissen der psychisch erkrankten<br />

Menschen und ihrer Familien ausgerichtet ist und ein weitgehend eigenständiges<br />

und sozial integriertes Leben ermöglicht.<br />

Das Selbstbestimmungsrecht und die Persönlichkeitsrechte psychisch kranker<br />

Menschen wollen wir beachten und weiter stärken. Wir wollen alternative<br />

Behandlungsformen für Menschen in psychotischen Krisen voranbringen und<br />

erreichen, dass es zu wesentlich weniger Anwendungen von Zwangsmaßnahmen<br />

kommt, und der Umgang mit neuroleptischer Medikation zurückgefahren wird.<br />

Psychische Erkrankung im Erwachsenalter ist die Erkrankungsart mit der höchsten<br />

Steigerungsrate. Ursachen sind sowohl in den veränderten Anforderungen in unserer<br />

Gesellschaft, insbesondere am Arbeitsplatz zu suchen. Sie verursachen enorme<br />

Kosten im Gesundheitssystem und kommen durch in der Regel langen Arbeitsausfall<br />

auch die Unternehmen teuer zu stehen.<br />

Das Thema „psychische Gesundheit“ ist daher auch in der Landesgesundheitspolitik<br />

aufzuwerten.<br />

Zur Verbesserung des psychiatrischen Versorgungssystems wollen wir, aufbauend<br />

auf die Erfahrungen in Schleswig-Holstein, in mindestens jeweils einem<br />

Pflichtversorgungsgebiet in Westfalen und Nordrhein ein regionales Budget<br />

erproben.<br />

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Im Bereich der Drogen- und Suchtberatung wie auch der AIDS-Prävention und -<br />

beratung werden wir die Auswirkungen der Kommunalisierung kritisch überprüfen<br />

und Defizite aufzuzeigen. Die AIDS-Prävention wollen wir gemeinsam mit der Aids-<br />

Hilfe zeitgemäß ausrichten.<br />

Wir werden prüfen, wie das Land insbesondere mit Blick auf die Weiterentwicklung<br />

der Präventions- und Hilfestrukturen stärker Steuerungsaufgaben übernehmen kann.<br />

Da wo das Ziel, für alle Zielgruppen den Zugang zu bedarfsgerechten Angeboten zu<br />

erhalten, nicht sichergestellt ist, müssen auf Landesebene geeignete Maßnahmen<br />

zur Gegensteuerung eingeleitet werden. Darüber hinaus wollen wir insbesondere die<br />

zielgruppenspezifischen und niedrigschwelligen Angebote stärken und das<br />

Landessuchtprogramm unter Einbeziehung neuer Ansätze und Konzepte zur<br />

Prävention weiterentwickeln. In einem Aktionsplan zu Drogen und Sucht werden wir<br />

die drogenpolitischen Schwerpunkte zu Prävention, Hilfe und Entkriminalisierung<br />

ausweiten und fortführen.<br />

Die unabhängigen Krebsberatungsstellen werden wir bei ihren Bemühungen<br />

unterstützen, Finanzierungsquellen, z.B. über Krankenkassen, zu erschließen.<br />

Um gesundheitliche Versorgungssicherheit zu gewährleisten, ist ein funktionierendes<br />

aufeinander abgestimmtes Rettungswesen erforderlich. Dazu soll der Rettungsdienst<br />

weiterhin mit den Katastrophenschutzbehörden bei der Bewältigung von<br />

Großschadensereignissen und Katastrophen zusammenwirken.<br />

Durch die Novellierung des Rettungsdienstgesetzes müssen daher unter<br />

Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben öffentliche Planung und Einsatzleitung<br />

gesichert sein, und qualifizierte Dauerarbeitsplätze, Mitbestimmung und<br />

Tarifvereinbarungen Grundlage eines stabilen Systems mit öffentlichen, privaten und<br />

karitativen Trägern bleiben. Letztere sind wegen ihrer großen Mobilisierungsfähigkeit<br />

von ehrenamtlichen, gleichwohl ausgebildeten Helferinnen und Helfern insbesondere<br />

bei Großschadensereignissen unverzichtbar.<br />

Aus Gründen des Gesundheitsschutzes, der Chancengleichheit und des<br />

Wettbewerbsgedankens ist der Nichtraucherschutz auch im Gastronomiebereich<br />

konsequent und rechtssicher auszugestalten.<br />

Wir werden ein zukunftsorientiertes Handlungskonzept zur Weiterentwicklung und<br />

Sicherung des Maßregelvollzugs umsetzen.<br />

Demografischer Wandel: Selbstbestimmtes Leben im Alter ermöglichen<br />

Zu den Herausforderungen des demografischen Wandels gehört der notwendige<br />

strukturelle Umbau mit Blick auf eine älter werdende Gesellschaft. Unser politisches<br />

Ziel ist es, älteren Menschen - auch bei einer möglichen Pflegebedürftigkeit - ein<br />

selbstbestimmtes Leben in dieser sich wandelnden Gesellschaft zu ermöglichen.<br />

Zur Umsetzung dieses Ziels werden wir konsequent unseren Weg fortsetzen,<br />

Bedarfe und Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben in einem offenen<br />

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Dialog mit allen Akteurinnen und Akteuren im Themenfeld Pflege und Alter und den<br />

Vertretungen der älteren Menschen zu diskutieren und gemeinsame<br />

Handlungsansätze zu erarbeiten. Um für diesen partizipativen Prozess eine noch<br />

bessere Grundlage zu schaffen, werden wir den bereits begonnenen Aufbau einer<br />

fortlaufenden Berichterstattung über die Lebenslagen älterer Menschen in <strong>NRW</strong> und<br />

einer landesweiten Datenbank über Versorgungs- und Pflegeangebote zeitnah<br />

abschließen.<br />

Zur Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen und zur Unterstützung von<br />

Kommunen und anderen Akteurinnen und Akteuren werden wir mit einem<br />

Landesförderplan im Themenfeld Pflege und Alter eine verlässliche und transparente<br />

Fördergrundlage schaffen. Er bündelt die derzeit bereits verfügbaren<br />

Finanzressourcen und kann den Rahmen für eine bedarfsorientierte Anpassung der<br />

Förderinstrumente und Finanzressourcen bieten.<br />

Altersgerechte Quartiersentwicklung<br />

Die Rahmenbedingungen für Selbstbestimmung und soziale Teilhabe müssen dort<br />

vorhanden sein, wo die Menschen leben und auch im Alter leben wollen: In ihrem<br />

direkten Lebensumfeld, ihrem "Quartier". Deshalb werden wir die Entwicklung von<br />

Quartierskonzepten befördern, die eine Versorgungssicherheit im Wohnumfeld<br />

gewährleisten und unsere bisherigen Anstrengungen zur Umgestaltung der<br />

Wohnquartiere, ausgerichtet an den Bedürfnissen von älteren und<br />

mobilitätseingeschränkten Menschen, intensivieren. Mit dem Konzept "Masterplan<br />

altengerechtes Quartier" verfolgen wir weiterhin das ressortübergreifende Ziel, durch<br />

eine angepasste, verlässliche und niedrigschwellige Versorgungsstruktur, - zu der wir<br />

auch ein Angebot haushaltsnaher Dienstleistungen zählen - und ein optimales<br />

Zusammenwirken der Gesundheits- und Pflegeinfrastruktur, die Selbstständigkeit der<br />

Menschen so weit wie möglich zu erhalten. Wir werden hierzu den Dialog mit den<br />

Kostenträgern und Anbietern suchen.<br />

Wir werden unseren Einsatz für bessere Rahmenbedingungen zur Schaffung neuer<br />

Wohn- und Pflegeformen wie Altenwohngemeinschaften, Mehrgenerationenwohnen<br />

oder das Wohnen mit Versorgungssicherheit fortsetzen sowie dabei die Rolle der<br />

Kommunen nachhaltig stärken.<br />

Den Anspruch auf eine umfassende und unabhängige Beratung, die gerade für den<br />

Verbleib in der eigenen Häuslichkeit und die Gestaltung einer optimalen Versorgung<br />

bei Pflege- und Betreuungsbedarf unverzichtbar ist, wollen wir durch eine<br />

Optimierung der Strukturen der Wohn- und Pflegeberatung im fortgesetzten Dialog<br />

mit den Akteurinnen und Akteuren und unter Berücksichtigung bewährter<br />

kommunaler Strukturen noch besser verwirklichen.<br />

Um die Kommunen bei der umfassenden Entwicklung ihrer Quartiere und<br />

Sozialräume optimal zu unterstützen, werden wir die Aktivitäten im Rahmen des<br />

"Masterplans altersgerechtes Quartier" eng mit anderen landespolitischen Aktivitäten<br />

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zur Sozialraumgestaltung abstimmen und insbesondere auch themen- und<br />

generationenübergreifende Handlungsansätze und Infrastrukturnutzungen prüfen.<br />

Verlässliche und menschliche Pflege sichern<br />

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wird in den kommenden Jahren und<br />

Jahrzehnten deutlich ansteigen. Gleichzeitig zeichnet sich ein dramatischer<br />

Fachkräftemangel im Bereich Pflege ab. Wir können die Qualität der professionellen<br />

Pflege nur mit einer ausreichenden Zahl gut qualifizierter und engagierter<br />

Pflegekräfte sichern. Pflegekräfte, die heute in den Einrichtungen und Diensten trotz<br />

schwieriger Rahmenbedingungen engagiert um das Wohl der pflegbedürftigen<br />

Menschen bemüht sind, verdienen mehr gesellschaftliche Anerkennung und bessere<br />

Arbeitsbedingungen. Das gilt auch für den aufopferungsvollen Einsatz pflegender<br />

Angehöriger. Ihnen gebührt ebenfalls mehr Wertschätzung, Unterstützung und<br />

Entlastung. Hierfür Rahmenbedingungen zu schaffen und den haupt- und<br />

ehrenamtlich Pflegenden Stimme und Anerkennung zu geben, ist ein wichtiges<br />

eigenständiges Ziel unserer Pflegepolitik.<br />

Um vor diesem Hintergrund eine zukunftsfähige Versorgungsstruktur und eine<br />

menschliche und gute Pflege zu sichern, werden wir in unserem Einsatz für eine<br />

durchgreifende Reform der Pflegeversicherung auf Bundesebene nicht nachlassen.<br />

Dabei werden wir uns vor allem für eine Neufassung des Pflegebegriffs einsetzen,<br />

damit die Einschränkungen dementiell erkrankter Menschen in der<br />

Pflegeversicherung entsprechend berücksichtigt werden. Erforderlich ist auch die<br />

umgehende Änderung aller bundesrechtlichen Regelungen, die mit dem<br />

Selbststimmungsrecht der Pflegebedürftigen oder der Inklusionszielsetzung der UN-<br />

Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unvereinbar sind. Hierzu gehören nach<br />

unserer Überzeugung vor allem der Kostenvorbehalt des SGB XII und der<br />

Ausschluss pflegebedürftiger Menschen mit Behinderung von bestimmten<br />

Leistungen des SGB XI.<br />

Auf Landesebene werden wir den erfolgreichen Weg fortsetzen, gemeinsam mit<br />

vielen Akteurinnen und Akteuren und unter Einbeziehung der Betroffenenverbände,<br />

das Landespflegerecht und das Wohn- und Teilhabegesetz zu reformieren, um die<br />

Rahmenbedingung für eine qualitätsgesicherte, ortsnahe und zukunftsorientierte<br />

Pflegestruktur praxisnah neu zu gestalten und stärker auf die neuen Wohn- und<br />

Pflegeformen auszurichten. Bei der Umsetzung der neuen Regelungen wird es<br />

darum gehen, die Entwicklungsmöglichkeiten für alternative Wohnformen - auch<br />

finanziell - zu verbessern sowie die Modernisierung bestehender stationärer Heime,<br />

deren Öffnung ins Quartier und die weitere Umsetzung von<br />

Hausgemeinschaftskonzepten voranzutreiben. Hierzu gehört auch die Umgestaltung<br />

bestehender Heimeinrichtungen zu Hausgemeinschaften.<br />

Den zusätzlichen Aufbau klassischer stationärer Einrichtungen wollen wir dagegen<br />

nicht befördern. Im Rahmen der Novelle des Landespflegegesetzes werden wir<br />

prüfen, ob wir den Kommunen im Rahmen kommunaler Planungsinstrumentarien bei<br />

stationären Pflegeinrichtungen ein Versagungsgebot ermöglichen können. Außerdem<br />

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werden wir die gesetzlichen Finanzierungsregelungen für Pflegeeinrichtungen<br />

hinsichtlich ihrer Lenkungswirkungen untersuchen und bei Bedarf anpassen.<br />

Das Pflegewohngeld hat sich in <strong>NRW</strong> sozialpolitisch bewährt und soll im Rahmen der<br />

Reform des Landespflegegesetzes erhalten bleiben. Neben dem Abbau<br />

vermeidbarer Bürokratie im Rahmen der entsprechenden Bewilligungsverfahren<br />

wollen wir dabei Fehlsteuerungen u. a. insoweit abbauen, dass Leistungen der<br />

Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz künftig ihre volle Wirkung<br />

entfalten. Das wird in die Novellierung des Landespflegegesetzes mit einfließen.<br />

Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, haben wir mit der Einführung der<br />

Ausbildungsumlage einen wichtigen ersten Schritt getan. Die Förderung der<br />

erforderlichen Fachseminarplätze für eine steigende Zahl von Auszubildenden<br />

werden wir sicherstellen und rechtlich verpflichtend ausgestalten. Daneben gilt es,<br />

zur Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe die von uns bereits engagiert<br />

angestoßenen Prozesse zur Schaffung besserer Qualifikations- und<br />

Aufstiegsmöglichkeiten - etwa im Rahmen der modellhaften Akademisierung - im<br />

bewährten Zusammenwirken mit Berufsverbänden und Bildungsträgern zielgerichtet<br />

voranzutreiben.<br />

Bezogen auf die berufliche Ausbildung sollen die drei bestehenden<br />

Ausbildungsgänge basierend auf bewährten Vorgaben aus dem Alten- und<br />

Krankenpflegebereich langfristig zu einer generalistisch ausgerichteten<br />

Pflegeausbildung zusammengeführt werden, die zu einem einheitlichen<br />

Berufsabschluss führt. Ziel ist es, die bestehenden Strukturen an die veränderten<br />

Anforderungen in der Versorgung anzupassen sowie durch eine breiter angelegte<br />

Ausbildung das Berufsbild der Pflege attraktiver zu gestalten, da sich Auszubildende<br />

bei der Wahl der Ausbildung noch nicht einseitig auf ein Einsatzgebiet festlegen<br />

müssen. Diese Entwicklung muss im engen Dialog mit den Akteurinnen und<br />

Akteuren des Gesundheitswesens gestaltet werden, damit die speziellen Bedarfe der<br />

einzelnen Berufsbilder in der Ausbildung angemessen Berücksichtigung finden,<br />

Versorgungs- und Qualitätseinbrüche vermieden werden sowie um die spätere<br />

Wettbewerbsfähigkeit aller Berufsfelder durch vergleichbare Rahmenbedingungen zu<br />

sichern. So muss die Finanzierung der Ausbildung aller Pflegeberufe perspektivisch<br />

vereinheitlicht und solide finanziert werden.<br />

Aufbauend auf unseren in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse werden wir<br />

die Qualitätssicherung in der Pflege ergebnisorientierter und effizienter ausgestalten<br />

und weitere Themen wie etwa die Vermeidung freiheitsbeschränkender Maßnahmen<br />

und fehlerhaften Medikamenteneinsatzes in der Pflege sowie die Verbesserung der<br />

Arbeitsbedingungen Pflegender weiter voranbringen. Pflege muss in hohem Maße<br />

die besonderen Bedürfnisse von Männern und Frauen beachten und kultursensibel<br />

sein. Auch hier wollen wir weiterhin Impulse geben.<br />

Engagement und Partizipation stärken<br />

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Politik für ältere Menschen muss mit ihnen gemeinsam gestaltet werden. Alle<br />

Menschen, egal welchen Alters, müssen sich an der kreativen Umgestaltung ihres<br />

Wohnquartiers oder Stadtteils beteiligen können und selbstverständlich gilt es, die<br />

Selbsthilfe- und Stadtteilinitiativen in Planung und Quartiersgestaltung<br />

einzubeziehen. Daher werden wir uns für die Landesseniorenvertretung und ihren<br />

Einsatz für eine landesweite Verankerung freiwilliger kommunaler<br />

Seniorenvertretungen weiter stark machen.<br />

Altersarmut droht immer mehr ältere Menschen von der gesellschaftlichen Teilhabe<br />

auszuschließen. Wir werden daher in unserem Bemühen nicht nachlassen, diese<br />

Teilhabebarriere soweit wie möglich durch langfristige - auch arbeits- und<br />

bildungspolitische - Strategien präventiv zu vermeiden und uns dafür einsetzen, dass<br />

auch ältere Menschen mit geringem Einkommen aktiver Teil der Gesellschaft sein<br />

und bleiben können.<br />

Zukunft geht nur mit Frauen und Mädchen<br />

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in <strong>NRW</strong> sind Frauen und Mädchen. Die neue<br />

Landesregierung wird sich in allen Politikfeldern für sie stark machen und<br />

geschlechtsspezifische Benachteiligungen abbauen. Wir sind davon überzeugt, dass<br />

Geschlechtergerechtigkeit Chancen in allen gesellschaftlichen Bereichen schafft.<br />

Unser Ziel ist ein selbstbestimmtes und partnerschaftliches Miteinander der<br />

Geschlechter in allen Lebensbereichen.<br />

Da derzeit keine zusätzlichen Personal- und Sachmittel zur Verfügung stehen,<br />

richten die Staatskanzlei und die Ressorts zur Umsetzung der Querschnittsaufgaben<br />

Gender Mainstreaming und Gender Budgeting jeweils die Funktion einer/ eines<br />

Gender Mainstreaming-Beauftragten ein. Diese Funktion wird nicht den<br />

Gleichstellungsbeauftragten übertragen. Die Landesregierung beauftragt die<br />

Staatskanzlei, den Prozess der weiteren Implementierung und Umsetzung von<br />

Gender Mainstreaming zu koordinieren und dem Kabinett regelmäßig zu berichten.<br />

Perspektivisch hält die Landesregierung an ihrem Ziel fest, zur erfolgreichen<br />

Umsetzung von Gender Mainstreaming und Gender Budgeting eine Gender<br />

Stabstelle in der Staatskanzlei einzurichten.<br />

Schutz gegen Gewalt<br />

Mit der Wiederaufnahme der Förderung der 4. Personalstelle in den Frauenhäusern<br />

haben wir die Kürzung aus der 14. Wahlperiode korrigiert. Perspektivisch ist es unser<br />

Ziel, jeder von Gewalt betroffenen Frau und jedem ihrer Kinder kostenlose Zuflucht in<br />

einem Frauenhaus zu gewährleisten, unabhängig von Herkunft, Wohnort,<br />

Einkommen, Aufenthaltsstatus, sexueller Identität oder Behinderung. Daher wollen<br />

wir ein Landesgesetz auf den Weg bringen, das eine verlässliche und<br />

bedarfsgerechte Finanzierung von Frauenhäusern in ihrer Aufgabenvielfalt verankert,<br />

und eine Förderung aus einer Hand sicherstellt. Gemeinsam mit den Akteurinnen der<br />

Frauenhäuser werden wir Impulse zur Weiterentwicklung der Frauenhäuser setzen.<br />

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Zum Schutz von Mädchen vor sexualisierter und häuslicher Gewalt und jenen, die<br />

von Zwangsheirat betroffen sind, werden wir eine ausreichende Zahl von<br />

Unterbringungsplätzen in spezialisierten Mädchenhäusern an zwei Standorten in<br />

<strong>NRW</strong> zur Verfügung stellen. Im Bundesrat werden wir uns weiterhin dafür einsetzen,<br />

die aufenthaltsrechtliche Situation von Opfern von Zwangsheirat zu verbessern.<br />

Mit den Frauennotrufen und allgemeinen und spezialisierten Frauenberatungsstellen<br />

existieren professionelle Beratungsangebote, die den betroffenen, teils<br />

traumatisierten Frauen und Mädchen zur Seite stehen. Sie gilt es weiter in<br />

auskömmlicher Höhe zu fördern. Zudem werden wir prüfen, ob auch eine<br />

auskömmliche Finanzierung des Beratungsangebots der Frauenberatungsstellen und<br />

-notrufe gesetzlich in dem obengenannten Gesetz zur Frauenhausfinanzierung<br />

abgesichert werden kann.<br />

Wir streben ein bedarfsgerechtes Angebot zur anonymen Spurensicherung bei<br />

sexualisierter und häuslicher Gewalt mit Einlagerung der Spuren in den<br />

rechtsmedizinischen Instituten des Landes an.<br />

Wir werden den Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Mädchen<br />

und Frauen mit den Akteurinnen und Akteuren in diesem Arbeitsbereich<br />

weiterentwickeln. Darüber hinaus wollen wir die Einbeziehung der Thematik Gewalt<br />

im Geschlechterverhältnis in die Aus- und Fortbildung verschiedener Berufsgruppen<br />

voranbringen.<br />

Gleiche Rechte für Frauen<br />

Wir werden das Landesgleichstellungsgesetz <strong>NRW</strong> novellieren und durch die<br />

Stärkung seiner Durchsetzungskraft zu einem effektiven Instrumentarium für eine<br />

aktive Frauenförderung ausgestalten. Um die Stellung der<br />

Gleichstellungsbeauftragten zu festigen sowie der Unterrepräsentanz von Frauen in<br />

Führungspositionen und Gremien entgegenzuwirken, müssen auch neue rechtliche<br />

Wege beschritten werden. Dabei werden wir rechtliche Spielräume zur verbindlichen<br />

Festlegung von Zielquoten sowie zur Verankerung von Sanktionen prüfen. Die<br />

Vorgaben für Frauenförderpläne und den Landesgleichstellungsbericht werden wir<br />

effizienter ausgestalten. Zur Erhöhung des Anteils von Frauen mit<br />

Migrationsgeschichte im Öffentlichen Dienst werden wir Maßnahmen und<br />

Instrumente im Gesetz festschreiben.<br />

Darüber hinaus wollen wir Maßnahmen ergreifen, um den Anteil von Frauen im<br />

Landesparlament und den kommunalen Vertretungen zu erhöhen.<br />

Zur Verbesserung der Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt haben wir regional<br />

vernetzte Kompetenzzentren Frau und Beruf als Unterstützungs- und Förderangebot<br />

für Frauen entwickelt, die in jeder der 16 arbeitsmarktpolitischen Regionen des<br />

Landes an den Start gehen. Wir werden die Kompetenzzentren bei der Herstellung<br />

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von Chancengleichheit für Frauen durch die Verankerung von Genderaspekten in der<br />

Wirtschafts- und Strukturpolitik aktiv begleiten.<br />

Im Bereich der Öffentlichen Auftragsvergabe haben wir im Rahmen des Tariftreueund<br />

Vergabegesetzes eine gleichstellungspolitische Weichenstellung vorgenommen,<br />

indem Auftragnehmerinnen und -nehmer zukünftig verpflichtet werden, bei der<br />

Ausführung des Auftrags Maßnahmen zur Frauenförderung im eigenen<br />

Unternehmen durchzuführen oder einzuleiten.<br />

Wir werden dafür Sorge tragen, dass die Förderrichtlinien der EU unter Einbeziehung<br />

der Umsetzung von Gender Mainstreaming eingehalten werden.<br />

Um das geschlechterstereotype Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen und<br />

die tradierte Berufsorientierung von Frauen und Männern aufzubrechen, werden wir<br />

geschlechtersensible Angebote im Rahmen des Übergangssystems Schule-Beruf<br />

initiieren. In weiteren Schritten werden wir die Regeleinrichtungen von Kita über<br />

Schule bis hin zu den Trägern von Weiterbildung und -qualifizierung in diese<br />

Überlegungen einbeziehen.<br />

Wir setzen uns für die Durchsetzung des Prinzips "Gleicher Lohn für gleiche und<br />

gleichwertige Arbeit" ein. In Kooperation mit den Tarifpartnern wollen wir eine<br />

öffentlichkeitswirksame Kampagne zur Entgeltgleichheit starten und uns für die<br />

Neubewertung so genannter frauenspezifischer Arbeitsplätze einsetzen. Der<br />

öffentliche Dienst muss mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb wollen wir die<br />

Eignung des Instruments „eg-check-Verfahren“ zur Ermittlung von<br />

Entgeltdiskriminierung im öffentlichen Dienst prüfen.<br />

Wir haben bereits eine Bundesratsinitiative zur Quotierung von Aufsichtsräten auf<br />

den Weg gebracht. Auch weiterhin werden wir uns für die Förderung von Frauen in<br />

Führungspositionen in der Privatwirtschaft einsetzen. Die Vergangenheit hat gezeigt,<br />

dass freiwillige Selbstverpflichtungen zur Erhöhung des Frauenanteils in<br />

Aufsichtsräten und Vorständen nicht eingehalten werden. Daher brauchen wir<br />

gesetzliche Regelungen.<br />

Wir werden in allen Bereichen darauf achten, dass die geschlechtsspezifischen<br />

Belange von Frauen mit Behinderung konsequent berücksichtigt werden. Die<br />

Förderung des Netzwerk-Büros Frauen und Mädchen mit Behinderung werden wir<br />

fortführen.<br />

Um Menschen mit Behinderung in ihren reproduktiven und sexuellen Rechten zu<br />

stärken, wollen wir in Zusammenarbeit mit den Landschaftsverbänden eine<br />

Fachstelle zum Thema „Sexualität und Behinderung“ auf den Weg bringen, die<br />

zudem zum Ziel hat, trägerübergreifend Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der<br />

Regeleinrichtungen zu schulen.<br />

Um Prostituierten ein möglichst großes Maß an Selbstbestimmung zu ermöglichen,<br />

ihnen menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu gewährleisten sowie<br />

Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung zu bekämpfen, werden wir die<br />

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bisherigen Erkenntnisse des Runden Tisches zur Regelung der Prostitution auf<br />

kommunaler Ebene erproben und wissenschaftlich begleiten, um die gewonnen<br />

Erkenntnisse für sämtliche Kommunen <strong>NRW</strong>s transferfähig zu machen.<br />

Gendergerechte Gesundheitsversorgung<br />

Frauen und Männer sind anders krank. Diese Erkenntnis setzt sich derzeit noch viel<br />

zu langsam im gesundheitlichen Versorgungssystem durch. Den Schaden haben<br />

Patientinnen und Patienten aufgrund nicht sachgerechter Versorgung sowie die<br />

Volkswirtschaft durch vermeidbare finanzielle Belastungen. Wir haben uns diesem<br />

Problem gestellt und die Landesfachstelle Frauen und Sucht sowie das<br />

Kompetenzzentrum Frauen und Gesundheit wieder an den Start gebracht.<br />

Allerdings sind weitere Bemühungen unerlässlich, um notwendige Fortschritte in der<br />

geschlechtergerechten medizinischen Versorgung zu erzielen. Wir werden uns auf<br />

Bundesebene für eine Änderung der Approbationsordnung für Ärztinnen und Ärzte<br />

einsetzen, um zukünftig die Vermittlung von Genderwissen und<br />

Handlungsmöglichkeiten in der ärztlichen Ausbildung zu verankern.<br />

Zur Stärkung der Gesundheit von Mädchen und Jungen werden wir bisherige<br />

Maßnahmen intensivieren, gesundheitliche Präventionsangebote konsequent<br />

geschlechtersensibel gestalten und zudem ein stärkeres Gewicht auf interkulturelle<br />

Gesundheitsprojekte für Jugendliche legen. Um Essstörungen angemessen zu<br />

begegnen, werden wir ein Landeskonzept Essstörungen erstellen. Zur Versorgung<br />

medikamentenabhängiger schwangerer Frauen, Mütter und ihrer Kinder werden wir<br />

Maßnahmen auf den Weg bringen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass in der<br />

Pflege älterer Menschen die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männer<br />

besser wahrgenommen werden und das Selbstbestimmungsrecht gerade in<br />

geschlechtersensiblen Fragen besondere Beachtung findet. Und nicht zuletzt werden<br />

wir uns auf Bundesebene für eine bessere Alterssicherung pflegender Angehöriger<br />

einsetzen.<br />

Wir werden einen Runden Tisch Geburtshilfe einrichten, um sicherzustellen, dass in<br />

<strong>NRW</strong> trotz immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen für die Hebammen<br />

auch weiterhin das Recht auf freie Wahl bei der Geburtshilfe gewährleistet wird.<br />

Zudem werden wir uns auf Bundesebene für verbesserte Rahmenbedingungen der<br />

Hebammentätigkeit und für die Überführung der Hebammenleistungen in das SGB V<br />

einsetzen. Damit leisten wir auch einen Beitrag gegen die Fehlentwicklung der<br />

steigenden Kaiserschnittrate.<br />

Vielfältiges <strong>NRW</strong> mit gleichen Rechten<br />

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle und Intersexuelle<br />

(LSBTTI) sind ein Teil unserer vielfältigen Gesellschaft. Wir werden auch weiterhin<br />

dafür eintreten, dass alle Menschen in <strong>NRW</strong>, unabhängig von Geschlecht, Alter,<br />

Herkunft, Behinderung, Religion oder sexueller Identität, diskriminierungsfrei leben<br />

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können. Der Abbau von Diskriminierung, Homo- und Transphobie ist<br />

Querschnittsaufgabe der Landesregierung.<br />

Wir werden die Umsetzung eines Aktionsplans gegen Homo- und Transphobie<br />

kontinuierlich vorantreiben. Die LSBTTI-Nichtregierungsorganisationen sind dabei<br />

unsere wichtigsten Partner. Die Arbeit der unterschiedlichen Verbände,<br />

Beratungsstellen, regionalen und landesweiten Projekte im Bereich Selbsthilfe,<br />

Akzeptanzförderung, Antigewaltarbeit, Coming-out-Arbeit für Menschen mit<br />

Migrationsgeschichte und Beratung von Diskriminierungsopfern sowie Beratung von<br />

Regenbogenfamilien wollen wir unterstützen, stärken und vernetzen.<br />

In Verbindung damit wollen wir zur Förderung der Akzeptanz gleichgeschlechtlicher<br />

Lebensweisen eine landesweite Akzeptanzkampagne in <strong>NRW</strong> initiieren, die sich an<br />

die Allgemeinbevölkerung in <strong>NRW</strong> wendet.<br />

Um auch gerade in ländlichen Gegenden eine effektive Akzeptanzarbeit und<br />

hilfreiche Selbstorganisation leisten zu können, wollen wir die ehrenamtlichen<br />

Projekte im ländlichen Raum stärken.<br />

Wir sind uns einig, dass Jugendliche bei der Entwicklung ihrer Identität in Schule und<br />

Jugendhilfe besondere Unterstützung brauchen. Wir stellen dies, unter<br />

Berücksichtigung im Kinder- und Jugendförderplan und durch Sicherung des<br />

Projektes Schule ohne Homophobie und des Landesprojekts SchLAu <strong>NRW</strong> sicher.<br />

Wir wollen die Gender- und Queerkompetenzen in allen pädagogischen Berufen<br />

stärken und sie zu einem festen Bestandteil der Aus-, Fort- und Weiterbildung<br />

machen. LSBTTI soll Eingang in die Lehrpläne finden und in den Lehr- und<br />

Lernmaterialien berücksichtigt werden. Auch in der außerschulischen Jugendarbeit<br />

setzen wir uns für eine verstärkte Sensibilisierung für LSBTTI-Belange ein.<br />

Besonders im Bereich der Trans- und Intersexualität gibt es in unserer Gesellschaft<br />

noch tiefsitzende Vorurteile, die sicherlich zu einem nicht unerheblichen Teil auf<br />

Unwissenheit zurückzuführen sind. Wir wollen die Akzeptanz und das<br />

Selbstbestimmungsrecht von trans- und intersexuellen Menschen in unserer<br />

Gesellschaft stärken und Beratungsangebote für Trans- und Intersexuelle fördern.<br />

Wir wollen darauf hinwirken, dass die Empfehlungen des Deutschen Ethikrates zur<br />

Intersexualität Eingang in Recht und Praxis finden.<br />

Unser Ziel ist die vollständige rechtliche Gleichstellung aller Menschen in <strong>NRW</strong> -<br />

unabhängig von ihrer sexuellen Identität. Dies umfasst alle Rechtsbereiche,<br />

insbesondere das Adoptions- und Steuerrecht sowie die Öffnung der Ehe für<br />

gleichgeschlechtliche Paare und die Ergänzung des Art. 3 des Grundgesetzes um<br />

das Merkmal sexuelle Identität.<br />

Wir werden uns auf der Bundesebene für die Aufhebung der Unrechtsurteile die<br />

zwischen 1949 und 1994 auf der Basis des § 175 StGB in Deutschland gefällt<br />

worden sind einsetzen. In diesem Zusammenhang bedarf es einer gründlichen<br />

Aufarbeitung sowie einer angemessenen Wiedergutmachung. Des Weiteren werden<br />

wir uns für die Reform des Transsexuellen-Gesetzes einsetzen.<br />

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IX. Kommunen, Innen, Justiz<br />

Für handlungsfähige Kommunen und eine lebendige Demokratie in Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

Unsere Städte und Gemeinden sind das Fundament unseres Landes. Nirgendwo<br />

wird Politik so unmittelbar wahrgenommen wie in unseren Kommunen. Sie sind es,<br />

die für die Daseinsvorsorge verantwortlich sind und den Alltag der Menschen prägen.<br />

Daher ist es eine Pflicht, aber auch ein Merkmal guter Landespolitik, dieses<br />

Fundament zu stärken und zukunftsfest zu machen.<br />

In den Kommunen entscheidet sich zu großen Teilen, ob und wie unsere Gesellschaft<br />

den ökonomischen Strukturwandel bewältigt, den sozialen und demografischen<br />

Wandel meistert und den Klimawandel wirksam bekämpft. Dies gilt für die ländlichen<br />

Regionen und die großen Städte gleichermaßen. Gerade deshalb brauchen wir hier<br />

den Mut und die Möglichkeiten zu strukturellen Veränderungen. Was wir heute in<br />

vorsorgende Strukturen der Städte und Gemeinden investieren, wird sich mittel- und<br />

langfristig auszahlen. Das entlastet zukünftig unsere Kommunen und stärkt unsere<br />

Gesellschaft. Daher werden wir die kommunale Selbstverwaltung weiter stärken und<br />

die Handlungsfähigkeit unserer Kommunen erweitern. Wir haben den Raubzug der<br />

schwarz-gelben Landesregierung durch die kommunalen Kassen beendet und<br />

ermöglichen den Gemeinden, sich finanziell zu konsolidieren.<br />

Eine lebendige Demokratie macht Betroffene zu Beteiligten und ermöglicht ihre<br />

Einbeziehung in wichtige politische und gesellschaftliche Entscheidungen.<br />

Gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe, die Wertschätzung bürgerschaftlichen<br />

Engagements und wirksame Mitwirkungsmöglichkeiten sind der Schlüssel, um die<br />

Menschen in den Städten und Gemeinden für die kommunale Demokratie zu<br />

begeistern.<br />

Wir nehmen die Stärkung der kommunalen Demokratie in den letzten zwei Jahren<br />

zum Vorbild für die Erweiterung der Beteiligungsrechte auf der Landesebene. Dies<br />

gilt ebenso für die direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wie ihrer<br />

gewählten Vertreterinnen und Vertreter. Im Rahmen einer überparteilichen<br />

Verfassungskommission wollen wir neben der Senkung der Hürden für<br />

Volksbegehren und -initiativen und der Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre<br />

grundsätzlich die Regelungen der Verfassung auf ihre Zeitgemäßheit überprüfen. Der<br />

Bericht der durch den Landtag eingerichteten Geschäftsordnungskommission soll<br />

hier einfließen.<br />

Wir begrüßen es, wenn Kommunen sich aktiv in die Landespolitik einbringen. Sie<br />

leisten damit einen wertvollen Beitrag, <strong>NRW</strong> gemeinsam weiterzuentwickeln. Daher<br />

werden wir alle wesentlichen Reformen, die Städte und Gemeinden in <strong>NRW</strong><br />

betreffen, in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen aus den Kommunen und<br />

den sie vertretenden kommunalen Spitzenverbänden entwickeln und umsetzen.<br />

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Wir stehen für handlungsfähige Kommunen<br />

Die kommunale Finanzsituation ist entscheidend für die Handlungsfähigkeit der<br />

Städte und Gemeinden in <strong>NRW</strong>. Nach einer krisenhaft zugespitzten Situation der<br />

kommunalen Haushalte bundesweit wie in <strong>NRW</strong> bis zum Jahr 2010 ist durch die<br />

konjunkturelle Entwicklung eine leichte Entspannung erkennbar. Ein durchgreifender<br />

Abbau der strukturellen Defizite ist damit jedoch trotz aller Anstrengungen der<br />

Kommunen selbst wie auch der Landesregierung noch nicht verbunden. Unser Ziel<br />

bleibt es, für alle Kommunen eine verlässliche und aufgabenadäquate<br />

Finanzausstattung zu erreichen.<br />

Unser Wort gilt: Die Kommunalfinanzierung bleibt auf hohem Niveau<br />

Die rot-grüne Koalition war gut für die Entwicklung der kommunalen Finanzen. Noch<br />

nie hat eine Landesregierung die Kommunen so intensiv finanziell unterstützt: Auf<br />

allein 815 Mio. € beläuft sich das strukturelle Einnahmeplus im Jahr 2012 aufgrund<br />

der neuen Politik von Rot-Grün gegenüber der Situation vor dem Regierungswechsel<br />

2010. Wir haben durch den „Aktionsplan Kommunalfinanzen“ und den Stärkungspakt<br />

Stadtfinanzen sowie die Reform des Nothaushaltsrechts wichtige Beiträge zur<br />

Wiederherstellung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden –<br />

insbesondere der vom Strukturwandel besonders betroffenen Kommunen – geleistet.<br />

In <strong>NRW</strong> haben wir damit eine Trendwende bei der Kommunalfinanzierung eingeleitet.<br />

An diesem Kurs werden wir auch in der neuen Wahlperiode festhalten.<br />

Kommunale Selbstverwaltung braucht eine verlässliche Finanzierung<br />

Die kommunale Selbstverwaltung schließt eine auskömmliche Finanzausstattung ein.<br />

Deswegen werden wir die landespolitische Umsetzung der Schuldenbremse so<br />

gestalten, dass die Städte und Gemeinden nicht zu Ausfallbürgen des Landes bei der<br />

Erreichung dieses Zieles werden.<br />

Gleiches gilt für neue oder erweiterte staatliche Aufgabenzuweisungen an die<br />

Kommunen. „Wer die Musik bestellt, bezahlt“ – diese Grundaussage der Konnexität<br />

zwischen Aufgaben und dazugehöriger Ausfinanzierung ist Grundlage einer guten<br />

und erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Ebenen und den<br />

Kommunen. Wie in der vergangenen Wahlperiode werden wir diese strikte<br />

Konnexität weiter anwenden. Eine umgehungssichere Ausgestaltung der<br />

landesrechtlichen Konnexitätsbestimmungen und der Einsatz gegenüber dem Bund,<br />

dieser Anforderung auch bei seiner Gesetzgebung strukturell gerecht zu werden,<br />

gehören zusammen.<br />

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Wir fordern als Anwalt der Kommunen die Verantwortung des Bundes ein<br />

Die Städte und Gemeinden in <strong>NRW</strong> bleiben auch nach den massiven Anstrengungen<br />

des Landes in den vergangenen zwei Jahren strukturell unterfinanziert. Grund ist,<br />

dass in den vergangenen drei Jahrzehnten immer mehr staatliche<br />

Sozialtransferleistungen ohne entsprechende Ausfinanzierung vom Bund an die<br />

Städte und Gemeinden übertragen worden sind. Mit einem Gesamtvolumen von über<br />

40 Mrd. Euro sind die Kommunen inzwischen neben den Sozialversicherungen der<br />

zweite große Sozialleistungsträger in Deutschland. Die Folgen des Strukturwandels<br />

und damit steigender Sozialleistungen werden insbesondere im Ruhrgebiet und im<br />

Bergischen Städtedreieck spürbar. Die Belastungen treten deshalb gerade in <strong>NRW</strong><br />

besonders deutlich zu Tage.<br />

Statt mit Steuergeschenken die Einnahmen von Land und Kommunen zu verringern,<br />

muss der Bund endlich seine Verantwortung für die aufgabenadäquate Finanzierung<br />

seiner Entscheidungen gegenüber den Städten und Gemeinden übernehmen. Die<br />

Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Sozialtransferleistungen ist die<br />

Grundvoraussetzung für die nachhaltige Gesundung der Kommunalfinanzen in <strong>NRW</strong>.<br />

Wir machen uns als Regierungskoalition deshalb die fraktionsübergreifende<br />

Forderung des Landtags nach einer Beteiligung an den Sozialtransferleistungen der<br />

Kommunen von mindestens 50% durch den Bund zu Eigen und werden hierzu<br />

gezielte Bundesratsinitiativen ergreifen: Die schrittweise Übernahme der<br />

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) muss ergänzt werden<br />

durch eine maßgebliche Beteiligung an der Eingliederungshilfe für Menschen mit<br />

Behinderung (SGB IX) im Rahmen eines Bundesteilhabegeldes sowie eine stärkere<br />

Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft (SGB II).<br />

Die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer, die<br />

zu einer Verstetigung der Einnahmen führt, und eine Reform der Grundsteuer, die<br />

mehr Steuergerechtigkeit schafft, werden weitere konkrete Initiativen der<br />

Landesregierung gegenüber dem Bund sein, um die kommunale Finanzsituation<br />

nachhaltig zu sichern.<br />

Unser Verteilungsmaßstab lautet Bedürftigkeit und nicht Himmelsrichtung<br />

Nordrhein-Westfalen hat solidarisch die Entwicklung anderer Länder über den<br />

Länderfinanzausgleich mitfinanziert, solidarisch finanzieren das Land <strong>NRW</strong> und die<br />

nordrhein-westfälischen Kommunen die Entwicklung der ostdeutschen Bundesländer<br />

seit der Einigung im Rahmen des „Solidarpakt Ost“ mit.<br />

Solidarität ist keine Einbahnstraße. Dort, wo heute in nordrhein-westfälischen<br />

Städten und Gemeinden die gleichen strukturellen Problemlagen existieren, müssen<br />

gleiche Förderbedingungen gegeben sein. Wir werden uns daher dafür einsetzen,<br />

dass Bundesprogramme, die den Strukturwandel in den Städten und Gemeinden<br />

unterstützen, wieder auf einen akzeptablen Stand angehoben werden und ihre<br />

Verteilung nach Bedürftigkeit erfolgt.<br />

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Bereits heute hilft der Bund darüber hinaus, die unterschiedliche Finanzkraft der<br />

Länder auszugleichen. Dabei werden Finanzkraft und Finanzbedarf der Gemeinden<br />

und Gemeindeverbände berücksichtigt. Wir fordern der besonders schwierigen<br />

Finanzsituation der Kommunen in unserem Land durch eine Neuausrichtung der<br />

Instrumente des Finanzausgleichsrechts Rechnung zu tragen.<br />

Wir gestalten den kommunalen Finanzausgleich verlässlich und gerecht<br />

Den im Gemeindefinanzierungsgesetz verankerten Kommunalen Finanzausgleich<br />

werden wir aufgabengerecht weiterentwickeln. Dabei bleiben ein Verbundsatz von<br />

23% und die Funktion des Ausgleichs von strukturellen Ungleichheiten zwischen den<br />

Städten und Gemeinden in <strong>NRW</strong> Grundlage für eine gerechte<br />

Gemeindefinanzierung.<br />

Das Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 werden wir unverändert wieder einbringen<br />

und im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen zügig beschließen. Nach der<br />

längst überfälligen Anpassung des Soziallastenansatzes und der Einführung eines<br />

Flächenansatzes sowie eines Demografiefaktors werden wir auf der Grundlage der<br />

vereinbarten Begutachtung die weitere zukunftsorientierte Ausgestaltung des<br />

kommunalen Finanzausgleichs im engen Dialog mit den Kommunalen<br />

Spitzenverbänden entwickeln.<br />

Wir unterstützen mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen nachhaltig<br />

Mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen unterstützt die nordrhein-westfälische<br />

Landesregierung die Konsolidierung der Haushalte in den 61 von der kommunalen<br />

Finanznot strukturell besonders betroffenen Kommunen mit aktuell rd. 465 Mio. €.<br />

Wir werden diesen Stärkungspakt bis 2014 vereinbarungsgemäß auf rd. 660 Mio. €<br />

jährlich aufstocken und damit dafür sorgen, dass die Kommunen der zweiten Stufe<br />

die gleiche prozentuale Unterstützung erhalten, wie dies für die Kommunen der erste<br />

Stufe der Fall ist.<br />

Ziel ist es, damit nachhaltige Konsolidierungsstrategien auch in den Städten und<br />

Gemeinden zu ermöglichen, die aus eigener Kraft diese Aufgabe nicht mehr<br />

bewältigen können. Dies setzt deutliche Konsolidierungsmaßnahmen ausdrücklich<br />

voraus. Ein Kaputtsparen bei der öffentlichen Infrastruktur sowie sozialen und<br />

kulturellen Aufgaben lehnen wir ab. Betriebsbedingte Kündigungen und<br />

Ausbildungsverbote werden weiterhin nicht von den Kommunen erwartet.<br />

Nach 350 Mio. Euro zusätzlicher Landesfinanzierung und 115 Mio. Euro, die aus<br />

zusätzlichen kommunalspezifischen Einnahmen gespeist werden, wird auch der<br />

Restbetrag von 195 Mio. Euro nicht über eine ausgleichslose Befrachtung des GFG<br />

erfolgen. Der kommunale Anteil soll stattdessen von den nachhaltig finanzstarken<br />

Kommunen im Wege einer Solidaritätsumlage aufgebracht werden. Die Umlage<br />

werden wir so ausgestalten, dass sie für die betroffenen Kommunen tragbar ist und<br />

keine neuen Haushaltsnotlagen entstehen.<br />

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Der Stärkungspakt verlangt als gemeinsamer Kraftakt Anstrengungen aller Ebenen.<br />

Kreise und Landschaftsverbände sind davon nicht ausgenommen. Die Beteiligung<br />

der Umlageverbände an der Konsolidierung sowie die Durchleitung der durch die<br />

Übernahme von Sozialtransferkosten von Bundesseite erzielten Einsparungen muss<br />

dabei ebenso gewährleistet werden wie die Sanierung überschuldeter Kreise. Wir<br />

werden deshalb als eine der ersten Maßnahmen den Entwurf für ein<br />

Umlagengenehmigungsgesetz wieder einbringen. Die planmäßig vorgesehene<br />

Evaluation des Stärkungspaktgesetzes im Jahr 2014 werden wir dazu nutzen, die<br />

Erfahrungen und Entwicklungen bis zu diesem Zeitpunkt auszuwerten und ggf.<br />

Anpassungen im Gesetz zu verankern.<br />

Wir gestalten die Beteiligung an den Kosten der Einheit gerecht<br />

Die Entscheidung des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshofes über die<br />

Verfassungswidrigkeit des vom Landtag mit den Stimmen von CDU und FDP im<br />

Frühjahr 2010 verabschiedeten Einheitslastenabrechnungsgesetzes macht eine<br />

kurzfristige, verfassungskonforme Novellierung notwendig. Wir wollen gemeinsam<br />

mit den kommunalen Spitzenverbänden eine für beide Seiten faire Regelung unter<br />

Berücksichtigung des Urteils erarbeiten und zügig umsetzen.<br />

Kommunales Haushaltsrecht schnell reformieren und Standards überprüfen<br />

Die Novellierung des Nothaushaltsrechts in § 76 der <strong>NRW</strong>-Gemeindeordnung hat für<br />

die Kommunen endlich eine Perspektive zur Wiedererlangung der finanziellen<br />

Handlungsfähigkeit eröffnet. Wir setzen diesen Weg fort, indem wir kurzfristig den<br />

Entwurf einer Novellierung des Kommunalen Haushaltsrechts wieder in den Landtag<br />

einbringen.<br />

Wir wollen eine Überprüfung der Standards in <strong>NRW</strong>, um Einsparmöglichkeiten auf<br />

kommunaler Ebene bei Erhalt einer fachlich notwendigen Aufgabenerledigung<br />

vornehmen zu können bzw. weiteren Kostensteigungen vorzubeugen.<br />

Wir stärken die kommunale Daseinsvorsorge<br />

Neben öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern erbringen kommunale Unternehmen<br />

essentielle Dienstleistungen wie die Wasserversorgung oder die Belieferung mit<br />

Energie für die Bürgerinnen und Bürger. Kommunale Unternehmen sichern in<br />

unseren Städten und Gemeinden für alle Menschen Mobilität durch einen<br />

bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr, entsorgen unsere Abfälle fach- und<br />

umweltgerecht, halten preiswerten Wohnraum vor oder stellen Sportstätten und<br />

Bäder bereit. Darüber hinaus schaffen und sichern sie direkt und indirekt<br />

Arbeitsplätze in unseren Kommunen und sind wichtige Partner der kommunalen<br />

Infrastrukturpolitik. Nicht zuletzt erwirtschaften sie positive finanzielle Beiträge zur<br />

Stärkung der kommunalen Haushalte.<br />

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Aus diesen Gründen werden wir die Städte und Gemeinden bei deren Bemühungen<br />

um eine stetige Verbesserung der Leistungen und der Effizienz ihrer kommunalen<br />

Unternehmen aktiv begleiten. Wir begrüßen die Bestrebungen vieler Kommunen, ihre<br />

Energienetze wieder selbst zu betreiben und unterstützen sie dabei.<br />

Wir haben in der Zeit seit 2010 das Kommunalwirtschaftsrecht durch Änderungen der<br />

Gemeindeordnung wieder so reformiert, dass die kommunalen Unternehmen ihre<br />

vielfältigen Aufgaben ohne zusätzliche „Fesseln“ im Wettbewerb erfüllen können. Wir<br />

werden uns weiterhin für den Erhalt der Umsatzsteuerfreiheit gebührenrechnender<br />

kommunaler Betriebe sowie für den Beibehalt des steuerlichen Querverbundes<br />

einsetzen. Unser besonderes Augenmerk werden wir darauf richten, dass unsere<br />

Städte und Gemeinden ihrer Rolle als Verantwortliche für die kommunale<br />

Daseinsvorsorge voll gerecht werden können und nicht durch Bundespolitik oder<br />

europäische Gesetzgebung in ihrer Freiheit, die kommunal beste Lösung zu wählen,<br />

eingeschränkt werden. Wir wollen die kommunalen Unternehmen so stärken, dass<br />

sie den Herausforderungen auch in Zukunft erfolgreich begegnen und ihre Aufgaben<br />

im Bereich der Daseinsvorsorge erfüllen können.<br />

Öffentliche Unternehmen haben eine Vorreiterrolle bei der Sicherstellung der<br />

Arbeitnehmermitbestimmung. Deswegen haben wir mit dem neuen § 108a GO<br />

sichergestellt, dass die Beteiligung von Arbeitnehmervertreterinnen und<br />

Arbeitnehmervertreter auch in fakultativen Aufsichtsräten rechtssicher ausgestaltet<br />

werden kann. Den Problemen in der kommunalen Praxis werden wir mit einer<br />

Anpassung der Regelungen begegnen.<br />

Auch bei den Anstalten öffentlichen Rechts nach § 114a GO werden wir die<br />

Mitbestimmung<br />

ermöglichen.<br />

der Vertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

Stadt und Land: Wir stehen für eine lebendige Demokratie<br />

Betroffene zu Beteiligten zu machen bleibt auch und gerade bei kommunalen<br />

Gestaltungsfragen der Schlüssel dazu, Bürgerengagement zu fördern, Identifikation<br />

mit dem eigenen Lebensumfeld zu stiften und Akzeptanz für wichtige Planungen vor<br />

Ort zu schaffen. Dies gilt gleichermaßen für die Mitwirkung in den<br />

Selbstverwaltungsgremien der Städte und Gemeinden wie für die direkte Beteiligung<br />

der Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungen.<br />

Wir haben deshalb die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger an<br />

den politischen Prozessen auf kommunaler Ebene verbessert. Mit der<br />

Wiedereinführung der Stichwahl und der Ermöglichung der direkten Abwahl sowie mit<br />

der Senkung der Schwellen für Bürgerbegehren und -entscheide, haben wir die<br />

direkte Einflussnahme der Bürgerinnen und Bürger auf die Entscheidungen vor Ort<br />

deutlich gestärkt und das Verhältnis zwischen repräsentativer und direkter<br />

Demokratie auf der kommunalen Ebene neu justiert.<br />

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<strong>NRW</strong> bleibt auch in der neuen Wahlperiode Vorreiter der lebendigen Demokratie und<br />

Bürgerbeteiligung. Wir wollen die gelungene Balance zwischen repräsentativer und<br />

direkter Demokratie auf die Landesebene übertragen. Unsere Leitlinie bleibt dabei<br />

die Stärkung direktdemokratischer Mitwirkungs- und Mitentscheidungsrechte in eine<br />

enge Beziehung zu setzen mit der Stärkung der gewählten Volksvertreterinnen und<br />

Volksvertreter in ihrer Funktion.<br />

Wir setzen auf die kommunale Verantwortungsgemeinschaft<br />

Rat, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Kreistag, Landrätinnen und<br />

Landräte bilden eine Verantwortungsgemeinschaft. Dies wollen wir zukünftig wieder<br />

in einer zeitgleichen Wahl zum Ausdruck bringen. Die Zusammenführung der Wahl<br />

der (Ober)Bürgermeisterinnen und (Ober)Bürgermeister sowie Landrätinnen und<br />

Landräte mit den Wahlen der Räte und Kreistage im Jahr 2020 werden wir in einem<br />

Gesetzentwurf kurzfristig vorlegen. Dabei werden wir auch die einmalige freiwillige<br />

Niederlegung des Amtes zeitgleich zur im Jahr 2014 stattfindenden Kommunalwahl<br />

ermöglichen.<br />

Starke Räte sind wichtig für das Funktionieren unserer Kommunen. Wir wollen<br />

deshalb die Informations- und Kontrollrechte der Räte bzw. Kreistage ausbauen. Bei<br />

den Kreisen wollen wir zusätzlich die Einrichtung der Funktion von gewählten<br />

Beigeordneten ermöglichen.<br />

Nach vielen Jahren des Wirkens der „von unten“ durchgesetzten kommunalen<br />

Seniorenbeiräte steht deren Bedeutung vielerorts nicht mehr in Frage. Wir werden<br />

die Gemeindeordnung um eine Regelung zur freiwilligen Bildung von<br />

Seniorenbeiräten ergänzen. Die Ausgestaltung ist entsprechend der Vielfalt der<br />

Beteiligungsmöglichkeiten in den Kommunen und Kreisen zu regeln.<br />

Wir stärken das kommunale Ehrenamt<br />

Die kommunale Demokratie braucht engagierte Menschen, die sich für ihr<br />

Gemeinwesen einsetzen. Weil bürgerschaftliches Engagement immer schwerer mit<br />

den Anforderungen von Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen ist, werden wir<br />

die Rahmenbedingungen des kommunalen Ehrenamtes verbessern.<br />

Wir werden deshalb das kommunale Ehrenamt in Räten, Bezirksvertretungen und<br />

Landschaftsverbänden weiter stärken. Dazu werden wir zügig den vorliegenden<br />

Gesetzentwurf, erweitert um die einvernehmlichen Vorschläge der<br />

kommunalpolitischen Vereinigungen (z.B. Haushaltsentschädigung und<br />

Herausnahme von freizustellenden Tätigkeiten des Ehrenamts aus dem<br />

Nebentätigkeitsrecht) wieder einbringen. Weitere Reformen zur Stärkung des<br />

kommunalen Ehrenamts und der Räte insgesamt werden in einer neuen<br />

Expertenkommission behandelt. Probleme, die sich aus Schichtarbeit und für<br />

Freiberuflerinnen und Freiberufler ergeben, werden dabei mit dem Ziel einer Lösung<br />

besonders überprüft.<br />

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Wir ermöglichen den Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit<br />

Interkommunale Zusammenarbeit ist vor dem Hintergrund des demografischen<br />

Wandels und knapper Kassen eine Chance für mehr Effizienz und für die<br />

Verbesserung in der Qualität in der Aufgabenerledigung. Mit der Novellierung des<br />

Gesetzes zur kommunalen Gemeinschaftsarbeit und anderer Fachgesetze wollen wir<br />

eine stärkere interkommunale Zusammenarbeit ermöglichen. Gleichzeitig wollen wir<br />

einen Listenausgleich im Zweckverbandsrecht ermöglichen.<br />

Darüber hinaus wird die Koalition im Rahmen einer Bundesratsinitiative gesetzliche<br />

Änderungen hinsichtlich der neuen – die interkommunale Zusammenarbeit<br />

erschwerenden – umsatzsteuerlichen Einordnung öffentlicher Leistungen durch die<br />

Rechtsprechung einbringen.<br />

Die gesetzlich verfassten Kommunalverbände in <strong>NRW</strong> sind wichtige Bindeglieder<br />

zwischen den Kommunen und stärken sie durch die gemeinsame<br />

Aufgabenwahrnehmung. Wir werden den RVR in seiner Funktion und in seinen<br />

Aufgaben als starke Klammer für das Ruhrgebiet stärken und ihn in seinen<br />

Strukturen durch eine Novellierung des RVR-Gesetzes weiterentwickeln. Die<br />

Landschaftsverbände als höhere Kommunalverbände genießen Bestandsschutz.<br />

Wir stärken die direkte Demokratie auch auf der Landesebene<br />

Bürgerinnen und Bürger in <strong>NRW</strong> sollen mit Hilfe von Volksbegehren, Volksentscheid<br />

und Volksinitiative direkter an politischen Entscheidungen mitwirken können. Deshalb<br />

wollen wir das Quorum für ein Volksbegehren deutlich absenken und finanzwirksame<br />

Volksbegehren zulassen. Die Durchführung von Volksinitiativen werden wir<br />

vereinfachen und sie bei Ablehnung durch den Landtag nicht ins Leere laufen lassen.<br />

Wir wollen das Wahlalter auch bei Landtagswahlen senken<br />

Wer junge Menschen für Politik und für die Auseinandersetzung mit wichtigen<br />

Zukunftsfragen gewinnen und ihnen Verantwortung übertragen will, muss sie daran<br />

beteiligen. Junge Menschen ab 16 Jahren sollen bei den Landtagswahlen mitwählen<br />

können, denn wer reif genug für die Kommunalwahlen, ist es auch für die<br />

Landtagswahlen.<br />

Sicherheit stärken und Freiheit gewährleisten<br />

Wir sichern die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes<br />

Wir wollen einen starken öffentlichen Dienst als wesentliche Voraussetzung für einen<br />

handlungsfähigen, bürgerfreundlichen Staat und als wichtige Säule für ein<br />

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demokratisches und friedliches Zusammenleben. Hierfür brauchen wir motivierte und<br />

qualifizierte Beschäftigte, denen wir in den letzten Jahren einen großen und zum Teil<br />

spürbaren Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte abverlangt haben.<br />

Diesen geleisteten Beitrag der Beschäftigten erkennen wir ausdrücklich an.<br />

In Abstimmung mit den Spitzenorganisationen und Gewerkschaften wollen wir<br />

unverzüglich nach der Sommerpause 2012 beginnen, das Dienstrecht in zwei Stufen<br />

weiterzuentwickeln und zu modernisieren.<br />

In einer ersten Stufe werden wir die rechtlich zwingenden Veränderungen (W-<br />

Besoldung, Regelaltersgrenze/Rentenrecht, Urlaubsansprüche, Lehrkräfte<br />

Sekundarschule) vornehmen.<br />

In der zweiten Stufe wollen wir durch frühzeitige, vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

gemeinsam Regelungen erarbeiten, die die Leistungsfähigkeit des öffentlichen<br />

Dienstes gewährleisten, die Attraktivität des Arbeitgebers öffentlicher Dienst steigern<br />

und die Interessen der Beschäftigten sichern.<br />

Dazu gehören Veränderungen des Laufbahnrechts, Durchlässigkeit zwischen<br />

öffentlichem und privatem Sektor, flexible Arbeitszeitmodelle und die Begleitung von<br />

beispielhaften Praxisprojekten zur Gestaltung altersgerechter Arbeitsbedingungen<br />

und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im Sinne einer modernen öffentlichen<br />

Verwaltung wollen wir Frauen attraktive Arbeitsbedingungen bieten und gleiche<br />

Karrierechancen ermöglichen.<br />

Wir verstehen ein umfassendes strategisches Gesundheitsmanagement als eine<br />

Aufgabe aller Landesbehörden und werden die Umsetzung aktiv fördern, um die<br />

Wiedereingliederung von kranken Beamtinnen und Beamten in den Dienst zu<br />

verbessern.<br />

Wir sichern die Zukunftsfähigkeit der Feuerwehren und des<br />

Katastrophenschutzes<br />

Der Feuer- und Katastrophenschutz in <strong>NRW</strong> ist im bundes- und europaweiten<br />

Vergleich gut aufgestellt und genießt in der Öffentlichkeit großes Vertrauen und<br />

hohes Ansehen. Zu verdanken ist dies insbesondere dem Engagement und dem<br />

Leistungsstand der ca. 120.000 haupt- und vor allem ehrenamtlichen Angehörigen<br />

der Feuerwehren und Hilfsorganisationen.<br />

Wir unterstützen die Feuerwehren mit Nachdruck bei der Nachwuchsförderung und<br />

Jugendarbeit, indem wir u.a. in einem modernen Feuerschutzrecht die Einrichtung<br />

von so genannten "Kinderfeuerwehren" ermöglichen und die inhaltliche Arbeit der<br />

etablierten Jugendfeuerwehren fördern. Bei der erforderlichen FSHG-Novellierung<br />

wollen wir den Aufgabenbereich des Katastrophenschutzes stärker betonen und die<br />

Regelungen zum Feuerschutz anpassen.<br />

Durch eine Image- und Personalwerbekampagne werden wir das Engagement von<br />

Feuerwehren und Kommunen bei der Gewinnung neuer Mitwirkender (insbesondere<br />

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Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund) flankieren. Um der ehrenamtlichen<br />

Arbeit unserer Feuerwehren größere Wertschätzung entgegen zu bringen und<br />

insbesondere die lebenswichtige Funktion der Freiwilligen Feuerwehren im<br />

ländlichen Raum stärker zu betonen, werden wir Pilotprojekte zur Stärkung des<br />

Ehrenamtes in der Feuerwehr gemeinsam mit dem Verband der Feuerwehren<br />

initiieren.<br />

Wir begrüßen den mit den Betroffenen gefundenen Konsens für eine qualifizierte<br />

Ausbildung zum Führen von Einsatzfahrzeugen. Die Umsetzung soll<br />

schnellstmöglich beginnen.<br />

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Wir fördern moderne Verwaltungsstrukturen und bauen Bürgernähe aus<br />

Nordrhein-Westfalen muss als Flächenstaat eine bürgernahe staatliche<br />

Verwaltungsstruktur sicherstellen. Darum werden wir die fünf Bezirksregierungen als<br />

starke Bündelungsbehörden in der Mittelinstanz mit ihren bewährten Strukturen und<br />

dem Querschnittspersonal erhalten.<br />

Die flächendeckende Abschaffung von Widerspruchsverfahren hat den Rechtsschutz<br />

der Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt, den bewährten Dialog zwischen ihnen<br />

und der Verwaltung geschwächt und die Verwaltungsgerichte in <strong>NRW</strong> erheblich<br />

belastet. Deshalb werden wir Widerspruchsverfahren dort wieder einführen, wo dies<br />

nach sorgfältiger Prüfung sinnvoll ist.<br />

Als Konsequenz aus der Katastrophe bei der Love Parade 2010 in Duisburg hat die<br />

Landesregierung die Anforderungen an die Prüfung der Sicherheit von<br />

Großveranstaltungen (im Freien) erhöht und die Vorlage von Sicherheitskonzepten<br />

im Einvernehmen mit Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst vorgeschrieben. Wir<br />

haben die Kompetenzen der Genehmigungsbehörden gestärkt und werden in<br />

Abstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den betroffenen<br />

Interessengemeinschaften einen Orientierungsrahmen vorlegen, der den Kommunen<br />

Hilfestellung bietet, ihre Planungs-, Genehmigungs- und Kontrollprozesse für<br />

Großveranstaltungen zu optimieren und die Verantwortlichkeiten bei der<br />

Sicherheitskontrolle klar beschreibt.<br />

Informationstechnik modernisieren und den Datenschutz fortentwickeln<br />

Die Bedeutung der Informationstechnik für eine moderne Verwaltung ist heute<br />

stärker denn je. Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft, Verbände und Vereine erwarten<br />

von der Verwaltung qualitativ hochwertige Dienstleistungen, kurze Wege und eine<br />

schnelle Bearbeitung ihrer Anliegen. All das ist nur möglich mit einer sicheren,<br />

zuverlässigen und gut ausgestatteten IT-Struktur. Eine diesen Ansprüchen<br />

genügende Informationstechnik ist aber auch Voraussetzung und Motor für<br />

Kosteneinsparungen in der Verwaltung. Wir werden daher den Weg einer Bündelung<br />

von IT-Strukturen und IT-Kompetenzen in der Landesverwaltung konsequent<br />

fortsetzen.<br />

Die Datenmissbrauchsskandale der jüngeren Vergangenheit offenbaren massive<br />

Lücken beim Schutz persönlicher Daten. Der Schutz des Rechts auf informationelle<br />

Selbstbestimmung hat für uns einen zentralen Stellenwert. Wir wollen alle<br />

Bürgerinnen und Bürger besser vor Datenmissbrauch schützen und ihre<br />

informationelle Selbstbestimmung stärken. Daher haben wir in der letzten<br />

Legislaturperiode die Datenschutzaufsicht, insbesondere im nichtöffentlichen<br />

Bereich, und die Unabhängigkeit des Beauftragten für Datenschutz und<br />

Informationsfreiheit gestärkt. Der Datenschutz hat für uns auch weiterhin einen<br />

hohen Stellenwert.<br />

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Wir werden uns auf Bundesebene für ein modernes Datenschutzgesetz einsetzen,<br />

das festlegt, dass Kundinnen- und Kundendaten nicht ohne explizite Einwilligung<br />

weitergegeben und verarbeitet werden dürfen und die Rechte der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer besser geschützt werden müssen. So hilft Datenschutz auch bei<br />

der Bekämpfung und Eindämmung von Wirtschaftskriminalität durch Datenhandel.<br />

Wir begrüßen die Entwicklungen auf europäischer Ebene, den Datenschutz sowohl<br />

im öffentlichen wie auch im nicht-öffentlichen Bereich zu stärken und Strafen bei<br />

Missachtung zu erhöhen.<br />

Um die Datenschutzstandards in den Unternehmen zu verbessern, wollen wir den<br />

Dialog zwischen Wirtschaft, Behörden und dem Landesbeauftragten für Datenschutz<br />

und Informationsfreiheit in Form einer Landesdatenschutzkonferenz organisieren. Sie<br />

soll bei der Erarbeitung eines <strong>NRW</strong>-Datenschutzsiegels helfen.<br />

Gemeinsam mit anderen Akteurinnen und Akteuren wollen wir die Wissens- und<br />

Kompetenzvermittlung im Bereich Datenschutz, gerade auch im Internet, ausbauen<br />

und einen selbstbestimmten und souveränen Umgang mit den eigenen Daten<br />

fördern.<br />

Wir erkennen die Arbeit der Polizei an und gestalten sie transparent<br />

Wir werben in der Gesellschaft für eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der<br />

Wertschätzung der polizeilichen Arbeitend sind besorgt über die zunehmende Gewalt<br />

gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Wir treten für eine konsequente und<br />

wirksame Strafverfolgung solcher Taten ein. Durch Aus- und Fortbildung sowie<br />

Ausrüstung werden wir einen größtmöglichen Schutz unserer Polizeibeamtinnen und<br />

Beamten gewährleisten.<br />

Wir setzen uns für eine Führungskultur in der Polizei ein, deren Ziel es ist,<br />

Anregungen und Beschwerden von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten<br />

konstruktiv aufzunehmen und eine Kultur des offenen Umgangs mit vorhandenen<br />

Problemen zu prägen. Dies soll in der Aus- und Fortbildung berücksichtigt werden.<br />

Um die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auch gegenüber der Polizei zu stärken,<br />

haben wir das Beschwerdemanagement verbessert. Der eingeschlagene Weg der<br />

Landesregierung beim qualifizierten Beschwerdemanagement der Polizei <strong>NRW</strong> ist<br />

richtig und soll weiter gefördert werden. Wir wollen es evaluieren und durch eine<br />

regelmäßige Veröffentlichung anhand eines Beschwerdeberichtes transparenter<br />

gestalten.<br />

Transparenz stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Polizei. Wir<br />

werden unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Polizistinnen und Polizisten<br />

eine individualisierte anonymisierte Kennzeichnung der Polizei beim Einsatz<br />

geschlossener Einheiten einführen. Für die Polizeiarbeit sind nicht nur gut<br />

ausgebildete und motivierte Beamtinnen und Beamte notwendig sondern auch eine<br />

moderne und aufgabengerechte Ausstattung. Deswegen halten wir gemeinsam mit<br />

den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten an der beschleunigten,<br />

flächendeckenden Einführung des Digitalfunks fest.<br />

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Wir wollen prüfen, inwieweit die Nutzung sozialer Medien im Rahmen der<br />

Öffentlichkeitsarbeit der nordrhein-westfälischen Polizei stärker ermöglicht werden<br />

kann.<br />

Der demografische Wandel stellt die Polizei in <strong>NRW</strong> vor eine schwierige Situation.<br />

Um in den nächsten Jahren die Pensionierungen von jährlich bis zu 2.000<br />

Polizistinnen und Polizisten abzufedern werden wir an der heute die<br />

Ausbildungsmöglichkeiten erschöpfenden jährlichen Einstellung von 1.400<br />

Anwärterinnen und Anwärtern festhalten. Um die Qualität polizeilicher Arbeit vor Ort<br />

zu sichern, sind die Organisationsstrukturen fortlaufend zu optimieren .Damit sorgen<br />

wir weiterhin dafür, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in <strong>NRW</strong> im<br />

Vordergrund steht.<br />

Wir stärken die Verfassung und schärfen die Instrumente im Kampf gegen<br />

Rechtsextremismus<br />

Das Bekanntwerden der menschenverachtenden NSU-Morde hat zu einem<br />

Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit des Verfassungsschutzes<br />

geführt. Wir nehmen diesen Vertrauensverlust ernst und werden deshalb die Arbeit<br />

des Verfassungsschutzes in <strong>NRW</strong> transparenter und für die Bürgerinnen und Bürger<br />

nachvollziehbarer gestalten.<br />

Wir wollen das Verfassungsschutzgesetz <strong>NRW</strong> daher mit dem Ziel novellieren, einen<br />

modernen, transparenten und durch das Parlament umfassend kontrollierten<br />

Verfassungsschutz zu gewährleisten. Die Bürgerinnen und Bürger in <strong>NRW</strong> sollen<br />

nachvollziehen können, wie eine Behörde, die den Auftrag hat, die Verfassung der<br />

Bürgerinnen und Bürger zu schützen, in ihren Grundzügen handelt und funktioniert.<br />

Wir werden die parlamentarische Kontrolle durch personelle und sächliche<br />

Unterstützung sowie durch eine größtmögliche Transparenz wirkungsvoll erweitern.<br />

In diesem Zusammenhang werden wir prüfen, ob Sitzungen des Parlamentarischen<br />

Kontrollgremiums (PKG) öffentlich stattfinden können.<br />

Das taktische Verhalten und technische Vorgehen der Gegner und Gegnerinnen der<br />

Demokratie hat sich verändert. Ein moderner und effektiver Verfassungsschutz muss<br />

sich darauf einstellen. Wir wollen dem Verfassungsschutz <strong>NRW</strong> die sog. Quellen-<br />

Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ermöglichen und die gesetzliche Grundlage<br />

dafür schaffen. Eine Anwendung erfolgt erst dann, wenn die genannten technischen<br />

und rechtlichen Bedingungen erfüllt sind. Für den Einsatz einer Quellen-TKÜ sind<br />

folgende Bedingungen an die eingesetzte Software zur Durchführung unverzichtbar:<br />

Zertifizierung der Software für jeden Einzelfall nach Zugriff auf den Quelltext unter<br />

Beteiligung der G10-Kommission. Eine Nachladefunktionalität ist genauso unzulässig<br />

wie Zugriffe auf weitere Schnittstellen des Computers wie Kamera oder Tastatur.<br />

<strong>NRW</strong> setzt sich für eine Zertifizierung der Software durch eine von Weisungen<br />

unabhängige Stelle ein.<br />

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Die Anforderungen an den Einsatz von V-Leuten sollen durch Richtlinien verbindlich<br />

vorgegeben werden. Wir wollen die Aufgabe des Verfassungsschutzes als<br />

gesellschaftliches Frühwarnsystem stärker nach innen und außen konturieren. Der<br />

Schutz der Verfassung ist eine Aufgabe, derer sich staatliche und<br />

zivilgesellschaftliche Akteure annehmen müssen.<br />

Den Rechtsextremismus werden wir weiterhin konsequent bekämpfen. Für den<br />

Ausstieg aus der rechtsextremistischen Szene und für eine gesellschaftliche<br />

Reintegration wollen wir mit dem Aussteigerinnen und Aussteigerprogramm des<br />

Verfassungsschutzes Hilfestellungen anbieten. Dieses soll auch für die islamistische<br />

Szene entwickelt werden. Beide Programme sollen evaluiert werden.<br />

Wir unterstützen ein NPD-Verbotsverfahren, wenn dafür die rechtlichen<br />

Voraussetzungen für ein erfolgreiches Verfahren vorliegen. Da Verbote allein nicht<br />

ausreichend sind, werden wir gleichzeitig die Prävention und den Opferschutz durch<br />

ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus stärken.<br />

Rechtspolitik in Nordrhein-Westfalen<br />

Ziel unserer Rechtspolitik ist es, den Rechtsfrieden in unserer Gesellschaft zu<br />

sichern und Gerechtigkeit durchzusetzen. Wir werden gewährleisten, dass die<br />

nordrhein-westfälische Justiz für alle Bürgerinnen und Bürger eine effektive<br />

Rechtsprechung und zügige Vollstreckung auf hohem Niveau bietet.<br />

Eine starke und effiziente Justiz braucht hoch qualifizierte und motivierte<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bewusst wenden wir uns den Menschen in der<br />

Justiz zu. Nur mit ihnen gemeinsam können wir den vielfältigen und anspruchsvollen<br />

Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes entsprechen. Den<br />

Herausforderungen des demografischen Wandels werden wir durch gezielte<br />

Personalentwicklung und optimiertem Gesundheitsmanagement begegnen. Wir<br />

werden weiter konsequent daran arbeiten, die die jeweiligen Betroffenen sehr<br />

belastenden befristeten Arbeitsverhältnisse in unbefristete Beschäftigung<br />

umzuwandeln.<br />

Das neue LPVG war ein Erfolg und eine Bereicherung auch für die Justiz. Ein<br />

eigenständiges Landesrichter- und Staatsanwältegesetz zu schaffen, soll die<br />

Bedeutung des Berufsstandes abbilden. In das Vorhaben sollen konkrete<br />

Erkenntnisse aus der fortdauernden Prüfung von Modellen für eine selbstverwaltete<br />

Justiz ebenso einfließen, wie bestehender Raum zur Stärkung von<br />

Beteiligungsrechten genutzt werden soll.<br />

Zugang zum Recht<br />

Alle Bürgerinnen und Bürger müssen unabhängig von ihrem Einkommen ihre Rechte<br />

durchsetzen können. Gleicher Zugang zum Recht setzt den gleichen Zugang auch<br />

bereits zur Rechtsberatung im Vorfeld eines Rechtsstreits voraus. Wir werden uns<br />

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weiter dafür einsetzen, dass Änderungen im Prozesskosten- und Beratungshilferecht<br />

diesen Maßstäben gerecht werden.<br />

Ebenfalls werden wir uns weiter für ein breiteres Angebot der<br />

Streiterledigungsverfahren einsetzen. Außer- wie vorgerichtliche Streitschlichtung<br />

wollen wir stärken, gerichtsnahe wie gerichtliche Mediation etablieren und die<br />

bestehende Struktur von Schiedsfrauen und Schiedsmännern als<br />

Streitschlichtungsangebot noch breiter als bisher in der Gesellschaft bekanntmachen<br />

und verankern.<br />

Betreuungsrecht<br />

Wir werden uns dafür einsetzen, dass eine rechtliche Betreuung nur dann<br />

eingerichtet wird, wenn dies zum Wohle der betroffenen Menschen erforderlich ist.<br />

Wir werden dafür eintreten, dass rechtliche Betreuungen vermieden werden, sofern<br />

andere Hilfen zur Verfügung stehen, und dementsprechende<br />

Strukturverbesserungen anstreben. Das Bewusstsein der Gesellschaft für ein im<br />

Interesse aller liegendes eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben wollen<br />

wir durch die Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung, des Einsatzes von<br />

Vorsorgevollmachten und der Betreuungsvereine schärfen.<br />

Opferschutz<br />

Kein Opfer einer Straftat darf vergessen werden. Die rot-grüne Landesregierung hat<br />

erstmals einen Opferschutzbericht erstellt, der es Bürgerinnen und Bürgern<br />

ermöglicht, sich einen umfassenden Überblick über die Rechtslage sowie die<br />

Maßnahmen und Projekte der Landesregierung zum Schutz und zur Unterstützung<br />

der Opfer von Straftaten in <strong>NRW</strong> zu verschaffen. Den von dem Bericht aufgezeigten<br />

weiteren Handlungsbedarf werden wir in konkrete Projekte der Verbesserung des<br />

Opferschutzes umsetzen.<br />

Justiz und Wirtschaftsstandort <strong>NRW</strong><br />

Die elektronische Datenübermittlung ist heute in Wirtschaft und Gesellschaft<br />

selbstverständlich. Ein elektronisches Postfach gehört zur Standardausstattung.<br />

Dieser Entwicklung darf sich auch die Justiz nicht verschließen. Um die Vorteile<br />

ausschöpfen zu können, welche die elektronische Kommunikation mit den Gerichten<br />

für alle Beteiligten mit sich bringt, muss es möglich sein, dass zumindest alle<br />

„professionellen Einreicher“, wie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und<br />

Notarinnen und Notare, mit den Gerichten in elektronischer Form sicher<br />

kommunizieren können. Neben der weiter voranzutreibenden internationalen<br />

Verknüpfung der Register und der Zusammenarbeit der registerführenden Stellen mit<br />

Mitteln moderner Informationstechnik werden wir daher im Interesse von Wirtschaft<br />

und Gesellschaft, auch im Sinne von mehr Bürgernähe, den elektronischen<br />

Rechtsverkehr in der gesamten Justiz ausbauen und etablieren.<br />

Um gegen Wirtschafts-, Umwelt- und Korruptionsdelikte besser vorgehen zu können,<br />

werden wir den Bedarf für ein spezifisches Unternehmensstrafrecht prüfen. Daneben<br />

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werden wir das Instrument der Vermögensabschöpfung als bereits bestehende<br />

Waffe im Kampf gegen die Wirtschafts- und organisierte Kriminalität weiter<br />

optimieren und auch hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf prüfen.<br />

Für die Wirtschaft von erheblicher Bedeutung ist die Rechtssicherheit und<br />

Rechtsgewährleistung insbesondere auch in Patentstreitverfahren. Am<br />

Gerichtsstandort in Düsseldorf werden europaweit die meisten<br />

Patentverletzungsverfahren – meist mit hohen Streitwerten und entsprechenden<br />

Einnahmen für die Landeskasse - verhandelt. Um auch in Zukunft zu gewährleisten,<br />

dass die Parteien in gewohnt hoher Qualität rasch mit einer Entscheidung rechnen<br />

können, wollen wir den Patentgerichtsstandort Düsseldorf und damit den<br />

Wirtschaftsstandort <strong>NRW</strong> auch im europäischen Kontext stärken.<br />

Um die Leistungsfähigkeit der Justizbehörden in <strong>NRW</strong> sicherzustellen, bedarf es<br />

zudem einer sinnvollen Zusammenführung und Bündelung übergreifender operativer<br />

Aufgaben. Seit Anfang der 80er Jahre ist der Umfang der von den Gerichten und<br />

Justizbehörden zu erledigenden operativen Verwaltungsaufgaben quantitativ und<br />

qualitativ deutlich angestiegen. Nach dem Vorbild anderer Ressorts wie auch<br />

anderer Landesjustizverwaltungen, die solche Aufgaben zur Erzielung von<br />

Synergieeffekten teilweise zentralisiert haben, soll auch in <strong>NRW</strong> ein Landesamt für<br />

Justiz eingerichtet werden, das ausgewählte operative Verwaltungsaufgaben der<br />

Justizbehörden übernimmt.<br />

Jugend und Recht<br />

Die Bewältigung der Jugendgewalt- und Intensivkriminalität ist eine zentrale<br />

kriminalpolitische Herausforderung, der wir weiter unsere ganze Aufmerksamkeit<br />

widmen werden. Hier geht es um eine gesamtgesellschaftliche und<br />

ressortübergreifende Aufgabenstellung, die zu allererst präventiv, aber auch<br />

repressiv ansetzen muss. Dazu bedarf es der intensiven Zusammenarbeit mit den<br />

Kommunen und einer Vernetzung aller an der Jugendkriminalprävention und am<br />

Jugendstrafverfahren beteiligten Einrichtungen, die wir in jeder Weise, insbesondere<br />

durch weitere Stärkung und Ausbau bestehender Projekte fördern werden. Die<br />

Einrichtung weiterer "Häuser des Jugendrechts" wird ebenso vorangetrieben wie der<br />

flächendeckende Ausbau des Projekts "Staatsanwalts für den Ort", wodurch die<br />

Zuständigkeiten umfeldbezogen gestaltet und damit an die Realität der<br />

Jugendkriminalität, ihrer lokalen Zusammenhänge, angepasst werden.<br />

Wir werden den Rechtskundeunterricht an den Schulen weiter ausbauen. Durch<br />

fachkundige, interdisziplinäre Zusammenarbeit werden wir ihn fortlaufend<br />

modernisieren, so dass er in attraktiverer Form künftig schon vielen jungen<br />

Menschen unser Rechtssystem näher bringen, den Dialog über das Recht fördern<br />

und das Rechtsbewusstsein schärfen wird.<br />

Der Vollzug des vom Bundesgesetz vorgesehenen Jugendarrests wird auf eine<br />

gesetzliche Grundlage gestellt. Es wird gewährleistet, dass der Jugendarrest künftig<br />

pädagogischen Gesichtspunkten genügen wird. Er soll straffälligen jungen Menschen<br />

vielfältige Anstöße zu einem Umdenken geben, alternative Handlungsformen<br />

aufzeigen und professionelle Hilfs- und Beratungsangebote bereitstellen. Auch<br />

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hierdurch sollen kriminelle Karrieren noch frühzeitig abgebrochen werden.<br />

Unabhängig hiervon werden wir weiter die Wirksamkeit von Kurz- und<br />

Freizeitarresten überprüfen und ggf. durch eine Bundesratsinitiative auf die<br />

Abschaffung dieser pädagogisch sehr zweifelhaften Maßnahme drängen. Die von<br />

der Bundesregierung geplante Möglichkeit, einen "Warnschussarrest" zu verhängen,<br />

lehnen wir entschieden ab.<br />

Mit einem auf Erziehung ausgerichteten Jugendstrafvollzug wollen wir junge<br />

Straftäterinnen und Straftäter befähigen, ein eigenverantwortliches Leben in Freiheit<br />

zu führen. Unseren begonnenen Weg, über den geschlossenen und offenen Vollzug<br />

hinaus einen Vollzug in freien Formen durchzuführen, wollen wir weiter gehen.<br />

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Strafvollzug<br />

Um die Sicherheit der Bevölkerung umfassend gewährleisten zu können, bedarf es<br />

sowohl eines effizienten und sicheren als auch eines auf Resozialisierung<br />

ausgerichteten Justizvollzug. Nur wenn die Gefangenen im Strafvollzug geeignet auf<br />

die Zeit nach ihrer Entlassung vorbereitet werden, besteht eine echte Chance, dass<br />

sie ihr künftiges Leben in Freiheit ohne Rückfall in die Kriminalität führen. Dies ist der<br />

beste und sicherste Schutz der Gesellschaft vor weiteren Straftaten.<br />

Ein moderner, dem verfassungsrechtlich verankerten Resozialisierungsgebot<br />

entsprechender Strafvollzug braucht klare Rahmenbedingungen. Hierzu werden wir<br />

der Praxis Leitlinien an die Hand geben, die in naher Zukunft auch in ein neues<br />

Strafvollzugsgesetz für das Land <strong>NRW</strong> einfließen werden, das einen modernen<br />

Behandlungsvollzug ermöglicht und dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis unserer<br />

Bevölkerung in ausgeprägter Weise Rechnung trägt. Neben einer<br />

menschenwürdigen Unterbringung werden wir den Gefangenen qualifizierte<br />

Resozialisierungsangebote wie Schul- und Berufsbildung, Konfliktbewältigung und<br />

Umgang mit dem Verbraucheralltag bieten. Den besonderen Bedürfnissen von<br />

Frauen im Strafvollzug wird ebenso besondere Beachtung zuteil wie einem<br />

optimierten Übergangsmanagement. Hierzu gehört insbesondere die berufliche<br />

Reintegration der Gefangenen, zu der wir durch den Ausbau der Arbeits- und<br />

Ausbildungsplätze beitragen, genauso aber die Unterstützung der in diesem Bereich<br />

tätigen freien Träger mit dem Ziel einer Systematisierung und flächendeckenden<br />

Vereinheitlichung des konkreten Angebots. Um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden,<br />

wollen wir weiter einen bedarfsgerechten Ausbau der Haftvermeidungsprojekte<br />

vorantreiben.<br />

Zur Bekämpfung der in vielen Fällen für die Straffälligkeit ursächlichen<br />

Drogenabhängigkeit werden Drogenberatungs- und Therapieangebote gefördert und<br />

ausgebaut. Vorhandene und in den Straftaten zum Ausdruck gekommene Defizite<br />

bei den Gefangenen sollen dadurch nachhaltig aufgelöst und praktikable<br />

Möglichkeiten zu alternativen, sozialadäquaten Lebensformen angestrebt werden.<br />

Zur Bewältigung dieser anspruchsvollen Arbeit hat die rot-grüne Landesregierung<br />

bereits 200 zusätzliche Stellen geschaffen. Mit dem Haushalt 2012 werden weitere<br />

Entlastungsschritte folgen, auch um noch hinzukommende neue Aufgaben<br />

wahrnehmen zu können. So hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 4. Mai<br />

2011 die wesentlichen Regelungen zur Sicherungsverwahrung für nicht mit dem<br />

Grundgesetz vereinbar erklärt. Gemäß der Auflage des Bundesverfassungsgerichts<br />

werden wir auf eine bundesgesetzliche Neuregelung hinwirken, die dem<br />

verfassungsrechtlichen Gebot Rechnung trägt, wonach sich der Vollzug der<br />

Sicherungsverfahrung vom Vollzug der Strafhaft deutlich zu unterscheiden habe. Wir<br />

werden daneben die erforderlichen landesgesetzlichen Regelungen schaffen und<br />

eine eigene Unterbringungseinrichtung schaffen, die den verfassungsrechtlichen<br />

Vorgaben Rechnung trägt.<br />

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X. Kultur, Medien, Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />

Kunst und Kultur in <strong>NRW</strong> sichern<br />

Kulturelle Vielfalt und Teilhabe stärken<br />

Kultur ist geistige Lebensgrundlage der Menschen und öffentliches Gut. Wir wollen<br />

ein kulturell vitales Land, das Kraft aus seiner Vielfalt schöpft, und in dem Kunst und<br />

Kultur einen zentralen Platz einnehmen. Nordrhein-Westfalen ist eine lebendige und<br />

innovative Kulturregion in Europa. Unsere Künstlerinnen, Künstler und<br />

Kultureinrichtungen genießen weltweit hohe Wertschätzung. Sie sind damit zu<br />

wichtigen Kulturbotschaftern unseres Landes geworden. Wir wollen den<br />

europäischen und internationalen Kulturaustausch weiter unterstützen.<br />

Die Digitalisierung der Welt und damit auch der Kultur, historische Umbrüche, das<br />

Spannungsverhältnis zwischen Bewahren und Entstehen und der demografische<br />

Wandel stellen große Herausforderungen dar. Auch die Lebens- und<br />

Schaffensrealitäten der Künstlerinnen und Künstlern und die engen finanziellen<br />

Spielräume für Land und Kommunen müssen diskutiert werden.<br />

Wir wollen uns diesen Herausforderungen stellen und Antworten in einem<br />

transparenten Dialog auf Augenhöhe mit den Kulturbeteiligten entwickeln. Weil uns<br />

diese Gespräche wichtig sind, werden wir den erfolgreich begonnenen<br />

kulturpolitischen Dialog auf Landesebene ebenso fortsetzen wie die<br />

Regionaltagungen, mit denen wir vor Ort den Erfahrungs- und Informationsaustausch<br />

zwischen den unterschiedlichen Sparten etabliert haben.<br />

Der Schwerpunkt der Kulturförderung in <strong>NRW</strong> liegt in den Städten und Gemeinden<br />

und beim bürgerschaftlichen Engagement. Kulturpolitik bleibt daher auch weiterhin<br />

entsprechend unserer Landesverfassung eine Gemeinschaftsaufgabe von Land und<br />

Kommunen in Kooperation mit zivilgesellschaftlichem Engagement.<br />

Wir treten ein für die Freiheit von Kunst und Kultur. Wir werden die Kulturförderung<br />

durch das Land für alle Sparten auch in Zukunft auf dem erreichten Niveau erhalten<br />

und - wo möglich und geboten - ausbauen.<br />

Kunst und Kultur dürfen kein Luxus sein. Daher wollen wir ein möglichst<br />

flächendeckendes Kulturangebot zu erschwinglichen Preisen und mit niedrigen<br />

Zugangsschwellen für alle.<br />

Wir bejahen die kulturelle Vielfalt unserer Gesellschaft und wollen den Dialog der<br />

Kulturen als ein wichtiges Element sozialer Integration von Menschen<br />

unterschiedlicher ethnischer Herkunft, religiöser Überzeugung und kultureller<br />

Prägung fördern.<br />

Vielfalt der Kultur vor Ort weiter sichern<br />

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Weil der größte Teil der Kulturförderung durch die Kommunen erfolgt, ist eine<br />

verlässliche Finanzausstattung der Gemeinden durch den Bund und das Land die<br />

wichtigste Voraussetzung für den Erhalt und den Ausbau der Kulturlandschaft in<br />

unserem Lande. Deshalb haben wir bereits viel für die finanzielle Stärkung unserer<br />

Kommunen getan und werden dies im Rahmen der Möglichkeiten des Landes<br />

fortsetzen.<br />

Außerdem werden wir regionale Kulturpolitik als Gemeinschaftsaufgabe zwischen<br />

Land, Kommunen, Regionen, Verbänden, Wirtschaft und Zivilgesellschaft stärken<br />

und ihr neue Impulse geben.<br />

Für ein Kulturfördergesetz<br />

Kulturförderung braucht eine verlässliche Grundlage. Deshalb werden wir den bereits<br />

begonnenen Prozess für die Erarbeitung eines <strong>NRW</strong>-Kulturfördergesetzes<br />

fortsetzen. Mit dem Beschluss des Antrags für ein Gesetz zur Förderung und<br />

Entwicklung der Kultur, der Kunst und der kulturellen Bildung in <strong>NRW</strong> haben wir die<br />

dafür notwendige Basis bereits geschaffen.<br />

Wir werden prüfen, ob entweder - in Abstimmung mit der kommunalen<br />

Finanzaufsicht -, trotz bisheriger "Freiwilligkeit" der Kulturausgaben, auch für<br />

Kommunen in finanziell schwieriger Situation ein Grenzwert für die Kulturförderung<br />

gesichert werden kann; oder wie es gelingen kann, die kommunale Kulturförderung<br />

auf der Grundlage des Artikels 18 Absatz 1 der Landesverfassung rechtlich<br />

verbindlicher zu gestalten.<br />

Wir werden die Arbeit im Theaterpakt zur Unterstützung der kommunalen Theaterund<br />

Orchesterlandschaft fortsetzen. Und wir wollen Strategien zur Weiterentwicklung<br />

der Tanzlandschaft, für die Literatur mit ihren zahlreichen Projekten und für die<br />

regionale Kulturpolitik. Die Förderung der Filmkunst und die filmkulturelle Bildung<br />

bleibt weiterhin ein wichtiger Teil der <strong>NRW</strong>-Kulturpolitik Wir stehen zu unseren vier<br />

Landestheatern, den drei Landesorchestern, der Landesmusikakademie Heek und<br />

der Kunstsammlung <strong>NRW</strong>.<br />

Lesekultur und Bibliotheken stärken<br />

Die Arbeit der Literaturbüros und die Literaturförderung durch Stipendien und Preise<br />

bleiben wichtige Grundlagen der literarischen Schreib- und Lesekultur in <strong>NRW</strong>. Die<br />

reiche und vielfältige Bibliothekenlandschaft in unserem Land muss erhalten bleiben<br />

und ihr Ausbau zu multimedialen Kommunikationszentren soll unterstützt werden.<br />

Kulturelle Bildung ausbauen<br />

Das zentrale Projekt unserer Kulturpolitik auch in dieser Legislaturperiode bleibt der<br />

Ausbau der kulturellen Bildung. Kulturelle Bildung und ästhetische Erziehung sind<br />

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Voraussetzungen für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen<br />

Leben und prägen die Persönlichkeit eines jeden Einzelnen.<br />

Kunst- und Kulturvermittlung stellen einen wesentlichen Beitrag zur Bildungs- und<br />

Sozialpolitik dar. Teilhabe an und Zugänge zu Kunst und Kultur gehören als ein<br />

elementarer Baustein in den Mittelpunkt unserer vorsorgenden Politik und sind<br />

wesentlicher Bestandteil unseres Demokratieverständnisses, weil hierüber<br />

Chancengleichheit ermöglicht wird. Wir haben dabei folgende Schwerpunkte im<br />

Blick:<br />

Kulturrucksack<br />

Der Kulturrucksack wurde in <strong>NRW</strong> 2012 für insgesamt rund 320.000 Kinder und<br />

Jugendliche zwischen 10 und 14 Jahren gestartet. Dieses erfolgreich begonnene<br />

Projekt soll weiter ausgebaut werden.<br />

Kultur und Schule<br />

Wir wollen auch die bisherigen Projekte im Bereich von "Kultur und Schule"<br />

verstetigen und streben an, sie in den Schulen stärker strukturell zu verankern. Der<br />

Ausbau der Schulen zu Ganztagsschulen bietet dafür besondere Chancen.<br />

Musikalische Früherziehung<br />

Das Projekt „Jedem Kind ein Instrument“ soll überprüft werden. Eine Ausweitung auf<br />

ganz Nordrhein-Westfalen ist in der ursprünglichen Ausrichtung des Projektes und<br />

der aktuellen finanziellen Lage nicht leistbar. Da musikalische Früherziehung<br />

nachweislich einen positiven Einfluss auf Kinder hat, wollen wir ein Konzept für <strong>NRW</strong><br />

entwickeln, das auf den vielfältigen Ansätzen im Land aufbaut und an dem sich Kitas,<br />

Grundschulen und freie Träger beteiligen können.<br />

Jugendkunst- und Kulturschulen<br />

Ein weiteres wichtiges Instrument der Jugendkulturförderung sind auch unsere 43<br />

vom Land geförderten Jugendkunstschulen. Sie helfen jungen Menschen auch aus<br />

benachteiligten Familien bereits in frühen Jahren, ihr Talent und ihr Interesse zu<br />

wecken.<br />

Darüber hinaus sehen wir mit der im kommunalen Raum beginnenden Entwicklung<br />

von Kulturschulen einen neuen Akzent in der Zusammenarbeit von Kultur und<br />

Schule. Dies werden wir aufgreifen und gemeinsam mit den Kommunen<br />

weiterentwickeln.<br />

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Kinder- und Jugendtheater<br />

Unsere Kinder- und Jugendtheater haben sich erfolgreich weiterentwickelt. Auch sie<br />

leisten einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung junger Menschen. Wir wollen<br />

sie stärken und verlässlich fördern.<br />

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Freiwilliges Soziales Jahr in der Kultur<br />

Wir wollen junge Menschen an die Kultur heranführen. Das FSJ in diesem Bereich<br />

hat sich bewährt. Wir wollen, dass künftig noch mehr junge Menschen diese<br />

Möglichkeit nutzen. So kann auch der Übergang in die Berufswelt sinnvoll gestaltet<br />

werden.<br />

Medienkompetenz<br />

Mit Blick auf die rasante Entwicklung der elektronischen Medien ist auch die<br />

Förderung von Medienkompetenz eine wichtige Aufgabe kultureller Bildung. Die für<br />

diesen umfassenden Ausbau der kulturellen Bildung notwendige Zusammenarbeit<br />

zwischen den Bereichen Kultur, Jugend, Medien, Schule und Wissenschaft werden<br />

wir verbessern. Zu diesem Zweck wird eine hochrangige Steuerungsgruppe aus den<br />

beteiligten Ministerien eingerichtet, die die notwendigen Maßnahmen<br />

ressortübergreifend vorbereitet und initiiert.<br />

Förderinstrumente verbessern – Verfahrensabläufe vereinfachen<br />

Um Flexibilität und Transparenz zu schaffen, wollen wir in der Kulturförderung, wo es<br />

oft um relativ kleine Fördersummen geht, Bürokratie abbauen. Hierfür müssen<br />

verstärkt Förderpauschalen, Möglichkeiten der Selbstbewirtschaftung und<br />

Festbetragsfördermittel eingesetzt werden. Dies betrifft auch Fragen des<br />

Eigenanteilsnachweises und wesentliche Vereinfachungen in den bisherigen<br />

Förderabläufen.<br />

Freie Szene stärken<br />

Die freie Kulturszene und soziokulturelle Zentren wollen wir weiter verstärkt fördern.<br />

Hier wollen wir in dieser Legislaturperiode einen Akzent setzen, denn die freien<br />

Kultureinrichtungen haben bereits sehr flexible Betriebsstrukturen entwickelt, welche<br />

die Förderungen hoch effizient einsetzen. Die Verbindung von innovativer<br />

ästhetischer Auseinandersetzung und modernem Kulturmanagement ist ein<br />

zukunftsweisendes Modell.<br />

Wir unterstützen Künstlerinnen und Künstler<br />

Nur eine Minderheit der Künstlerinnen und Künstler kann allein von ihren kulturellen<br />

Tätigkeiten leben. Deshalb hat der Staat eine besondere Verantwortung für deren<br />

soziale Absicherung. Wir werden deshalb weitere Maßnahmen zur individuellen<br />

Künstlerförderung prüfen und eine Bündelung dieser Maßnahmen organisieren. Das<br />

Fördernetz unserer Landeskulturbüros hat sich bewährt. Wir wollen dieses Netz<br />

ergänzen und auch nach Wegen suchen, wie die Bildenden Künste gestärkt werden<br />

können.<br />

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Erinnerungskultur in neuen Formen weiter entwickeln<br />

Zur Kulturförderung gehört auch die Förderung der Erinnerungskultur. Sie ist ein<br />

zentraler Auftrag sowohl der kulturellen wie der politischen Bildung. Gedenkstätten<br />

sind zentrale Orte der Aufklärung und Auseinandersetzung mit der Geschichte<br />

unseres Landes - vor allem auch für junge Menschen. Daher streben wir die<br />

Erstellung eines „Landeskonzepts Erinnerungskultur“ an. Gerade die aktuelle<br />

politische Situation in Hinblick auf den Rechtsextremismus zwingt uns in vielerlei<br />

Hinsicht zum Handeln. Demokratiestärke bedarf des Wissens um unsere Geschichte,<br />

Erinnerung braucht Orte. Daher wollen wir diese auf gesicherte finanzielle<br />

Grundlagen stellen.<br />

Kulturelles Erbe erhalten<br />

Nordrhein-Westfalen ist reich an materiellen und immateriellen Kulturgütern. Wir<br />

wollen die Anstrengungen, sie zu erhalten, zu sichern und ihre Institutionen zu<br />

vernetzen, weiter verstärken. Denkmalpflege, Archäologie und konsequenter Erhalt<br />

und Ausbau der Archive bleiben deshalb wichtige Aufgaben.<br />

Baukultur<br />

Den Beitrag der Architektur zur Kultur unseres Landes wollen wir stärker öffentlich<br />

würdigen und fördern. Zu diesem Zweck prüfen wir mehrere in der Diskussion<br />

befindliche Alternativen wie Architekturschule, Bauakademie und die Auslobung<br />

neuer Preise.<br />

Die Landeskulturpolitik wird auch weiterhin innovative Prozesse unterstützen. Mit der<br />

Kunststiftung <strong>NRW</strong> hat die Landeskulturpolitik einen weiteren wichtigen<br />

Kooperationspartner für eine lebendige und sich stets wandelnde Kulturlandschaft<br />

Nordrhein-Westfalens.<br />

Medien in <strong>NRW</strong> - Vielfalt und Unabhängigkeit stärken<br />

Unabhängige und vielfältige Medien sind Grundpfeiler einer lebendigen und<br />

funktionierenden Demokratie. Es ist deshalb unser erklärtes Ziel, die Medienvielfalt<br />

und –unabhängigkeit nachhaltig zu stärken. Dazu werden wir auch weiterhin die<br />

Balance zwischen öffentlich-rechtlichen, kommerziellen und anderen privaten<br />

Angeboten gewährleisten. Wir unterstützen Kooperationen zwischen öffentlichrechtlichen<br />

und kommerziellen Medienhäusern, wenn dadurch Meinungsvielfalt und –<br />

unabhängigkeit gestärkt werden, beispielsweise mit einer gemeinsamen On-demand-<br />

Plattform und einer engeren Kooperation bei der europäischen und internationalen<br />

Nachrichtenbeschaffung.<br />

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Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist und bleibt eine unverzichtbare Säule unserer<br />

Medienordnung. Wir stehen zur Bestands- und Entwicklungsgarantie für den<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir werden eine Initiative ergreifen, mit der die<br />

Telemedien als „dritte Säule“ neben Hörfunk und Fernsehen gestärkt werden.<br />

Beitragszahlerinnen und -zahler sollen die öffentlich-rechtlichen Telemedienangebote<br />

über die im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebene 7-Tages-Frist hinaus abrufen<br />

können – online und mobil. Zugleich werden wir uns dafür einsetzen, dass der<br />

öffentlich-rechtliche Rundfunk auf Werbung und Sponsoring verzichtet. Werbung und<br />

Sponsoring sollte ausschließlich der Finanzierung kommerzieller Medienangebote<br />

dienen.<br />

Mit Blick auf die privaten Veranstalter werden wir uns für eine Anreizregulierung im<br />

Medienrecht einsetzen. Denn die Verantwortung für qualitätsvolle Angebote liegt<br />

nicht nur beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern auch bei den privaten<br />

Veranstaltern. Die Nutzung gleicher Inhalte über verschiedene Plattformen, die<br />

Konvergenz der Endgeräte sowie veränderte Nutzungsgewohnheiten erfordern eine<br />

Neubewertung der bisherigen Bewertungsregeln im Medienkonzentrationsrecht.<br />

<strong>NRW</strong> wird sich für eine vielfaltssichernde Reform des Medienkonzentrationsrechts<br />

einsetzen. Zudem fordern wir die Bundesregierung auf, eine jährliche Medienstatistik<br />

zu erstellen, die sich insbesondere mit den Entwicklungen bei den Printmedien<br />

befasst.<br />

Die <strong>NRW</strong>-Zeitungsverlage mit ihren professionellen Redaktionen sind für die<br />

Informations- und Willensbildung besonders in unseren Regionen von zentraler<br />

Bedeutung. Privat betriebene Blogs sind eine wichtige Ergänzung zur<br />

Meinungsbildung.<br />

Den erfolgreichen Lokalfunk in <strong>NRW</strong> wollen wir auch in der digitalen Welt sichern.<br />

Media Governance: Digitale Medienordnung weiterentwickeln<br />

Eine digitale Medienordnung benötigt rechtliche Rahmenbedingungen, kulturelle<br />

Leitlinien und Verfahren, die den Veränderungen des vernetzten Internetzeitalters<br />

Rechnung tragen. Dabei haben wir es mit einer Vielzahl unterschiedlicher<br />

Mechanismen und Akteure zu tun, deren Zusammenspiel man nicht mit einem<br />

Gesetz oder einem Staatsvertrag regulieren kann. Daher setzen wir auf die<br />

Prinzipien der koregulierten Selbstregulierung und Media Governance; wir werden<br />

unsere Verantwortung für eine funktionale Media Governance wahrnehmen.<br />

Dazu werden wir u.a. das Landesmediengesetz <strong>NRW</strong> reformieren und Änderungen<br />

des Rundfunkstaatsvertrages anstreben, mit dem Ziel, Meinungsvielfalt, Transparenz<br />

und Teilhabe zu stärken.<br />

Die Einrichtung einer Stiftung für „Vielfalt und Partizipation“ soll Qualität,<br />

Unabhängigkeit und Vielfalt bei der Produktion von Medieninhalten in <strong>NRW</strong><br />

sicherstellen.<br />

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Wir wollen partizipative Elemente offline und online einführen und die Durchführung<br />

von Medienversammlungen wieder ins Landesmediengesetz aufnehmen, damit<br />

Mediennutzerinnen und Mediennutzer über Inhalte und das Internet diskutieren und<br />

Hinweise für die gemeinsame Gestaltung der Mediengesellschaft geben. Wir wollen<br />

die Medienaufsicht stärken, hierzu gehört u.a. die Erweiterung der Kompetenzen der<br />

Medienkommission der Landesanstalt für Medien (LfM) sowie des Rundfunk- und<br />

Verwaltungsrates des WDR. Dies soll durch die gesetzliche Verankerung eines<br />

eigenen Haushaltes sowie die entsprechende Personalhoheit erreicht werden.<br />

Ferner soll geprüft werden, wie die Transparenz der Gremienarbeit und ihre<br />

Kommunikationsprozesse mit den Mediennutzerinnen und Mediennutzern erreicht<br />

werden kann. Zur Partizipation und Vielfaltserweiterung gehören in <strong>NRW</strong> die<br />

Bürgermedien, wir wollen sie stärken und die Teilhabemöglichkeiten verbessern.<br />

Um die Aufsicht in <strong>NRW</strong> zu bündeln, wird das Telemedienzuständigkeitsgesetz<br />

geändert und die Zuständigkeit für die Einhaltung der Bestimmungen des<br />

Telemediengesetzes für ganz <strong>NRW</strong> von der Bezirksregierung Düsseldorf auf die<br />

Landesanstalt für Medien <strong>NRW</strong> übertragen. Darüber hinaus soll zukünftig mit einer<br />

Medienanstalt der Länder eine Aufsichtsstruktur geschaffen werden, die dem<br />

föderalen System der Bundesrepublik Deutschland und der Medienkonvergenz<br />

Rechnung trägt. Hier streben wir eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrages an.<br />

Wir setzen uns dafür ein, dass die Verfahren zur Änderung der<br />

Rundfunkstaatsverträge künftig nachvollziehbarer und partizipativer durchgeführt<br />

werden. Hierzu gehören konsistente Verfahrensregeln, die gesetzlich abgesicherte<br />

Einbindung der Landtage sowie eine Reform der Rundfunkkommission der Länder.<br />

Pressevielfalt sichern<br />

Wir werden die Unabhängigkeit der Medienhäuser und der Vertriebswege auch mit<br />

Hilfe des Landespressegesetzes verbessern. Dazu gehört auch die Transparenz bei<br />

den Eigentümerstrukturen der Medienhäuser. Die Verantwortung von Journalistinnen<br />

und Journalisten nimmt deutlich zu, die rasant wachsende Flut an Informationen<br />

qualitativ hochwertig einordnen zu können. Deshalb wollen wir die Aus- und<br />

insbesondere Weiterbildung gezielt stärken. Dies gilt vor allem für die lokale und<br />

regionale Berichterstattung. Das bewährte Presse-Grosso-System werden wir, sollte<br />

es zu keiner freiwilligen oder bundesgesetzlichen Regelung kommen, über unsere<br />

gesetzlichen Möglichkeiten absichern.<br />

Nach der Veröffentlichung des Medienkonzentrationsberichtes der Landesanstalt für<br />

Medien soll überprüft werden, ob die Regelungen der §§ 33 bis 33e des<br />

Landesmediengesetzes, mit denen verhindert werden soll, dass Medienunternehmen<br />

durch ihre Beteiligungen an Rundfunkprogrammen vorherrschende Meinungsmacht<br />

erlangen reformbedürftig sind. Wir erwarten, dass die LfM diesen Bericht jährlich<br />

fortschreibt.<br />

Qualität in der digitalen Gesellschaft stärken<br />

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Mit der LfM, dem WDR und RTL, der Film- und Medienstiftung, dem Grimme-Institut,<br />

den Telekommunikationsunternehmen und zahlreichen exzellenten Hochschulen<br />

stehen wichtige Partner für Konzepte einer gesellschaftsfreundlichen<br />

Medienentwicklung zur Verfügung.<br />

Das Grimme Institut steht durch den Grimme-Preis und den Grimme-Online-Award<br />

für Qualität von Medieninhalten und liefert Orientierung für Mediennutzerinnen und<br />

Mediennutzer. Dem Grimme Institut kommt in der digitalen Gesellschaft als Ort des<br />

Diskurses eine herausragende Bedeutung zu. Wir wollen das Institut in diesem Sinne<br />

weiterentwickeln. Die Arbeit der Internationalen Filmschule (IFS), des Audiovisuellen<br />

Gründerzentrums und der Kunsthochschule für Medien (KHM) sind - mit anderen<br />

Hochschulinstitutionen - wichtige Säulen auch in der Film- und Fernsehaus- und<br />

Weiterbildung.<br />

Die Digitalisierung bietet auch für Medienvielfalt und –unabhängigkeit neue Chancen.<br />

Die Weiterentwicklung zur Film- und Medienstiftung war ein richtiger Schritt, um die<br />

Position Nordrhein-Westfalens als führendem Medienstandort in Deutschland zu<br />

stärken. Daher werden wir unter maßgeblicher Beteiligung der Film- und<br />

Medienstiftung die Initiative „Digitales Medienland <strong>NRW</strong>“ mit Landes- und EU-Mitteln<br />

fortführen und ausbauen. Insbesondere die Förderung der Bereiche Innovation,<br />

Gründung und Qualifizierung wird im Interesse der Zukunftssicherung für den<br />

Medienstandort <strong>NRW</strong> ausgebaut. Hierbei kommt der <strong>NRW</strong>.Bank eine wichtige Rolle<br />

zu. Wir werden weiterhin Wettbewerbe nutzen, um die innovative Kraft der Kreativen<br />

in Nordrhein-Westfalen zu entfalten, zum Beispiel zur wirtschaftlichen Nutzung von<br />

Open Data.<br />

Medienkompetenz ist eine unverzichtbare Schlüsselqualifikation und die Grundlage<br />

für lebensbegleitendes Lernen. Medienkompetenz ist für uns auch die<br />

Voraussetzung für einen wirksamen Kinder- und Jugendmedienschutz. Der Bereich<br />

der Medienkompetenzförderung soll bei der LfM <strong>NRW</strong> weiter verbessert und vernetzt<br />

werden. Wir werden dafür Sorge tragen, dass es frei zugängliche Lernangebote und<br />

Gelegenheiten zum Erwerb von Medienkompetenz in <strong>NRW</strong> gibt, insbesondere für<br />

Kinder, Jugendliche, ältere Menschen und Menschen, die sozial benachteiligt sind.<br />

Ziel ist ein möglichst barrierefreier, selbstbestimmter Umgang mit dem Internet,<br />

Computern und Medieninhalten. Wir werden u.a. mit dem Medienpass, der für die<br />

Sekundarstufen weiterentwickelt werden soll, die Voraussetzungen dafür schaffen,<br />

dass auch in der digitalen Welt kein Kind zurückbleibt. Bei uns steht dabei das Kind<br />

im Mittelpunkt und nicht der Computer.<br />

Netzpolitik – Freiheitsrechte im Internet sichern<br />

Den digitalen Wandel zu gestalten, ist für uns eine zentrale gesellschaftliche und<br />

politische Querschnittsaufgabe. Richtschnur und Basis sind dabei unsere zentralen<br />

Werte Teilhabe, demokratisches und solidarisches Miteinander, Offenheit und<br />

Freiheit. Wir wollen im Zeitalter der Digitalisierung die Potenziale des Internets<br />

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nutzen, um für die Bürgerinnen und Bürger mehr Mitgestaltung zu gewährleisten,<br />

neue Zugänge zur Demokratie ermöglichen und um Teilhabe an Wissen zu stärken.<br />

Wir unterstützen weitere Initiativen für eine Open Government-Strategie mit dem Ziel,<br />

dass Partizipation im Netz Akzeptanz und Eingang in Regierungshandeln findet.<br />

Unsere Vision des sozial und digital vernetzten Zusammenlebens in der Digitalen<br />

Gesellschaft ist nicht vereinbar mit der Idee eines Überwachungsstaates. Das Recht<br />

auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung gilt analog wie digital.<br />

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Dialog über Urheberrecht fördern<br />

Wir fördern und unterstützen den Dialog mit den Urheberinnen und Urhebern, den<br />

Nutzerinnen und Nutzern und den Werkvermittlerinnen und Werkvermittlern mit dem<br />

Ziel einer Modernisierung des Urheberrechts.<br />

Es sollen in diesem Prozess einfache und nutzerfreundliche Modelle für einen fairen<br />

Interessensausgleich entwickelt werden, durch die das Urheberrecht zum Wohle aller<br />

gestaltet und genutzt werden kann.<br />

Die Eindämmung massenhafter Abmahnungen ist für uns ein wichtiges Vorhaben<br />

insbesondere für einen wirksamen Verbraucherinnen- und Verbraucherschutz im<br />

Internet und zur Stärkung der Akzeptanz des Urheberrechts. Die bisherige Regelung<br />

zur Begrenzung der Abmahnkosten ist für uns nicht weitgehend genug. Wir werden<br />

eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, um Fälle mit geringem<br />

Unrechtsgehalt zu entkriminalisieren.<br />

Modernes Regieren im digitalen Zeitalter<br />

Wir wollen die Öffnung von Politik und Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger in<br />

Nordrhein- Westfalen weiter engagiert vorantreiben. Wir bekennen uns zu den<br />

Prinzipien des Open Government. Open Government bedeutet eine Politik für mehr<br />

Transparenz in der Verwaltung (Open Data), mehr Beteiligung der Bürgerinnen und<br />

Bürger an politisch-administrativen Entscheidungsprozessen (Partizipation) und mehr<br />

Zusammenarbeit zwischen Verwaltungen, Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden<br />

sowie Expertinnen und Experten. Politik und politische Institutionen sind somit<br />

gefordert, sich für den politischen Diskurs im Internet, aber auch offline weiter zu<br />

öffnen und damit eine neue politische Kultur zu leben.<br />

Um das demokratische Miteinander in unserem Land zu stärken, müssen wir den<br />

Bürgerinnen und Bürgern auch die der Regierung und den Verwaltungen<br />

vorliegenden Daten, Dokumente und Informationen möglichst einfach zugänglich und<br />

nutzbar machen, nämlich maschinenlesbar in offenen Formaten und unter freien<br />

Lizenzen. Denn die Voraussetzung für Beteiligung ist Information - nur wer sich<br />

informieren kann, kann an ausgewogenen Entscheidungen mitwirken und an<br />

Debatten gleichberechtigt teilhaben. Wir sehen nicht nur die Chance, die<br />

demokratische Legitimation der öffentlichen Verwaltung auszubauen, sondern vor<br />

allem auch neue Möglichkeiten, über einen proaktiv angelegten Prozess mehr<br />

„Demokratie 2.0“ zu wagen. Wir werden dazu das Open.<strong>NRW</strong>-Portal anbieten, um<br />

dort die Aktivitäten in diesem Bereich zu bündeln und in zentraler Verantwortung<br />

weiterzuentwickeln. Über das Informationsfreiheitsgesetz werden wir die Holschuld<br />

unserer Bürgerinnen und Bürger bzgl. Informationen, Dokumente und Daten, in eine<br />

Bringschuld des Staates umwandeln. Hierfür werden wir ein zentrales Online-Portal<br />

für Daten des Landes einrichten und dieses im Informationsfreiheitsgesetz<br />

verankern. Wir werden die Veröffentlichungspflichten der öffentlichen Stellen deutlich<br />

ausweiten und damit das Informationsfreiheitsgesetz hin zu einem<br />

Transparenzgesetz weiterentwickeln.<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Die durchgeführten Konsultationen verdeutlichen, dass Partizipation im Internet<br />

Akzeptanz und Eingang in das Regierungshandeln finden kann und gefunden hat.<br />

Wir werden weiterhin Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft und der<br />

Open-Government Community einladen, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Dazu<br />

werden wir ein Zukunftsforum „Digitale Bürgerbeteiligung“ durchführen. Das dient<br />

letztlich auch dem Ziel, damit unser Land Nordrhein-Westfalen auf seinem Weg zu<br />

mehr Transparenz (Open Data), Beteiligung (E-Partizipation) und Zusammenarbeit<br />

(Kollaboration) nicht den Anschluss an die nationale und internationale Open<br />

Government-Entwicklung verliert, sondern in dieser voranschreitet.<br />

Wir werden unsere Open Government Strategie auf der Basis technischer Offenheit<br />

vorantreiben. Deshalb wollen wir den Einsatz von Offenen Standards, Protokollen<br />

und Formaten sowie freier und offener Software in der Landesverwaltung unter<br />

Beachtung der vergaberechtlichen Rahmenbedingungen weiter fördern und mit<br />

IT.<strong>NRW</strong> prüfen, wie eine Strategie der Landesregierung hierzu aussehen kann.<br />

Gerade im Bildungsbereich wollen wir freie Medien und Software nutzen, um<br />

technische Vielfalt vorzuleben. Dazu soll es Modellprojekte zur Schaffung offener<br />

und freier Lehr- und Lerninhalte geben. Wir wollen die Prinzipien von Open Data und<br />

Open Government auch für den Hochschul- und Wissenschaftsbereich umsetzen.<br />

Wir werden regelmäßig Wettbewerbe durchführen, bei denen Entwicklerinnen und<br />

Entwickler unter Verwendung öffentlich bereitgestellter Daten Applikationen erstellen,<br />

die zu Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit beitragen. Wir wollen die<br />

Daten auch zur kommerziellen Nutzung unter freier Lizenz bereitstellen.<br />

Teilhabe am Internet stärken<br />

Zugang zum Internet ist heute Voraussetzung für soziale, demokratische und<br />

ökonomische Teilhabe in der digitalen Gesellschaft. Deshalb werden wir uns<br />

weiterhin für den Ausbau der Breitband-Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen<br />

einsetzen. Wir werden eine Bundesratsinitiative für die Verankerung einer Breitband-<br />

Universaldienstverpflichtung im Telekommunikationsgesetz ergreifen. Wir stellen<br />

Beispiele öffentlicher WLAN-Zugänge auf einer <strong>NRW</strong>-Plattform zusammen, um den<br />

WLAN-Ausbau zu erleichtern. Wir bereiten eine Bundesratsinitiative vor mit dem Ziel,<br />

eine Haftungsprivilegierung von Betreiberinnen und Betreibern öffentlicher WLAN-<br />

Zugänge zu erreichen.<br />

Wir wollen die Netzneutralität gesetzlich absichern. Zukünftige staatliche<br />

Förderungen des Landes <strong>NRW</strong> beim Breitbandausbau sollen an eine Verpflichtung<br />

zur Netzneutralität durch die Anbieter verknüpft werden. Wir werden eine<br />

Bundesratsinitiative mit dem Ziel starten, die Netzneutralität im<br />

Telekommunikationsgesetz durchsetzungsstark festzuschreiben.<br />

Religiöse Vielfalt gestalten<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Weltanschauliche und religiöse Vielfalt gehören zu <strong>NRW</strong>. Mit ihren Verbänden und<br />

Einrichtungen stärken Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften das<br />

gesellschaftliche und soziale Leben in unserem Land. Wir wollen den intensiven<br />

Austausch mit ihnen fortsetzen und die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Aufgaben<br />

ausweiten.<br />

Dabei muss allerdings für jede Kirche, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft<br />

gelten, dass ihre Grundhaltung im Einklang mit den Grundsätzen unserer freiheitlichdemokratischen<br />

Rechtsordnung steht. Das hohe Gut der Religionsfreiheit in unserem<br />

Land darf nicht als Rechtfertigung für religiös begründete Haltungen gegen<br />

Menschrechte und Demokratie missbraucht werden.<br />

Die christlichen Kirchen sind für uns weiterhin wichtige Partner bei der Gestaltung<br />

einer gerechten Gesellschaft und in ethischen Fragen. Auf der Grundlage der<br />

Subsidiarität werden wir sie weiter nachhaltig unterstützen. Auch mit der Jüdischen<br />

Gemeinschaft in Nordrhein-Westfalen wollen wir den Dialog fortsetzen und die guten<br />

Beziehungen weiter ausbauen.<br />

Der Islam ist heute in <strong>NRW</strong> die zweitgrößte Glaubensrichtung. Gelingende<br />

Integration der Muslime setzt voraus, dass Staat und Islam zu einem konstruktiven<br />

Miteinander finden.<br />

Die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts an Schulen in Nordrhein-<br />

Westfalen ist ein sichtbares Zeichen der Gleichberechtigung. Ziel muss es nun sein,<br />

den islamischen Religionsunterricht im Anschluss an die bis zum 31.07.2019<br />

befristete Beiratslösung unmittelbar über den Art. 7 Absatz 3 Satz 2 GG fortzuführen.<br />

Dazu werden wir den unterschiedlichen islamischen Verbänden einen Arbeitsprozess<br />

anbieten, der auf Gegenseitigkeit beruht und die Voraussetzungen und Möglichkeiten<br />

für die Gründung anerkannter islamischer Religionsgemeinschaften aufzeigt, damit<br />

die Voraussetzungen des deutschen Religionsverfassungsrechts erfüllt werden<br />

können.<br />

Auch in Zukunft wollen wir den Dialog mit unseren muslimischen Mitbürgerinnen und<br />

Mitbürgern vertiefen und die Akzeptanz muslimischen Lebens durch Aufklärungsund<br />

Informationsarbeit nachhaltig verbessern.<br />

Niemand darf aufgrund seiner religiösen Überzeugungen diskriminiert werden.<br />

Rassistischen, antisemitischen und islamfeindlichen Übergriffen werden wir deshalb<br />

mit aller Kraft entgegen treten genauso wie allen Angriffen auf Demokratie und<br />

Menschenrechte, die sich in religiösem Fundamentalismus begründen. Für ein<br />

friedliches und vertrauensvolles Miteinander setzen wir auf Begegnungen zwischen<br />

Menschen unterschiedlicher Religion und Weltanschauung. Wir werden den<br />

interreligiösen Dialog in besonderer Weise fördern.<br />

Wir wollen zudem die Anerkennung von Körperschaftsrechten für Religions- und<br />

Weltanschauungsgemeinschaften auf eine allgemeine gesetzliche und damit<br />

verlässliche Grundlage stellen.<br />

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XI. Europa, Eine-Welt<br />

Nordrhein-Westfalen: Engagiert im Herzen Europas<br />

Nordrhein-Westfalen als Europas bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste<br />

Region in zentraler Lage profitiert stark vom europäischen Integrationsprozess und<br />

unterstützt engagiert die Vertiefung und Erweiterung der Europäischen Union.<br />

Leitbild ist für uns eine starke Region Nordrhein-Westfalen in einem demokratischen,<br />

sozialen, ökologischen, transparenten, handlungsfähigen, nachhaltigen und stabilen<br />

Europa. In diesem Sinne wollen wir unseren Einfluss in Brüssel, Straßburg und Berlin<br />

weiter stärken. Die europapolitischen Rechte der Länder bzw. des Bundesrats<br />

werden wir verantwortungsvoll nutzen. Gerade in der aktuell schwierigen Situation<br />

werden wir uns positiv in die EU einbringen und uns für nordrhein-westfälische<br />

Interessen einsetzen.<br />

Wir werden daher einen intensiven und frühzeitigen Austausch mit der EU-<br />

Kommission pflegen sowie eng mit unseren europäischen Partnerregionen und dem<br />

Europäischen Parlament, insbesondere den aus <strong>NRW</strong> stammenden Abgeordneten,<br />

zusammenarbeiten. Wichtig ist für uns eine bessere Vernetzung von Düsseldorf und<br />

Brüssel, von Landesregierung, Landtagsabgeordneten sowie den <strong>NRW</strong>-Kommunen<br />

mit den Europaabgeordneten und deren Fraktionen sowie den nationalen Experten<br />

und Expertinnen aus <strong>NRW</strong> in den EU-Institutionen. Europapolitik und<br />

grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind für uns eine Querschnitts- und<br />

Koordinierungsaufgabe. An der Gestaltung der Europapolitik des Landes sollen alle<br />

Ressorts mitarbeiten. Die konsistente Vertretung nordrhein-westfälischer Interessen<br />

auf europäischer, interregionaler und grenznachbarschaftlicher Ebene ist Auftrag und<br />

Aufgabe aller Ressorts. Innerhalb der Landesregierung hat das für Europa<br />

zuständige Ressort eine besondere Verantwortung für die Herstellung von Kohärenz<br />

im europapolitischen Handeln der Landesregierung. Wichtiges Instrument der<br />

Interessenvertretung bleibt die Vertretung des Landes in Brüssel.<br />

Wir setzen auf eine starke und kompetente Interessenvertretung in Berlin und<br />

Brüssel als Bindeglied zwischen Nordrhein-Westfalen, dem Bund und den<br />

Europäischen Institutionen. Die beiden Vertretungen sollen Multiplikatorinnen und<br />

Multiplikatoren, Institutionen, Verbände und gesellschaftliche Gruppen, aus<br />

Nordrhein-Westfalen bei ihren Aktivitäten in Brüssel und Berlin unterstützen und<br />

ihnen als Forum zur Kommunikation und Kontaktpflege dienen.<br />

Wir werden die gute Arbeit im Ausschuss der Regionen fortsetzen und sie<br />

konsequent verknüpfen mit allen anderen Wegen zur Vertretung unserer<br />

europapolitischen Landesinteressen, insbesondere im europäischen<br />

Rechtsetzungsprozess. Wir wollen die Interessen der regionalen und lokalen Ebene<br />

stärken und dafür Sorge tragen, dass das „Europa der Regionen“ an Kontur gewinnt.<br />

Wichtigste europapolitische Handlungsgrundlage der Landesregierung werden die<br />

jährlich zu erstellenden Europapolitischen Prioritäten bleiben, die von der<br />

Landesregierung dem Landtag vorgeschlagen werden.<br />

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Wir unterstützen den Landtag bei seinen wiedergewonnenen europapolitischen<br />

Kompetenzen und werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die europapolitische<br />

Handlungsfähigkeit des Landtages gestärkt wird.<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Ein demokratisches, soziales, wirtschaftlich starkes und nachhaltiges Europa<br />

Um die Vertrauenskrise bei den Bürgerinnen und Bürgern in Bezug auf die EU zu<br />

überwinden, muss der Primat der Politik wieder hergestellt werden. Deshalb setzen<br />

wir uns in <strong>NRW</strong> für eine Stärkung des Europäischen Parlaments und notwendige<br />

institutionelle Reformen ein. Bei uns im Land setzen wir uns für ein Landeswahlrecht<br />

für EU-Bürgerinnen und Bürger ein.<br />

Wir treten ein für ein soziales Europa, das den Bürgerinnen und Bürgern aller<br />

Mitgliedsstaaten eine Perspektive für ein Leben in Frieden, Wohlstand und sozialer<br />

Sicherheit bietet. Wir wollen eine EU, die sich nicht an den niedrigsten, sondern an<br />

den höchsten sozialen Standards als Zielvorgabe orientiert.<br />

Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Gestaltungshoheit und der<br />

Handlungsspielraum der Kommunen zur Erbringung von Leistungen der<br />

Daseinsvorsorge durch europäische Wettbewerbsregelungen nicht unangemessen<br />

eingeschränkt werden. Leistungen der Daseinsvorsorge können und müssen dort<br />

geregelt werden, wo sie entstehen und den Bürgerinnen und Bürgern<br />

zugutekommen.<br />

Die zukünftige wirtschaftliche, ökologische und soziale Entwicklung unseres Landes<br />

hängt in vielen Punkten davon ab, dass die Europäische Union den richtigen<br />

politischen Rahmen setzt. Wir brauchen wichtige Modernisierungsimpulse aus<br />

Europa. Vor allem beim ökologischen und solidarischen Umbau unserer Industrieund<br />

Energiestrukturen. Wir brauchen eine starke europäische Stimme in der<br />

internationalen Politik, z. B. beim Klimaschutz und den internationalen<br />

Wirtschaftsstrukturen („Green Economy“).<br />

Deswegen muss die europäische Energie- und Klimaschutzpolitik angesichts der<br />

großen Herausforderungen internationaler Schrittmacher sein und zu einem breit<br />

angelegten internationalen Abkommen mit verbindlichen und ambitionierten Zielen<br />

beitragen, um zu den notwendigen Emissionssenkungen, Planungssicherheit und<br />

fairen Wettbewerbsbedingungen zu kommen.<br />

Wir wollen uns auch für die notwendige Modernisierung der Verträge einsetzen, auf<br />

denen die heutige Europäische Union beruht. Besonders reformbedürftig ist der völlig<br />

überholte Euratom-Vertrag aus den 1950er Jahren, der die Europäische Union noch<br />

immer auf eine bedingungslose Förderung der Atomkraft und der Kernfusion<br />

verpflichtet. Wir wollen eine klare vertragliche Verpflichtung der Europäischen Union<br />

auf den Klimaschutz, die Förderung der erneuerbaren Energien, der Energieeffizienz<br />

und der intelligenten Netze und Speicher sowie einen sicheren Ausstieg aus der<br />

Kernenergie. Wir werden uns dafür einsetzen, dass auch der Haushalt der<br />

Europäischen Union diese Prioritäten abbildet.<br />

<strong>NRW</strong> liegt mitten in Europa und mehr als die Hälfte unserer Exporte geht in die<br />

Länder der EU. Europa ist für uns aber mehr als ein gemeinsamer Markt und eine<br />

gemeinsame Währung.<br />

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Wir müssen die richtigen Lehren aus der weltweiten Finanzmarktkrise und der darauf<br />

folgenden Krise in der Eurozone ziehen: Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr<br />

Europa. Wir brauchen eine demokratische, ökologische, soziale und an nachhaltiger<br />

Entwicklung ausgerichtete Europäische Union.<br />

Wir sprechen uns für verbesserte Mechanismen zur Sicherung nachhaltiger<br />

öffentlicher Finanzen in den Mitgliedstaaten, für mehr europäische<br />

Steuergerechtigkeit, für eine bessere europäische Finanzmarktregulierung und eine<br />

stärkere Handlungsfähigkeit der EU-Institutionen einbringen. Der in den letzten<br />

Monaten gewählte Weg über immer neue Vereinbarungen der europäischen<br />

Regierungen jenseits der europäischen Verträge scheint uns nicht der richtige<br />

Ansatz für ein transparentes und demokratisches Europa der Bürgerinnen und<br />

Bürger zu sein.<br />

Für eine nachhaltige Entwicklung ist Schuldenabbau in allen Mitgliedstaaten nötig.<br />

Allerdings reicht Sparpolitik allein nicht aus, um die Wirtschaftskrise in den<br />

europäischen Staaten zu überwinden. <strong>NRW</strong> setzt sich deshalb für eine nachhaltige<br />

Wachstumsinitiative ein, die auch unserem exportstarken Land zu Gute kommen<br />

wird. Über eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik müssen die<br />

Wachstumskräfte in den Krisenländern gestärkt und den Menschen eine<br />

Zukunftsperspektive in ihren Heimatländern gegeben werden.<br />

Im Sinne einer vorbeugenden Politik setzten wir uns weiterhin für eine wirksame<br />

Finanzmarktregulierung und die Einführung einer Finanztransaktionsteuer ein.<br />

Ebenso halten wir an dem Ziel fest, die Verursacher der Wirtschafts- und Finanzkrise<br />

an der Bewältigung ihrer Folgen zu beteiligen.<br />

Europa der Bürgerinnen und Bürger<br />

Wir wollen, dass Europa für die Bürgerinnen und Bürger als positiver Raum erlebbar<br />

ist. Wir wollen das aktive Engagement in und für Europa erleichtern und dazu die<br />

notwendigen Voraussetzungen schaffen.<br />

Wir werden deshalb ein Gesamtkonzept für die europapolitische Öffentlichkeits- und<br />

Bildungsarbeit erarbeiten, unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments, der<br />

Europäischen Kommission, der Landeszentrale für politische Bildung und der<br />

Europe-Direct-Informationszentren in <strong>NRW</strong>. Wir werden das Netzwerk<br />

europapolitischer Akteure in <strong>NRW</strong> stärken und für Schulpartnerschaften,<br />

Städtepartnerschaften und Jugendorganisationen ein systematisches<br />

Informationsangebot entwickeln. Dazu gehören für uns auch wichtige Pfeiler wie die<br />

Europa-Schulen sowie die Europa-Union.<br />

Wir werden auf die Erfahrungen des „Leitprogramms für die Stärkung der<br />

Europafähigkeit der Kommunen“ aufbauen, dass wir weiterführen und ausbauen<br />

wollen. Es sollen nicht nur besonders europaaktive Kommunen ausgezeichnet<br />

werden, sondern wir werden gerade für diejenigen Anreize setzen, die noch nicht<br />

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„europafit“ sind. Dazu bedarf es vor allen Dingen einer umfassenden Aufklärung und<br />

Hilfestellung seitens der Landesregierung.<br />

Eine bürgernahe, demokratisch verwurzelte und subsidiär aufgebaute Europäische<br />

Union bedarf starker Regionen und starker Kommunen. Die Landesregierung wird<br />

deshalb einen Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden entwickeln, um die<br />

Belange der Kommunen bei ihrer Positionierung zu EU-Vorhaben zu<br />

berücksichtigen. Das gilt insbesondere bei solchen Vorlagen, die ganz oder teilweise<br />

von Gemeinden oder Gemeindeverbänden auszuführen sind, ihre Finanzsituation<br />

unmittelbar betreffen oder auf ihre Verwaltungsorganisation einwirken. Wir wollen<br />

dass alle Kommunen in Zukunft von Europäischen Förderprogrammen profitieren<br />

können.<br />

Wir bauen mit am Europa 2020 – Für ein Europa der Zukunft<br />

Wir wollen Europa gestalten. Wir wollen ein Europa für die Menschen. Wir wollen<br />

nicht Fördermittel als Selbstzweck, sondern um einen europäischen Mehrwert zu<br />

schaffen. Europäische Strukturpolitik ist mehr als ein reiner<br />

Umverteilungsmechanismus, sie ist vielmehr Ausdruck europäischer Solidarität.<br />

Die Europäische Union wird die entscheidenden Weichen stellen, um eine<br />

Erreichung der Ziele der Europa-2020-Strategie sicher zu stellen. Mit dem neuen<br />

mehrjährigen Finanzrahmen für die Zeit 2014-2020, den neuen<br />

Strukturfondsverordnungen, dem neuen integrierten Forschungs- und<br />

Innovationsprogramm Horizon 2020 und dem neuen Infrastrukturprogramm<br />

„Connecting Europe“ muss Europa die großen Zukunftsthemen für Europa, seine<br />

Mitgliedstaaten und seine Regionen richtig anpacken: Die Schaffung sozialer<br />

Gerechtigkeit und Inklusion sowie nachhaltiger und solidarischer<br />

Wirtschaftsstrukturen in Europa und weltweit, den Klimaschutz, die Anpassung an<br />

den bereits eingetretenen Klimawandel, die Ressourceneffizienz, für nachhaltiges<br />

Wachstum und nachhaltige Beschäftigung, die Innovationsfähigkeit unserer<br />

Gesellschaft, den demografischen Wandel, die Sicherstellung universeller Zugänge<br />

zur Daseinsvorsorge, die Chancengleichheit und nachhaltige öffentliche Finanzen<br />

Die Prinzipien des Gendermainstreaming müssen sich darüber hinaus in allen<br />

Programmen niederschlagen.<br />

Im Rahmen der Debatte über den Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen<br />

Union ist es unser Ziel, dass auch nach dem Jahr 2013 wie vorgesehen im Rahmen<br />

der EU-Strukturförderung ausreichende Mittel in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung<br />

stehen und diese effizient und nachhaltig mit hohen Synergieeffekten eingesetzt<br />

werden.<br />

<strong>NRW</strong> hat eine Verantwortung, den wirtschaftlichen Wandel in Europa hin zu mehr<br />

nachhaltiger, das heißt sozial und ökologisch verantwortungsvoller Wertschöpfung,<br />

mit zu beschreiten. Wir werden dafür sorgen, dass die Strukturfondsgelder der<br />

Europäischen Union einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgabe leisten.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Wir werden uns dabei für eine Vereinfachung der Förderprozesse einsetzen, damit<br />

innovative Ideen schnell umgesetzt werden. Wir werden uns auch für eine integrierte<br />

Förderpolitik einsetzen, die bei den Herausforderungen vor Ort ansetzt. Wir wollen<br />

zum Beispiel <strong>NRW</strong>-Akteure zunächst fit für den Wettbewerb um eine erfolgreiche<br />

Horizon 2020-Förderung zu machen, um so unsere wissens- und forschungsbasierte<br />

Entwicklung zu stimulieren. Im Anschluss an die Teilnahme an einem europäischen<br />

Forschungsprojekt sollen nordrhein-westfälische Unternehmen zukünftig innovative,<br />

zum Beispiel klimaschonende und ressourceneffiziente Produkte, die aus der<br />

Forschung hervorgehen, mit Unterstützung einer Ziel-2-Förderung auf den Markt<br />

bringen können. Durch einen derart gezielten Einsatz von Strukturfördermitteln kann<br />

sowohl die europäische als auch die regionale Wissensbasis gestärkt werden.<br />

Wir wollen die EU-Strukturfondsmittel im Rahmen der EU-Vorgaben für unseren<br />

vorbeugenden Politikansatz nutzen.<br />

Wir stehen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa<br />

Ein herausragender Eckpfeiler der nordrhein-westfälischen Europapolitik stellen die<br />

Beziehungen zum Beneluxraum dar, die wir weiterentwickeln wollen. Hierzu werden<br />

wir gemeinsam mit den Partnern auf beiden Seiten der Grenzen einen strategischen<br />

Ansatz entwickeln, den wir unter anderem auch weiter mit Hilfe der INTERREG-<br />

Programme konkret umsetzen wollen. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit,<br />

insbesondere im Rahmen der Euregios, ist für uns dabei von überragender<br />

Bedeutung.<br />

Die Landesregierung setzt sich zudem für eine Stärkung des regionalen Weimarer<br />

Dreiecks ein. Die Erfahrungen im Rahmen unserer trilateralen Partnerschaft mit der<br />

französischen Region Nord-Pas-de-Calais und der polnischen Woiwodschaft<br />

Schlesien werden wir für gemeinsame Projekte und Aktivitäten nutzen. Die vielen<br />

gemeinsamen Erfahrungen und Projekte haben unsere Partnerschaft und<br />

Freundschaft gestärkt. Wir wollen darauf aufbauen und unsere Beziehungen zu<br />

Polen und Frankreich nachhaltig festigen. Aber auch die Zusammenarbeit mit den<br />

anderen Partnern in der Europäischen Union, insbesondere in Mittel- und Osteuropa,<br />

soll aktiv weitergeführt werden.<br />

Die Landesregierung wird die laufenden und zukünftigen Verhandlungen der EU mit<br />

beitrittswilligen Staaten positiv begleiten. Den Verhandlungen mit der Türkei und den<br />

Westbalkan-Staaten kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da viele<br />

Menschen, die Wurzeln in diesen Staaten haben, heute mit uns zusammenleben.<br />

Internationale Beziehungen<br />

Die Landesregierung setzt sich weiterhin für die guten Beziehungen zu EU-<br />

Mitgliedsstaaten ein. Darüber hinaus wollen wir die bestehenden engen Beziehungen<br />

z.B. zu Nordamerika, Japan sowie China und zu den <strong>NRW</strong>-Partnerprovinzen<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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weiterentwickeln. Dabei werden auch die in <strong>NRW</strong> lebenden Bürgerinnen und Bürger<br />

mit ausländischen Wurzeln einbezogen.<br />

Die internationale Wirtschaftsförderung des Landes werden wir stärken, indem wir<br />

Synergien bei "Incoming", "Outgoing", Standortmarketing und Messeaktivitäten<br />

nutzen, sowie die Vernetzung mit der regionalen Wirtschafts- und<br />

Innovationsförderung intensivieren. Dabei wird das internationale Konzept der<br />

Landesregierung eine wichtige Grundlage bilden.<br />

Das Land <strong>NRW</strong> wird die engen und freundschaftlichen Beziehungen zu Israel weiter<br />

vertiefen und mit einem eigenen Beitrag insbesondere kommunale und<br />

zivilgesellschaftliche Kontakte zwischen <strong>NRW</strong>, Israel und den palästinensischen<br />

Gebieten sowie den arabischen Nachbarländern fördern.<br />

Zukunftsfähige Eine-Welt-Politik – gerecht, friedlich, nachhaltig<br />

Es liegt im existenziellen Interesse Nordrhein-Westfalens, unseren Beitrag dazu zu<br />

leisten, die Welt gerechter, friedlicher, ökologischer, wirtschaftlich zukunftsfähiger<br />

und nachhaltig zu gestalten. Wir müssen unsere Lebensverhältnisse mit den<br />

Anforderungen an eine global gerechte und nachhaltige Entwicklung in Einklang<br />

bringen. Wir wollen in der Landespolitik entwicklungspolitische Kohärenz herstellen.<br />

Vor dem Hintergrund sich zuspitzender globaler Umweltrisiken und -krisen, einer<br />

noch nicht überwundenen weltweiten Finanz-und Wirtschaftskrise und wachsenden<br />

sozialen Disparitäten gilt es insbesondere mit einer auf die veränderten globalen<br />

Rahmenbedingungen angepassten Eine-Welt-Politik zu reagieren. Unsere<br />

Produktions-und Konsumweisen sind hauptverantwortlich für die krisenhaften<br />

globalen Probleme.<br />

Eine zukunftsfähige Eine-Welt-Politik muss eine ressourcenschonende,<br />

klimaverträgliche Wirtschafts-und Lebensweise im Interesse der Bekämpfung von<br />

Armut und Ungleichheit verfolgen.<br />

Konsequenterweise heißt das, dass wir auch auf Landesebene die Verzahnung der<br />

entwicklungspolitischen und umweltpolitischen sowie der wirtschaftspolitischen und<br />

sozialen Ziele verstärkt befördern wollen. Wir unterstützen aktiv die Idee, im<br />

Nachgang der Rio+20 Konferenz und in Vorbereitung der Post-2015 Phase, neue<br />

international vereinbarte Nachhaltigkeitsziele voranzutreiben. Dabei sollen die<br />

Millenniumentwicklungsziele weiterentwickelt, um Nachhaltigkeitsaspekte erweitert<br />

und die bislang weitgehend ausgeklammerten strukturellen Fragen der<br />

Verteilungsgerechtigkeit mit aufgegriffen werden. Diese globalen Nachhaltigkeitsziele<br />

sollen insbesondere auch Zielvereinbarungen für die Industrie-und Schwellenländer<br />

aufweisen. Fragen sozialer Gerechtigkeit, die Bekämpfung von Armut und die<br />

Verwirklichung der Menschenrechte sind integraler Bestandteil dieser nachhaltigen,<br />

ökologischen und gendergerechte Entwicklungsstrategie, die wir für Nordrhein-<br />

Westfalen verankern wollen.<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Nordrhein-Westfalen steht wie alle Industrieländer in der internationalen<br />

Verantwortung, den Ressourcenverbrauch und die von uns ausgehenden<br />

Umweltbelastungen zu verringern. Wir fördern auch den Know-How-Transfer in die<br />

Länder des Südens, um z.B. Erneuerbare Energien auszubauen.<br />

Der faire Handel ist für uns ein wichtiger Baustein für die Umsetzung globaler<br />

Gerechtigkeit. Das Land und die Kommunen gehen bei der öffentlichen Beschaffung<br />

mit gutem Vorbild voran: Auf Grundlage des im Mai 2012 in Kraft getretenem<br />

Tariftreue- und Vergabegesetzes werden wir die faire und umweltfreundliche<br />

Beschaffung ausbauen. Die etablierte Messe FAIR! werden wir als Leitprojekt des<br />

Fairen Handels weiterhin unterstützen. Wir wollen zudem dafür sorgen, dass in <strong>NRW</strong><br />

verwendete Natur- und Grabsteine mit den Kriterien des Fairen Handels in Einklang<br />

stehen.<br />

<strong>NRW</strong> ist ein Akteur mit globaler Bedeutung: Viele in <strong>NRW</strong> ansässige<br />

zivilgesellschaftliche Organisationen, Hochschulen und Unternehmen arbeiten mit<br />

Partnerinnen und Partner aller Welt zusammen, zunehmend auch in Schwellen- und<br />

Entwicklungsländern. Dort liegen viele auch für unser Land wichtige Märkte und<br />

Ressourcen. Wir haben ein Interesse an einer nachhaltigen Entwicklung in diesen<br />

Ländern. Das globale Engagement von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und<br />

Wirtschaft werden wir im Rahmen der neuen Eine-Welt-Strategie unterstützen und<br />

fördern. Wir wollen ein verlässlicher und verantwortungsvoller Partner sein und<br />

unseren Beitrag zu einer sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltigen<br />

Entwicklung leisten.<br />

Die Landesregierung will ihre Eine-Welt-Politik auf sechs Handlungsfelder<br />

konzentrieren, die den Kompetenzen und Potenzialen des Landes in besonderer<br />

Weise entsprechen. Neben Bildung gehören dazu Forschung und Wissenschaft,<br />

Klimaschutz, Wirtschaft und Energie, die Gestaltung von Regierungshandeln<br />

(Governance) und das bürgerschaftliche Engagement. Auf diesen Handlungsfeldern<br />

möchten wir gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern aus Zivilgesellschaft,<br />

Wissenschaft, Wirtschaft und Diaspora unseren Beitrag zu einer Politik der globalen<br />

Verantwortung leisten, die im gemeinsamen Interesse unseres Landes und unserer<br />

Partnerinnen und Partner den Entwicklungs- und Schwellenländern einen Nutzen für<br />

alle schafft. Die Landesregierung wird besonders auf die Wirksamkeit der<br />

Maßnahmen achten und dabei verstärkt die Rolle einer Moderatorin übernehmen,<br />

um Prozesse zu stimulieren und zu koordinieren. Innerhalb der Landesregierung hat<br />

das für Eine-Welt zuständige Ressort eine besondere Verantwortung für die<br />

Herstellung von Kohärenz im Regierungshandeln mit Blick auf die Umsetzung der<br />

Eine-Welt-Strategie.<br />

Die Entwicklungszusammenarbeit ist eine Aufgabe, bei der Bund, Land und<br />

Kommunen eng kooperieren müssen. Die Landesregierung wird weiterhin die<br />

kommunale Entwicklungsarbeit unterstützen, denn viele Prozesse für nachhaltige<br />

Entwicklung werden auf kommunaler Ebene angestoßen und umgesetzt.<br />

Die Aktivierung von zivilgesellschaftlichem Engagement ist dabei unverzichtbar.<br />

Nordrhein-Westfalen kann auf eine lange entwicklungspolitische Tradition<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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zurückblicken und ist in vielerlei Hinsicht bereits Vorreiter beim<br />

entwicklungspolitischen Engagement auf Länderebene: Mit mehr als 3.000 Eine-<br />

Welt-politisch engagierten Vereinen und Initiativen, zahlreichen kirchlichen<br />

Hilfswerken oder Nichtregierungsorganisationen ist <strong>NRW</strong> ein Land mit<br />

außergewöhnlich großem Engagement von Bürgerinnen und Bürgern in diesem<br />

Politikfeld. Dabei bauen wir auf den bestehenden Strukturen auf und werden das<br />

Koordinatorenprogramm weiterhin stabilisieren sowie die entwicklungspolitische<br />

Bildungsarbeit weiterhin fördern.<br />

Die internationalen Partnerschaften haben sich bewährt. Im Rahmen dieser<br />

Partnerschaften und Kooperationen setzen wir uns für die Einhaltung der<br />

Menschenrechte und den Schutz vor Ausbeutung von Mensch und von Land ein. Wir<br />

wollen, dass zivile und präventive Strategien des Konflikt- und Krisenmanagements<br />

gestärkt werden.<br />

Wir wollen die bei uns lebenden Menschen aus anderen Ländern stärker als<br />

Partnerinnen und Partner sichtbar machen und einbinden. Migrations- und Eine-<br />

Welt-Politik wollen wir stärker verzahnen. Austausch- und Förderprogramme, gerade<br />

für junge Menschen, zum Beispiel im Rahmen des konkreten Friedensdienstes oder<br />

„weltwärts", sollen gestärkt und um Reverse-Elemente und die Arbeit mit<br />

Rückkehrerinnen und Rückkehrern ergänzt werden.<br />

Wir wollen die UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt auch im Hinblick auf ihre<br />

entwicklungspolitische Dimension umsetzen. Durch das Engagement der<br />

Landesregierung sowie ihrer Partnerinnen und Partner wollen wir das Potenzial des<br />

internationalen Standortes Bonn als Kompetenzzentrum für globale Entwicklung und<br />

Umwelt ausbauen. <strong>NRW</strong> wird sich für die Ansiedlung weiterer internationaler<br />

Organisationen einsetzen. Zugleich dient die Konzentration vieler nationaler, interund<br />

supranationaler Einrichtungen und das starke Profil im Bereich Nachhaltigkeit<br />

auch der Synergiebildung im Wissenschaftsbereich sowie der Stärkung der<br />

internationalen Sichtbarkeit von Nordrhein-Westfalen. Wir wollen deshalb die<br />

Bundesstadt Bonn auch als Internationale Wissensstadt stärken.<br />

Im Sinne einer global gerechten und nachhaltigen Entwicklung wollen wir die<br />

Kampagne „Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit“ im Rahmen der UN-<br />

Dekade 2005-2014 „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ fortsetzen, um globales<br />

Lernen in der Bildungsarbeit im schulischen und außerschulischen Bereich<br />

voranzubringen. Wir setzen uns dafür ein, dass globales Lernen auch nach<br />

Auslaufen der aktuellen UN-Dekade auf internationaler Ebene weiterhin eine wichtige<br />

Rolle spielt.<br />

XII. Finanzen<br />

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<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Nordrhein-Westfalen<br />

zurückgewinnen<br />

muss seine finanzielle Handlungsfähigkeit<br />

Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist unser Ziel. Dazu muss die<br />

Neuverschuldung weiter zurückgeführt werden, weil sonst steigende Zinslasten und<br />

wachsende Zinssatzrisiken den Raum für die Erfüllung wichtiger Aufgaben des<br />

Landes einschränken.<br />

Allerdings hat sich die Situation des nordrhein-westfälischen Landeshaushaltes in<br />

den vergangenen Jahren weiter dramatisch verschärft. Die Ursachen hierfür sind<br />

nicht nur in der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise zu suchen, sondern auch die<br />

Politik der derzeitigen Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren zu einer<br />

erheblichen Verschlechterung der finanziellen Situation in <strong>NRW</strong> in Höhe von jährlich<br />

rund 5 Mrd.€ beigetragen.<br />

Betrachtet man diese Entwicklung im Zusammenhang mit der im Grundgesetz<br />

festgeschrieben Schuldenbremse sind sowohl grundlegende als auch strukturelle<br />

Veränderungen in allen Bereichen und Ressorts auf der Ausgabenseite sowie<br />

massive Einnahmeverbesserungen in Hinblick auf die Bund-Länder-Beziehungen<br />

unausweichlich. Zur Unterstützung unseres eingeschlagenen Weges der<br />

Haushaltskonsolidierung werden wir unter Beteiligung der Kommunalen<br />

Spitzenverbände zur Konkretisierung der bereits bestehenden Regelung im<br />

Grundgesetz einen eigenen Vorschlag zur Aufnahme der Schuldenbremse in die<br />

Landesverfassung in den Landtag einbringen. Er überträgt einerseits die ohnehin<br />

feststehenden Zielvorgaben auf das Land und macht gleichzeitig deutlich, dass diese<br />

nicht auf dem Rücken der Kommunen verfolgt werden. Daher stehen alle<br />

haushaltswirksamen Vorhaben im Rahmen dieses <strong>Koalitionsvertrag</strong>s unter<br />

Finanzierungsvorbehalt.<br />

Eine ehrliche und wirklich auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Haushaltspolitik darf das<br />

Schuldenmachen nicht vom einen auf den anderen verschieben. Nachhaltige<br />

Haushaltspolitik muss dafür sorgen, dass der staatliche Gesamthaushalt auf jeder<br />

Ebene ausgeglichen ist. Die Schuldenbremse verpflichtet daher auch den Bund zu<br />

einer angemessenen Finanzierung der auf die Kommunen und Länder übertragenen<br />

Aufgaben.<br />

Zur Konsolidierung des Haushaltes setzen wir auf Einnahmenverbesserungen,<br />

Investitionen in vorbeugende Maßnahmen, Sparen durch Aufgabenkritik und<br />

Effizienzsteigerungen.<br />

Nachhaltig investieren, Spielräume für die Zukunft schaffen<br />

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Haushaltskonsolidierung und vorsorgende Politik sind zwei Seiten einer Medaille.<br />

Deshalb setzen wir heute auf Zukunftsinvestitionen in Bildung und Qualifizierung,<br />

und auf den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft, auf die Förderung der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung und der Infrastruktur, auf unsere Städte und Gemeinden<br />

und auf den Klimaschutz. Wir sind überzeugt davon, dass sich diese Investitionen<br />

lohnen – für jeden Einzelnen und für die gute Entwicklung von <strong>NRW</strong>.<br />

Wir sind uns einig, dass in der kommenden Legislaturperiode die zur Verfügung<br />

stehenden finanziellen Ressourcen zielgenau und nachhaltig eingesetzt werden<br />

müssen. Die Zukunftsinvestitionen von heute sind die Rendite von morgen. Das ist<br />

verantwortungsvoll und vorausschauend. Das ist nachhaltige Finanzpolitik.<br />

In Anbetracht des in <strong>NRW</strong> in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt aufgrund der<br />

(Steuer-) Politik des Bundes, angehäuften Schuldenberges fordern wir vom Bund, die<br />

Ausgabe gemeinsamer Anleihen des Bundes und der Länder, um die erdrückenden<br />

Zinszahlungen deutlich reduzieren zu können.<br />

Weg der Konsolidierung fortsetzen<br />

Zum Konsolidierungsprozess gehört eine konsequente Aufgabenanalyse und –kritik,<br />

die ausnahmslos alle Bereiche und Ressorts erfasst. Wir werden alle Maßnahmen im<br />

Landeshaushalt hinsichtlich vorhandener Effizienz-Reserven, zu erwartender<br />

Demografie-Effekte sowie Einsparmöglichkeiten aufgrund des technischen<br />

Fortschrittes überprüfen, um so die notwendigen Ressourcen für die zukünftige<br />

Aufgabenerfüllung zu ermitteln sowie realisierte Einsparpotenziale zum Abbau des<br />

strukturellen Finanzierungsdefizits im Landeshaushalt einzusetzen. Ziel muss es<br />

hierbei sein, insgesamt nachhaltig Personal- und Sachkosten insbesondere<br />

Büroflächenverbrauch strukturell zu optimieren und Effizienzgewinne zu realisieren.<br />

Diese Analyse wollen wir mit den Erfahrungen des Effizienzteams vorantreiben. Wir<br />

werden entscheiden, welche Aufgaben zukünftig noch vom Land wahrgenommen<br />

werden sollen.<br />

Wir werden die Wirksamkeit und die Effizienz des Mitteleinsatzes über alle<br />

Einzelpläne hinweg am erzielten oder zu erreichenden Ergebnis messen. Aufgaben,<br />

die unterschiedlichen Zuständigkeiten in der Landesverwaltung unterliegen, im Kern<br />

aber dem gleichen Zweck oder derselben Zielgruppe dienen, werden dabei<br />

zusammen und systematisch betrachtet. Wir haben den Anspruch, mit den<br />

begrenzten Mitteln die höchste Effizienz zu erreichen. Das heißt auch,<br />

Entscheidungsvorschläge für die beste Organisationsstruktur bei der Erledigung von<br />

Aufgaben zu entwickeln.<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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Im Rahmen der Aufgabenkritik wollen wir bei der Förderung verstärkt<br />

kreditwirtschaftliche Instrumente einsetzen. Alle Förderprogramme sind daraufhin zu<br />

überprüfen, ob sie auf eine Darlehensvergabe umgestellt werden können. Unser Ziel<br />

ist es, so dauerhaft finanzielle Rückflüsse zu generieren und sich selbst tragende<br />

Förderprozesse aufzubauen. Haushaltseinsparungen sollen entweder durch<br />

einhergehenden sukzessiven Abbau von Landeszuschüssen oder durch den<br />

einmaligen Aufbau eines sich selbst tragenden Förderprozesses realisiert werden.<br />

Hierbei ist die landeseigene <strong>NRW</strong>.BANK ein wichtiger Partner. Wir werden die<br />

Landesbetriebe einer grundsätzlichen Aufgabenanalyse und -kritik unterziehen und<br />

strukturelle Defizite beseitigen.<br />

Das Effizienzteam hat in der letzten Legislaturperiode mit einer Reihe von<br />

Untersuchungen (Benchmark Analyse, Demografieuntersuchungen, Vorschläge zu<br />

Umschichtungen im Bereich der Förderprogramme etc.) die Grundlage für viele<br />

Ansätze in der 16. Wahlperiode gelegt. Wir wollen das Effizienzteam unter der<br />

Leitung des Finanzministers fortführen. Ziel ist es, weitere Konsolidierungspotenziale<br />

für den Landeshaushalt aufzuzeigen und zu erschließen.<br />

Chronische Unterfinanzierung beenden<br />

Politik, die einseitig nur auf Ausgabenkürzungen setzt, führt zu nachlassender<br />

Wirtschaftskraft und zu sinkenden Einnahmen. Ein stetiges Wachstum ist für unsere<br />

Haushaltskonsolidierung ebenso unabdingbar wie die Stärkung der Einnahmebasis<br />

der Länder und Kommunen. Die Schere zwischen der Finanzausstattung und der<br />

wachsenden Aufgabenfülle der Bundesländer und Kommunen öffnet sich immer<br />

weiter. Ergebnis ist eine chronische Unterfinanzierung.<br />

Wir nehmen die Pflicht zur Haushaltskonsolidierung ernst. Deshalb werden wir auf<br />

Bundesebene Initiativen für eine steuerliche Stärkung der Einnahmenseite auf den<br />

Weg bringen und uns gegen Steuergeschenke zur Wehr setzen, die von den<br />

Bürgerinnen und Bürgern an anderer Stelle wieder finanziert werden müssten.<br />

Um unseren Landeshaushalt wieder auf eine solide und langfristig tragfähige Basis<br />

zu stellen, wollen wir steuerpolitische Bundesratsinitiativen für eine Wiedereinführung<br />

der Vermögenssteuer und eine sozial gerechte Reform der Einkommensteuer mit<br />

einer Anhebung des Spitzensteuersatzes. Starke Schultern müssen mehr zum<br />

Gemeinwohl beitragen. Deshalb müssen vor allem auch die Profiteure des<br />

Finanzmarktes an den Folgen der Finanzkrise durch eine Finanztransaktionssteuer<br />

beteiligt werden.<br />

Wir werden uns darüber hinaus für eine stabile und nachhaltige Wirtschafts- und<br />

Finanzordnung einsetzen. Dazu bedarf es neben soliden öffentlichen Haushalten vor<br />

allem einer verbesserten Finanzmarktaufsicht. Zusätzlich werden wir uns für eine<br />

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grundsätzliche Reform der Erbschaftsteuer mit dem Ziel einsetzen, sehr reiche Erben<br />

stärker zu besteuern.<br />

Die gegenwärtige Generation hinterlässt ihren Kindern weit mehr als nur öffentliche<br />

Schulden. Keine Generation zuvor hat so viel an privatem Geldvermögen, an<br />

privaten Immobilien und anderem Sachvermögen und auch an öffentlicher<br />

Infrastruktur angehäuft. Der allergrößte Teil des privaten Wohlstands konzentriert<br />

sich allerdings auf einen extrem kleinen Anteil der Bevölkerung. Ohne die im<br />

internationalen Vergleich hervorragende Infrastruktur, ohne unser Bildungswesen,<br />

ohne das hohe Maß an öffentlicher Sicherheit hätte privater Reichtum in dieser<br />

Größenordnung nicht entstehen können. Deshalb ist es eine Frage der Gerechtigkeit,<br />

große Vermögen und Erbschaften, hohe Einkommen und insbesondere die Gewinne<br />

des Finanzsektors stärker an der Finanzierung des öffentlichen Leistungsangebotes<br />

zu beteiligen, um die öffentlichen Haushalte wieder ins Gleichgewicht zu bringen.<br />

Eine Frage der Gerechtigkeit ist es auch, Steuerflucht ins Ausland wirksam zu<br />

bekämpfen. Wer hier lebt und das staatliche Leistungsangebot in Anspruch nimmt,<br />

darf sich seiner Mitfinanzierungspflicht nicht entziehen. Abkommen, die den<br />

Fortbestand von Schlupflöchern im großen Stil gewährleisten, werden auch künftig<br />

nicht die Zustimmung des Landes Nordrhein-Westfalen finden.<br />

Kommunen weiter stärken<br />

Unser Ziel ist es, die kommunale Einnahmensituation auf eine verlässliche und<br />

langfristig tragfähige Basis zu stellen. Wir wollen die Gewerbesteuer zu einer<br />

kommunalen Wirtschaftssteuer mit einer nachhaltig verbreiterten Erhebungsbasis<br />

entwickeln.<br />

Gleichzeitig ist klar, dass der Bund deutlich mehr zur Finanzierung der Soziallasten<br />

der Kommunen beitragen muss. Wir werden uns hier dauerhaft zum Anwalt der<br />

Kommunen machen, im Bundesrat jede weitere Verschlechterung der<br />

Finanzausstattung der Kommunen abwenden und darüber hinaus für einen höheren<br />

Anteil des Bundes an den Soziallasten über die Grundsicherung hinaus einsetzen.<br />

Wir werden die Selbstverwaltungsrechte der Kommunen auch im Bereich der<br />

kommunalen Steuern stärken. Wir respektieren das kommunale Steuerfindungsrecht<br />

als wesentlichen Bestandteil der Finanzautonomie und die Landesregierung wird<br />

dies in ihrer Genehmigungspraxis zum Ausdruck bringen.<br />

Die Grundsteuer ist eine wichtige und verlässliche Einnahmequelle der Kommunen.<br />

Nordrhein-Westfalen wird daher im Bundesrat die Reform der Grundsteuer<br />

vorantreiben, um eine gerechtere Bemessung und Erhebung sicherzustellen.<br />

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Ziel ist ein Modell, das eine faire und sozial ausgewogene Besteuerung ermöglicht<br />

und keine Fehlanreize bezüglich des Flächenverbrauchs setzt. Dabei soll auch eine<br />

mögliche Ermächtigung der Kommunen zur Festlegung von differenzierenden<br />

Hebesätzen geprüft werden.<br />

Solidarität ist keine Frage der Himmelsrichtung<br />

Bundesweite Solidarität ist für den Umbau erneuerungsbedürftiger und für den<br />

Aufbau zukunftsgerichteter Strukturen eine unverzichtbare Grundlage. Unser<br />

gemeinsamer Wohlstand hat viel damit zu tun, dass wir dem Auseinanderdriften von<br />

Regionen immer entschlossen entgegengewirkt haben. Der Solidarpakt zum Aufbau<br />

der ostdeutschen Länder war und ist dafür ein wichtiger Baustein. Aber der Bedarf ist<br />

erkennbar keine ausschließliche Frage der Himmelsrichtung. Es gibt auch in den<br />

ostdeutschen Bundesländern vitale Wirtschaftsregionen. Zugleich gibt es auch im<br />

Westen Herausforderungen des Wandels, die nicht allein auf Landesebene zu<br />

stemmen sind. Gelder für den Hochschulbau, den Schienenverkehr oder die<br />

Soziallastenfinanzierung des Bundes müssen nach fachlichen Gesichtspunkten und<br />

nach Bedarf ausgewogen vergeben werden.<br />

Deshalb treten wir dafür ein, frühzeitig eine angemessene Nachjustierung des<br />

bundesstaatlichen Finanzausgleichs für die Zeit nach 2019 einzuleiten. Um die<br />

bereits jetzt erkennbare Übersteuerung durch den Solidarpakt auszugleichen,<br />

müssen Förderprogramme des Bundes für Forschung und Infrastruktur verstärkt auf<br />

Regionen in Nordrhein-Westfalen konzentriert werden. Die in den achtziger Jahren<br />

vor der Wiedervereinigung eingeleitete Strukturhilfe des Bundes für<br />

unterstützungsbedürftige Regionen im westlichen Bundesgebiet wollen wir<br />

wiederbeleben.<br />

Transparente Haushaltsführung fortentwickeln<br />

Wir brauchen mehr Transparenz im Haushalt, eine ganzheitliche Betrachtung der<br />

Kosten, Periodengerechtigkeit, Vergleiche mit anderen Bundesländern, Kenntnisse<br />

aus dem Haushaltsvollzug und eine Optimierung der Abläufe, eine erleichterte<br />

Identifizierung von Doppelstrukturen und von Kostensteigerungen sowie ein<br />

verbessertes Controlling. Wir wollen keine Einsparungen mit dem Rasenmäher,<br />

sondern ein intelligentes Sparen durch gezielte Aufgabenkritik und<br />

Effizienzverbesserungen. Die begonnene Umstellung des bisherigen<br />

Buchungssystems auf ein modernes und leistungsfähiges Rechnungswesen wird<br />

daher fortgesetzt.<br />

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Die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung werden wir für die gesamte<br />

Landesverwaltung vorantreiben. Das Parlament wollen wir in den<br />

Umstellungsprozess frühzeitig mit einbeziehen. Wir erwarten neben den<br />

gewonnenen Steuerungsinformationen auch unmittelbare Effizienzverbesserungen<br />

im allgemeinen Zahlungsverkehr des Landes und insbesondere beim Landesamt für<br />

Besoldung und Versorgung sowie der Kontrolle durch den Landesrechnungshof. Die<br />

Modernisierung des Rechnungswesens stellt einen wichtigen Eckpfeiler in der IT-<br />

Planung des Landes dar. Dabei wollen wir die modularen Erweiterungsmöglichkeiten<br />

für die Modernisierung der Landes-IT prüfen.<br />

Zusätzlich wollen wir eine qualifizierte und transparente Förderberichterstattung<br />

einführen.<br />

Außerdem soll das Haushaltsaufstellungsverfahren bürgernäher und transparenter<br />

erfolgen.<br />

Sicherung einer modernen Landesverwaltung und Ausbau der<br />

Steuergerechtigkeit<br />

Das Land Nordrhein-Westfalen verfügt über eine gute, leistungsfähige und moderne<br />

Verwaltung. Wir wollen diese Leistungsfähigkeit sichern und im Interesse aller<br />

Bürgerinnen und Bürger erhalten. Dazu gehört zum Beispiel im Bereich der<br />

Finanzverwaltung eine zielorientierte Verwaltungsorganisation. Damit wollen wir<br />

gewährleisten, dass die notwendige risikoorientierte Bearbeitung nicht zu<br />

unkalkulierbaren Steuerausfällen sondern zu einer bürgerfreundlichen und gerechten<br />

Besteuerungspraxis führt.<br />

Die Steuerpolitik des Bundes hat nicht nur maßgeblichen Einfluss auf die<br />

Einnahmesituation im Landeshaushalt und die wirtschaftliche Entwicklung unseres<br />

Landes, sondern auch auf die Arbeitsbelastung der Finanzverwaltung. Wir setzen<br />

uns für eine Ausweitung der Betriebs- und Außenprüfung ein, da sie zu mehr<br />

Steuereinnahmen und mehr Steuergerechtigkeit führt.<br />

Wir werden daher die Betriebsprüfung unserer Einnahmenverwaltung zukunftsfest<br />

machen, indem wir die Ausbildungskapazitäten um 50 erhöhen, da die langfristige<br />

demographische Entwicklung hier nicht trägt und die Prüfungsdichte noch verbessert<br />

werden muss. Wir gehen davon aus, dass diese Investition in Personal sich über die<br />

Verlagerung von Stellen bereits nach drei Jahren positiv im Landeshaushalt<br />

niederschlägt und die zusätzlichen Kosten mehr als kompensiert.<br />

Gleichzeitig wollen wir eine Initiative ergreifen, dass jene Länder, die verstärkte<br />

Steuerprüfungen durchführen, zumindest einen wesentlichen Teil der<br />

Mehreinnahmen im eigenen Haushalt behalten können. Bundesländer, die ihren<br />

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Verpflichtungen für eine ausreichende Steuer- und Betriebsprüfung nicht<br />

nachkommen, müssen sanktioniert werden. Mit einer Modernisierung der<br />

Landeshaushaltsordnung wollen wir die Rahmenbedingungen für mehr<br />

Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verbessern. Dabei werden wir eine langfristigere<br />

Planung und Flexibilisierung des Mitteleinsatzes ermöglichen sowie die Mittelvergabe<br />

aus dem Strukturfonds unbürokratischer und transparenter gestalten, indem wir über<br />

das EU-Recht hinausgehende Restriktionen vermeiden.<br />

<strong>NRW</strong>.Bank: Als leistungsstarken Dienstleister weiterentwickeln<br />

Die Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise zeigen: Eine starke<br />

und gut ausgerichtete Förderbank ist für die mittelständische Wirtschaft und die<br />

Kommunen unerlässlich. Wir werden daher den Prozess fortsetzen, die <strong>NRW</strong>.Bank<br />

zur zentralen Förderplattform in Nordrhein-Westfalen auszubauen.<br />

Die Refinanzierungsmöglichkeiten der Bank sollen genutzt werden, um weitere<br />

intelligente und zukunftsweisende Förderlösungen zu entwickeln, um mittel- und<br />

langfristig bisher bereitgestellte Haushaltsmittel zu ersetzen. Dabei werden wir<br />

prüfen, wie die Potenziale der Bank besser ausgeschöpft werden können und diese<br />

als zentrale Anlaufstelle für Fördererdarlehen, Landesbürgschaften und eigene<br />

Kreditprodukte fungieren kann. Dabei erwarten wir weitere Effizienzgewinne im<br />

Personal- und Sachmittelaufwand.<br />

Im Sinne der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes des Landes <strong>NRW</strong> vom 13.<br />

Dezember 2011 werden wir die Prüfmöglichkeiten des Landesrechnungshofes<br />

ausweiten, um so eine Prüfungstiefe zu erreichen, die bereits jetzt für nahezu alle<br />

anderen deutschen Förderbanken gilt und für ein Institut, das sich als Dienstleister<br />

des Landes begreift, selbstverständlich sein muss.<br />

Wir stehen zu unseren Sparkassen<br />

Das Drei-Säulen-Modell des Kreditgewerbes hat in der Krise seine Festigkeit und<br />

Robustheit unter Beweis gestellt. Vor allem die öffentlich rechtlichen und<br />

genossenschaftlichen Kreditinstitute sind ihrer hohen Verantwortung besonders<br />

gegenüber dem Mittelstand in Nordrhein-Westfalen gerecht geworden.<br />

Speziell die öffentlich-rechtlichen Sparkassen erwiesen sich als stabilisierender<br />

Anker und sind damit unverzichtbarer Bestandteil des Finanzstandortes <strong>NRW</strong>. Ihr<br />

Geschäftsmodell sowie ihr öffentlicher Auftrag, gemeinnützige Zwecke in den<br />

Bereichen Kultur und Sport, Soziales, Umwelt, Verbraucherschutz und Forschung zu<br />

unterstützten, beweist in einer Landschaft wachsenden Misstrauens in den<br />

Finanzsektor Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit. Zudem werden die erzielten<br />

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Gewinne in der Region reinvestiert und kommen so den Bürgerinnen und Bürgern<br />

vor Ort zu Gute.<br />

Deshalb wollen wir darauf hinwirken, dass die Sparkassen diesen Kurs strikt und<br />

gestärkt fortführen können und unvermindert an dieser erfolgreichen<br />

Geschäftsstrategie festhalten. Gleichzeitig treten wir allen Bestrebungen nach<br />

Privatisierung und Vertikalisierung der Sparkassen entschieden entgegen.<br />

Gemeinsam mit den Sparkassen werden wir daher darauf hinwirken, dass die<br />

Stabilität und Verlässlichkeit der kommunalen Sparkassen auch in Zukunft dauerhaft<br />

erhalten bleibt. Die Änderung von Paragraf 36 Sparkassengesetz (Fusion der<br />

Sparkassenverbände) werden wir davon abhängig machen, ob die<br />

Sparkassenverbände tragfähige und substanzielle alternative Formen der<br />

Zusammenarbeit vorlegen, die den Zielen der aktuellen Rechtslage Rechnung<br />

tragen. Soweit erforderlich, wird das nordrhein-westfälische Sparkassengesetz<br />

angepasst werden, damit die kommunalen Sparkassen in unserem Land zukunftsund<br />

europafest bleiben.<br />

Weitere Schritte zum Umbau der WestLB<br />

Mit der Entscheidung zum Umbau der WestLB haben die Eigentümer, das Land<br />

Nordrhein-Westfalen, die Landschaftsverbände und die Sparkassen zusammen mit<br />

dem Bund die Weichen für einen gewaltigen Kraftakt gestellt, der das Kapitel WestLB<br />

mit seinen vielen Höhen und Tiefen endgültig beenden wird. Anders als andere<br />

Bundesländer werden wir keine weiteren Steuermilliarden mehr für die<br />

Aufrechterhaltung des Geschäfts mit ungewissen Folgen zur Verfügung stellen,<br />

sondern alle Aktivitäten in Landeseigentum nach und nach verkaufen oder<br />

abwickeln. Aber auch dieser Prozess wird noch viel Zeit und Geld kosten. Das gilt<br />

insbesondere für die in der Vergangenheit gegebenen Garantien, für die nur zu<br />

einem Teil Rücklagen gebildet werden durften.<br />

In der jetzt beginnenden Legislaturperiode geht es darum, den Übergang geordnet<br />

zu vollziehen, den von der EU-Kommission bis zum Jahr 2016 verordneten Verkauf<br />

der im Eigentum des Landes verbleibenden Portigon AG in die Wege zu leiten und<br />

die Beschäftigten der Bank dabei zu unterstützen, angemessene<br />

Anschlussperspektiven zu finden.<br />

Dienstrechtsreform<br />

Die demografische Entwicklung, die zunehmende Belastung des Landeshaushaltes<br />

durch nichtbeeinflussbare Ausgabenblöcke und die fortwährende<br />

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Ungleichbehandlung von Beamtinnen/Beamten und Tarifbeschäftigten stellen auch<br />

veränderte Anforderungen an das Dienstrecht. Die Landesverwaltung muss als<br />

Arbeitgeberin attraktiv und finanzierbar bleiben. Deshalb werden wir das Dienstrecht<br />

ausgabenneutral optimieren.<br />

Glücks- und Automatenspiel<br />

Wir wollen in Nordrhein-Westfalen an unserer, am Prinzip der gesellschaftlichen<br />

Verantwortung sowie an Suchtprävention, Jugendschutz, der Kanalisierung illegalen<br />

Spiels, Kriminalitätsbekämpfung, Schutz vor Manipulationen und der Integrität des<br />

Sports orientierten Glücksspielpolitik festhalten, welche die Förderung des<br />

Breitensports, der karitativen Organisationen, des Denkmalschutzes, der Kultur<br />

sowie weiterer Verbände und Vereine aus dem gemeinnützigen Bereich sicherstellt.<br />

Für eine effektive Lenkung des Spiels in legale Bahnen wollen wir die landeseigene<br />

Lotteriegesellschaft und die landeseigenen Glücksspielunternehmen stärken. Eine<br />

Kommerzialisierung des Glücksspiels sehen wir kritisch. Wir wollen die Expansion<br />

der gewerblichen Spielhallen eindämmen und uns in den Entscheidungsprozessen<br />

beim Bund zur Novellierung der Spielverordnung für mehr Spielerschutz und mehr<br />

Suchtprävention beim gewerblichen Automatenspiel einsetzen, um die negativen<br />

sozialen Folgen des Glücksspiels zu vermindern und die vom EuGH angemahnte<br />

Kohärenzlücke zu schließen.<br />

Die Einnahmen aus dem staatlichen Glückspiel schwanken stark und bilden so keine<br />

ausreichende Planungssicherheit für die einzelnen Destinatäre. Wir werden zukünftig<br />

diese Erträge verstetigen um den begünstigten Vereinen und Stiftungen eine höhere<br />

Planungssicherheit zu ermöglichen.<br />

XIII. Allgemeine Vereinbarungen<br />

1. Die Koalitionsparteien legen das Abstimmungsverhalten des Landes im Bundesrat fest.<br />

Sie orientieren sich dabei an den Interessen des Landes und an Inhalt und Geist der<br />

Koalitionsvereinbarung.<br />

Sofern in Fragen, die nach Auffassung einer Koalitionsfraktion von grundsätzlicher<br />

Bedeutung sind, eine Einigung nicht erzielt werden kann, wird sich das Land der Stimme<br />

enthalten.<br />

2. Die Koalitionsparteien stimmen darin überein, dass sie im Landtag und in seinen<br />

Ausschüssen nicht mit wechselnden Mehrheiten abstimmen werden. Davon<br />

ausgenommen sind alle Angelegenheiten, die das Abgeordnetenrecht betreffen. Die<br />

Gewissensentscheidung der bzw. des einzelnen Abgeordneten bleibt davon unberührt.<br />

Zur Abstimmung über die parlamentarische Zusammenarbeit findet zwischen beiden<br />

Fraktionen ein enger und regelmäßiger Informationsaustausch statt.<br />

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3. Die Koalitionspartner bilden einen Koalitionsausschuss. Den Vorsitz führt die<br />

Ministerpräsidentin. Der Koalitionsausschuss berät Angelegenheiten von grundsätzlicher<br />

Bedeutung, die zwischen den Koalitionspartnern abgestimmt werden müssen. Er tritt auf<br />

Antrag eines Koalitionspartners zusammen.<br />

4. Die Koalitionsparteien vereinbaren folgende Struktur der Landesregierung:<br />

Die SPD stellt die Ministerpräsidentin und die Leitung folgender Ministerien<br />

• Staatskanzlei<br />

• Finanzministerium<br />

• Ministerium für Inneres und Kommunales<br />

• Justizministerium<br />

• Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk<br />

• Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr<br />

• Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung<br />

• Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales<br />

• Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport<br />

Bündnis 90/Die Grünen stellt die stellvertretende Ministerpräsidentin und die Leitung<br />

folgender Ministerien<br />

• Ministerium für Schule und Weiterbildung<br />

• Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz<br />

• Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter<br />

<strong>Koalitionsvertrag</strong> 2012 – 2017<br />

<strong>NRW</strong>SPD – Bündnis 90/Die Grünen <strong>NRW</strong><br />

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