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Bei Pflege - TÜV genau hinsehen - Arbeitskreis Kunstfehler in der ...

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Recht<br />

F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> häuslichen Intensivpflege<br />

Die Folgen hiervon können für die betroffenen Familien<br />

dramatisch se<strong>in</strong>. Entfallen nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des<br />

BSG nämlich 4 Stunden täglich auf die Grundpflege,<br />

müssen ca. 110 Stunden pro Monat mit dem <strong>Pflege</strong>geld<br />

- bei <strong>Pflege</strong>stufe III werden Sachleistungen im Wert von<br />

1.470,00 Euro übernommen - f<strong>in</strong>anziert werden. Dass<br />

dies nicht klappt, liegt auf <strong>der</strong> Hand. Es werden also Zuzahlungen<br />

<strong>in</strong> erheblicher Höhe fällig. Im Notfall bleibt<br />

nur <strong>der</strong> Gang zum Sozialamt.<br />

Dieses Ergebnis kann nur dann vermieden werden, wenn<br />

ke<strong>in</strong> Antrag auf <strong>Pflege</strong>geld gestellt wird.<br />

Zu erwähnen ist noch, dass die Rechtsprechung des BSG<br />

zu diesem Thema nicht unumstritten ist (s. SG Stuttgart<br />

S 8 KR 4681/07 ER; LSG Baden-Württemberg L4 KR<br />

4793/07).<br />

E<strong>in</strong>stweiliger Rechtsschutz<br />

Verfahren vor den Sozialgerichten dauern bekanntlich<br />

unverhältnismäßig lang. In dieser Zeit werden die Kosten<br />

<strong>der</strong> häuslichen <strong>Pflege</strong> von <strong>der</strong> Krankenkasse nicht<br />

o<strong>der</strong> nur zum Teil übernommen. Die Mittel <strong>der</strong> betroffenen<br />

Familien reichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht aus, die hierdurch<br />

entstehende F<strong>in</strong>anzierungslücke über e<strong>in</strong>en längeren<br />

Zeitraum zu überbrücken. In dieser Situation sollte<br />

e<strong>in</strong>stweiliger Rechtsschutz <strong>in</strong> Anspruch genommen werden.<br />

Die Eilbedürftigkeit e<strong>in</strong>er vorläufigen Regelung wird dar<strong>in</strong><br />

gesehen, dass es im Interesse des Betroffenen ist, zu<br />

Hause betreut und gepflegt zu werden. Diese s<strong>in</strong>nvolle<br />

<strong>Pflege</strong> scheitert jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel an <strong>der</strong> fehlenden<br />

Kostensicherheit. In e<strong>in</strong>em solchen Fall ist es dem Kläger<br />

nicht zuzumuten, e<strong>in</strong>e Entscheidung im Hauptverfahren<br />

abzuwarten (Bay. LSG L 4 KR 232/06).<br />

Häusliche <strong>Pflege</strong> versus stationäre Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

Erfahrungsgemäß ist stationäre <strong>Pflege</strong> sehr viel kostengünstiger<br />

als häusliche <strong>Pflege</strong>. Letztere kann - bei e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Pflege</strong>bedarf von 24 Stunden täglich - zwischen<br />

25.000 und 30.000 Euro im Monat kosten.<br />

Für die Betroffenen stellt sich deshalb die Frage, ob die<br />

Krankenkasse sie auf die stationäre <strong>Pflege</strong> verweisen<br />

und die Kostenübernahme für die häusliche <strong>Pflege</strong> verweigern<br />

kann.<br />

Mit diesem brisanten Thema befasste sich das Sozialgericht<br />

Hamburg <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Urteil vom 13.12.2007, S 50<br />

SO 584/05. Obwohl es im Heim zu <strong>Pflege</strong>fehlern gekommen<br />

war (Tubus herausgerutscht, Oxymat defekt,<br />

Pat. konnte Notfallkl<strong>in</strong>gel nicht bedienen), sah es das<br />

Gericht als für den Kläger nicht unzumutbar an, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

stationären E<strong>in</strong>richtung gepflegt zu werden. S<strong>in</strong>ngemäß<br />

lautete die Argumentation des Sozialgerichts wie folgt:<br />

Es reicht zunächst aus, wenn es sich um e<strong>in</strong>e „geeignete“<br />

stationäre E<strong>in</strong>richtung handelt, <strong>in</strong> welcher <strong>der</strong> Berech-<br />

6<br />

tigte die erfor<strong>der</strong>lichen Leistungen entgegennimmt. Die<br />

Eignung erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e objektivierende Sicht des E<strong>in</strong>richtungsbedarfs.<br />

Ob e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung geeignet ist, beurteilt sich i.d.R. nach<br />

dem Inhalt <strong>der</strong> Leistungsvere<strong>in</strong>barung nach § 75 Abs. 3<br />

Nr. 1 SGB XII, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Personal- und<br />

Sachausstattung. So ist die E<strong>in</strong>richtung von vornhere<strong>in</strong><br />

ungeeignet, wenn ihre Leistungen bereits unabhängig<br />

vom <strong>in</strong>dividuellen Bedarf nicht die <strong>in</strong> § 76 Abs. 1 SGB<br />

XII gefor<strong>der</strong>te Leistungsqualität aufweisen und die nach<br />

§ 9 Abs. 1 SGB XII gefor<strong>der</strong>te <strong>in</strong>dividuelle Bedarfsdekkung<br />

durch die vere<strong>in</strong>barten <strong>Pflege</strong>pauschalen nicht<br />

möglich ist.<br />

Nach § 13 Abs. 1 S. 6 SGB XII s<strong>in</strong>d bei <strong>der</strong> Unzumutbarkeit<br />

die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände<br />

angemessen zu prüfen. <strong>Bei</strong> <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Unzumutbarkeit<br />

handelt sich um e<strong>in</strong>e Rechtsfrage, zu <strong>der</strong>en<br />

Beantwortung Wünsche des Leistungsberechtigten nicht<br />

mit e<strong>in</strong>zubeziehen s<strong>in</strong>d, da sich diese ausschließlich auf<br />

Gestaltungsfragen richten können.<br />

Es kommt vielmehr auf das Gewicht <strong>der</strong> Gründe an, die<br />

e<strong>in</strong>e Ablehnung <strong>der</strong> stationären <strong>Pflege</strong> zu tragen vermögen.<br />

Es führt also nicht bereits jede denkbare Verbesserung<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation durch die Entscheidung für häusliche<br />

<strong>Pflege</strong> zur Unzumutbarkeit <strong>der</strong> stationären <strong>Pflege</strong>.<br />

Entscheidend ist, ob die mit e<strong>in</strong>er Aufnahme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

vollstationären E<strong>in</strong>richtung verbundene Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Lebensumstände nach allgeme<strong>in</strong>er Anschauung vertretbar<br />

und für den Leistungsberechtigten tragbar ist.<br />

Als persönliche Umstände, die e<strong>in</strong>e Unzumutbarkeit <strong>der</strong><br />

stationären <strong>Pflege</strong> begründen können, kommen z. B. das<br />

Lebensalter des Betroffenen (Verweisung e<strong>in</strong>es jungen<br />

Menschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Altenheim), <strong>der</strong> drohende Verlust sozialer<br />

B<strong>in</strong>dungen o<strong>der</strong> nach ärztlicher Prognose drohende<br />

Gesundheitsschäden aufgrund e<strong>in</strong>es Heimaufenthaltes<br />

<strong>in</strong> Betracht. Da die Sozialhilfe pr<strong>in</strong>zipiell den<br />

familiären Zusammenhalt festigen soll, kann <strong>der</strong> drohende<br />

Verlust von B<strong>in</strong>dungen zur Familie zur Unzumutbarkeit<br />

<strong>der</strong> stationären Unterbr<strong>in</strong>gung führen. Im Rahmen<br />

<strong>der</strong> örtlichen Umstände kommt es <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf die<br />

Entfernung zwischen Wohnort und E<strong>in</strong>richtung an. Auch<br />

hier steht die Schwächung bisheriger sozialer Kontakte<br />

im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Angesichts dieser Argumentation dürfte bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die<br />

zuhause gepflegt und betreut werden sollen, grundsätzlich<br />

von <strong>der</strong> Unzumutbarkeit e<strong>in</strong>er stationären <strong>Pflege</strong><br />

auszugehen se<strong>in</strong> - unabhängig von <strong>der</strong> Kostenfrage.

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