Bei Pflege - TÜV genau hinsehen - Arbeitskreis Kunstfehler in der ...
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Recht<br />
Heil- und Hilfsmittel: Oft unüberw<strong>in</strong>dbare Probleme bei <strong>der</strong> Beantragung<br />
Annett Kaiser, Rechtsanwält<strong>in</strong>, Mitglied des juristischen <strong>Bei</strong>rates des AKG e. V.<br />
Grundsätzlich s<strong>in</strong>d zum Ausgleich e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von<br />
den gesetzlichen Krankenkassen Heil- und Hilfsmittel zu<br />
gewähren. Eltern beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter K<strong>in</strong><strong>der</strong> werden aber bei <strong>der</strong><br />
Beantragung von Heil- und Hilfsmitteln über ihre jeweilige<br />
Krankenkasse regelmäßig vor fast unüberw<strong>in</strong>dbare<br />
Probleme gestellt.<br />
1. Begriffe<br />
a. Als Heilmittel werden mediz<strong>in</strong>ische Dienstleistungen<br />
bezeichnet, die von Vertragsärzten verordnet und von<br />
speziell ausgebildeten Therapeuten abgegeben werden<br />
können. Zu den Heilmitteln zählen Maßnahmen <strong>der</strong><br />
· Physikalischen Therapie<br />
· Podologischen Therapie<br />
· Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie<br />
· Ergotherapie<br />
Arzneimittel s<strong>in</strong>d, im Unterschied zum umgangssprachlichen<br />
Verständnis, im S<strong>in</strong>ne des Leistungsrechts ke<strong>in</strong>e<br />
Heilmittel. Die Verordnung von Heilmitteln wird <strong>in</strong> den<br />
Heilmittel-Richtl<strong>in</strong>ien des Geme<strong>in</strong>samen Bundesausschusses<br />
geregelt. Wesentlicher Bestandteil <strong>der</strong> Heilmittel-Richtl<strong>in</strong>ien<br />
ist <strong>der</strong> Heilmittelkatalog. Er beschreibt,<br />
welche Heilmittel <strong>in</strong> welchen Mengen bei welchen Diagnosen<br />
(Diagnosegruppen) im Regelfall zu e<strong>in</strong>er mediz<strong>in</strong>isch<br />
angemessenen und wirtschaftlichen Versorgung<br />
führen. Außerdem gibt er Auskunft darüber, welche Heilmittel<br />
(vorrangig, optional, ergänzend) im E<strong>in</strong>zelnen<br />
<strong>in</strong>dikationsbezogen verord-nungsfähig s<strong>in</strong>d.<br />
b. Hilfsmittel dagegen s<strong>in</strong>d Gegenstände, die im E<strong>in</strong>zelfall<br />
erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d, um durch ersetzende, unterstützende<br />
o<strong>der</strong> entlastende Wirkung den Erfolg e<strong>in</strong>er Krankenbehandlung<br />
zu sichern, e<strong>in</strong>er drohenden Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />
vorzubeugen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung auszugleichen. Zu<br />
ihnen gehören:<br />
· Körperersatzstücke (Prothesen)<br />
· orthopädische Hilfsmittel (orthopädische Schuhe,<br />
Rollstühle, Sitzschalen, Toiletten- und Duschstühle)<br />
· Seh- und Hörhilfen (Brillen, Hörgeräte)<br />
· Inkont<strong>in</strong>enz- und Stoma-Artikel<br />
· an<strong>der</strong>e Hilfsmittel<br />
Hilfsmittel können auch technische Produkte se<strong>in</strong>, die<br />
dazu dienen, Arzneimittel o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Therapeutika <strong>in</strong><br />
den menschlichen Körper zu br<strong>in</strong>gen (zum <strong>Bei</strong>spiel bestimmte<br />
Spritzen, Inhalationsgeräte o<strong>der</strong> Applikationshilfen).<br />
Im sog. Hilfsmittelverzeichnis <strong>der</strong> Spitzenverbände <strong>der</strong><br />
Krankenkassen s<strong>in</strong>d alle Produkte aufgelistet, die von<br />
<strong>der</strong> Erstattungspflicht <strong>der</strong> Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
umfasst s<strong>in</strong>d. Das Hilfsmittelverzeichnis besitzt je-<br />
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doch, und das ist gerade für Eltern beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
wichtig, ke<strong>in</strong>en abschließenden Charakter, son<strong>der</strong>n gilt<br />
vielmehr als Entscheidungshilfe bzw. dient <strong>der</strong> Information<br />
für Versicherte, Leistungserbr<strong>in</strong>ger, Vertragsärzt<strong>in</strong>nen<br />
und Vertragsärzte sowie Krankenkassen.<br />
Daher können auch Hilfsmittel, die nicht im Hilfsmittelverzeichnis<br />
aufgelistet s<strong>in</strong>d, durch die Gesetzliche Krankenversicherung<br />
erstattungsfähig se<strong>in</strong>.<br />
2. Verfahren<br />
Die gesetzliche Krankenkasse kann die Kosten für e<strong>in</strong><br />
Heil- o<strong>der</strong> Hilfsmittel nur dann übernehmen, wenn es<br />
zuvor von e<strong>in</strong>em Arzt verordnet wurde. Bereits hier sollte<br />
<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>arzt, Orthopäde o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Facharzt<br />
vermerken, aus welchen Gründen die Verordnung erfolgt,<br />
z.B. „wegen Wachstums“, „Zustandsverschlechterung“,<br />
„erste Haltungsschäden“ u.ä. Dies verbessert die Chance<br />
auf e<strong>in</strong>e sofortige Kostenübernahme ganz erheblich.<br />
Voraussetzung für die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln<br />
aufgrund e<strong>in</strong>er vertragsärztlichen Verordnung ist darüber<br />
h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong> Antrag des Versicherten sowie nachfolgend<br />
e<strong>in</strong>e Genehmigung durch die Krankenkasse.<br />
Die Krankenkassen haben demnach zu prüfen, <strong>in</strong> wieweit<br />
die Kosten für e<strong>in</strong> Heil- o<strong>der</strong> Hilfsmittel übernommen<br />
werden können. Des Weiteren müssen die Krankenkassen<br />
den therapeutischen Nutzen begutachten. Die<br />
Krankenkassen können e<strong>in</strong> Hilfsmittel nur ablehnen,<br />
wenn durch e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Maßnahme e<strong>in</strong> besserer Nutzen<br />
erreicht werden kann. Häufig scheitern aber die<br />
Genehmigungen bereits an <strong>der</strong> ablehnenden Haltung des<br />
Mediz<strong>in</strong>ischen Dienstes <strong>der</strong> Krankenversicherung (MDK),<br />
welcher für die Frage, ob e<strong>in</strong>e Leistung durch die Gesetzliche<br />
Krankenversicherung zu übernehmen ist, vorab<br />
e<strong>in</strong>geschaltet wird. Die Begutachtung durch den MDK<br />
dient <strong>in</strong> weiten Teilen des Leistungsrechts <strong>der</strong> Kontrolle<br />
<strong>der</strong> Leistungserbr<strong>in</strong>gung.<br />
Hier liegt für viele Eltern beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter K<strong>in</strong><strong>der</strong> aber das<br />
Problem. Liegt die Genehmigung vor, dürfen Versicherte<br />
unproblematisch die Anbieter von Hilfsmitteln<br />
(Leistungserbr<strong>in</strong>ger) nutzen, die mit <strong>der</strong> jeweiligen Krankenkasse<br />
e<strong>in</strong>en Vertrag geschlossen haben. Gleichfalls<br />
dürfen die Versicherten aufgrund <strong>der</strong> Genehmigung <strong>der</strong><br />
Krankenkasse e<strong>in</strong>en geeigneten Therapeuten aufsuchen,<br />
um die o.g. Heilmittel durchführen zu lassen.<br />
In den meisten Fällen liegt aber e<strong>in</strong>e Genehmigung <strong>der</strong><br />
Krankenkasse über das beantragte Heil- o<strong>der</strong> Hilfsmittel<br />
nicht vor. Dies wird den Antragstellern dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
ablehnenden Bescheid mitgeteilt. Es ist e<strong>in</strong> offenes Geheimnis,<br />
dass <strong>in</strong> zahlreichen Krankenkassen die Sachbearbeiter<br />
angewiesen s<strong>in</strong>d, Anträge erst e<strong>in</strong>mal abzulehnen,<br />
weil man von vielen Antragstellern erfahrungsgemäß<br />
ke<strong>in</strong>en Wi<strong>der</strong>spruch erwartet.