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Bei Pflege - TÜV genau hinsehen - Arbeitskreis Kunstfehler in der ...

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Recht<br />

Geburtsschaden und nahezu außergerichtlicher Vergleich<br />

Geburt nicht operativ beendet worden ist. Gerade angesichts<br />

<strong>der</strong> massiven drohenden Schäden für Mutter und<br />

K<strong>in</strong>d war es nicht zu verstehen, warum nicht wenigstens<br />

e<strong>in</strong> Facharzt <strong>in</strong>formiert wurde. Ebenso war nicht plausibel,<br />

dass bei e<strong>in</strong>em <strong>der</strong>art pathologischen CTG e<strong>in</strong><br />

Wehentropf verabreicht wurde, ohne dass zuvor e<strong>in</strong>e<br />

MBU durchgeführt worden war.<br />

Im Ergebnis war unstreitig, dass bezogen auf das<br />

geburtshilfliche Management Fehler zu beklagen waren,<br />

die aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich ersche<strong>in</strong>en,<br />

weil sie e<strong>in</strong>em Arzt schlechterd<strong>in</strong>gs nicht unterlaufen<br />

dürfen. Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d Verstöße gegen fundamentale<br />

ärztliche Regeln, gewissermaßen gegen das Dickgedruckte,<br />

so dass grobe Behandlungsfehler zu beklagen<br />

waren.<br />

Die Sauerstoffmangelsituation unter <strong>der</strong> Geburt ist als<br />

Ursache für die zerebralen Schäden anzusehen, an denen<br />

das K<strong>in</strong>d leidet. Dies wird bestätigt durch den schlechten<br />

Apgar-Wert und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch den schlechten<br />

arteriellen Nabelschnur-ph-Wert von 7,02. Es handelt sich<br />

e<strong>in</strong>deutig um e<strong>in</strong>e schwerwiegende Azidose (ph unter<br />

7,10).<br />

Die im Ambulanzbericht aus Januar 2008 gestellten Diagnosen<br />

- symptomatische fokale Epilepsie, l<strong>in</strong>ksbetonte<br />

spastische Tetraparese, allgeme<strong>in</strong>e Entwicklungsstörung<br />

und peripartale Asphyxie mit hypoxischer Encephalopathie<br />

- s<strong>in</strong>d durch die grob fehlerhafte Geburtsleitung<br />

verursacht worden.<br />

Unter Bezugnahme auf den Bescheid aus September<br />

2006 des Versorgungsamts Dortmund und dem Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenausweis<br />

beträgt <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

(GdB) 100. Es liegen nachfolgende schwerwiegende<br />

Bee<strong>in</strong>trächtigungen vor: psychomotorische Entwicklungsstörung,<br />

Anfallsleiden, Gehunfähigkeit; beide Unterschenkel<br />

und Füße s<strong>in</strong>d sehr stark livide, deutlich nachlassend,<br />

wenn das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige M<strong>in</strong>uten steht und sich <strong>der</strong><br />

Zehenkrampf löst; beidseits <strong>in</strong> den oberen Extremitäten<br />

s<strong>in</strong>d unkoord<strong>in</strong>ierte, zum Teil ausschlagende Bewegungsmuster<br />

ersichtlich, l<strong>in</strong>ks mehr als rechts, was dazu führt,<br />

dass z. B. <strong>der</strong> Mandant e<strong>in</strong>en Tr<strong>in</strong>kbecher nicht alle<strong>in</strong>e<br />

halten kann, dieser wird zum Mund geführt.<br />

E<strong>in</strong>e Besserung <strong>der</strong> Leiden steht nicht <strong>in</strong> Aussicht, so<br />

dass von e<strong>in</strong>em lebenslangen, gravierenden Dauerschaden<br />

auszugehen ist.<br />

Der Mandant benötigt vollständige Hilfe bei <strong>der</strong> gesamten<br />

Körperpflege, beim Kleidungswechsel, bei <strong>der</strong> mundgerechten<br />

Zubereitung se<strong>in</strong>es Essens, umfangreiche<br />

Hilfen bei <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme sowie durchgängige<br />

Beaufsichtigung. Es besteht noch vollständige W<strong>in</strong>delhosenversorgung.<br />

10<br />

E<strong>in</strong>em ärztlichen Bericht aus Februar 2008 ist zu entnehmen,<br />

dass die schwere Asphyxie unter <strong>der</strong> Geburt<br />

primär zu e<strong>in</strong>er Schädigung des Gehirns, nicht zu e<strong>in</strong>er<br />

Schädigung weiterer Organe geführt hat. Damit ist von<br />

e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Lebenserwartung des Mandanten<br />

auszugehen. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Lebensqualität des<br />

K<strong>in</strong>des lebenslang deutlich e<strong>in</strong>geschränkt und es wird<br />

auch durch <strong>in</strong>tensive För<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong> eigenständiges Leben<br />

nicht möglich se<strong>in</strong>. Der Mandant wird zeitlebens auf<br />

die Hilfe von <strong>Pflege</strong>personen angewiesen se<strong>in</strong>.<br />

Es war im Wesentlichen unstreitig, dass auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

des so dargestellten Sachverhalts die Behandlerseite<br />

anlässlich <strong>der</strong> grob fehlerhaften Behandlung unter <strong>der</strong><br />

Geburt des Mandanten haftete und daher die Beklagte<br />

Schadensersatzansprüche zu befriedigen hatte, die dem<br />

Mandanten wegen e<strong>in</strong>er schuldhaften Verletzung von<br />

Sorgfaltspflichten aus dem Behandlungsvertrag zustanden,<br />

<strong>der</strong> zwischen <strong>der</strong> Behandlerseite und den K<strong>in</strong>deseltern<br />

abgeschlossen worden war und zu Gunsten des<br />

Mandanten wirkte.<br />

Wegen <strong>der</strong> groben Behandlungsfehler kam im H<strong>in</strong>blick<br />

auf die haftungsausfüllende Kausalität dem Kläger e<strong>in</strong>e<br />

Beweislastumkehr zugute.<br />

Im Klageverfahren wurde - wie bereits außergerichtlich<br />

auch schon - weiterh<strong>in</strong> ausdrücklich dargelegt, dass <strong>der</strong><br />

Kläger vergleichsbereit sei, soweit e<strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe nach<br />

akzeptabler Abf<strong>in</strong>dungsvergleich abgeschlossen werde.<br />

Da sämtliche Schadensersatzansprüche aus dem schädigenden<br />

Ereignis erledigt werden sollten, stand e<strong>in</strong>e<br />

solide Prüfung sämtlicher Ansprüche des Klägers im<br />

Vor<strong>der</strong>grund, wobei regulierungsbedürftig waren:<br />

Schmerzensgeld und Schmerzensgeldrente als Personenschaden<br />

des Klägers, Heilbehandlungskosten, vermehrte<br />

Bedürfnisse, Erwerbsschaden (<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

Haushaltsführungsschaden), zukünftiger Verdienstausfall.<br />

Als Drittanspruch kamen entgangener Unterhalt sowie<br />

entgangene Dienste <strong>in</strong> Betracht.<br />

Zitate aus <strong>der</strong> Klageschrift:<br />

1. Schmerzensgeldanspruch<br />

Der für Arzthaftpflichtangelegenheiten zuständige Senat<br />

des OLG Hamm hat <strong>in</strong> vergleichbaren Fällen (3 U 156/<br />

00 und 3 U 122/02) e<strong>in</strong>en Schmerzensgeldanspruch <strong>in</strong><br />

Höhe von 500.000 Euro ausgeurteilt, ebenso wie das<br />

Landgericht Berl<strong>in</strong> (6 O 272/01) und das Oberlandesgericht<br />

Köln (VersR 2004, 386).<br />

Auch vorliegend gilt, dass <strong>der</strong> Kläger als sehr junger<br />

Mensch niemals e<strong>in</strong> normales Leben führen kann. Er wird<br />

niemals e<strong>in</strong>e Schule für Nichtbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te besuchen und<br />

e<strong>in</strong>en Abschluss <strong>in</strong> Form des Abiturs machen können.

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