18.10.2012 Aufrufe

Das Wichtige im Überblick - Anwalt-Suchservice

Das Wichtige im Überblick - Anwalt-Suchservice

Das Wichtige im Überblick - Anwalt-Suchservice

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Verwaltungs- und<br />

Verfahrensrecht<br />

Auch unverheiratete Eltern können einen<br />

Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach<br />

dem Opferentschädigungsgesetz haben<br />

BVerfG 9.11.2004, 1 BvR 684/98<br />

Es verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3<br />

Abs.1 GG), dass das Opferentschädigungsgesetz (OEG) nur<br />

Verheirateten be<strong>im</strong> Tod des Partners eine Hinterbliebenenrente<br />

für die Kinderbetreuung gewährt. Zumindest in den ersten drei<br />

Lebensjahren des Kindes ist ein unverheirateter Elternteil, dessen<br />

Partner an den Folgen einer Gewalttat gestorben ist, genauso<br />

auf Unterhaltsleistungen angewiesen wie ein verheirateter<br />

Elternteil. Der Gesetzgeber muss die Ungleichbehandlung bis<br />

zum 31.3.2006 beseitigen.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Der Beschwerdeführer ist nichtehelicher Vater von Zwillingen.<br />

Sechs Monate nach der Geburt der Kinder wurde seine Lebensgefährtin<br />

ermordet. Der Beschwerdeführer, der bis dahin mit seiner<br />

Erwerbstätigkeit den Familienunterhalt gesichert hatte, nahm<br />

drei Jahre unbezahlten Urlaub, um sich um die Kinder kümmern<br />

zu können. Seitdem ist er auf Sozialhilfe angewiesen.<br />

Der Beschwerdeführer beantragte die Gewährung einer Hinterbliebenenrente<br />

nach dem OEG. Die zuständige Behörde wies den<br />

Antrag ab. SG und LSG bestätigten diese Entscheidung. Die hiergegen<br />

gerichtete Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg und führte<br />

zur Aufhebung des Urteils des LSG und zur Zurückverweisung.<br />

Außerdem gab das BVerfG dem Gesetzgeber auf, bis zum<br />

31.3.2006 eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen.<br />

Die Gründe:<br />

Die angegriffene Entscheidung des LSG verletzt den Gleichbehandlungsgrundsatz<br />

(Art.3 Abs.1 GG) in Verbindung mit dem<br />

durch Art. 6 Abs.1 GG gewährleisteten Schutz der Familie.<br />

<strong>Das</strong> OEG bezweckt mit der Hinterbliebenenversorgung für verheiratete<br />

Eltern, die ihren Partner bei einer Straftat verloren<br />

haben, eine Absicherung ihres zivilrechtlichen Anspruchs auf<br />

Unterhalt wegen Kinderbetreuung. Zumindest für die ersten<br />

drei Lebensjahre haben aber auch unverheiratete Eltern einen<br />

Anspruch auf Kinderbetreuungsunterhalt (§ 1615l Abs.2 S.2<br />

BGB). Sie sind zudem genauso schutzbedürftig wie verheiratete<br />

Eltern. Ein unverheirateter Elternteil, der das Kind betreut, ist<br />

in den ersten drei Lebensjahren ebenso auf Unterhaltsleistungen<br />

wie ein verheirateter Elternteil angewiesen.<br />

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass inzwischen mehr als 20 Prozent<br />

aller Kinder in nichtehelichen Lebensgemeinschaften aufwachsen.<br />

Die Benachteiligung einer derart großen Gruppe, die zumindest<br />

in den ersten drei Lebensjahren den gleichen Bedarf an Betreuungsunterhalt<br />

hat wie verheiratete Eltern, ist verfassungswidrig.<br />

Linkhinweis:<br />

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des<br />

BVerfG veröffentlicht.<br />

Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.<br />

Anteilserwerb an ehemals jüdischen Grundstücken<br />

steht einem Rückübertragungsanspruch<br />

nach dem VermG nicht entgegen<br />

(„Werthe<strong>im</strong>-Erben“)<br />

VG Berlin 4.3.2005, VG 31 A 53.03<br />

Einem Anspruch auf Rückübertragung von in der NS-Zeit<br />

enteigneten jüdischen Grundstücken aus § 3 Abs.1 des Gesetzes<br />

zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) steht es<br />

nicht entgegen, dass ein Unternehmen Geschäftsanteile des<br />

enteigneten Unternehmens erworben hat. <strong>Das</strong> VermG knüpft<br />

an das Schicksal der in der NS-Zeit Verfolgten an und will<br />

diesen oder ihren Erben Wiedergutmachung gewähren. <strong>Das</strong> soll<br />

unabhängig davon gelten, wer <strong>im</strong> Laufe der Zeit Geschäftsanteile<br />

an dem betroffenen Unternehmen erworben hat.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Klägerin ist die KarstadtQuelle AG. Diese hatte in der Vergangenheit<br />

die Anteile an dem Berliner Kaufhaus-Unternehmen<br />

Werthe<strong>im</strong> erworben. Werthe<strong>im</strong> gehörte unter anderem ein in<br />

Berlin-Mitte gelegenes Kaufhaus, eines der größten Kaufhäuser<br />

seiner Zeit. Die jüdischen Eigentümer wurden während der NS-<br />

Zeit enteignet und flohen ins Ausland.<br />

Die beklagte Jewish Cla<strong>im</strong>s Conference (JCC) hatte für die<br />

Werthe<strong>im</strong>-Erben einen Anspruch auf den Erlös aus dem Verkauf<br />

der Grundstücke geltend gemacht. <strong>Das</strong> Landesamt zur Regelung<br />

offener Vermögensfragen (Vermögensamt) sprach der Beklagten<br />

die Entschädigung zu. Mit der hiergegen gerichteten Klage<br />

machte die Klägerin geltend, dass sie durch den Erwerb der<br />

Anteile an dem Werthe<strong>im</strong>-Unternehmen selbst Rechtsnachfolgerin<br />

des jüdischen Unternehmens geworden sei. <strong>Das</strong> VG wies die<br />

Klage ab und ließ die Revision nicht zu.<br />

Die Gründe:<br />

Die Klägerin wird durch den Bescheid des Vermögensamts nicht<br />

in eigenen Rechten verletzt. Entgegen der Auffassung des Klägers<br />

stellt das VermG für das Bestehen von Entschädigungs- oder<br />

Rückübertragungsansprüchen nicht darauf ab, wer <strong>im</strong> Laufe der<br />

Zeit Anteile an dem während der NS-Zeit enteigneten Unternehmen<br />

erworben hat. Maßgeblich ist vielmehr die Opfersicht: <strong>Das</strong><br />

VermG knüpft an das Schicksal der in der Nazi-Zeit geschädigten<br />

jüdischen Eigentümer an und will diese oder ihren Erben<br />

Wiedergutmachung gewähren.<br />

Verbeamtete Lokomotivführer können nicht<br />

zur Reinigung der Züge herangezogen werden<br />

BVerwG 3.3.2005, 2 C 11.04<br />

Verbeamtete Lokomotivführer dürfen nicht dauerhaft zur<br />

groben Reinigung der von ihnen geführten Züge verpflichtet<br />

werden. Sie haben nach beamtenrechtlichen Grundsätzen<br />

Anspruch auf einen Tätigkeitsbereich, der ihrer Ausbildung<br />

und Dienststellung entspricht. Hieran hat sich durch die<br />

Privatisierung der Bahn nichts geändert. In Art. 143a Abs.1<br />

S.2 GG ist ausdrücklich best<strong>im</strong>mt, dass die Rechtsstellung der<br />

Beamten der ehemaligen Bundesbahn durch die Privatisierung<br />

unberührt bleibt.<br />

11/2005 <strong>Anwalt</strong>swoche 39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!