Jüdischer bewaffneter Widerstand - Arbeit und Leben (DGB/VHS ...
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der Zionisten <strong>und</strong> anderer Jugendbewegungen. Die <strong>Widerstand</strong>sbewegung zog Leute aus allen<br />
Bereichen der Bevölkerung heran, <strong>und</strong> ihre Ideen gruben sich tief in das Bewußtsein der Gemeinde<br />
ein. In der anhaltenden ideologischen Entwicklung jeder dieser Untergr<strong>und</strong>organisationen<br />
waren die folgenden drei Prinzipien von äußerster Wichtigkeit: 1. Organisation von <strong>Widerstand</strong><br />
<strong>und</strong> aktivem Aufstand für die Zeit, wenn dem Ghetto die Vernichtung drohen würde;<br />
2. Kampf gegen den Feind (die Deutschen <strong>und</strong> ihre Kollaborateure), unter Gebrauch jeglicher<br />
Mittel <strong>und</strong> an jedem Ort, verb<strong>und</strong>en mit Verteidigung oder ohne, getrennt oder gemeinsam<br />
mit der Kriegführung der Partisanen; 3. <strong>Leben</strong>srettung der Juden durch die Organisation von<br />
Fluchtmöglichkeiten in die Wälder für einzelne oder Gruppen, die dann Anschluß an die Partisanen<br />
gewinnen oder von ihnen betreut werden konnten, außerdem das Ausfindigmachen aller<br />
Arten von Zufluchtsstätten in Städten <strong>und</strong> Dörfern. Die einzelnen <strong>Widerstand</strong>sbewegungen<br />
unterschieden sich tatsächlich untereinander durch die Wichtigkeit, die sie jedem dieser<br />
Prinzipien beimaßen <strong>und</strong> durch die Bedeutung, die diesen Prinzipien während bestimmter Perioden<br />
zukam.<br />
Während in den Ghettos von Kaunas, Švenčionys <strong>und</strong> Šiauliai das Programm für die Flucht in<br />
die Wälder ohne viel Widerspruch entwickelt worden war, bestand in Vilnius fast während<br />
der gesamten Existenz des Ghettos die bittere Streitfrage, ob man „im Ghetto oder im Wald<br />
kämpfen solle?“ Die Uneinigkeit zwischen diesen beiden Ansichten war einer der Gründe für<br />
die Aufstellung von zwei <strong>Widerstand</strong>sorganisationen in diesem Ghetto; die meisten politischen<br />
Parteien hatten sich unter ihnen aufgeteilt. Aufgr<strong>und</strong> einer Anzahl günstiger Bedingungen,<br />
wie die geographische Lage (dichter Wald in einer Entfernung von 40 km), ethnische<br />
Besonderheiten (das Vorhandensein einer polnischen nationalen Minderheit, deren Haß gegenüber<br />
den Juden nicht so stark war wie gegenüber den Litauern <strong>und</strong> Deutschen), <strong>und</strong> der<br />
traditionelle Selbstverteidigungstrieb, waren im Ghetto von Vilnius die Aktivitäten der Untergr<strong>und</strong>organisationen<br />
viel intensiver als in Švenčionys <strong>und</strong> Kaunas, besonders im Vergleich zu<br />
Šiauliai, einer Stadt, die weit vom Walde entfernt lag <strong>und</strong> selten von den geheimen Boten erreicht<br />
wurde, die die verschiedenen Ghettos in Polen <strong>und</strong> Vilnius besuchten <strong>und</strong> miteinander<br />
in Verbindung brachten (16). Nur im Ghetto von Vilnius nahm der jüdische Untergr<strong>und</strong> am<br />
Vorabend vor der Zerstörung des Ghettos (1. September 1943) den Waffenkampf gegen die<br />
Nazi-Sicherheitsmächte auf. Andererseits verursachte die große Spannung zwischen den Untergr<strong>und</strong>organisationen<br />
<strong>und</strong> den jüdischen Autoritäten in Vilnius wiederholte Krisen, was in<br />
Kaunas <strong>und</strong> Šiauliai nicht der Fall war. In diesen beiden Ghettos, besonders in Kaunas, unterstützte<br />
die jüdische Polizei sehr wirksam die Untergr<strong>und</strong>organisationen (17).<br />
Einige Mitglieder der Untergr<strong>und</strong>organisationen wurden von den Deutschen gefangen genommen<br />
<strong>und</strong> in die Konzentrationslager in Deutschland (Dachau, Kaufering), Estland<br />
(Goldfilz, Klooga) oder Lettland (Riga, Kaiserwald) gebracht. Sie setzten in den Konzentrationslagern<br />
ihre kulturellen Aktivitäten im Untergr<strong>und</strong> fort <strong>und</strong> trafen Vorbereitungen für<br />
Flucht <strong>und</strong> <strong>Widerstand</strong>.<br />
In den litauischen <strong>Arbeit</strong>slagern wie Bezdany, Kaišiadorys, Kédainiai <strong>und</strong> anderen arbeiteten<br />
kleinere <strong>Widerstand</strong>sorganisationen. Ein Teil von ihnen konnte erfolgreich aus den Lagern<br />
ausbrechen <strong>und</strong> sich dann den Partisaneneinheiten in den Wäldern anschließen. Aus all<br />
den Ghettos <strong>und</strong> Lagern in Litauen flohen insgesamt 1.150 Personen unter der Schutzherrschaft<br />
des Untergr<strong>und</strong>s; 650 flohen selbständig, sowohl einzelne als auch ganze Familien, <strong>und</strong><br />
zwar hauptsächlich Juden aus kleineren Städten. Sie wanderten Monate <strong>und</strong> Jahre hindurch<br />
von einem Dorf zum anderen, von einem Wald zum anderen.<br />
Diejenigen Juden (mindestens 1.800 an der Zahl), die aus den Ghettos, <strong>Arbeit</strong>slagern <strong>und</strong> anderen<br />
Orten geflohen waren, verteilten sich in den Wäldern folgendermaßen (die Zahlen sind<br />
angenähert):<br />
1.450 befanden sich in den Kampfeinheiten der weißrussischen Partisanenbewegung;<br />
350 von ihnen wurden in die „Voroshilov“- <strong>und</strong> die „Spartak“-Brigade aufgenommen, einige<br />
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